Rezension vom 15.09.2014
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Joshua lebt seit dem Tod seines Vaters in Amaris. Eine Stadt, in der sie dank einer grossen, langen Mauer von ihren Feinden geschützt sind. So sagt man ihm. Als Joshua aber eines Tages seinen Fussball auf einer Baustelle sucht, findet er einen Tunnel, der auf die andere Seite der Mauer führt. Joshua kann nicht anders, er muss dort durch. "Das ist beinahe so wie einen vergrabenen Schatz zu finden. Ich kann ihn nicht einfach liegen lassen und weggehen." Die Strassen auf der anderen Seite sind nicht mit denen zu vergleichen, die er kennt. Viel lebendiger aber auch heruntergekommen und verarmt. Und Joshua fällt sofort einer Gang auf. Er wird verfolgt. Aber er erlebt auf der anderen Seite nicht nur negatives. Ganz im Gegenteil... Als er dank einer mutigen Helferin zurück auf "seine Seite" der Mauer kommt, lässt ihn das Erlebte nicht mehr los und er versucht zu helfen. Dabei bringt er sich selber in grosse Gefahr. Diese lauert nicht nur entlang der Mauer und um den Checkpoint, wo die Armee patroulliert oder auf der anderen Seite der Mauer. Die Gefahr lauert bei ihm Zuhause. Joshuas Stiefvater, ein gläubiger Mann, darf auf keinen Fall erfahren, was er alles macht, um den Menschen auf der anderen Seite zu helfen. Mit jeder Schürfwunde und jedem Nachmittag den er unauffindbar ist, werden die Fragen konkreter und Joshua verstrickt sich tiefer im Lügennetz.
Eine sehr eindrückliche Geschichte, zwar fiktiv aber trotzdem für viele Menschen leider nahe an der eigenen Realität. Die Lektüre stellt den Leser vor die Frage, wie man damit leben kann, wenn man selber den Teller voll hat, keine Angst haben muss, raus auf die Strasse zu gehen und nebenan, nur durch eine Mauer getrennt, Menschen sind, die diese und andere Privilegien nicht haben. Und schon fragt man sich, wo das schlechte Gewissen wohl aufhören kann. Hundert Meter neben der Mauer? Oder hundert Kilometer? Auf der anderen Seite des Meeres?
Das Buch schürt aber nicht das schlechte Gewissen. Joshua zeigt eindrücklich auf, dass einer alleine sehr wohl helfen kann. Dass auch der berühmte Tropfen auf den heissen Stein JEMANDEM hilft und dass dieses EINE dankbare Lächeln alles wettmacht.
Ein Jugendbuch, das nicht nur von Jugendlichen gelesen werden sollte. Es braucht auch keine "Vorkenntnisse" über den Nahostkonflikt. Ich könnte mir vorstellen, dass man das Buch gut mit einer Gruppe/Klasse Jugendlichen lesen kann und es als Diskussionsgrundlage verwenden kann.
Mich hat das Buch mit einem Gefühl von Dankbarkeit über den Luxus in dem wir leben und einem Glaube an das Gute im Mensch zurückgelassen.
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