
Ein Krieg droht - und entsendet seine Vorboten
Einst war die Machtfülle des Kaiserreichs Berun unübertroffen. Seitdem die Reisenden die Götter niedergeworfen hatten, schien der Stern des Reiches unsinkbar, Feinde wurden unterworfen und eingegliedert, Vasallen ans Reich gebunden. Neben der Inquisition sorgten die Ritter und Kriegsknechte für den Machterhalt, selbst die durch Blaustein geweckten besonderen Gaben der Naturvölker wurden durch den Klerus fast völlig ausgerottet.
Dann kommt es, wie es immer kommen muss, wenn alle Feinde besiegt scheinen. Uneinigkeit, Neid und Verrat unter den Adeligen Beruns, ein schwacher Kaiser, der mehr mit seinem Unterleib denkt, als mit seinem Kopf, eine alternde Kaisermutter, die von den Verschwörern aus dem Weg geräumt werden soll ermöglichen es den inneren wie äußeren Feinden des Reiches ihren Plan umzusetzen.
Drei Menschen stehen im Zentrum des Geschehens.
Schwertmann Marten ist einer der vielen Adeligen des Reiches, dessen Ego weit größer als sein Schwert ist, ein Mann der Frauen, ein Lebemann ohne wirkliche Perspektive. Als er bei um seine Spielschulden zu begleichen bei einem Attentat gefangen genommen wird hat er die Wahl - der Strick, oder die Verbannung ins Protektorat Macouban.
Die Farbige Sara, deren Eltern ursprünglich aus dem fernen Macouban stammen und als Sklaven ins Reich kamen wächst in den Gassen der Elendsviertel der Kaiserstadt heran. Dass sie eine Gabe ihr eigen nennt, mittels der sie unscheinbar wird, man sie nicht bemerkt, kommt ihr als Diebin gut zupass. Als Thoren, der Anführer der Truppen der Kaisermutter auf sie aufmerksam wird, muss sie sich entscheiden. Wird sie, so gefährlich dies für sie wird, im großen Spiel um die Macht mitmischen, oder flieht sie aus Berun?
Messer ist einer der besten Auftragsmörder des Reiches. Mit seiner Gabe, seinen Opfern die Schmerzen zu nehmen und seinem eher unauffälligem Äußeren erinnert sich niemand wirklich länger an den Mann. Einzig sein doch etwas ungewöhnlicher Speisengeschmack, der ihn Nahrungsmittel zu sich nehmen lässt, die jeder Andere aus ungenießbar ausspucken würde, fällt auf. Er wird auf die unehelichen Kinder des verblichenen Kaisers angesetzt - und erledigt seine Aufträge mit gewohnter Effizienz. Bis auf Marten, der unfreiwillig auf dem Weg in die Provinz ist. Sein professioneller Ehrgeiz wird geweckt - Messer verfolgt sein Opfer ...
Dazu gesellen sich der Fährtensucher Lebrec, der Puppenspieler Henry Thoren und der Dandy Danil, der seinen Freund Marten in die Falle lockt übernehmen die weiteren Rollen im großen Spiel um das Schicksal Beruns. Wird es ihnen gelingen, die Separierung der Provinzen und den Untergang des schwerfällig und selbstgefälligen Reiches zu verzögern - verhindern wird es sich wohl kaum lassen?
Vom Völkerroman zur eigenständigen Fantasy-Saga
Die Gebrüder Orgel haben sich ihre erste Sporen mit der Völkerroman-Trilogie um die Orks und Zwerge verdient. Zusammen mit Carsten Steenbergen haben sie darüber hinaus den ersten Teil einer Steampunk-Serie vorgelegt und bewiesen, dass sie auch außerhalb von Axt und Schwert zu überzeugen vermögen.
Vorliegend beginnen sie ein neues Kapitel ihrer Karriere; - sie präsentieren uns eine archaische Welt, in der es eine ungewöhnlich ausgestaltete Magie gibt, in der Naturvölker und eine Flora und Fauna beheimatet sind, die das Leben interessant machen. Riesige Spinnen etwa, deren Fäden ganze Körper durchzuschneiden vermögen und die ihre Eier mit Vorliebe in menschliche Leichen legen, riesige Flugsaurier und Piranha-ähnliche Meeresbewohner.
In diese Umgebung platzieren sie ein Reich, das sich dekadent und im Niedergang befindlich präsentiert. So dramatisch sich ihre jeweiligen Schicksale anlassen, das Wohl des Reiches und die Bedrohung des Friedens lauern als größeres Übel im Hintergrund.
