
Ein unbequemer Held
Warum soll man 2006 ein Buch vorstellen, dass vor fast 30 Jahren erschienen ist? Nicht nur, weil der Heyne Verlag dieser Tage eine überarbeitete Neuausgabe veröffentlicht hat. Sondern weil Stephen R. Donaldson mit seinen Chroniken von Thomas Covenant das Tolkien'sche Gut versus Böse-Schema seinerzeit auf eine komplexere Ebene gehoben und damit die Fantasy-Literatur nachhaltig beeinflusst hat. So eindeutig, wie Tolkien in seinem Opus Magnum die voranschreitende Industrialisierung kritisiert hat, so tief taucht Donaldson in seinem Epos in die dunkleren Gefilde der menschlichen Seele.
Thomas Covenant blickt zu Beginn der Geschichte auf eine erfolgreiche Schriftstellerkarriere und ein glückliches Privatleben zurück. Jetzt leidet er an Lepra, hat bereits zwei Finger einer Hand an die Krankheit verloren und ist von der Gesellschaft ausgestoßen: Frau und Sohn scheuen den Umgang mit ihm, die übrigen Bewohner des Ortes meiden ihn. So lebt er einsam und verbittert auf einer abgelegenen Farm, während sein Körper langsam, aber sicher den degenerativen Prozessen der Lepra nachgibt. Selten nur macht er sich auf den Weg in die Stadt, und während einem dieser Ausflüge wird er von einem Auto erfasst. Covenant erwacht in einer fremden, aber wunderschönen Welt, die schlicht ";das Land"; heißt.
Nachdem ihn eine hilfsbereite Bewohnerin, das Mädchen Lena, mit magischen Mitteln von seiner Erkrankung heilt, glauben die anderen Dorfbewohnern in Covenant den prophezeiten Helden Berek Halbhand, den Träger des weißen Goldes, zu erkennen. Nicht nur Covenants fehlende Finger sind den Menschen ein Beweis dafür, sondern auch sein Ehering aus Weißgold, einem Metall, dass es im Land nicht gibt. Doch auch wilde magische Kräfte sollen dem Ring innewohnen, deren Freisetzung dem ernannten Helden allerdings nicht gelingt. Covenant ist von der gesamten Situation überfordert: Seine von der Lepra abgetöteten Sinneseindrücke kehren zurück, er glaubt, sich in einem irren Traum zu befinden und ist plötzlich ein Weltenretter, wo er vorher ein Paria gewesen ist. Seine Sicherungen brennen durch und er vergeht sich an Lena.
Teil 1: Der Fluch des Verächters
Aus der Krise, die diese Vergewaltigung auslöst, zieht die Geschichte des ersten Teils viel ihrer Dynamik. Obwohl die Dorfbewohner die Gewalttat verabscheuen, ordnen sie ihre Ablehnung Covenants der großen Sache unter. Sie vergeben ihm und entscheiden sich, ihm zu helfen. Lenas Mutter Atrian führt ihn zum Großrat der Lords, wo er berichtet, dass er in einer Vision sah, wie Seibrich Felswürm, eine Golem-artige Höhlenkreatur, den Stab des Gesetzes in seine Gewalt gebracht hat und sich sowie die für das Land überlebenswichtigen Erdkräfte des Stab des Gesetzes in die Dienste des Verächters gestellt. Dieses zerstörerische Wesen aus der Unterwelt will nichts weniger als das Land verschlingen. Covenant, der Rat der Lords und ein Riese namens Salzherz Schaumfolger machen sich auf, den Stab des Gesetzes wieder zu beschaffen und Covenant einen Weg zurück in seine Welt zu finden.
