
Fantasy aus Tausendundeiner Nacht
Zehn Jahrhunderte ist es er, dass das einst blühende Land durch einen verheerenden Krieg in eine lebensfeindliche Sandwüste verwandelt wurde.
Damals suchte der machtgierige Magier Nyan nach dem ersten Wort, das ihm die Macht über das Erd- und Himmelreich verschafft hätte. Unterstützt von seinem treuen Gefolgsmann Sarraka zogen seine Truppen, begleitet von Drachen von Mât aus gegen die Städte der Menschen und Nori, bevor der Magier letztlich im Feuer eines der Drachen verbrannte. Gut 1000 Jahre später rührt sich sein Geist von Neuem.
Anûr ist als Enkel eines Geschichtenerzählers schon weit herumgekommen. Als sein Opa eines Tages in Nabija gastiert und in den Palast gerufen wird, nutzt der Junge die Gunst der Stunde und die Müdigkeit seines Opas aus. Er gibt sich für seinen Großvater aus und besucht den Kalifen. Letzterer sucht Hilfe bei einer Bedrohung, die sich so phantastisch anhört, dass sie kaum zu glauben ist. Nicht etwa die Räuber des Nomadenvolkes der Haschirim, sondern ein Drache soll Karawanen überfallen und Siedlungen niedergebrannt haben. Eigentlich undenkbar, doch dann öffnet der Junge ein seit Jahrhunderten verschlossenes Kästchen in dem ein Drachenzahn darauf wartet, als Waffe gegen die geflügelten Lindwürmer eingesetzt zu werden.
Zusammen mit dem Thronfolger zieht Anûr als dessen Chronist aus, den Drachen zur Strecke zu bringen – und stößt auf Sarraka der in Diensten des Schattens seines Herren weiter auf der Suche nach dem ersten Wort ist. Im Verlauf des Abenteuers trifft er auf Ghoulas, Ifrite, Dschinn, Schatten, Nori und auf die schlafenden Drachen. Er muss erkennen, dass das tatsächliche Erleben von Abenteuern weit mühsamer, schmerzhafter und gefährlicher ist, als es in den Geschichten erscheint – zumal das Schicksal ihm und seinen Freunden eine ganz wesentliche Rolle im Kampf gegen Sakarra zugedacht hat.
Willkommen zu einer etwas anderen Fantasy-Queste
Was ist das für ein Roman, den uns der Sohn eines ägyptischen Vaters und einer deutschen Mutter hier präsentiert? Das Grundgerüst ist wohl erprobt. Wir begegnen unserem jugendlichen Helden,der unbedarft aber tapfer ins Abenteuer stolpert. Dass sich letzteres als weit gefährlicher und auch mühsamer erweist als gedacht kann ebenso erwartet werden, wie das Auffinden eines magischen Gegenstandes – hier eines Zauberstabes, der auch als Waffe dient – und die Sammlung von charismatischen Unterstützern.
So erwartet den Leser reduziert auf das Gerüst ein Questenroman, der sich dann aber in zwei wesentlichen Punkten von dem Gewohnten unterscheidet. Zum Einen sind es die Geschichten in der Geschichte, die erzählt werden. Bei der Profession, der sowohl Anûr als auch sein Großvater nachgehen liegt es nahe, immer wieder einmal Sagen in die Handlung einzuflechten. Dass sich diese dann als nicht nur spannend anbieten, sondern auch als hilfreich für den aktuellen Plot erweisen, macht sie noch ein wenig interessanter.
Zum Anderen ist es das Setting, das fasziniert. Die Welt des Orients in all seiner farbenprächtigen Exotik mit Kaffeehäusern, Wasserpfeifen, Sultanspalästen und der ewigen Wüste bietet die Bühne für die schillernde Handlung. Dass sich der Autor dabei gewohnter Versatzstücke aus Scheherazades Welt bedient – ein fliegender Teppich darf nicht fehlen – ist nur folgerichtig, dass er sich dabei Zeit lässt, lehnt sich an die Tradition der orientalischen Geschichtenerzähler an. Immer findet er den Platz, uns von der Schönheit der Landschaft zu berichten, historische Zusammenhänge herzustellen und Hintergrundwissen einfließen zu lassen. Das mag auf mache Leser, die non-stop Action gewohnt sind, ein wenig störend wirken, verleiht dem Text aber eine fast lyrisch zu nennende Facette.
So bietet sich der Roman als etwas anderes und damit interessanter als das Gewohnte an, verzückt mit ungewöhnlichen Figuren, vielen Ideen und Wendungen und weckt Appetit auf mehr.

