
Spannender, kurzer Attentatsthriller
Dieser Band erzählt vom Ende der Herrschaft Paul Muad'dibs. Die rückwärts gewandten oder negativen Aspekte der Geschichte überwiegen. Und wo sich die Dinge mal nach vorne entwickeln, scheint es sich um eine schier endlose Abfolge von Anschlägen auf das Leben des Herrschers Muad'dib zu handeln. Das mag ja spannend sein, endet aber traurig.
So verwundert es auch nicht, dass dieser Band bei den Lesern weniger gut ankam. Vor allem das pessimistische Ende fand ich zum Beispiel kaum akzeptabel. Aber es ist ein Naturgesetz, dass das Alte weichen muss, damit das Junge gedeihen kann. Ich sehe daher diesen Band als Übergang zu "Die Kinder des Wüstenplaneten", der ein Riesenerfolg wurde.
Wenn es etwas definitiv Positives über diesen Band zu sagen gibt, so dies, dass er mit 300 Seiten der mit weitem Abstand kürzeste des gesamten Zyklus ist - und dies gilt auch für die Prequel-Trilogie von Herberts Sohn Brian.
Mehrere Anschläge auf Pauls Leben
Seit den Ereignissen, die in "Der Wüstenplanet" erzählt wurden, sind zwölf Jahre vergangen - so verrät es uns der zusammenfassende "Prolog". Man schreibt das Jahr 10209. Die gottähnliche Position, die Paul Muad'dib in den Augen seiner Anhänger, der Fremen, einnimmt, hat dazu geführt, dass seine Jünger zu einem Djihad, einem Heiligen Krieg, aufgerufen haben und die Worte ihres Propheten mit Feuer und Schwert in der Galaxis verbreiten wollen. In einer der ersten Szenen lernt der gedungene Attentäter Scytale einen dieser Veteranen kennen. Farok erzählt von den fremden Welten, so etwa von einer Wasserwelt.
Die bislang dominierenden Kräfte des Imperiums sind ihrer Macht beraubt, und der Planet Arrakis ist zu einem neuen Mekka der Milchstraße geworden, das jeder Gläubige einmal in seinem Leben besucht haben muss. Pharisäertum und Heuchelei machen sind inzwischen breit. Natürlich ruft die allumfassende Machtfülle, über die Paul gebietet, etliche Neider auf den Plan. Die alten Herren sammeln sich, gehen einen Pakt ein und beschließen, den neuen Imperator und die ihnen aufgezwungene Religion zu vernichten. Sie dingen den Attentäter Scytale, einen Tleilaxu-Gestaltwandler und Hermaphroditen.
Mehrere Anschläge auf Pauls Leben können vereitelt werden, aber unter die Pilgerscharen, die über viele Lichtjahre hinweg nach Arrakis kommen, mischen sich immer mehr Meuchelmörder und manipulierte Zeitbomben in Menschengestalt. Eine davon ist der Ghola Hayt, die aus den Zellen eines toten Freundes von Paul, Duncan Idaho, erzeugte Nachbildung eines Menschen. Hayt soll auf ein Codewort hin den Herrscher töten, wird jedoch von der Identität seines Vorgängers beherrscht, der den Atreides loyal ergeben ist, und führt seinen Auftrag nicht aus.
Schließlich hat doch noch ein Attentat Erfolg; Paul verliert sein Augenlicht. Als seine Nebenfrau Chani, ein Fremenmädchen, bei der Geburt von Zwillingen stirbt, übergibt er die Macht an seine Schwester Alia. Er selbst zieht als geschlagener Mann in die Wüste hinaus, da er nicht mehr länger mit ansehen kann, wie in seinem Namen Mord und Tod in der Galaxis verbreitet werden.
Jede Szene ist routiniert und effektvoll aufgebaut
Wie schon eingangs zusammengefasst, ist die Stimmung in diesem Band rückwärtsgewandt. Falls doch Pläne geschmiedet werden, dienen sie der Vernichtung. Selbst Paul dankt ab, und eine Ära endet.
Einziger Lichtblick ist die arme Chani, Muad'dibs Fremen-Geliebte, also nicht seine Frau. Doch mit Chani lebt er in der Nähe der Wüste, in einem Sietch. Jahrelang ist Chani das Opfer einer Verschörung, die dazu dient, sie keine Kinder von Paul empfangen zu lassen. Sie bekommt Kontrazeptiva ins Essen gemischt.
Daher ist es umso erstaunlicher, dass sie schließlich Zwillinge zur Welt bringt, die im nächsten DUNE-Buch die Handlung tragen und schließlich den Sieg über die Feinde Arrakis und über Alia erringen.
Die Vorbereitung von Attentaten zu verfolgen, mag durchaus spannend zu lesen sein. Jede Szene ist wie im 1. Band routiniert und effektvoll aufgebaut, wobei das Resultat wieder zur nächsten führt. Die Handlungsstränge wechseln einander ab und sind dadurch miteinander verflochten.
