
Kein zweiter Volker Kutscher oder Philip Kerr, aber eine bestechende Idee
Deutschland hat den Krieg verloren. Eine Schande, dass man den so genannten Friedensvertrag unterschreiben musste mit dem auch gleich alle Deutschen Patente ihre Wirksamkeit verloren. Seitdem nutzt die Welt den Komputer (mit K), ist in dem Weltnetz unterwegs und telefoniert drahtlos. Dass die Deutschen Erfinder dafür leer ausgehen, ist Wasser auf die Mühlen der Nationalsozialisten.
Zusammen mit ihrem Rassenprogramm – jüdische Mitschüler werden zunächst in die letzten Reihen im Klassenzimmer verbannt, später verschwinden sie gänzlich – installieren sie auch ihre Geheimdienste. Neben der Gestapo übernehmen sie vom Kaiserreich auch das kaum bekannte, in Weimar beheimatete Nationale Sicherheitsamt (NSA).
Als sich Reichsführer SS Heinrich Himmler 1942 dort zu Besuch ankündigt, ist die Aufregung verständlicherweise groß. Alle wissen, wenn sie dem Reichsführer nichts präsentieren, das ihm wichtig erscheint, werden die Männer an die Front befohlen, die Frauen in die Munitionsfabriken.
Helene Bodenkamp ist Programmstrickerin beim NSA. Schon in der Schule hat sie sich statt für Kleider oder Jungs für Zahlen und Mathematik interessiert. Sie hat ein neues Programm gestrickt, mit dessen Hilfe man nicht nur den Aufenthaltsort eines jeglichen drahtlosen Telefonapparats feststellen kann, auch sonst hat sie so manche Idee, die kriegsentscheidend sein könnte.
Der Dank der Abschaffung des Bargelds elektronisch bezahlte Erwerb von Nahrungsmitteln etwa, lässt sich mit der Größe der Familie und dem Durchschnittsverbrauch wunderbar hochrechnen. Kauft eine Familie weit mehr Nahrung, als sie eigentlich benötigt, liegt der Verdacht nahe, dass sie vielleicht Flüchtigen Unterschlupf bietet. Und schon wird in Amsterdam unter Anderen die Familie Anne Franks entdeckt und festgenommen.
Himmler ist begeistert, Helene weniger. Als sie sieht, welche Schrecken das von ihr gestrickte Programm verbreiten kann, hinterfragt sie zunehmend ihre Rolle. Dazu kommt, dass sich ein Deserteur, in den sie verliebt ist, auf einem Bauernhof ihrer Freundin versteckt und dort nicht gefunden werden sollte. Sonst sehen sie sich erst im Nachleben wieder…
Helenes Vorgesetzter Eugen Lettke nutzt das Programm allerdings für seine ganz eigenen Zwecke. Er forscht und findet im Weltnetz nach regimefeindlichen Äußerungen attraktiver Frauen, sucht diese auf und bietet ihnen an, die Daten im Austausch gegen eine Gefälligkeit zu löschen...
Elektrobriefe, das Weltnetz und Komputer – wie sich die Bilder gleichen
Die Idee per se ist bestechend. Andreas Eschbach verknüpft das Unrechtssystem der Nazis mit den Mitteln des modernen Überwachungsstaats und erzählt uns eine Geschichte, die Angst macht.
Nehmen Sie alles was sie Dank Edward Snowden von der Tätigkeit der NSA wissen und kombinieren sie dies mit dem Drang der Nazis, alles und Jeden zu kontrollieren – fertig ist ein mehr als beklemmendes Bild, das Realität atmet.
Damit komme ich dann aber auch gleich zu dem, was mir negativ am Buch aufgefallen ist.
Im Gegensatz zu dem zurecht so hochgelobten Rath Romanen von Volker Kutscher gelingt es Eschbach leider nicht, die Zeit seiner Handlung wirklich überzeugend zum Leben zu erwecken. Zu vage bleibt er gerade bei den Details seiner Welt, da fährt ein Auto vor – die Marke die die Nazis nutzten bleibt unbenannt – da wird die Heimstätte der NSA in Weimar als altes Gebäude mit Stuckdecken beschrieben – das wars dann aber auch schon etc.
Eschbach bleibt hier mehr als oberflächlich, erschlägt den Leser dann lieber mit dem Auffinden der Juden in Amsterdam – natürlich der Familie von Anne Frank, als gebe es sonst keine niederländischen Juden.
