
Pauschaltouristen in der Fantasy-Welt
Stellen Sie sich einmal vor, dass ein findiger Reiseunternehmen ihnen eine Abenteuer-Tour durch ein echtes Fantasy-Land anbieten würde. So komplett mit bösem Herrscher, finsteren Elfen, Drachen und holden Maiden – Zauberer dürfen natürlich nicht fehlen. Da würden sie doch auch die letzten Kreuzer zusammenkratzen, um sich einmal im Leben ein solches Abenteuer leisten zu können, oder?
Nun, auf der anderen Seite gibt es, dank eines wasserdichten Knebel-Vertrags für die Bewohner der magischen Welt kein Entkommen – sie sind dazu verpflichtet zu leider, zu schauspielern und zu liefern, was der Kunde, sprich der Tourist erwartet.
Und Mr. Chesney, wie der findige Unternehmer heißt, kann, dank der Hilfe eines Dämons, die er sich gesichert hat, auch beruhigt weiter seine Goldstücke zählen, die Zauberer, Bauern, Drachen, Elfen und Soldaten Derkholms müssen sputen, ansonsten drohen desaströse Strafzahlungen.
Stets schlüpfen andere Bewohner in die Rollen, die es zu besetzen gilt. Dieses Mal hat es den, nun nennen wir ihn eigenwillig und experimentierfreudigen Zauberer Derk erwischt, der die Rolle des Dunklen Fürsten besetzen darf. Unterstützt durch seine ganze Familie – unter anderem hat er mittels Magie für Greifen-Töchter gesorgt – macht Derk sich daran, die Rolle mit Leben zu füllen – allein, er und seine Abkömmlinge sind ein wenig zu gut in dem, was sie auf die Beine stellen …
Skurrile Geschichten, kein Hau-Ruck Humor der platten Art, aber auch immer wieder tempoarme Kapitel
Es ist ein wenig eine Krux mit humorvoller Fantasy. Es gibt sie de facto kaum.
Ja, jetzt kommen sie mir natürlich mit Terry Pratchett oder Robert Asprin, allein, das sind rühmliche Ausnahmen von der Regel. Und diese lautet schlicht – Fantasy, noch dazu Heroic oder High Fantasy und Humor, das geht nicht. Bei der Dark Fantasy steht das sogar schon im Namen – Dark, wie dunkel ...
Nun es gibt sie, die Ausnahmen von der Regel und Knaur legt uns hier ein gelungenes Beispiel vor. Dabei sind Slapstick-Einlage wie bei Asprins MYTH Serie nicht enthalten. Jones verwöhnt ihre Leser lieber mit Situationskomik – ich sage nur fliegende Schweine – oder skurrilen Figuren.
Diese übernehmen dann auch schnell das Zepter des Handelns im Roman. Der eigentlich mächtige Zauberer tritt in der ersten Hälfte des Buches kaum in Erscheinung, statt dessen übernehmen seine drachenähnlichen Kinder und seine Bardin-Tochter das Heft des Handelns. Satt des maladen Vaters müssen sie sich in Schlamm und Regengüssen, in der gnadenlosen Wüste und im leeren Harem mit den Touristen rumärgern. Dabei nimmt die Autorin natürlich gekonnt die Auswüchse des Pauschaltourismus auf die Schippe, spielt geschickt mit typischen Fantasy-Versatzstücken, nur um uns dann verblüffend eine etwas andere Gestalt vorzustellen, als erwartet.
Fazit:
Das liest sich nicht nur flüssig sondern auch recht unterhaltsam, wenngleich das Tempo so manches Mal fast zum Stillstand kommt, bevor es dann doch weiter geht.

Fauler Zauber
- Autor: Diana Wynne Jones
- Verlag: Knaur TB
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Eigenzitat aus amazon.de:
In einer Paralleldimension finden sich Hexenmeister, Barden, Greifen, Drachen, Zwerge und vieles mehr, das man aus der Fantasy-Literatur kennt. Und deswegen hat Roland Chesney, der irgendwie einen Weg in diese Dimension gefunden hat, angefangen, Pilgerfahrten in dieses Reich der Phantasie zu bringen - touristische Unternehmungen, in deren Verlauf die Gruppen allerlei Abenteuer erleben sollen um dann am Ende den bösen schwarzen Hexenmeister zu besiegen. Auf dem Weg dahin gibt es allerlei Kollateralschäden an Flora, Fauna, Flur und Personal, so dass die so Besuchten nicht wirklich glücklich mit dem ganzen Unternehmen sind, auch, weil Chesney sie mit Knebelverträgen an sich gebunden hat, die ihnen auferlegen, alles in ganz klar festgelegten Bahnen zu erledigen, ohne Rücksicht darauf, was das für sie bedeutet und wie sehr es ihre weitere Entwicklung aufhält.
In der fraglichen Dimension wird das Ganze durch einen ausgewählten Schwarzen Hexenmeister nach Befragung eines Orakels verwaltet, so dass jedes Jahr jemand anderes die Arbeit und die Ver-antwortung dafür hat. Und dieses Jahr hat es Derk, den glücklosen, aber meist glücklichen, Herrn von Derkholm getroffen, der aus seinem schönen, sonnigen Zuhause nun eine düstere Zwingburg machen soll, aus seinen magischen und intelligenten Haustieren grauselige Monster und aus sich selbst einen düsteren Schemen. Außerdem soll er die angesetzten Touren, die dazu gehörigen Überfälle, Sklavenhaltungen, Verführungen, kriegerischen Auseinandersetzungen und alles mögliche andere organisieren - auch einige Dinge, die es zuvor nie gegeben hat und die eigentlich unmöglich erscheinen.
Doch zunächst lässt sich die Sache gut an, bis ein erboster Drache nach Derkholm kommt und Derk in einer Auseinandersetzung mit ihm lebensbedrohlich verletzt wird. Während er in einer Art Heilkoma liegt, müssen sich seine Söhne, Töchter und Greifen um all diese Dinge kümmern - und sind dabei ziemlich überfordert, auch, weil die Bewohner dieser Dimension in diesem Jahr enorm auf Konfrontationskurs mit Chesneys Plänen gehen. Auch mit denen, die dieser eigentlich lieber geheim gehalten hätte.
Ein hochamüsantes Spiel mit allen möglichen Elementen der Fantasy-Literatur - und auch der Reiseliteratur mit Bezug auf Gruppenreise, vergleichbar mit Mark Twains "The Innocents abroad."Allerdings werden hier und dort - durchaus in der Tradition klassischer Fantasy - Beschreibungen ein wenig zu sehr ausgewalzt für meinen Geschmack. Trotzdem insgesamt eine empfehlenswerte und amüsante Lektüre.