Willkommen bei ocelot,

Väter

Posted on: Mai 14th, 2015 by Patrick Hutsch No Comments

 

Zum Vatertag ein paar Bücher mit und über eben jene.

 

Iwan Turgenjew: »Väter und Söhne«

John Burnside: »Lügen über meine Vater«

Per Petterson: »Nicht mit mir«

Barbara Bronnen: »Meine Väter«

Thomas Hettche: »Die Liebe der Väter«

Wolf Wondratschek: »Das Geschenk«

Michael Kleeberg: »Vaterjahre«

Saphia Azzeddine: »Mein Vater ist Putzfrau«

 

 

Hannah empfiehlt ein paar Bücher

Posted on: Mai 12th, 2015 by Patrick Hutsch No Comments

 

 

Maria und Alex empfehlen ein paar Bücher

Posted on: Mai 6th, 2015 by Patrick Hutsch No Comments

 

Ohne viel Drumherum; Bücher zum lesen, schwelgen, entdecken und verlieben

 

Maria

Kat Menschik: Der goldene Grubber.
Von großen Momenten und kleinen Niederlagen im Gartenjahr: fabelhaft illustriert, praktisch nutzbar, ein perfektes Geschenk für Leute mit Garten, aber auch für die ohne!

Nino Haratischwili: Das achte Leben (Für Brilka)
Mein absolutes Lieblingsbuch! Komm vorbei, dann erzähl ich Dir mehr darüber.

Birge Tetzner: Fred bei den Wikingern
Tolles Hörspiel für Kinder. Wissen verpackt in einer tollen Geschichte, wunderbar eingesprochen von Birge Tetzner. Auch super fürs Auto; das kann die Nerven nach 10. Wiederholgung von »Der Traumzauberbaum« sehr schonen!

Cee Cee Berlin
Verliebt in Berlin – wenn nicht schon vorher, dann danach. Für alte Frontstadtkämpfer und neu Hipster.

 

Alex

Xiaolu Guo: Ich bin China
Ein kritischer, liebevoller Blick auf China, ohne Holzhammer. Ich mag's einfach

Gerda Muller: Was wächst denn da?
Eine  Naturkunde für Stadtkinder. Aber nicht nur kleine Gärtner können viel lernen.

Charles Scott Richardson: Das Ende des Alphabets
Drei Stichworte: Teenager, schüchtern, mutmachend

Joey Goebel: Vincent
Herrlich satirischer Blick auf die Pop- und Blockbuster-Industrie.

Hiromi Kawakami: Der Himmel ist blau, die Erde ist weiß
Wunderbar leise, sehr japanische Liebesgeschichte.

Gewinnspiel: 2 Freikarten für Jochen Distelmeyer (03. Februar)

Posted on: Januar 29th, 2015 by Kathrin Bach 1 Comment

 

"Von der Unmöglichkeit NEIN zu sagen"

 

Distelmeyer-Jochen-C-Frank-Zauritz

Wir bieten euch 2 Freikarten für die ultimative Premierenlesung Jochen Distelmeyers aus seinem heute erscheinenden Romandebüt "Otis" (Rowohlt Verlag). Wollt ihr am Dienstag (03.02.) um 20.30 Uhr (19.30 Uhr Einlass) im Babylon dabei sein, dann spielt Songwriter/in und schreibt uns bis Sonntag (01.02.) 5 Zeilen, die aus einem Blumfeld-Hit stammen könnten.

Also: Lasst Blumfeld sprechen und schreibt uns entweder hier einen Kommentar oder an service@ocelot.de!

Jochen Distelmeyer liest aus "Otis"

am 03. Februar 2015 um 20.30 Uhr

im Babylon (Rosa-Luxemburg-Str. 30, 10178 Berlin) 

ocelot, shines into the night…

Posted on: November 2nd, 2014 by Frithjof Klepp No Comments

 

© Yves Sucksdorff

© Yves Sucksdorff

Herbst und Buchmesse: 20 Empfehlungen (Stefan Mesch)

Posted on: Oktober 5th, 2014 by Stefan Mesch No Comments

 

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Ab Mittwoch bin ich auf der Frankfurter Buchmesse, für Deutschlandradio Kultur:

Als Blogger, in u.a. Kathrin Passigs Fußstapfen, und gemeinsam mit Autorin Nora Bossong.