Kurzum: "Der Herr des Wüstenplaneten" ist durchaus flott zu lesen. Nur darf man nicht den Fehler machen, das Gleiche zu erwarten, das Frank Herbert im Startband aufgeboten hat. Sonst wäre die Enttäuschung gewiss.
Wie in allen DUNE-Bänden finden sich zu jedem Kapitel vorangestellte Motti und Textauszüge von fiktiven Büchern und Gruppen. Liest man sie am Ende des jeweiligen Kapitels statt am Anfang, merkt man, dass sie dem Leser entweder einen Kommentar zum Text oder einen Hinweis zu dessen Deutung liefern.
Kein Band der neuesten Ausgabe außer dem ersten ist durch Landkarten ergänzt, die die südliche und die nördliche Hemisphäre des Planeten Arrakis zeigen. Diese Karte findet sich in "Der Wüstenplanet" auf den Seiten 856/857. In den Prequel-Bänden "Die Wüstenplanet-Chroniken" ist die Karte auf den vorderen Seiten abgedruckt. Um jedoch die vielfältigen Verwandtschaftsverhältnisse zu durchschauen, sollte man die Stammtafeln konsultieren, die sich nur im 1. Band des Zyklus finden.

Der Herr des Wüstenplaneten
- Autor: Frank Herbert
- Verlag: -
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1969 war für viele Fans des epischen „Dune“-Romans ein entscheidendes Jahr. Endlich erschien die sehnsüchtig erwartete Fortsetzung „Dune Messiah“ (auf dessen Übersetzung man in Deutschland übrigens sogar noch ganze neun Jahre länger warten musste). Die Reaktionen fielen jedoch in den meisten Ländern gleich aus. Der zweite Band aus der Saga um den Wüstenplaneten wurde von Kritik und Lesern gleichermaßen abgelehnt, vielfach sogar regelrecht zerrissen. Nicht der eher dürftige Umfang von gerade mal knapp 300 Seiten, sondern eine andere Besonderheit war für das schlechte Abschneiden des Romans verantwortlich. Frank Herbert hat das spannende, fantastisch anmutende Space-Abenteuer auf eine bittere, düstere, ja beinahe destruktive Erzählung zurechtgestutzt und dabei seinen Hauptprotagonisten, Paul „Muad'dib“ Atreides, nach allen Regeln der Schreibkunst rücksichtslos demontiert. Und mit ihm seinen Mythos vom Retter des Universums. Was man am Ende von „Der Wüstenplanet“ allenfalls ahnen konnte, wird hier nun traurige Gewissheit:
Aus dem einstigen Helden, dessen spannungsreichen Aufstieg zum heroischen und ambitionierten Anführer der Fremen man zuvor verfolgte, ist ein Anti-Held geworden.
Die Geschichte spielt zwölf Jahre nach dem Sieg Muad'dibs über den Padischah-Imperator. Nach einem blutigen „heiligen“ Krieg, dem Djihad, welcher das gesamte bekannte Universum überzogen und alle früheren Ordnungen zu Fall gebracht hat, ist Paul Atreides nun alleiniger Herrscher über das Universum. Und er regiert mit grausamer Hand und absoluter Macht. Jeglicher Widerstand wurde von den Fremenlegionen hinweggefegt. Die aus dem Krieg hervorgebrachte Religion verehrt den Muad'dib nun als Gottheit und Heilsbringer. Priester des Qizarat verbreiten seine Botschaft, richten über die Völker in seinen Namen. Ketzer werden verfolgt, gejagt und exekutiert. Die Macht Muad'dibs scheint allumfassend und grenzenlos – doch was nur wenige wissen: Der Herrscher ist selbst ein Opfer seiner Macht, ein Gefangener seiner Visionen geworden. Diese Visionen, welche ihm einst den später von ihm eingeschlagenen Weg aufgezeigt hatten, wandeln sich zusehends in vorbestimmte Pfade, denen er willenlos folgen muss. Aus Chancen und Möglichkeiten sind feste Gewissheiten, der Djihad zum unaufhaltsamen Selbstläufer und der Muad'dib zu einem zum Leben verdammten Märtyrer geworden. Trotz all der Siege und der neu begrünten Umwelt in der Hauptstadt Arakeen – Verfall liegt plötzlich in der Luft.
