
In Yale wird gehext und gemordet
Von Skull and Bones hat wohl jeder schon mal etwas gehört. Die berühmte Studentenverbindung der Yale University in den USA hat schon einige Staatsmänner und einflussreiche Persönlichkeiten hervorgebracht, wobei die genauen Machenschaften und Traditionen dieser Gruppe im Verborgenen bleiben. Viele Mythen ranken sich um die Verbindung, weshalb sie schon des Öfteren Vorlage für literarische Stoffe war. Kein Wunder, dass sich Bestseller-Autorin Leigh Bardugo, selbst Yale-Absolventin, die Verbindung vorknöpft und ihre ganz eigene Version von dem unergründlichen Treiben der Organisation entwirft.
Neben Skull an Bones gibt es noch 6 weitere Verbindungen in Yale, „Häuser“ genannt, deren Clubhäuser bezeichnenderweise „Grüfte“ genannt werden. In Bardugos Geschichte haben diese Häuser eines gemeinsam: Sie widmen sich dem Okkulten, alter Magie und gefährlichen Riten. Jedes Haus verfolgt dabei seine ganz eigene Lehre, von Eingeweidenschau über Portalmagie bis hin zu Elementarmagie. Selbstverständlich darf nicht jeder Mitglied eines dieser mächtigen Häuser werden. Umso überraschter ist Alex Stern, dass sie von nun an Teil des neunten Hauses „Lethe“ sein soll, ein Haus, das sich dem Überwachen der magischen Aktivitäten der anderen verschrieben hat. Alex passt mit ihrer Drogenvergangenheit, ihren ärmlichen Verhältnissen und ihrem Schulabbruch jedoch so gar nicht in das Schema der Vorzeige-Mitglieder. Das findet auch Darlington, Alex’ Mentor. Doch Alex besitzt eine ganz besondere Gabe: Sie kann Geister sehen, ohne Tränke oder sonstigen Schnickschnack, den die anderen Häuser für die Interaktion mit Geistern benötigen. Als eines Tages eine junge Frau in Yale ermordet wird, liegt es an Alex, die Vorkommnisse aufzuklären. Denn Darlington ist verschwunden – und Alex ist auf sich allein gestellt.
Die faszinierende Welt der Alex Stern
Wo Leigh Bardugo drauf steht, ist Welterfolg drin. Das haben alle Verantwortlichen der Buchbranche verstanden. Es überrascht deshalb wenig, dass auch ihr neuester Streich bereits als Bestseller gehandelt und auch entsprechend in den Läden präsentiert wird. Tatsächlich kann Bardugos Idee, Magie und geheimnisvolle Studentenverbindungen zu kombinieren, überzeugen. Dabei weisen ihre Einfälle eine enorme Komplexität auf; bis zum Schluss kann man immer wieder Neues entdecken und wird überrascht von den Möglichkeiten des Magiesystems. Leicht wird es einem jedoch nicht gemacht, viele Erklärungen finden sich nämlich nicht zu den ganzen Vorkommnissen. Zart besaitet sollte man auch nicht sein, denn schon auf den ersten Seiten darf man einer Wahrsage-Session beiwohnen, bei der ein armes Opfer auf dem Seziertisch detailgetreu auseinandergenommen wird (keine Sorge, es wird wieder zugenäht und kommt zurück ins Krankenhaus).
Auch bei der Protagonistin merkt man Bardugos Gespür für Details. Alex ist eine junge Frau, die aus dem Raster fällt. Sie hat eine schwere Vergangenheit hinter sich und leidet enorm unter ihrer Gabe, denn die Geister verhalten sich oft nicht besonders nett. Nicht auf den Mund gefallen und mit vielen seelischen Verletzungen folgt man dieser charakterstarken Figur gerne durch die Handlung. Ob man sie dabei sympathisch findet oder von ihrer Einstellung und ihrem Verhalten eher abgeschreckt wird, ist eine andere Frage. Interessant bleibt sie trotzdem.
Gehypt und nichts dahinter?
Die Voraussetzungen für den prophezeiten Erfolg sind also gegeben. Doch genau diese werden der Geschichte letztendlich zum Verhängnis. Zu lange wird die Handlung zugunsten der Zurschaustellung magischer Praktiken pausiert, zu häufig wird den Lesern lang und breit Alex’ Vergangenheit präsentiert, obwohl man nach 100 Seiten doch langsam verstanden haben sollte, dass man es mit einer gemarterten Figur zu tun hat. Stattdessen muss man sich durch einen Haufen Rückblenden kämpfen, bevor man endlich mit der Mörder-Suche fortfahren kann. Deshalb hängt auch der Spannungsbogen oft durch, und man fragt sich, ob man gerade eine Charakterstudie inklusive Magie-Almanach liest, oder doch ein Buch mit Handlung. Wer sich von den ganzen Namen, Informationen und Zeitsprüngen nicht überwältigen lässt, wird belohnt: Je weiter man liest, desto spannender wird es.
Fazit:
„Das neunte Haus“ ist ein sehr durchwachsenes Leseerlebnis: Es gibt tolle Ideen mit einer spannenden Protagonistin, die sich jedoch zu oft hartnäckig gegen den Handlungsverlauf stellen.

