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Michael Drewniok
Spannender Klassiker mit zeitloser Wirkung

Buch-Rezension von Michael Drewniok Mär 2006

Der Planet Mars ist eine kalte, trockene, sterbende Welt, deren höchst intelligente Bewohner nach einer neuen Heimat Ausschau halten. Aus Mangel an Alternativen entscheiden sie sich für die Erde. In den letzten Jahren des 19. Jahrhunderts setzen sie zur Invasion an. Mit gewaltigen Kanonen schießen sie diverse Kampfschiffe durch das All. Nach der Landung setzen die Marsianer kirchturmhohe, dreibeinige Kampfmaschinen zusammen, die Todesstrahlen und Giftgasgranaten abfeuern.

Auch in der englischen Grafschaft Surrey beginnt der Eroberungszug. Völlig überrumpelt sind die Menschen, die den Invasoren militärisch ohnehin nichts entgegensetzen können. Mit unerhörter Grausamkeit gehen die Marsianer gegen die Bevölkerung vor. Planmäßig vernichten sie, was ihnen gefährlich werden könnte, eiskalt morden sie die entsetzten Menschen. Unaufhaltsam dringen sie vor, erreichen London. Sechs Millionen Städter fliehen in heller Panik gen Norden. Jegliche Gegenwehr ist zwecklos, jeder Zusammenhalt geht verloren. Die Menschen denken nur mehr an sich selbst.

Das Schlimmste kommt erst noch: Nachdem die Marsianer allen Widerstand gebrochen haben, beginnen sie sich häuslich niederzulassen und die Erdoberfläche nach dem Vorbild ihres Heimatplaneten umzugestalten. Vor allem enthüllen sie nunmehr die Art ihrer Ernährung, was erklärt, wieso sie auf die endgültige Ausrottung der Menschheit verzichtet haben Y

Ein Weltenkrieg der nur scheinbar simplen Art

Mit ‚richtigen‘ Literaturklassikern ist das so eine Sache: Sie gelten oft als solche, so lange sie ungelesen im Bücherschrank stehen. Die eigentliche Lektüre sorgt dann nicht selten für Irritation und Ablehnung. So könnte es den jüngeren Lesern mit einem Buch ergehen, das aus dem Jahre 1897 stammt, als man an Unterhaltung andere Ansprüche stellte über ein Jahrhundert später.

";Krieg der Welten" ist ganz sicher kein ‚Pageturner‘, der eine Actionszene an die nächste reiht. Romantisches bleibt gänzlich ausgeklammert. Die Geschichte ist spannend, aber sie ist es auf ihre ganz eigene Weise. Erzählt wird sie in einem nüchternen, ja trockenen Tonfall: H. G. Wells verleiht seinem ";Krieg" absichtsvoll einen dokumentarischen Charakter. Wie ein Journalist - der er war - beschreibt er die Invasion der Marsianer, die er stellvertretend einige Zeugen erleben lässt. Im späten 19. Jahrhundert war dies eine durchaus verbreitete literarische Form: Durch Sachlichkeit sollte der Schrecken den Leser noch nachhaltiger treffen.

Ein angenehmer, von Verfasser Wells wohl gar nicht beabsichtigter Nebeneffekt: Die Sachlichkeit bewahrte seine Geschichte vor dem Altern. Pathetisch und lächerlich kommt uns so mancher zeitgenössische Roman dagegen heute vor. ";Krieg der Welten" hat seine Lesbarkeit dagegen bewahren können, zumal Wells ein Erzähler ist, der seinen Job ausgezeichnet versteht. Höchst geschickt baut er die Spannung auf, lässt die Marsianer lange im Verborgenen wirken, konzentriert sich auf das Wüten der Dreifüße, das dadurch umso rätselhafter wirkt. Auch die Schilderung von London als Stadt in apokalyptischer Auflösung ist eindrucksvoll.

So konsequent wie die Marsianer ihre menschlichen Opfer jagt Wells seine Leser vor sich her. Wo sich ein Hindernis auftut, wechselt er den Blickwinkel und betrachtet das Geschehen aus anderer Perspektive. Nur wenige Jahre nach Erfindung des Kinos wirkt ";Krieg der Welten" bereits ‚filmisch‘. Das Ende ist aus heutiger Sicht ungewöhnlich. Keine finale Schlacht treibt die Marslinge zurück auf ihren Planeten. Höchst moralisch, d. h. selbst verschuldet trifft sie die Strafe. Dies mag irritieren, aber es ist eine gelungene Auflösung des Geschehens. Ein Sieg über die Marsianer in letzter Sekunde hätte unrealistisch gewirkt.

Menschen, ihrer Zivilisation entkleidet

Die betonte Sachlichkeit des 'Kriegs der Welten' wird durch die Figurenzeichnung unterstrichen. Der Ich-Erzähler ist namenlos. Über die Invasion von London berichtet sein Bruder; auch er bleibt anonym. Die Menschen, die beide auf der Flucht treffen, werden in der Regel nur durch ihre Berufsbezeichnungen identifiziert: der Artillerist, der Kurat, der Kapitän - Als Individuen sind sie für Wells nicht wichtig. Sie repräsentieren einen Querschnitt durch die Bevölkerung und stellen exemplarisch bestimmte Reaktionen und Verhalten dar: Erschrecken, Resignation, Wahnsinn, Überforderung, Kampfgeist usw. Der Leser soll sich keineswegs mit ihnen identifizieren, Anteil an ihren Schicksalen nehmen, sich ablenken lassen. Wells fordert den Blick auf die Gemeinschaft, die in der Krise beängstigend rasch ihre Menschlichkeit verliert. Von der hehren britischen Nation mit der steifen Unterlippe bleibt kaum etwas übrig im ";Krieg der Welten". Diesen Schockeffekt will Wells erzielen.