Teil 2: Der siebte Kreis des Wissens
Im zweiten Teil der Chroniken kehrt Covenant eine Generation später in das Land zurück. Der Verächter bedroht das Land jetzt mit einer gigantischen Armee aus Riesen und anderen Monstern. Eine Überraschung für Covenant hält der Rat der Lords bereit: Elena, seine Tochter aus der unseligen Verbindung mit Lena, ist der neue Hochlord. Auch ist Covenant dieses Mal nicht der einzige Weltenwanderer im Land. Hile Troy, der in der Echt-Welt blind ist, wurde im Land mit derselben Erdkraft wie Covenant von seinem Gebrechen befreit. Während Troy sich aufmacht, den Verächter zu stoppen, begeben sich Covenant und Elena auf die Suche nach dem siebten Kreis des Wissens, einer Stätte uralter Magie. In einem verhängnisvollen Kampf mit dem Geist eines anderen Hochlords kommt Elena ums Leben und der Stab des Gesetzes geht verloren. Zwar besiegt Troy die Truppen des Verächters, aber der Krieg endet mit einem Patt.
Teil 3: Die letzte Walstatt
Etliche Jahre später ist Elenas Geist vom Verächter versklavt worden und setzt die Kraft des Stabs des Gesetzes gegen ihr eigenes Volk ein. Über dem Land liegt ein ewiger Winter, als Thomas Covenant und sein Freund, der Riese Salzherz Schaumfolger, sich in das Reich des Verächters aufmachen, um ihn zu vernichten, Elenas Geist zu befreien und wieder Frieden im Land herzustellen.
Die Kaputten und die Bösen
Die Chroniken des Thomas Covenant sind nichts für Leser, die auf eindeutige Schwarz-Weiß-Färbung der Charaktere aus sind. Donaldsons Werk ist zwar eindeutig von ";Der Herr der Ringe"; beeinflusst (ein mächtiger Ring, ein teuflischer Erzrivale), doch anders als Tolkiens Ringträger Frodo hat Thomas Covenant mit seiner Lepra-Erkrankung bereits von Anfang an ein Päckchen zu tragen, dass schwer an seiner Psyche nagt. Covenant ist ein Antiheld, er ist zynisch, selbstsüchtig und unbeherrscht, er wirkt abstoßend und erbärmlich in seinem Selbstmitleid und seiner steten Verleugnung des Landes. Doch Donaldson schickt seinen gebrochenen Hauptdarsteller durch die Hölle der Selbsterkenntnis und Covenant versucht, die offene Wunde seiner Psyche zu reinigen. Es fällt schwer, die Handlungen dieses Ringträgers zu entschuldigen oder ihn gar zu mögen, aber seine Motivation ist plausibel.
Donaldson wurde verschiedentlich eine ähnliche Vorliebe für dramatische Themen wie Furcht und Verzweiflung nachgesagt wie dem Opern-und Mythenschöpfer Richard Wagner. Kampf, Opfer und Blut kommen ebenfalls nicht zu kurz. Und in der Tat versteigt sich Donaldson gelegentlich zu einer arg geschwollenen Ausdrucksweise. Seine Beschreibungen sind oft überschwänglich, ein wenig Reduktion hier und da würde die Handlung konsequenter vorantreiben. Dennoch: Die Spannung geht nicht verloren und inmitten dieser üppigen Prosa gibt es mehr als reichlich sprachliche Originalität, tiefgehende charakterliche Einsicht sowie kristallklaren Glanz im Ausdruck.
Zu Zeiten der Erstveröffentlichung war Donaldsons Werk mit seinem Antihelden und dessen Zynismus ein Durchbruch für das Genre. Mittlerweile sind die Leser abgehärteter, doch die Chroniken des Thomas Covenant gehören immer noch zu den einzigartigen Werken der Fantasy. Glaubt man der Hollywood-Gerüchteküche, steht die Verfilmung des ersten Teils kurz bevor.

Die Macht des Rings
- Autor: Stephen R. Donaldson
- Verlag: Heyne
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Kenne das Buch schon lange.
Allerdings nur die zweite Chronik. So werde ich mir denn irgendwann mal die erste Chronik zulegen. Bin nämlich genau deswegen hier unterwegs.
Fand die zweite Chronik schon gut, bin mal auf den Rest gespannt.