Das ist aber sicherlich Jammern auf hohem Niveau. Eschbach macht es insbesondere bei und mit der Zeichnung seiner Protagonistin Helene gut.
Vom naiven Mädchen entwickelt sich diese zu einer Persönlichkeit, mit und über die wir die Entwicklung Deutschlands miterleben. Von dem ersten Aufkommen von Antisemitismus, über ihren Vater, der dem Regime einen Ariertest entwickelt hat, verfolgen wir die Übernahme der Herrschaft mit, erleben den Kriegseintritt und die Endlösung.
Auch wenn Helene dieser Herr Hitler eigentlich unsympathisch ist, geht sie zunächst ganz in der von ihr geliebten Tätigkeit bei Stricken von Programmen für die analytische Maschine auf. Sie findet Bestätigung in ihrer Tätigkeit, hinterfragt die Folgen zunächst nicht, sondern zieht Selbstbewusstsein aus ihrem Talent. Dass das Programmstricken hauptsächlich von Frauen gemacht wird bringt auch ein wenig die Geschlechterrolle ins Bild. Hier der an der Front oder bei schwerer, natürlich kriegswichtiger Arbeit malochende Mann, dort die Frau die sich um Stricken, das Heim und die Kinder für die Hitlerjugend zu kümmern hat.
Fazit:
Die Kombination aus Nazi-Unrechtsstaat mit modernen Überwachungsmitteln und Methoden erweist sich als durchaus unterhaltsamer, kurzweiliger Plot, der uns in verklausulierter Form vor den Gefahren eines Überwachungsstaates warnen will – und dies ebenso kurzweilig wie spannend schafft.

NSA - Nationales Sicherheits-Amt
- Autor: Andreas Eschbach
- Verlag: Lübbe
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Das Jahr ist 1942 und wir befinden uns in Weimar. Hier befindet sich das ehemalige Kaiserliche Kom-puterkontrollamt, das nach dem Ende des Weltkriegs – und dem damit einhergehenden Ende des Kaiserreichs – mit Beginn der Weimarer Republik in das Nationale Sicherheits-Amt umbenannt wor-den ist. So entkam es allein auf Grund der ersten beiden Buchstaben seiner Abkürzung der Gleich-schaltung nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten und konnte weitgehend unbekannt weiter vor sich hinarbeiten. Auch wenn wegen des fortlaufenden Krieges immer mehr Männer an die Front abgezogen worden sind, denn an der Ostfront steht es nicht sonderlich gut.
Für den Komputeranalysen Eugen Lettke ist die Beobachtung dieses Personalschwunds ein ständiger Grund zur Sorge, denn er fürchtet seinen UK (unabkömmlich) Status zu verlieren und ebenfalls eingezogen zu werden. Denn der Sohn eines Kriegshelden des Weltkriegs weiß, dass das Schlachtfeld nichts für ihn ist und so ist er ganz froh in diesem Parallelgeheimdienst verschwunden zu sein. Nun besteht aber die Gefahr, dass dieser mit einer übergeordneten Behörde verknüpft und nach Berlin verlegt wird, was den Personalbedarf weiter reduzieren dürfte. So ist er hochmotiviert, seine Arbeit so gut wie möglich zu machen. Und er hat auch so seine ganz persönlichen Motive, seinen Posten an dieser Stelle nicht verlassen zu wollen, denn er verfolgt ein konkretes Ziel, bei dem ihm die Mittel des Amts, das alle Kommunikationen im Reich überwachen kann – und auch alle Kontobewegungen – eine große Hilfe sind.
So befindet er sich beim Besuch des Reichsführers SS Heinrich Himmler in Weimar zum ersten Mal in einem Raum mit allen seinen Vorgesetzten, einigen seiner Kollegen und der Programmstrickerin Helene Bodenkamp, die nach einer geringen Neigung in die ärztliche Laufbahn einzusteigen, die bei den Bodenkamps eigentlich Familientradition ist, nach dem Gewinn bei einem nationalen Program-mierwettbewerb ein Stellenangebot der NSA bekommen hatte und ihre Stelle zunächst als einen Weg gesehen hat, sich dem elterlichen Einfluß auf ihre Lebensplanung zu entziehen. Denn nach Meinung ihrer Mutter sollte sie in erster Linie daran interessiert sein für Führer und Vaterland möglichst bald zukünftige Helden und Mütter zu zeugen, weswegen sich Helene zuhause auch regelmäßig bei Abendessen in Gesellschaft heiratsfähiger Männer befindet, an denen sie keinerlei Interesse hat. Und nun hat sie auch noch einen alten fahnenflüchtigen Bekannten wiedergetroffen, dem sie dabei hilft unterzutauchen, wofür sie auch die Mittel des Amts mit genutzt hat.
