Rezension vom 24.09.2015
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Dieser historisch-schöne Roman spielt in der spannenden Zeit der sich stürmisch entwickelnden, von technischen Neuerungen geprägten Epoche des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Die Autorin wählte wohl nicht ohne Grund für die Herkunft ihrer Hauptperson Connor McNamara eine sehr einfache, durch Landwirtschaft geprägte Heimat. Ein einfacher Farmerssohn, verwurzelt und aufgewachsen im guten Boden einfacher gläubiger Menschen, beweist sich als genialer Erfinder technischer Neuentwicklungen und betritt die Brücke zur technisch geprägten Neuzeit, von der Liebe Gottes zur Liebe und dem Glück seines Lebens geführt, der unbekannten Zukunft entgegen.
Der technisch hochbegabte Sohn hilft seinem Vater die gemeinsame Farm zu bewirtschaften. Dies fällt Connor schon aus zwei Gründen nicht leicht. Einerseits ist er leicht schwerhörig und leidet an verschiedensten Allergien - ausgerechnet gegen Pflanzen, mit denen er über seine Arbeit häufiger in Kontakt kommt, andererseits liegt seine enorme Stärke in seinem erfinderischen Geist sowie seiner geschickten Ingenieurskunst. Sein ihn liebender Vater sieht seine besonderen Fähigkeiten und die Leidenschaft, mit der sein Sohn die unterschiedlichsten Geräte erfindet und baut. So beschließt er heimlich, Connor für die bevorstehende Weltausstellung in Chicago anzumelden. Connors Sprinkleranlage zum automatischen Löschen von Feuer hat die Jury derart überzeugt, dass er folglich promt angenommen wird. Mit der Anmeldung sind allerdings auch erhebliche Kosten verbunden, die der Vater über eine Hypothek auf die gemeinsame Farm finanziert. Ein Fehlschlag würde den Beiden die gemeinsame Farm kosten.
Connor fällt es aufgrund seiner leichten Schwerhörigkeit nicht leicht sich in der recht lauten Ausstellungshalle das erforderliche Gehör zu verschaffen und seine Sprinkleranlage an Interessenten zu verkaufen, denn er versteht die Fragen nicht, die seine potenziellen Käufer stellen. Über die sorgfältige Recherche der Autorin erfahren wir, dass in der damaligen Zeit die Gesellschaft Menschen mit Schwerhörigkeit als minderwertig gebrandmarkt wurden mit denen man besser keinen Umgang haben oder gar Geschäfte machen sollte. In seiner größten Verzweiflung erfährt Connor von einer Lehrerin, von der man das Lippenlesen erlernen könnte. Er sieht darin seine große Chance und ergreift diese sofort, zumal mit der Fähigkeit des Lippenlesens die eigene Schwerhörigkeit für die Gesellschaft der damaligen Zeit unauffällig vertuscht werden kann. So trifft er auf die überaus lebensbejahende und sehr attraktive Adelaide Wentworth. Sie erteilt den für ihn so notwendigen Unterricht des Lippenlesens für gehörlose Kinder. Connor fällt es immer leichter durch den Privatunterricht von Adelaide Wentworth das "Hören" durch diese erlernte Kunst anzuwenden. Obendrein merkt Connor, dass sich seine Gedanken immer intensiver um die attraktive Adelaide drehen, zumal er spürt, dass sie offensichtilch auch Zuneigung für ihn empfindet. Der Farmerssohn, von ungeahnten Gefühlen hin und hergerissen, gelangt dadurch in weitere seelische Not, denn er ist ja zu Hause schon so gut wie verlobt. Seine Geschäfte, von denen er sich so viel versprach, laufen ebenfalls sehr schlecht. Die Gefahr, den Kredit auf die Farm des Vaters nicht zurückzahlen zu können, wird immer größer.
In seiner Not beginnt Connor zu beten und hofft auf die Hilfe Gottes.
Wie wird sich die berufliche Zukunft entwickeln und kann es eine gemeinsame Zukunft für Adelaide und Connor geben?
Deeanne Gist gehört zu den Schriftstellerinnen, deren Werke ich immer wieder sehr gerne lese. Ihre Bücher sind solide recherchiert, wodurch sich die jeweilige Story nahtlos in eine faszinierende authentisch dargestellte Welt fügt. So erfahren wir auch in diesem Buch sehr viel Wissenswertes über eine längst vergangene aber sehr spannende Epoche. Im Rahmen einer atemberaubend und lebendig vor Augen geführten Weltausstellung in Chicago, geprägt von herrlich detailliert dargestellten Gebäuden und faszinierend eingewobenen zur Schau gestellten technischen Neuerungen der damaligen Zeit, meint man tatsächlich während der Lektüre des Buches ebenfalls Besucher dieser phantastischen Kulisse gewesen zu sein. Wir begegnen im Streifzug Besuchern wie dem Vater Walt Disneys oder dem legendären Henry Ford, dürfen aber auch der atemberaubend schönen Waldinsel begegnen, die in vielen anderen Quellen als Highlight der berühmten Weltausstellung zitiert wurde.
Die Autorin hat dem Roman eine besondere, sehr leichte und schwungvolle Atmosphäre verliehen, die auf eindrucksvolle Weise als roter Faden die gesamte Handlung trägt. Der angenehme Schreibstil der Autorin bereitet ein müheloses Lesevergnügen. Leider kamen für meinen Geschmack in diesem Buch Aspekte des Glaubens ein klein bisschen zu kurz. In einigen Passagen kann man den Glauben Connors mit verfolgen, aber es könnten durchaus noch einige besondere Schlüsselstellen der Story mehr aus der Sicht des Glaubens interpretiert und damit für den Leser wichtige Botschaften daraus destilliert werden.
Dennoch war für mich der Roman ein herrliches Lesevergnügen und ich möchte diese Geschichte nicht missen. Aus meiner Sicht lohnt es sich auf jeden Fall dieses neue Werk von Deeanne Gist zu lesen. Der ausgesprochen liebenswerte Roman bietet so viele wunderbare Details aus dieser faszinierenden Epoche, so mannigfaltige erlebbare Eindrücke über die legendäre Weltausstellung in Chicago und den damaligen Zeitgeist, dass ich meinen Erfahrungsschatz über dessen Lektüre um zahlreiche Perlen erweitern konnte. Überraschend war für mich beispielsweise auch zu erfahren, weshalb sich Schwerhörige erst mit Lippenlesen behalfen und sich dann daraus die Gebärdensprache entwickelnd etablierte.
Ein herzlicher Dank geht ganz besonders an den Verlag Gerth Medien, der diesen aufschlussreichen, hübschen Roman publiziert hat.
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