Das neunte Haus
- Autor: Leigh Bardugo
- Verlag: Droemer-Knaur
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Nachdem der Einstieg in die Story wirklich schwer war, ging es ab der Hälfte ungefähr los, spannend zu werden. Der Schreibstil ist sehr gut, da nicht dieser aufgetakelte Ton angeschlagen wird, wie man es sonst aus Fantasy-Büchern kennt. Die Umgangssprache hat mir sehr gut gefallen und sie machte es leichter sich mit Galaxy zu identifizieren, denn keiner sagt: „Ich musste spucken/brechen“ (außer Offiziere), nein, wir sagen: „Ich musste kotzen!“.
Galaxy Stern ist die faszinierende Prota, die ich bisher kennenlernen durfte! Sie ist rotzfrech, wild und eigensinnig. Hat riesen Temperament und lässt sich nichts sagen. Diese Mischung macht das ganze so unfassbar unterhaltsam. Sie beweist Stärke und vor allem, dass auch „Außenseiter“ viel erreichen können. Ich denke, sie ist ein tolles Beispiel dafür, dass man ein Neues Leben beginnen kann, aber man immer noch man selbst sein sollte. Die Maske fällt irgendwann! Meist, wenn man es am wenigsten erwartet.
Die anderen Charaktere sind hervorragend ausgearbeitet. Darlington, der Gentleman, in den man sich einfach verlieben muss. Pammie, die Schüchterne, die man erst später lieben lernt, weil sie so distanziert scheint. Turner, der Gute, der aber trotzdem irgendwie ein Bad Boy ist.
Tatsächlich hat ich das Buch wirklich gut unterhalten und wurde zum Ende auch richtig spannend und ich habe eisern mitgefiebert. Nie hätte ich dieses Ende erwartet. Mit dem Anfang dieser neuen Reihe ist der Autorin eine großartige Geschichte gelungen, die Lust auf VIEL MEHR macht. Da ist noch Luft nach oben! Allerdings würde ich es keinem 12-jährigen Kind in die Hand drücken.
Ein mehr als gelungenes Dark-Fantasy-Buch mit Krimi und ein wenig Thrill, das ich wirklich empfehlen kann.
Eignezitat aus amazon.de:
Alexandra Stern, kurz Alex – und eigentlich Galaxy Stern, aber diesen Namen hasst sie – ist in Yale angekommen, wo sie im Hauptfach Kunst studieren wird. Und dass, obwohl sie gar keinen Schulabschluss hat und die letzten paar Jahre ihres Lebens auf der Straße, als Couch-Surferin, Drogenhändlerin und Gelegenheitsprostituierte verbracht hatte. Doch als sie nach einer tödlichen Auseinandersetzung als einzige Überlebende im Krankenhaus wach wurde, saß dort ein Dekan an ihrem Bett und machte ihr ein ungewöhnliches Angebot. Sie sollte einen Studienplatz – und eine Unterkunft – an der renommierten Universität bekommen und dort zu einer der Studentenhäuser gehören, dem Haus Lethe.
Die alten Studentenverbindungen oder –bruderschaften – allen voran Skulls und Bones -, die zusammengenommen einen großen Teil der Machtstruktur der USA geformt haben, bedienen sich anscheinend in ihren Ritualen aller möglicher Formen von Magie, um etwa Vorhersagen zu wirtschaftlichen Entwicklungen zu machen und dafür sind zum Teile überaus bizarre Verwendungen von menschlichen Körpern notwendig. Damit diese nicht ausufern und die Yale-„Zivilisten“ gegen die Universität aufbringen wurde das Haus Lethe gegründet. Seine Aufgabe ist es, die Rituale in bestimmten Grenzen zu halten und auch dafür zu sorgen, dass sogenannte „Graue“ – auf der Erde verbliebene Geister von Verstorbenen – nicht in die Ritualkreise eindringen, da dies zum Teil katastrophale Folgen haben kann. Außerdem sollen sie die Geheimhaltung sicherstellen und möglichst viel Wissen um die Häuser und ihre Rituale sammeln. Um die Geister zu sehen, müssen die Lethe-Mitglieder einen bestimmten, leberzerstörenden Trank einnehmen. Und da kommt Alex ins Spiel, denn sie ist in der Lage Geister auch ohne Hilfsmittel zu sehen, was einer der Gründe ihres bisherigen Lebenswegs gewesen ist.
Zusammen mit ihrem Mentor Darlington besucht Alex einige sehr verstörende Rituale und lernt so die praktischen Aspekte ihrer Arbeit, wie auch nebenher Universitätsgeschichte, magische Theorie und viele andere Dinge. Ach ja, und sie muss auch noch das normale Studienpensum bewältigen, auf das sie ebenfalls bisher in keinster Weise vorbereitet worden ist.
Dann verschwindet Darlington eines Tages bei einem Einsatz und Alex findet sich in der Rolle der Hauptpraktikantin des Hauses Lethe wieder – gerade zu einem Zeitpunkt, als die Magie in verschieenderlei Hinsicht beginnt über das Universitätsgelände hinauszugreifen und die Bevölkerung der Stadt zu bedrohen. Eine Verantwortung, die weit über das hinaus geht, was Alex bis zu diesem Zeitpunkt gekannt hat.
Obwohl die Exposition dieses Romans beinahe über 100 Seiten geht, sind die dabei beschriebenen Dinge so interessant – und so interessant beschrieben – dass das nicht wirklich störend ist. Neben den Fragen von Magie und „Realität“, Macht und Geld, Schichtendenken und Bildungsarroganz spielen hier auch viele andere aktuelle Themen mit hinein, was „Das neunte Haus“ weit über die üblichen Magieschulenromane hinaushebt – und auf eine Fortsetzung hoffen lässt.