Wichtig für mich, vorher: Nochmal in Ruhe die Neuerscheinungen von Sommer und Herbst durchgehen. Romane finden. Blättern. Stöbern. Eine größere Übersicht über die Herbst-Romane in Deutschland blogge ich jedes Jahr HIER. Im ocelot-Blog aber, schon vorher:

20 Romane aus dem ocelot-Sortiment, auf meiner "schnell lesen!"-Liste:

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01_"Johnny und Jean", Teresa Präauer:

    • zwei Kunststudenten gegen Welt und Hochschule.
    • Wallstein, 208 Seiten, 4. August 2014. bestellen.

Johnny und Jean

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02_"Die Mittellosen", Szilárd Borbély:

  • Ungarn in den 70ern: ein Dorfjunge mit jüdischen Wurzeln fragt nach früher.
  • Suhrkamp, 350 Seiten, 6. Oktober 2014. bestellen.

Nincstelenek
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03_"Fünf Menschen, die mir fehlen", Christie Hogden:

  • ein Leben, erzählt in fünf kleinen und großen Verlusten
  • Knaus, 288 Seiten, 6. Oktober 2014. bestellen.

Elegies for the Brokenhearted
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04_"Schweinesystem", Christine Koschmieder:

  • zwei Rebellinnen im Heidelberg der frühen 80er Jahre
  • Blumenbar, 400 Seiten, 18. August 2014. bestellen.

[noch keine Vorschau]
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05_"Kruso", Lutz Seiler

  • Tellerwäscher auf Hiddensee findet einen Mentor / Freund: Aussteiger-Roman.
  • Suhrkamp, 484 Seiten, 2. September 2014. bestellen.

Kruso
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06_"Kastelau", Charles Lewinsky

  • die Dreharbeiten eines NS-Propagandafilms der UFA in den bayrischen Alpen
  • Nagel & Kimche, 400 Seiten, 25. August 2014. bestellen.

Kastelau
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07_"Auswilderung", Bettina Suleiman:

  • junge Forscherin versucht, Gorillas auszuwildern. Lovestory? Science Fiction?
  • Suhrkamp Nova, 265 Seiten, 15. September 2014. bestellen.

[noch keine Vorschau]

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08_"Das fabelhafte Jahr der Anarchie", André Kubiczek:

  • Lausitz, 1990: Liebespaar versucht sich an Aussteiger-Bauernhof
  • Rowohlt Berlin, 272 Seiten, 29. August 2014. bestellen.

[noch keine Vorschau]

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09_"Rückwärtssalto", Evi Simeoni:

  • Leistungsturnerin, überfordert
  • Klett-Cotta, 272 Seiten, 23. August 2014. bestellen.

[noch keine Vorschau]

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10_"Alles andere als ein Kinderspiel", Yishai Sarid

  • die Leiterin eines Kindergartens in Tel Aviv kämpft um ihre Unabhängigkeit
  • Kein & Aber, 368 Seiten, 1. September 2014. bestellen.

Naomi's Nursery School
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11_"Was nützt mir die Revolution, wenn ich nicht tanzen kann?", Ece Temelkuran

  • junge Journalistin fährt mit drei weiteren Frauen durch den Arabischen Frühling
  • Atlantik Verlag, 400 Seiten, 8. September 2014. bestellen.

Düğümlere Üfleyen Kadınlar
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12_"Restwärme", Kerstin Preiwuß

  • als ihr Vater stirbt, reis eine Geologin zurück nach Mecklenburg, aufs Land
  • Berlin Verlag, 224 Seiten, 14. Juli 2014. bestellen.