Die Probleme des Buches sind ja schon weiter oben nachzulesen, aber ich finde was mir am meisten aufn Keks gegangen ist, ist diese abgrundtiefe Depression Covenants, die am meisten nervt, als er auf dem Schiff der Riesen ist und ständig aber wirklich ständig an sich den andern und an allem zweifelt. Eben,
"Der Zweifler".....
In diesem über 1600 Seiten dicken Buch, sind die ersten 3 Bänder der Chroniken von Thomas Covenant enthalten.
Thomas Covenant, der Hauptcharakter, ist ein Leprakranker, der seit seiner Erkrankung von der Gesellschaft sowie seiner Familie gemieden wird. Über die Zeit mehr und mehr zurückgezogen und verbittert, wird er eines Tages plötzlich auf magische Weise in eine andere Welt versetzt. Dort angekommen, schlüpft er sofort in die Rolle eines Anti-Helden, vergewaltigt ein hilfsbereites Mädchen, mordet, versagt Hilfeleistungen, glaubt er befände sich in einem schlechten Traum und kann deshalb tun und lassen was er möchte, etc. Dabei ist es seine Aufgabe, diese Welt vor einem Bösewicht zu retten...
Mir haben diese ersten 3 Bände wirklich sehr gut gefallen. Interessante Geschichte, sehr gelungene, überzeugende sowie sehr abwechslungsreiche Charaktere, kombiniert mit einer interessanten Welt und einem extremen Detaillreichtum, durch den er der ganzen Welt mit seinen Bewohnern, leben einhaucht. Manchmal fand ich diesen Detaillreichtum dann doch ein klein wenig zuviel, da es sich immer mal wieder etwas in die Länge zieht.
Ich Stufe dieses Buch als \\"sehr gut\\" ein, vergebe 90°
Ich habe die ersten Chroniken als Einzelbände schon vor über 25 Jahren verschlungen und jeweils dem nächsten Band entgegen gefiebert, ebenso wie jetzt bei den Einzelbänden der dritten Chronik.
Natürlich hatte ich zuvor Tolkien und andere gelesen, bin aber nach wie vor von dem Bild- und Ideenreichtum sowie der Sprachgewalt von Stephen R. Donaldson begeistert. Heutzutage ist sie nur noch vergleichbar mit der von Tad Williams und dessen Erschaffung zauberhafter Welten.
Wenn die beiden sich zusammentäten, käme dabei sicher das farbenprächtigste Fantasy-Epos aller Zeiten heraus
Also ich bin erst 15 und lese dieses Buch gerade...nein ich würde eher sagen ich verschlinge es. ich bin seh beeindurch vond er Welt die Donaldson is diesem Buch beschreibt. orte und landschaften sind bis ins kleinste sehenswerte detail beschrieben und man kann sich alles seh gut vorstellen auch ohne auf die landkarte vorne im Buch zu schauen. Die Menschen und Figuren die er geschaffen hat fastzienieren wohl jeden Leser auf ihre eigene art und weise.Ich mag es und finde auch das es sehr empfelenswert ist. Kontra ist jedoch wie oben schon genannt das es sich manchmal ziemlich in die länge zieht...
Dieses Buch hat mich sehr begeistert.
Donldson beschreibt ,, das Land" sehr
eindrucksvoll, so dass man sich als Leser ein gutes Bild davon machen kann. Im Gegensatz zu all dieser Schönheit, steht seine Erkrankung. Er
beschäftigt sich permanent damit und
quält sich durch die Schönheit dieser Welt. Er verläugnet ,,das Land" ständig und hadert mit seinem Schicksal. Durch diesen Konflikt sind seine Reaktionen für den Leser nicht vorhersehbar. Das Buch bleibt spannend.
Kontra:
Es zieht sich manchmal in die Länge, da er alles sehr genau schildert und sich von Teil zu Teil auch wiederholt.
Trotzdem ein sehr gutes Buch, genau richtig für den anstehenden Winter.