
Ein Engel, der eine Dämonin liebt und in die Hölle reist
Bobby Dollar, der Anwaltsengel, ist nach den Ereignissen in Die dunklen Gassen des Himmels erst einmal von seinem Job frei gestellt, seine Beteiligung ist den höheren Engeln noch unklar, die Ermittlungen sind noch im Gange. Das Nichtstun lässt ihn Caz, die Dämonin in die er sich verliebt hat, noch schmerzlicher vermissen, aber Caz ist unerreichbar weit weg, denn Bobbys Erzfeind, der Dämonenfürst Eligor hat sie in die Hölle verschleppt.
Als ein Kollege Bobbys in seiner Gegenwart einem Mordanschlag zum Opfer fällt und der Täter es danach auf Bobby selbst abgesehen hat, liegt die Vermutung nahe, dass Eligor ein weiteres Mal einen höllischen Attentäter auf Bobby angesetzt hat, immerhin besitzt Bobby immer noch etwas, das eigentlich Eligor gehört. Bobby reicht es, er beschließt, in die Hölle zu reisen und sich Caz zurück zu holen. In die Hölle kann er natürlich nicht als Bobby Dollar, also leiht er sich einen Dämonenkörper und los geht es über die Neronische Brücke (ja, genau, die wurde nach Kaiser Nero benannt, der im Roman sogar einen Gastauftritt hat).
Der Leser leidet mit
Der Roman knüpft zeitnah am Vorgängerband an und führt die dort begonnene Geschichte fort, es ist daher sehr zu empfehlen, Die dunklen Gassen des Himmels gelesen zu haben. Tad Williams lässt Bobby selbst die Geschichte in Ich-Form erzählen, wodurch man als Leser wieder hautnah dabei ist - und das ist die Crux dieser Geschichte, denn Bobby erzählt sehr ausführlich und sehr plastisch. Als Leser erfährt man mehr, als man vielleicht möchte, über die Hölle, ihre Bewohner und deren Qualen, über Bobbys Gefühle und seine Qualen. Der Besuch in der Hölle macht einen großen Teil des Romans aus und ist einfach zu lang, es gibt zu viele Wiederholungen, immer wieder kommt Bobby vom Regen in die Traufe, und irgendwann hat man einfach keine Lust mehr auf weitere Beschreibungen der unangenehmen Umgebung, der verunstalteten Bewohner und der Folterqualen - und hofft nur noch, dass Bobby endlich wieder in seinem normalen Leben landet. Ob ihm das gelingt? Naja, es gibt noch einen dritten Band, man kann also hoffen ...
Zum Glück erzählt Bobby aber auch wieder mit viel, oft selbstironischem, Humor, das rettet immer wieder die Stimmung und man muss bei allem Grauen doch immer wieder auch schmunzeln. Zudem hat der Roman eine Sammlung sehr skurriler Charaktere, angefangen mit Bobby und seinen Freunden in der "normalen Welt", von denen keiner wirklich "normal" ist, da gibt es neben einer ganzen Reihe eigenwilliger Anwaltsengel u. a. ein ganz besonderes Werschwein, das Bobby als Informationsbeschaffer dient, besonders hervorzuheben sind in diesem Band aber natürlich die Höllencharaktere mit denen es Bobby zu tun bekommt.
Ein Engel, der eine Dämonin liebt und in die Hölle reist
Bobby selbst ist kein Engel, wie man ihn sich gemeinhin vorstellt, einen Heiligenschein hat er wohl kaum, er wirkt eher heruntergekommen und mit den höheren Engeln hat er so seine Probleme (und sie mit ihm). Bevor er ein Anwalt des Himmels wurde, war er bei den himmlischen Kampftruppen, was ihm jetzt ein paar Vorteile bringt. Im Vorgängerband ist er auf einige Dinge gestoßen, die seinen Glauben an einen guten Himmel auf die Probe gestellt haben, unter der Hand gibt es Deals zwischen Himmel und Hölle und womöglich Verräter auf beiden Seiten. Am Ende dieses Romans sind noch viele Fragen offen, die hoffentlich in Spät dran am jüngsten Tag, dem Abschlussband der Trilogie geklärt werden. Caz scheint er wirklich zu lieben, nicht nur die eingeschobenen Erinnerungen an sie lassen das vermuten, doch ein bisschen erstaunt das auch, zwar hat sich Bobby auch schon im Vorgängerband sehr zu ihr hingezogen gefühlt, dass die Gefühle aber so tief sind, war nicht zu vermuten. Im Grunde ist das aber egal, denn die Liebesgeschichte zwischen Engel und Dämon hat eine gewisse Brisanz und gibt der Geschichte zusätzliche Würze. Man darf gespannt sein, wie dieser Erzählstrang enden wird.
Nach dem überzeugenden ersten Teil der Trilogie ist dieser Band eine kleine Enttäuschung, die Haupthandlung wird nur unwesentlich weitergeführt, der Höllenpart ist zu lange geraten. Immerhin gibt es ein paar überraschende Wendungen, die auf den Abschlussband hoffen lassen. Die Auflösung des großen Rätsels steht noch aus, ebenso wie die Frage nach Bobbys zukünftigem Schicksal.