Restwärme
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13_"Wir brauchen neue Namen", NuViolet Bulawayo

  • Mädchen aus Simbabwe zieht zu ihrer Tante in Detroit und erfindet sich neu.
  • Suhrkamp Verlag, 264 Seiten, 18. August 2014.  bestellen.

We Need New Names
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14_"Steiners Geschichte", Constantin Göttfert

  • Generationenroman über Vertriebene, die versuchen, in Österreich Fuß zu fassen
  • C.H. Beck, 479 Seiten, 14. Juli 2014. bestellen.

Steiners Geschichte
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15_"Requiem", Frances Itani

  • japanischstämmige Familie wird im Kanada des 2. Weltkriegs interniert
  • Berlin Verlag, 352 Seiten, 1. September 2014. bestellen.

Requiem
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16_"Länger als sonst ist nicht für immer", Pia Ziefle

  • drei Kinder der 70er Jahre, für 30 Jahre zerrissen zwischen Ost- und Westeuropa
  • Arche, 320 Seiten, 25. August 2014. bestellen.

[noch keine Vorschau]

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17_"Zwei Bärinnen", Meir Shalev

  • brutale israelische Familiensaga um eine Gärtnerei
  • Diogenes, 416 Seiten, 24. September 2014. bestellen.

Due vendette
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18_"Das achte Leben (Für Brilka)", Nino Haratischwili

  • epischer Roman über das 20. Jahrhundert in Georgien
  • Frankfurter Verlagsanstalt, 1280 Seiten, 1. September 2014. bestellen.

Das achte Leben (Für Brilka)
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19_"Biester", Emma Jane Unsworth

  • zwei verkrachte Freundinnen, Selbsthass, Alkohol und Sex
  • Metrolit, 288 Seiten, 18. August 2014. bestellen.

Animals
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20_"Der Himmel meines Großvaters", Stefan Hertmans

  • literarische Biografie eines belgischen Weltkriegsveteranen
  • Hanser Berlin, 320 Seiten, 25. August 2014. bestellen.

Oorlog en terpentijn
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Bonus:

vier Titel, die noch vor Weihnachten erscheinen:

  • James Salter: "Jäger" 1. Salter-Roman, ersch. 1956. Berlin Verlag, 304 Seiten, 13. Oktober 2014. Goodreads: 4.07 von 5
  • Thomas Wolfe: “Von Zeit und Fluss” Neuübersetzung von Irma Wehrli, Manesse Verlag, 1200 Seiten, 20. Oktober 2014. Goodreads: 4.22 von 5
  • Szilárd Rubin: “Der Eisengel” Rowohlt Berlin, 224 Seiten, 24. Oktober 2014. Goodreads: 4.24 von 5
  • Angharad Price: “Das Leben der Rebecca Jones” dtv, 200 Seiten, 1. Dezember 2014. Goodreads: 4.31 von 5

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weitere Empfehlungen von mir:

Deutscher Buchpreis: Die Shortlist

Posted on: September 22nd, 2014 by Fabian Thomas No Comments

 

Mit Spannung erwarten wir den 6. Oktober, wenn zum Auftakt der Frankfurter Buchmesse der Gewinner des Deutschen Buchpreises bekanntgegeben wird. Fiebert mit: Hier findet Iihr noch einmal alle sechs Shortlist-Kandidaten, die ihr natürlich auch direkt online bestellen könnt:

         
         

 

matthes-seitz-gewinnspiel

Seit zehn Jahren versorgt der Matthes & Seitz Verlag von Berlin aus seine Leser mit geistigen Höhenflügen, kontroverser Literatur und bibliophilen Schätzen für Buchliebhaber. Das haben wir uns zum Anlass genommen, eine große Geburtstagsrally zu veranstalten. An drei aufeinanderfolgenden Tagen könnt ihr auf Facebook Aufgaben erfüllen und euch zur Belohnung mit Büchern aus dem Verlagsprogramm eindecken! Am Samstag, den 23. August wird dann noch einmal standesgemäß im Literarischen Colloquium am Wannsee angestoßen. Das Programm für die große Verlags-Geburtstagsfeier findet ihr hier:

15:30 Uhr
Begrüßung durch Ingo Fessmann und Andreas Rötzer

15:45 Uhr
Marie-Luise Scherer »Die Hundegrenze«
Moderation: Thorsten Dönges

16:15 Uhr
Fremde Welten
Die Literaturübersetzer Valerie Engler und Andreas Jandl im Gespräch mit Nathalie Mälzer

17:00 Uhr
Tomas Espedal »Wider die Natur«
Moderation: Hinrich Schmidt-Henkel

17:30 Uhr
Buchpremiere Maruan Paschen »Kai«
Moderation: Tobias Becker

18:00 Uhr
Wiederentdeckte Natur
Jutta Person, Judith Schalansky, Cord Riechelmann und Rainer Moritz im Gespräch

18:45 Uhr
Buchpremiere Céline Minard »Mit heiler Haut«
Moderation: Wiebke Porombka

19:15 Uhr
Gefährliche Philosophie
Peter Trawny, Guillaume Paoli und Adam Soboczynski im Gespräch

20:00 Uhr
Buchpremiere Esther Kinsky »Am Fluß«
Moderation: Hubert Winkels

20:30 Uhr
Stoßen Sie mit uns an auf 10 Jahre Matthes & Seitz Berlin.

Anschließend bitten Doris Akrap, Sophie Jung, Ulrich Gutmair und DJ Mehrheitsgesellschaft zum Tanz.

Zwischen 15:00 und 20:00 Uhr bietet das Fez-Berlin ein Kinderprogramm zu Natur und Tier.

Zum Gewinnspiel auf Facebook

Zur Matthes & Seitz Berlin Sonderseite auf ocelot.de

 

ulrike-draesner-sieben-spruenge„Sieben Sprünge vom Rand der Welt“...

...erzählt die Lebensgeschichte des Kriegskindes und Affenforschers Eustachius Grolmann, geboren 1930 in Schlesien, der im Januar 1945 mit seinen Eltern und seinem behinderten Bruder Emil durch den Breslauer Winterwald gen Westen floh. Neun Ich-Erzähler aus vier Generationen kommen in dem Buch zu Wort. Als Leser muss man sich immer wieder auf neue Perspektiven einlassen. Warum braucht es diesen Chor an Stimmen, um diese Geschichte zu erzählen?

Weil es „die historische Wahrheit“ zu den Geschehnissen 1945 in Europa und zu ihren bis heute spürbaren Folgen nicht gibt. Es gibt verletzte, geschädigte, traumatisierte Menschen. Verluste allenthalben: der „Heimat“, der nächsten Angehörigen, des eigenen Ichs. Die Schrecken und Schönheiten des Weiterlebens, willkürliche und unwillkürliche Erinnerungen. So erzählen neun Menschen den Roman, Mitglieder zweier Familien, und doch spricht jeder einzeln: von seinen Geheimnissen her, seinem Sich-Zurechtbiegen der Wirklichkeit, seinem Sprung vom Rand der Welt. Ein Chor von Stimmen auch, um das Kollektive des Geschehens zu fassen. Etwas, das weit über den noch immer national und generationell bestimmten Denkrahmen „Flucht und Vertreibung“ (deutsch, alle Betroffenen verstorben oder hochbetagt) hinausreicht.

...ist also ein Roman in Stimmen. Ein Stimmenort deiner Kindheit war das Wohnzimmer deiner schlesischen Großeltern väterlicherseits. In diesem geschützten Rahmen fanden die Flucht, die verlorene schlesische Heimat und das Gefühl des Verzogenseins einen Hallraum. Wie hast du die Atmosphäre in dem Wohnzimmer damals als Kind wahrgenommen?

