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Diogenes

PDF Dokument, ca. 1.503 Wörter

Themen: kurzgeschichte Kategorie: Literatur/Texte/Lyrik

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Autor:
Veröffentlicht:November 2011
Art des Textes:Kurzgeschichte
Thema:Kurzgeschichte
Lizenz: Namensnennung, nicht kommerziell, keine Bearbeitung
  • Eine an sich gute Beziehung schließt doch nicht aus, dass man sich an Angewohnheiten des anderen stört. Der Beau Diogenes ist seiner Lebensgefährtin zwar von Herzen zugetan, doch manche ihrer Eigenschaften machen ihm sein Leben nicht gerade angenehmer...

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    Textauszug aus diesem Dokument

    Copyright Beate Danker Die grundsätzlichen Gedanken des Diogenes morgens um 6 Uhr 30 Seit zehn Jahren lebe ich jetzt hier. Und seit 10 Jahren begreift sie nichts. Nichts, niente, nothing. Seit 10 Jahren weckt sie mich pünktlich um 6 Uhr 30, weil sie da auf steht. Habe ich damit etwas zu tun? Natürlich nicht. Es ist mir egal, ob sie aufsteht. Ich will nicht aufstehen. Ich schlafe, d.h. ich bemühe mich krampfhaft, mich schlafend zu stellen. Natürlich hat sie mich mit ihrem1 Gerede wach gemacht, sie hopst so ungestüm aus dem Bett, dass ich fast in die Höhe katapultiert werde. Meine Augen bleiben fest verschlossen, kleinste Sehschlitze lassen aber zu, dass ich sie beobachten kann. Was ich sehe, reicht mir. Ihre unverdrossen gute Laune und ihre schreckliche Mitteilungswut am frühen Morgen gehen mir entsetzlich auf die Nerven. Ich frage mich, ob alle Frauen so sind, ich meine, dieser krankhafte Drang zu reden, kann einem doch den ganzen Tag verhageln. Schon vor dem Aufstehen. Man ist schon vor dem Aufstehen bedient. Um diese Zeit kommt Aufstehen für mich niemals in Frage. Als ob ich jemals um 6.30 Uhr aufgestanden bin.Frühstück steht erst an, wenn sie weg ist und dann erst nach ausführlicher Morgentoilette. Die kann dauern. Und wenn ich dann gefrühstückt habe von dem, was sie mir, zugegebenermaßen, liebevoll vorbereitet und hingestellt hat, ja, dann kann der Tag beginnen, und ich könnte mir einen gepflegten Morgenplausch mit ihr vorstellen. Aber sie? Sie ist dann weg dabei wäre mir dann sehr nach Gesellschaft und Nähe zumute. Typisch, eigentlich ist sie immer weg, wenn ich das Bedürfnis habe zu kuscheln, mich mitzuteilen und meine Gedanken und Ansichten darzulegen. Fazit: irgendwo stimmt das ganze Zusammenleben nicht, irgendetwas passt hier nicht. Ich habe es ja auch schon zwei Jahre lang mal bei einer anderen probiert vor ihrer Zeit , es ist also nicht so, dass ich keine Erfahrung im Zusammenleben hätte. Was sie mir zwischendurch aber immer mal wieder vorwirft: ich sei ein Einzelgänger, noch schlimmer, ein Eremit, ein Egomane. Ich fische mir nur die besten Brocken aus dem Zusammenleben heraus und alles, was ich dazu beitrüge, seien meine bloße Anwesenheit und gelegentliche Anfälle von Harmoniesucht. Aber selbst die seien gezielt darauf abgestimmt, dass ich verwöhnt werde und nicht sie. Kurz und gut, angeblich picke ich mir nur das heraus, was mir gut täte. Darüber muss ich bei Gelegenheit einmal nachdenken, viel ändern wird das aber nicht. Allerdings muss man zu ihrer Entschuldigung sagen, dass sie niemals nachtragend ist. Hat sie mir mal wieder die eine oder andere in meinen Augen Unmöglichkeit und Ungerechtigkeit vor geworfen, hat sie das zehn Sekunden später bereits wieder vergessen und streichelt mir liebevoll über meinen Kopf und flüstert mir zärtlichste Worte ins Ohr. Nicht schlecht, aber bitte doch nicht gleich morgens , und wenn es dann schon sein muss, ein gehauchter Kuss reicht. Nicht, dass ich Zärtlichkeiten unangenehm finde, manchmal sind sie sogar hoch erwünscht und ganz oft sogar herbeigesehnt, aber nicht so früh am Morgen. Am frühen Abend z.B. habe ich Schmusereien schrecklich gern, an manchen Tagen, besonders wenn sie von der Arbeit kommt, bin ich ganz verrückt nach ihr, streiche um sie herum, berühre sie sanft und zärtlich, erzähle ihr leise und ausdauernd von meinem Tag, von meinen Gedanken, meinen Erlebnissen, philosophiere über Gott und die Welt, genieße ihre ungeteilte Aufmerksamkeit, sonne mich in ihrer Bewunderung, verzehre mich nach ihren Schmeicheleien, bade in ihren Huldigungen meines liebenswerten Ichs. Das sie zu Recht nicht müde wird zu loben , denn sie weiß, dass ich ein ausgesprochen inniges Verhältnis zu mir selber und zu meinem perfekten Körper habe. Deshalb lege ich ja auch so viel Wert auf stundenlange
    Körperpflege, und das zahlt sich aus. Mein Körper ist schlank und biegsam, muskulös und athletisch, einer Sprungfeder gleich vermag ich mich blitzschnell in einen lauernden Panther zu verwandeln, mich selber empfinde ich als unwiderstehlich schön. Die Blicke der Damen, die ich auf meinen Rundgängen durch die Stadt treffe, wenn ich scheinbar ziellos umher streife und mir dennoch nicht die geringste Kleinigkeit entgeht, sprechen doch Bände. Bände An eindeutigen Angeboten mangelt es mir nicht und ich gebe zu, das eine oder andere Mal Aber solche Dinge erwähne ich ihr gegenüber natürlich nicht. Ich will sie nicht unnötig beunruhigen oder gar kränken.So dumm wäre ich niemals. Alles in allem weiß ich natürlich, was ich an ihr habe. Sie ist mir in tiefer Liebe ergeben, sozusagen, sie frisst mir aus der Hand. Als Gegenleistung bringe ich doch mehr als genug in diese Liebe ein, finde ich. So ertrage ich ja ihre Macken, und das ist, weiß Gott, nicht leicht. Wobei ich wieder bei dieser 6 Uhr 30 Macke wäre. Es wäre doch ein Leichtes für sie, aufzustehen, langsam, leise, um mich weder zu stören noch zu wecken, sich...
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