Happy Hour in der Hölle
- Autor: Tad Williams
- Verlag: Klett-Cotta
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Der zweite Teil kann nur ermüdend beschrieben werden. Der Ansatz des ersten Teils, ein lakonisch-sarkastischer Engel/Anwalt ermittelt sich durch eine spirituelle Welt zwischen Dies- und Jenseits, wich einem lähmendem Dauerlauf zum 7. Kreis der Hölle, allerdings oder zum Glück ohne den Leser mitzunehmen.
Engel Doloriel – a.k.a. Bobby Dollar -, Advokat für die frisch Verstorbenen auf der Seite des Himmels geht durch die Hölle – buchstäblich. Nachdem im Ersten Buch dieser Reihe Bobbys Geliebte, die Dämonin Gräfin Casimira von der Kalten Hand, kurz Caz, von ihrem Herrn Eligor, dem Großherzog der Hölle im Pandämonium unter Hausarrest gestellt worden, sucht Bobby nach einem Weg, sie dort heraus zu bekommen. Wie schwierig kann das werden? Vergil hat’s geschafft, Orpheus auch – aus ähnlichen Gründen, aber mit zu wenig Beherrschung und Dante hat sogar eine Sightseeingtour hinter sich gebracht. Und das sind alles Menschen gewesen. Da sollte es einem Engel doch wesentlich besser gelingen. Und so beschließt er – kurz nachdem er von einem überaus seltsamen und unangenehmen Monster angegriffen worden ist, das aber statt seiner aus Versehen einen seiner Freunde tötet – nach Wegen zu suchen, unerkannt in die Hölle hinein und, noch viel wichtiger, wieder hinaus zu kommen.
Schließlich findet er einen Weg mit Hilfe seines direkten Vorgesetzten, der ihm eine Nachricht an jemanden in der Hölle mitgibt und so begibt sich der Dämon Schlangenstab auf eine Reise aus einer der unteren Ebenen der Hölle aufwärts zum Pandämonium um dort einem der mächtigsten Herren des Orkus aus seiner undurchdringlichen Festung, bewacht von wahren Höllenhunden die Freundin zu stehlen. Nicht nur ein Freund bescheinigt Bobby ob dieser Idee eindeutige Geistesgestörtheit.
Der Weg durch die Hölle ist nicht leicht und wenn man sagt, vor den Erfolg haben die Götter den Schweiß gesetzt, dann kann man mit Bobbys Schweiß nach diesem Abenteuer wahrscheinlich Turbinen antreiben – wenn denn Dämonen schwitzen würden. Ebene für Ebene und über die verseuchten Flüße der Unterwelt hinweg kämpft sich Bobby durch allerlei Gefahren auf sein Ziel zu und merkt dabei, dass je besser er sich in der Hölle auskennt, er sie als Prinzip immer weniger versteht. Genau, wie ihm auch der Himmel eigentlich schon immer ein wenig undurchsichtig erschienen ist. Doch er findet nicht wirklich viel Zeit, darüber nachzudenken, denn seine Mitteufel, -dämonen und –verdammten und was sonst noch so in der Hölle Kreucht, fleucht und sich sonst in irgendeiner Art und Weise fortbewegt, halten seine Gedanken und seinen Körper die ganze in Atem, während er von Katastrophe zu Katastrophe stolpert.
Erzählt aus Bobbys Sicht in seiner Sam-Spade- oder Philip-Marlowe-Manier hat dieses Buch viele Riesenlachmoment und auch so seine nachdenklich-philosophischen Phasen. Aber die fortlaufenden Beschreibungen der höllischen Architektur, Geographie und Population werden mit der Zeit ziemlich ermüdend und ähnlich wie in einigen Werken des Marquis de Sade werden nach 250 Seiten Beschreibungen von Foltern ein wenig ermüdend und das Lesen doch ein wenig anstrengend. Am Ende ist man dann beinahe so froh, dass Bobby die Hölle verlassen kann, wie er selbst, damit man davon erst einmal einige Zeit nichts mehr lesen muss.
Als zweiter Teil gelungen, aber nicht wirklich spannungstechnisch mitreißend. Die Qualen von Dauer und Wiederholung, die Bobby in der Hölle wieder und wieder erleben muss, lässt Tad Williams seine Leserschaft in einem kleinen Maße durchaus emotional mitvollziehen. Ganz okay.
Der erste Teil war toll und voller neuer Ideen, ich habe ihn gerne gelesen.
Umso enttäuschter bin ich über diese Fortsetzung, die die eigentliche Geschichte um das »Jüngste Gericht auf Erden« kaum weiterspinnt und sich statt dessen in unnötig ausufernden Beschreibungen vom Dasein in der Hölle auslässt. Der Roman liest sich über weite Strecken wie eine Textbeschreibung der Höllenbilder von Hieronymus Bosch, aber spannende Lektüre ist was anderes.
Mein Fazit: Dieser Mittelteil ist belanglos und die Geschichte geht für mich in eine uninteressante Richtung. Ich überlege mir deshalb ob ich den dritten Teil überhaupt noch lesen werde. Vielleicht mal als Lückenbüßer, wenn mir anderes Lesefutter ausgegangen ist.
5/10
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