Gerade in einem Auftaktband stehen Autoren immer vor dem Zwiespalt, ihre Welt vorzustellen, die Figuren einzuführen und die Handlung dabei nicht zu vergessen. Die Orgels machen das vorliegend geradezu mustergültig. Zum Einen gelingt es ihnen ihre ganz eigene Welt zu kreieren, diese mit genügend Merkwürdigkeiten, Eigenheiten und Gefahren zu versehen, dabei aber dem Leser doch das Gefühl zu lassen, sich ein wenig zumindest auszukennen.
Dabei vergessen sie aber ihren Plot nicht. Immer wieder schildern sie uns packende, dramatische und spannende Vorkommnisse im Leben ihrer Anti-Helden, gelingt es ihnen, uns für ihre Personen zu interessieren. Und das sind beileibe keine gängigen Typen. Wer meint, diese bereits auf den ersten Blick einordnen zu können, der reibt sich nach einigen Kapiteln verwundert die Augen. Statt dem Erwarteten überraschen uns die Wendungen, die diese nehmen, ist gut und böse beileibe nicht klar erkennbar, noch bleiben die Figuren selbst statisch. Sie alle sind lebensecht, haben ihre Schwächen und agieren entsprechend.
So erwartet uns eine faszinierend vielfältige Bühne, markante Figuren - insbesondere Messer hat es mir angetan - und eine spannende Handlung - ein beeindruckender Beginn einer Saga, der neugierig darauf macht, wie es weitergehen wird.

Die Blausteinkriege I - Das Erbe von Berun
- Autor: T.S. Orgel
- Verlag: Heyne
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Nach dem Tod des Kaisers von Berun geht das Land seinem Untergang entgegen, denn der Thronfolger ist schwach und unfähig. In den Vasallenstaaten gibt es Abspaltungstendenzen, es kommt zu Aufständen, Nachbarstaaten versuchen die Umstände auszunutzen.
Das Schicksal mehrerer Menschen verbindet sich mit dem Geschehen: Die Diebin Sara tritt, nachdem sie der Mutter des Kaisers unbeabsichtigt einen Gefallen erwies, in deren Dienst und damit mitten ins Geschehen. Der Schwertkämpfer Marten muss auf Grund seines lasterhaften Lebenswandels Berun verlassen und verdingt sich als Kriegsknecht. Messer, ein Auftragsmörder, erhält die Aufgabe verschiedene Personen, die mit dem Kaiserhaus in Verbindung stehen, zu töten – das sind nur drei der Charaktere, die die Handlung tragen und aus deren Perspektiven erzählt wird. Dem Leser bleibt lange unklar, wie die Charaktere miteinander verbunden sind, ja, wohin überhaupt die Geschichte führen soll.
Das finde ich persönlich nicht weiter schlimm, denn die einzelnen Geschichten sind interessant und spannend erzählt und nach und nach erschließen sich zumindest Gemeinsamkeiten bzw. Verknüpfungen. Die Frage nach dem großen Ganzen der Geschichte stellte sich mir nur am Rande und wird sich wohl erst mit dem letzten Band endgültig erschließen. Dennoch gibt es auch hier schon einige Aha-Erlebnisse, z. B. wenn persönliche Hintergründe aufgedeckt werden. Überrascht wird der Leser zudem immer wieder durch unerwartete Wendungen, Entwicklungen und Verbindungen.
Die Charaktere finde ich durchweg gut gelungen, die Charakterisierung ist nicht immer tiefgehend, dafür aber pointiert ausgefallen, keiner wirkt blass oder eindimensional, es gibt nahezu keine reine Schwarz-Weiß-Zeichnung, Protagonisten wie Antagonisten besitzen fast alle gute und schlechte Charakterzüge.
Die Welt, die die Gebrüder Orgel entwickelt haben, gefällt mir gut, es ist eine Fantasywelt, jedoch sind die Fantasyelemente, zumindest bisher, dezent gesetzt. Einige Menschen haben „Talente“, besondere Eigenschaften (z. B. Beherrschen des Elementes Wasser), die durch Blaustein verstärkt werden können und in Berun als widernatürlich angesehen werden. Gut gefällt mir auch die dahinter stehende Mythologie/Religion, ebenfalls sehr gelungen ist die Tierwelt, von deren Vertretern wir hoffentlich in den Folgebände weitere kennen lernen werden.
Der Roman wartet mit einer Karte und einem Personenverzeichnis auf, beides sehr nützlich. Schön wäre noch ein Glossar gewesen, es gibt einige Worte, die einer (früheren) Erklärung bedurft hätten (z. B. Metis oder Vibel).
„Das Erbe von Berun“ ist der erste Teil einer Trilogie und in meinen Augen sehr viel versprechend. Ich bin sehr gespannt auf die weiteren Teile und die Entwicklungen, die Berun und die Charaktere durchlaufen werden. Von mir gibt es volle Punktzahl und eine Leseempfehlung.