Im Buch „Die Kriege der Viktoria Savs“ versucht der Autor, Frank Gerbert, das Leben der Protagonistin Victoria Savs, die ihren Namen lieber mit „K“ schreibt und womöglich im falschen Körper gefangen ist, zu rekonstruieren. Dies gelingt ihm, anhand von Zeitzeugengesprächen, Zeitungsausschnitten, sowie Bildern auch gut.
Viktoria wächst in den Wirren des ersten Weltkrieges auf. Sie verliert früh ihre Mutter und hat nur noch den Vater und die Geschwister. In ihr Leben tritt zwar bald wieder eine neue Frau, diese wird aber eher als Wirtschafterin, als als Stiefmutter beschrieben.
Als der Vater an die Front gerufen wird, möchte sie am liebsten mit ihm in den Krieg ziehen. Ihr Vorhaben scheitert zunächst an ihrem jungen Alter, aber schon ein Jahr später, findet sie sich in Uniform wieder und kann endlich für ihr Vaterland kämpfen. Wie lange ihren Kameraden verborgen bliebt, dass dieser Soldat eigentlich eine Frau ist, ist nicht bekannt.
Beim Lesen des Buches, entsteht das Bild einer Frau, die gespalten zu sein scheint. Wer war diese Frau, die der NSDAP beitrat und sogar in den Dienst der Wehrmacht eintrat? Als Soldatin an der Front in einer Zeit in der Frauen dazu bestimmt waren hinter dem Herd zu stehen und Kinder zu bekommen. Doch was ist Wahrheit, Halbwahrheit oder Lüge, die Überlieferungen aus der Zeit des Nationalsozialismus sind zwar nicht rar, aber durch Propaganda gezeichnet.
Was mir am Buch gut gefällt ist, dass das Sachbuch sich auf einer Graustufe befindet. Der Autor hinterfragt jede erhaltene Information und so entsteht ein Bild einer Frau, das weder Schwarz noch Weiß ist. Es könnte so gewesen sein, aber war es wirklich so? Dabei bleibt er meist objektiv, zumindest bis zu Viktorias Sympathie mit dem Nationalsozialismus, in diese Zeit fließen sehr viel persönlich Wertungen des Autors mit ein, was zwar auch meiner Meinung entspricht, aber nicht unbedingt ins Buch passt. Somit gibt es einen Punkt Abzug auf das ansonsten sehr gut geschriebene Buch, das ich uneingeschränkt weiterempfehlen kann.
Der Schreibstil von Frank Gerbert ist sehr flüssig und ich konnte das Buch, obwohl es eher sachlich ist, zügig lesen.