Ihn riechen auch seine Feinde, welche sich zusehends mehren und im Verborgenen zusammen kommen. Zu den Verschwörern gehört neben den Bene Gesserit, den Navigatoren der Gilde und den amoralischen Tleilax auch Muad'dibs eigene Frau, Prinzessin Irulan. Die Tochter des einstmaligen Imperators Shaddam leidet unter den Umständen ihrer Zwangsheirat, will unbedingt ein Kind, welches ihr ihr Mann, der in Liebe mit der Fremenfrau Chani liebt, verweigert. Ein teuflischer Plan wird geschmiedet, um der Herrschaft Muad'dibs und seines Lebens ein Ende zu setzen …
Ich habe nach all der harschen Kritik und den schlechten Rezensionen ein zähes, langatmiges und trockenes Stück Science-Fiction-Literatur erwartet, welches meiner Freude am „Wüstenplanet“-Zyklus jeglichen Wind und den Spaß an weiteren Bänden nehmen würde – bekommen habe ich einen unbeschreiblich eindringlichen, poetischen, berührenden und spannenden Roman, dessen ruhige, beinahe tonlose Erzählweise als perfekte Leinwand für eine Handlung dient, die zwar manche Hoffnungen (notwendigerweise) enttäuscht, dafür aber eine philosophische Tragweite bietet, dessen Lehrreichtum in diesem Genre konkurrenzlos ist. Pauls Kampf mit sich selbst ist packender als jeder Ritt auf einem Wüstenwurm, seine Auseinandersetzung mit den Visionen derart intensiv inszeniert, dass man unwillkürlich die Seiten fester greifen muss. Es bedarf einer gehörigen Portion Aufmerksamkeit und Konzentration, um die Qualitäten des Romans zu erkennen und zu schätzen – und hier bietet Herbert tatsächlich Einzigartiges.
Es ist dieser gnadenlose, unerbittliche Realismus, welcher „Der Herr der Wüstenplaneten“ zum, meiner Ansicht nach, verkannten Juwel der Reihe macht. Die Art und Weise wie uns Frank Herbert den Niedergang Pauls vor Augen führt. Wie aus einem zaudernden, nachdenklichen Retter und einem Schöpfer des Lebens ein gnadenloser Diktator wird. Und wie dieser Diktator (der sich in der Tradition von Dschingis Khan und Hitler sieht) schließlich, am Höhenpunkt seiner Macht, fast zwangsweise versagt und verliert. Es ist ein hoffnungsloses Bild das der Autor gezeichnet hat und uns mit Dingen konfrontiert, welche man sich im Vorgänger noch nicht vorstellen konnte. Aus dem ehrenvollen Volk der Fremen, furchtlosen Kämpfern der Wüste, sind blinde Gläubiger geworden. Verstümmelte und Krüppel künden von den Schrecken des Krieges, Krankheiten breiten sich aus. Unzufriedenheit bietet besten Nährboden für Verbrechen, Misstrauen und Verrat, den besonders die Tleilax zu nutzen scheinen, deren Wissenschaftler keinerlei Ethik und Moral kennen, und jedermann mit ihren Produkten bedienen.
Mit gnadenloser Schärfe und gleichzeitig mitreißender Stimme zeigt uns Frank Herbert die Schattenseiten der Macht, das aus gutem Willen Böses geschehen kann. Und das nach zwölf Jahren Vernichtungskrieg und tagtäglicher Politik voller Kompromisse aus dem eigentlichen Traum ein Alptraum werden kann, dem man, trotz Beeinflussung der Zukunft, aufgrund unvermeidlicher Abgründe letztlich nicht entrinnen kann.
Um an „Der Herr des Wüstenplaneten“ Gefallen zu finden, muss der Leser einen Aufwand betreiben, der vielen schlichtweg zu viel sein wird. Mir hat die Fortsetzung, gerade aufgrund der Abwesenheit jeglichen heroischen Gutmenschentums und den demaskierenden Wahrheiten, die immer wieder an die Gegenwart erinnern, noch besser als der Erstling gefallen. Eine tiefsinnige, actionarme und trotzdem (für mich) stets packende Dystopie, die mir wohl sehr lange im Gedächtnis haften bleiben wird. Ganz großes Kino!
Dieser Roman dümpelt so langsam vor sich hin, wie ein träge fliessender Fluss. Aber im Grossen und Ganzen hat er mir gefallen. Das Ende ist unerwartet und überraschend. Markus Knoll
Herbert Franks Dune-Romane sind anerkannter Maßen Klassiker der Science Fiction. Doch wer einen "Spannenden, kurzen Attentatsthriller" lesen will, ist hier komplett falsch. Auch wer ein "pessimistische Ende ... kaum akzeptabel" findet, sollte die Finger von Dune lassen.
Dune ist ein hochintelligente Geschichte über Schicksal und Menschlichkeit, die Aufmerksamkeit und ein philosophisches Interesse voraussetzt. Alle, die den ersten Teil als nette Unterhaltung gelesen haben und jetzt dergleichen mehr erwarten, sollten den zweiten Band erst mal anlesen, da er kaum ihren Erwartungen entsprechen wird. Was sich übrigens bei den weiteren Bänden auch nicht ändert; es macht also keinen Sinn den zweiten Teil zu überspringen.