Flammenwüste
- Autor: Akram El-Bahay
- Verlag: Bastei-Lübbe
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ganz kurz: tolle Geschichte mit herrlichen Ideen und phantasievollen Ausschmückungen. Ich kann mich vielen positiven Rezensionen zu diesem Buch anschließen! Dennoch gibt es 3 Punkte, welche mich davon abhalten dieses Buch zu empfehlen.
1. man merkt eindeutig, dass die Charaktere der gleichen Feder entspringen, es fehlt die Vielfalt in Ausdruck, Verhalten und Tiefe der Protagonisten.
2. die Anhäufung von aufeinander folgenden Zufällen, welche den Hauptprotagonisten von Abenteuer zu Abenteuer schlittern lassen wirken unglaubwürdig.
3. irgendwie ist alles vorhersehbar
Anur gibt sich als sein Großvater, der Geschichtenerzähler Nur ed-Din, aus, als dieser zum Sultan von Nabija gerufen wird. Immer schon einmal wollte er den Palast von innen sehen – und Geschichten kann er auch erzählen. Doch der Sultan braucht eigentlich einen Berater – aber auch dabei kann Anur ihm helfen. Plötzlich findet sich Anur als Chronist einer Drachenjagd wieder, doch damit ist das Abenteuer noch lange nicht zu Ende. Unbekannte Städte und Völker warten auf ihn, viele Gefahren und mehr oder weniger hilfreiche Gefährten sowie ein lange gehütetes Geheimnis.
Fast meint man, man hätte ein modernes Märchen aus 1001 Nacht in der Hand. Akram El-Bahay hat seine ganz eigene Welt entwickelt, mit interessanten Geschichten, Orten und Charakteren. Dabei bedient er sich zwar altbekannter Wesen wie z. B. Ifriten oder Drachen, entwickelt aber auch Neues, wie z. B. die Sammler, menschenähnliche Wesen, die besondere Dinge sammeln und tauschen und u. a. die „Bibliothek der ungeschriebenen Bücher“ besitzen, eine wunderbare Erfindung, die mein Leserherz erfreut.
Um die erschaffene Welt anschaulicher zu machen, findet sich auf den inneren Umschlagseiten eine Karte, ein schönes Extra, mit dem man sich Anurs Weg anschaulicher machen kann – um ehrlich zu sein, habe ich sie aber nicht benötigt, ich konnte mir alles auch so gut vorstellen.
Die Charaktere gefallen mir gut, vor allem Anur lernt man als Leser gut kennen, mit ihm erlebt man zitternd und staunend eine ganze Reihe Abenteuer. Wie es sich für einen High-Fantasy-Roman gehört, stehen ihm einige Gefährten zur Seite, von denen mir vor allem der fliegende Teppich ausgesprochen gut gefallen hat, der, magisch erschaffen, sein ganz eigenes Leben entwickelt hat.
Erzählt wird vorwiegend aus Anurs Perspektive, hin und wieder wird aber auf die Antagonistenseite gewechselt, wobei aber nicht direkt aus Sicht des Widersachers erzählt wird. Die Wechsel sind gut gelungen und passend eingesetzt, der Leser weiß so zwar ein bisschen mehr als Anur, es bleiben aber immer ausreichend Fragen offen, die Spannung wird so eher noch gesteigert. Immer wieder gibt es eingestreute Geschichten und Legenden, die die Welt noch lebendiger wirken lassen.
Das Ende ist sehr gelungen und ohne Cliffhanger, obwohl die Geschichte weitergehen wird; der zweite Band ist gerade erschienen. Anurs Abenteuer ist noch nicht zu Ende, ich freue mich auf die Fortsetzung.
Nicht nur Nur ed-Din und Anur sind begnadete Geschichtenerzähler, auch der Autor ist es. Schon die Prequel-Kurzgeschichte „Das Geheimnis der goldenen Stadt“ hatte mich sehr begeistert. Der Roman glänzt mit der gleichen eingängigen, sehr bildhaften Sprache, einer spannenden Geschichte, die man kaum aus der Hand legen mag, und viel Phantasie. Dieser Roman hat mich von der ersten Seite an gepackt und immer mehr in seinen Bann gezogen, er hat mich entführt in seine eigene Welt – und am liebsten wäre ich noch länger geblieben.
Insgesamt ein spannender, phantasievoller High-Fantasy-Roman, der vor allem durch seinen orientalischen Bezug einen ganz besonderen Charme entwickelt. Ein wahres Lesehighlight, dass ich uneingeschränkt empfehlen kann.