Doch die Programme, die die NSA an diesem Tag dem Reichsführer SS vorführen soll, sollen der SS und der Gestapo helfen versteckte Personen – in erster Linie solche jüdischer Herkunft - schnellst-möglich aufzufinden, wobei ihnen die im Weltnetz verbundenen Komputer, die bewegliche Telephonie – und dabei insbesondere das Volkstelefon (Votel) – und die konsequent bargeldlosen Wirtschaft ungeahnte Möglichkeiten geben. Die Vorführung zur Identifizierung versteckter Juden im neu besetzten Amsterdam, in deren Verlauf unter anderem eine Familie Frank festgesetzt wird, gibt dem Reichsführer SS eine erste Ahnung, wozu das NSA wirklich in der Lage ist. Und Helene, die bisher nur in ihrem kleinen Büro Programme gestrickt hat, erkennt erstmals, wozu diese dann genutzt werden – und dass sie damit am Elend und Tod anderer Menschen mitschuldig wird.
In dieser düsteren Welt, in der das Nazi-Regime mindestens so viel Zugriff auf die Daten seiner Bevölkerung – und auch auf die der Bevölkerungen der anderen ans Weltnetz angeschlossenen Nationen – wie ein US-amerikanisches Amt mit demselben Kürzel. Aber sie können nicht sehen, wie die Tabellen, die ihre Programme und Analysen schaffen, vergleichen, angleichen und verknüpfen – und dies oft auch zur Unterstützung ihrer jeweiligen persönlichen Ziele – die Menschen im Reich immer gläserner für ihre Regierung machen und damit ein Entkommen aus deren Fängen immer schwieriger.
Bei einer der persönlichen Recherchen Lettkes stößt der dann auf einem amerikanischen Server auf Kommunikationen im Zusammenhang mit einem Forschungsprojekt der Berkeley University, an der sich viele geflüchtete deutsch-jüdische Wissenschaftler zusammengefunden haben und für die amerikanische Regierung an einer Atomspaltungswaffe arbeiten. Dies macht das bisher eher nichtbeachtete Amt auf einmal geradezu prominent und kurz darauf wird Helene in ein Projekt eingebunden, dass die Macht des Staats über seine Bewohner noch umfassender machen könnte.
„Scientia Potentia Est“, so steht es über der Eingangstür des NSA und dieser Ausspruch ist hier mehr als ernst zu nehmen. Und Allwissen, das hie Regierung anstrebt, wäre dann geradezu Allmacht. Wenn man sich fragt, was das NS-Regime mit den Möglichkeiten des Internets und der mobilen Telefonie und einer kompletten Kontrolle aller Geschäftsvorgänge durch eine bargeldlose Wirtschaft hätte erreichen können, dann ist dies eine überaus albtraumhafte Vorstellung. Die hier gezeigten technischen Möglichkeiten sind heutzutage weitgehend eine Realität – und die zwei, drei Elemente, die es noch nicht sind, sind nicht allzu weit entfernt. Und Herr Eschbach bezieht hier noch nicht einmal das Internet der Dinge mit ein, die uns etwa Echo und ähnliche abrufbare Hauskontrollsysteme beschert haben. Und was in einem freiheitlich-liberalen, demokratischen System in erster Linie eine Lebenserleichterung ist, kann in einem restriktiveren System eine unentrinnbare Fessel für die Bevölkerung werden, wie etwa Stephan Scheuer in seinem Buch über die digitalen Strategien Chinas vorgeführt hat.
NSA ist wesentlich mehr als eine alternative Geschichte, es ist eine dringende Warnung an eine Menschheit, die sich in vielerlei Hinsicht wie Helene und Eugen der neuen Möglichkeiten zu ihren eigenen Zwecken bedienen, ohne sich dabei klarzumachen, dass sie sich damit ganz in die Hand der Kontrolleure dieser Möglichkeiten begeben. Ein Buch, das man auf jeden Fall gelesen haben sollte.