Sie war faszinierend und erschreckend, etwas vor der bayrischen Außenwelt Verborgenes, zu dem ich Zugang hatte. Darauf war ich stolz. Und begegnete zugleich einem Raum unsichtbarer Schmerzen, einem inneren, essentiellen Raum, der etwas davon ausdrückte, was meine Großeltern, ihre Freunde und meinen Vater so merklich von meinem bayrischen Familienteil unterschied. Heute würde man es vielleicht als Gebrochenheit bezeichnen, die tiefe Erfahrung eines Verlustes und der ihm folgenden Demütigungen dort, wohin es einen „verschlagen“ hatte. Ein politischer Raum zudem: ich erinnere mich an endlose Diskussionen darüber, ob man nach Polen reisen solle oder nicht. Manche fuhren und berichteten davon, andere, wie meine Großeltern, schreckten davor zurück. Kleine Durchbrüche, großes Schweigen. Ich glaube, ich lernte in diesem Wohnzimmer viel über nichtsichtbare und nicht aussprechbare Wirklichkeiten. Für das Schreiben des Romans war die Erinnerung hieran wichtig: als Lotung, sozusagen. Die Hauptarbeit hieß für mich ja, immer wieder dieses Schweigen zu berühren und es hinüberzuziehen, zu übersetzen in sprachlichen Ausdruck.

...Flucht und Vertreibung der Kriegs- und Nachkriegszeit und die Frage, wie solch traumatisierende Erfahrungen wie der Verlust der Heimat sich auswirken - und zwar nicht nur auf die Menschen, die dies unmittelbar erlebt haben, sondern auch auf die nachfolgenden Generationen - sind zentrale Fragen, mit denen sich der Roman beschäftigt. In der Forschung ist das Feld der transgenerationalen Weitergabe von Traumatisierungen noch relativ neu. Wie hast du dich dem Thema als Schriftstellerin genähert?

Die Forschung hat mir geholfen, gerade auch dort, wo sie Fragen stellt, die sie nicht beantworten kann. Wesentlich aber waren meine eigenen Erfahrungen und Erinnerungen. Ohne die Beobachtungen an meiner Familie und mir selbst hätte sich mir das Thema emotional in keiner Weise erschlossen. Dabei lag keineswegs alles jetzt, nur weil ich älter bin, offen zutage. Das Schreiben der Sieben Sprünge bedeutete Such- und innere Auftauchensarbeit, die ihr eigenes Zeitmaß mitbrachte. Schubweise löste sich dann manchmal etwas. Um Emil und sein Erzählen kämpfte ich bis zum Ende der Manuskriptabgabe. Und noch in den Fahnen.

...erzählt auch aus der Perspektive von Simone Grolmann, Tochter der Hauptfigur Eustachius Grolmann. Wie der Vater ist auch sie eine angesehene Affenforscherin. Diese Figur ist wie du selbst 52 Jahre alt. Und vielleicht dir von allen Figuren am nächsten? Wie war das beim Schreiben für dich: Fiel es dir vergleichsweise leicht, ihr eine Stimme zu leihen?

Stimmt, Simone ist generationell meine Spiegelfigur. Aber der Roman begann nicht bei ihr, sondern bei Lilly, der Mutter von Eustachius, also Simones Großmutter. Das war die Stimme, die alles eröffnete. Über Orte, an denen ich mich befinde, kann ich nicht schreiben. So ähnlich geht es mir auch mit Figuren. Simone ist Nicht-Ich: Ihr Beruf, ihre Denkweise, ihr Verhältnis zu ihrem Vater – eine Imagination. Möglichkeitswelten nach der Wirklichkeit, im mehrfachen Sinn dieses „nach“. Dabei habe ich mir, im Nachhinein, den Spaß gemacht, Simone z.B. mein Geburtsdatum zu geben. Also nachprüfbare Realitätsschnipsel einzuarbeiten, die die Frage nach dem Verhältnis dieser Wirklichkeit zur Fiktion noch einmal aufwerfen. Das gilt immer wieder in diesem Roman: in Scherben von Daten und Namen ragt die „Wirklichkeit“ in den Text. In Scherben.

...ist eine oft schmerzhafte Lektüre, weil es nahezu in jeder Zeile die Mühen und Seligkeiten der Liebe zwischen Eltern und Kindern fühlbar macht. Während die Paare in dem Roman sich über die Jahre entfremden und auseinander entwickeln, verbindet Eltern und Kinder ein ungeheuer starkes Seelenband. Im letzten Kapitel des Romans heißt es an einer Stelle: „Eltern zaubern den Kindern ihre Wünsche vor“. Was ist damit genau gemeint?

Das sagt Emil, Eustachius‘ behinderter Bruder. Er hat eine eigene, ungewöhnliche Stimme. Im Kontext spricht er seine verlorenen Eltern an, denen er unter größten Mühen in einer Aprilnacht 1945, die er ausgebombt in Sondershausen/Thüringen auf der Straße verbringt, einen Brief schreibt. Jeder Leser wird Emils Worte auf seine Weise mit seinen Eltern- und Kinderfahrungen verbinden. Und er wird sie aus seiner Identifikation mit Emil heraus verstehen – in dieser Straßen-Bombenlage - mit Wünschen im Kopf, voller Sehnsucht nach Zauber.
Das ist doch das Schöne am Lesen: es kommt nicht darauf an, was „gemeint“ sein könnte. Ich meine nichts. Eine Figur sagt etwas, sie versucht, etwas auszudrücken. Die Bedeutung ergibt sich aus der Schwingung, den Resonanzen, zwischen Satz und Leser.

...enthält ein zentrales, ausführliches Kapitel, in dem der Vater von Eustachius Grolmann, Hannes Grolmann, der in beiden Weltkriegen gekämpft hat, zu Wort kommt. Dieses Kapitel macht auf eine sehr eindrucksvolle Weise fühlbar, wie schwer es gewesen sein muss, angesichts der unsagbar grausamen und traumatisierenden Kriegserlebnisse, weiter zu leben und Kinder großzuziehen. Es macht aber auch, "die Sehnsucht nach der irren Schönheit des Lebens im Krieg" verstehbar. Wie schwer war es, sich in diese Figur hineinzuversetzen und dafür eine sprachliche Form zu finden?

Hannes‘ Kapitel ist ein Buch im Buch. Anders als die anderen Erzähler weiß er, dass man ihm zuhört. Er stellt sich dar, rechtfertigt sich, entblößt sich. Für die Schilderung seiner Erlebnisse im 1. Weltkrieg habe ich wochenlang recherchiert, am Ende sind ein paar Seiten stehengeblieben. Und dennoch, und so seltsam es klingen mag: die Figur fiel mir leicht. Ich habe meinen Großvater väterlicherseits sehr geliebt als Kind. Aber er war schwierig, verschlossen. Und doch ganz weich, das spürte ich. Er starb, als ich zehn war, und ich glaube, all die Zeit hat meine Sehnsucht nach ihm mich durch das Kapitel geführt. Und tief in ihn hinein. Bis in seinen Suizidversuch, kurz nach der Ankunft in Bayern. Bis in dieses nie besprochene, unmögliche Gefühl, den Krieg zu vermissen, die Kameraden, die Lebensintensität, die eigene Jugend, die „irre Schönheit“ dieser Zeit.

...ist ein Roman mit einem unglaublichen Rechercheaufwand. Acht Jahre hast du an dem Buch gearbeitet. Wie hält man das durch und was für ein Gefühl ist es, wenn das Buch schließlich erscheint?