In seinem neuesten Buch beschreibt Eschbach führt die fiktive Welt des Nationalsozialismus während der Kriegsjahre, nur ausgestattet mit der Technik des 21. Jahrhunderts. Es gibt das Weltnetz, Komputer Handys, die zugleich als Wanzen fungieren und die technischen Möglichkeiten einer Totalüberwachung der eigenen Bevölkerung und der Spionage gegen andere Länder.
Die Geschichte spielt im „Nationalen Sicherheits-Amt” (NSA), das für die Totalüberwachung zuständig ist. Die Rahmenhandlung ist eher langweilig und zu vernachlässigen. Die dort auftretenden Personen nutzen ihre Arbeit auch zu ihrem persönlichen Vorteil, mit dem Zugang zu Daten seiner Mitmenschen Missbrauch zu vertreiben.
Das Sammeln und Verbinden von Daten wird in einer dystopischen Form interpretiert. Die Menschen leben in einer manipulierten Umwelt, es gibt keine Privatsphäre mehr, ein starker Staat kontrolliert alles, sogar den freien Willen. Der Ruf nach angeblich mehr Sicherheit führt zur größten vorstellbaren Unfreiheit, Bürgerrechte gibt es nicht. Die Verbindungen zum Buch 1984 sind dabei unübersehbar.
Eschbach schildert hier die schrecklichen Folgen einer Totalüberwachung des Menschen durch den Staat. Damit stellt er ein aktuelles Thema in den Mittelpunkt: angebliche Sicherheit auf Kosten der Freiheit. Als Leser fragt man sich: Wie kann man eine solche Welt in der Gegenwart verhindern oder ist wie fiktiv ist eigentlich die Geschichte und was ist schon real?
Sind die Bekämpfung Terror und Kriminalität es wert, um persönliche Freiheitsrechte aufzugeben? Und wer kontrolliert eigentlich den (Polizei)Staat?
Die Grenzen von Fiktion und Realität werden hier vermischt. Am Beispiel der Nazis, die schon über die Computer-Technik verfügen, macht er deutlich, was Diktatoren oder auch demokratisch legitimierte Geheimdienste heute mit umfassender Datenüberwachung anrichten können. Die Gleichsetzung vom nationalsozialistischen Nationalen-Sicherheitsamt (NSA) mit dem US-Geheimdienst ist nicht zufällig. Diese Warnung in Worte gepackt, macht den Reiz des Buches auf, die handelnden Personen der Geschichte sind eher nebensächlich.
Was wäre wenn Charles Babagge im 19. Jahrhundert seine Analytical Engine zu Ende entwickelt hätte und sich schon damals daraus der Computer, das Internet und alles damit Verbundene entwickelt hätte? Dann hätten die Nationalsozialisten im Dritten Reich womöglich eine ganz andere Möglichkeit der Überwachung gehabt und sich die Geschichte ein bisschen anders entwickelt.
Wie das hätte aussehen können, versucht Andreas Eschbach in diesem Roman zu erzählen. Er hat dafür die einschlägigen Worte eingedeutscht, der Computer wird zum Komputer, das Internet ist das Weltnetz und das Passwort heißt Parole, aber im Grunde ist es mit dem, was wir heute kennen, identisch. Nicht identisch ist das Drumherum, so ist Programmieren ausschließlich Frauensache, da es dem Kochen und dem Stricken ähnele und daher den Frauen besonders liege, Programmieren wird daher auch Stricken genannt und die Programmiererinnen sind Strickerinnen. DAS Lehrbuch dazu ist dem weiblichen Wesen gemäß in rosa und mit Blümchen gestaltet. Männer dagegen können ihrem Wesen nach am besten analysieren, haben aber keine Ahnung, wie ein Programm funktioniert – nun ja. Da mittlerweile auch das Bargeld abgeschafft wurde, gibt es eine nahezu nahtlose Überwachung und das Nationale Sicherheitsamt (NSA!), schon im Kaiserreich existent, zeigt seinen Nutzen nun dadurch, dass es versucht, aus den Daten bestimmte Erkenntnisse zu ziehen, die dem Reich nutzen, z. B., indem es versucht Untergetauchte (Juden, Deserteure) zu lokalisieren,
Beide Protagonisten des Romans arbeiten für das NSA, und nutzen das im Laufe des Romans auch für ihre eigenen Zwecke. Helene Bodenkamp ist eine der Strickerinnen des Amtes, wahrscheinlich sogar die beste von ihnen. Daneben ist Helene eher schüchtern, wenig selbstbewusst, und in ihren Augen so wenig attraktiv, dass sie wohl nie einen Mann finden wird, besonders, da es durch den Krieg ja immer weniger gibt – sie ist als ein graues und nebenbei naives Mäuschen, das aber brillante Programme stricken kann. Mehr muss man über sie nicht wissen, außer, dass ihr Elternhaus schon sehr früh ideologisch geprägt war, und ihre Eltern sie baldmöglichst verkuppeln wollen, damit sie ihre Pflicht als Frau erfüllen kann. Was ihre Eltern nicht wissen: Eigentlich hat sie im Laufe des Romans bereits jemanden gefunden, der sie liebt, aber leider nicht gesellschaftsfähig ist, er musste nämlich untertauchen. Für ihn nutzt Helene auch ihr Wissen bei ihrer Arbeit im NSA. Dass sie mit ihrer Arbeit vielen Menschen schadet, reflektiert sie kaum.