Durchhalten: mit Pausen. Rücksichtnehmen auf die Eigenzeit der Figuren. Dann wieder recherchieren. Eintauchen in die Romanwelt bis in die eigenen Träume. Die Wirklichkeit nur durch die Romanbrille sehen. Verwandelt werden durch das Schreiben. Dann: Abstand nehmen, überarbeiten. Manchmal war die Recherche Erholung. Neu schreiben, verwerfen. Verzweifeln.
Mehrfach habe ich versucht, vor dem Projekt davonzulaufen. Noch 2010 mit meinem Verlag einen Vertrag über ein anderes Buch geschlossen… Und nun ist es noch immer ein Stück weit irreal, dass das Buch da ist. Die Figuren stecken noch in mir, ich kann keine neue Prosa schreiben. Auch ist das Projekt noch nicht beendet. Hier auf der Website geht es weiter: Die Rück-Führung des Themas in die Wirklichkeit unseres Denkens und Sprechens heute ist mir sehr wichtig und für mich noch Teil des Arbeitsprozesses.

Die Fragen stellte Rebecca Ellsäßer / www.der-siebte-sprung.de.

Sieben Sprünge vom Rand der Welt

Ulrike Draesner

Luchterhand, 2014

21,99 €

 

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Jörg Fauser: Das Schlangenmaul

Posted on: August 7th, 2014 by Fabian Thomas No Comments

 

Jörg Fauser - Das Schlangenmaul (Ullstein Taschenbuch 1997)

Miriam Schäfer-Scheunemann, eine Tochter aus dem Hannoveraner Neureichen-Milieu, ist verschwunden. Heinz Harder, „Bergungsexperte für außergewöhnliche Fälle“, wird mit der Suche beauftragt. Das kommt ihm gerade recht, hat er doch eine saftige Steuernachzahlung im Nacken und ist als verkrachter Journalist ohnehin chronisch pleite. Recherchen in der Hannoveraner Kleinkriminellen-Halbwelt und dem Berliner Puff-Milieu lassen Harder einigermaßen schnell erahnen, dass er sich bei diesem Job nur die Finger verbrennen kann: Miriam ist die Tochter des skandalumwitterten Politkers Paul Scheunemann, der gerade zum Alkoholentzug in der Klinik ist, hält sich aber viel lieber bei ihrem Stiefvater in Westberlin auf, der die Fäden einer ominösen New-Age-Sekte von Schlangenbeschwörern in der Hand hält.

 

Wer ihn immer noch nicht kennt, sollte das schleunigst ändern: Jörg Fauser hat sich in den achtziger Jahren von seinem Underground-Image gelöst und mit Krimis in der hardboiled-Tradition einen Namen gemacht, sie erschienen bei Rogner & Bernhard und später als günstige Taschenbücher bei Ullstein. Neben seiner journalistischen Arbeit konnte er so seinen Lebensunterhalt verdienen, alt wurde er aber trotzdem nicht: Am 17. Juli 1987 starb er nach der Feier zu seinem 43. Geburtstag, als er als Fußgänger auf der Autobahn von einem Lkw erfasst wurde. Dieses Jahr wäre er siebzig Jahre alt geworden.

 

Das Schlangenmaul ist neben den im selben Jahrzehnt erschienenen Romanen Der Schneemann und Rohstoff ein eher unbekannter Fauser. Die anfangs rasante und extrem unterhaltsame Handlungsführung kommt gegen Ende etwas ins Stocken. Dafür bekommt man die für diesen Autoren so typischen kantigen Figuren, brillant auf den Punkt geschriebene Dialoge und einen stimmungsvollen Blick auf das Westberlin in den trüben achtziger Jahren der Bundesrepublik. Kostprobe: „Auf der Potse war die Stunde der Hyänen angebrochen, die Stunde der Aasgeier. Das Neonlicht flackerte wie der Pulsschlag eines Sterbenden, und der Wind heulte durch die Straße wie ein Todesschrei.“

 

Das Schlangenmaul

Jörg Fauser

Diogenes Verlag, 2009

9,90 €

 

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Fabian Thomas ist Herausgeber von The Daily Frown, dem Magazin für Musik, Literatur, Alltag. Im ocelot Blog stellt er in der Rubrik Classics einmal im Monat Lieblingsbücher und Wiederentdeckungen vor.