Ganz anders Eugen Lettke, einziger Sohn eines gefallenen Kriegshelden, seinen Vater lernte er nie kennen, wohnt noch bei seiner Mutter, die ihn nervt, und hat ein sehr schwieriges Verhältnis zu Frauen. Das rührt u. a. daher, dass ihn ein paar in seiner Jugend sehr gedemütigt haben. Neben seiner Rache an diesen jungen Frauen, übt er auch Rache an den Frauen an sich, wozu er im Netz schädliche Informationen sucht, mit denen er Frauen erpressen und nötigen kann, was ihm nur auf Grund seiner Arbeit beim NSA möglich ist.
Beide Charaktere werden eher oberflächlich gezeichnet und wirken wie Klischees, hier naiv, dort abgrundtief böse. Auch für Helene konnte ich keine positive Gefühle entwickeln, als ein potentieller Ehekandidat sie nur wegen seiner körperlichen Beeinträchtigungen anekelt, verlor sie meine Sympathie endgültig. Auch viele der anderen Charaktere sind reine Klischees, Sympathie konnte ich nur für wenige entwickeln, eigentlich nur für Helenes Freundin Marie und deren Mann Otto, die für mich am ehesten die Helden in dieser Geschichte sind.
Der Roman basiert im Grunde auf den Lebensgeschichten der beiden Protagonisten, so dass wir viele Seiten lang ihre Geschichte von Kindheit an lesen „müssen“. Die parallele deutsche Geschichte ist bis zur Machtergreifung der Nationalsozialisten im Wesentlichen dem tatsächlichen Verlauf ähnlich, nur der Krieg endete bereits 1917. Später gibt es etwas mehr Unterschiede, wobei hier auch historische Ereignisse einbezogen werden. Ist Anne Franks Schicksal noch fast identisch, gibt es bei der Weißen Rose oder Georg Elser deutliche Unterschiede, die der Arbeit des NSA zugesprochen werden. Auch die Verpflegung der Bevölkerung z. B. ist besser aufgestellt – allerdings treten politische und soziale Entwicklungen hinter die Geschichte Helenes und Eugens zurück. Warum der Autor seinen Roman ausgerechnet auf diesen beiden aufbaut, ist mir ein Rätsel, man hätte sicher interessantere und authentischere Charaktere entwickeln können, die den Roman insgesamt glaubhafter gemacht hätten.
Das Ende wirkt auf mich teilweise wie ein schlechter Scherz, vor allem was die Geschichte der beiden Protagonisten angeht, die Geschichte Deutschlands dagegen passt durchaus zur Entwicklung, wie sie dargestellt wird.
Was soll ich sagen, den interessanten und tiefgehenden Roman, der eine gelungene Alternate History erzählt, den ich erwartet habe, habe ich leider nicht bekommen. Spannung entstand für mich lediglich in der Frage, ob Marie und Otto das Ganze unbeschadet überstehen. Der Roman hätte deutlich gestrafft werden können, vieles wiederholt sich. Dass Anne Franks Schicksal, zudem schon so früh im Roman, ausgeschlachtet wurde, hat mich ein wenig entsetzt. Sollte der Roman einen Anteil zur Aufarbeitung der deutschen Geschichte beitragen oder gar aktuelle Gesellschaftskritik sein, wurde das Thema weit verfehlt, schade, man hätte so viel daraus machen können. So ist es nur ein nicht besonders gute Geschichte mit schlecht ausgearbeiteten Charakteren, auf die man getrost verzichten kann. Ich kann den Roman leider nicht weiterempfehlen. 25°