Die Marsianer stellt Wells per se als Gruppe ohne persönliche Züge dar. Das macht sie austauschbar und lässt sie besonders unheimlich wirken: Ein Marsianer kann den anderen ersetzen, ohne dass dies Einfluss auf den beharrlichen Eroberungszug hat. Lange verweigert uns der Verfasser den genauen Blick auf diesen Feind; ein geschickter Schachzug, der die Spannung steigen lässt. Als Wells uns seine Marsleute dann vorstellt, zeigt er sich erschreckend einfallsreich. Für uns Jetztmenschen mit langer Science-Fiction-Erfahrung mag dies nicht gleich zu erkennen sein. Viele Außerirdische in mannigfachen Gestalten haben die Erde inzwischen bedroht. Doch Wells war auch hier Pionier. Er hat sich viel Mühe gegeben. Wissenschaftliche Präzision war ihm wichtig. So wirken die Marsleute auf der Erde schwerfällig, buchstäblich niedergedrückt und bewegen sich ohne ihre Maschinen langsam, denn sie sind die niedrige Schwerkraft ihres Heimatplaneten gewöhnt.

Menschen & Marsianer, Menschen = Marsianer?

Aber die wahre Bombe lässt Wells platzen, als er die Marsianer als mögliche ‚Zwillinge‘ einer zukünftigen Menschheit deutet: ";Es scheint mir ganz glaubwürdig, dass die Marsianer von Wesen abstammen mögen, die uns nicht unähnlich waren, und zwar durch die allmähliche Weiterentwicklung ihrer Gehirnteile und Hände - auf Kosten des übrigen Körpers." Die Konsequenz: ";Ohne den Leib musste das Gehirn selbstverständlich ein bei weitem selbstsüchtigerer Geist werden als mit dieser Grundlage menschlichen Gefühls." Hier greift Wells direkt Charles Darwins Evolutionstheorie auf. Das Grauen erreicht dadurch den Höhepunkt, denn nach dieser Deutung sind die Marsianer nicht nur Invasoren, sondern auch Kannibalen, die ihre unterentwickelten (";inferioren") Vorfahren austilgen, aber keine Mörder: Sie sind wie sie sind und deshalb nicht ‚schuldig‘. Zudem gibt es keine Garantie dafür, dass die Menschen selbst nicht eine ähnliche Entwicklung nehmen wird. (Eine ‚negative‘ Evolution schilderte Wells 1895 in ";Die Zeitmaschine", als er die Menschheit der Zukunft in die ätherischen 'Eloi' und die degenerierten 'Morlocks' aufspaltete.)

Geschichte(n) hinter dem Roman

1898 schrieb H. G. Wells mit dem ";Krieg der Welten" den ersten Roman über eine außerirdische Invasion und wurde damit (neben Jules Verne) zum Vater der Science Fiction. So kann man es immer noch allzu oft lesen, obwohl beide Aussagen relativiert werden mussten. Schon 1880 beschrieb Percy Greg (1836-1898) in ";Across the Zodiac" (dt. ";Jenseits des Zodiacus. Bericht einer Reise nach dem Mars") einen Raumflug zum Mars; 1897 ließ der deutsche Schriftsteller Kurd Lasswitz (1848-1910) in ";Zwischen den Planeten" recht freundliche und oberlehrerhafte Marsianer die Erde besuchen.

Das Thema ";Mars" lag offenbar in der Luft B und tatsächlich stand der Planet 1894 im Mittelpunkt des allgemeinen Interesses, denn er kam der Erde während seines Sonnenumlaufs wesentlich näher als sonst. Das geschieht zwar selten aber regelmäßig, doch zum ersten Mal hatten Technik und Astronomie einen Stand erreicht, der direkte Beobachtungen des fremden Planeten und eine sachkundige Auswertung ermöglichte. Nachdem Giovanni Schiaparelli im Sommer 1877 per Teleskop ";canali" auf dem Mars entdeckt zu haben glaubte, spähte man umso erwartungsvoller in den Sternenhimmel. Zwar sprach Schiaparelli eigentlich nur von ";Rinnen" oder ";Gräben", aber vor allem die nicht italienischsprachige Presse übersetzte ";canali" mit ";Kanäle" - und damit galt die Existenz intelligenten Lebens auf dem Mars als ";bewiesen".

Marskrieg als Spiegelwelt der irdischen Gegenwart

Konnte man die Bewohner des roten Planeten kontaktieren? Würden sie auf die Erde kommen? Würden sie friedlich sein? Diese Fragen wurden heiß diskutiert. Der junge Journalist und Schriftsteller Herbert George Wells beantwortete sie auf seine Weise. Er interessierte sich ebenfalls für den Mars und seine möglichen Bewohner, die er indes vor allem als exotische Figuren begriff, mit deren Hilfe sich sehr irdische Probleme literarisch verbrämen und unterhaltsam präsentieren ließen. Letzteres ist in allen Zeitaltern eine grundsätzliche Notwendigkeit für Männer und Frauen, die sich ihren Lebensunterhalt mit der Feder verdienen. Ersteres wurde wichtig, weil Wells Kritik am herrschenden System seines Landes üben wollte, was zu seiner Zeit nicht nur ungern gesehen sondern vor allem juristisch geahndet werden und gesellschaftliche Ächtung nach sich ziehen konnte. Vorsicht war also geboten.

Wells war ein Mann mit klarem Blick für die sozialen und politischen Probleme seiner Epoche und ihrer möglichen Folgen. Er schrieb ";The War of the Worlds" als ";scientific romance". (Was übrigens nicht mit ";wissenschaftlicher Romanze" zu übersetzen ist, sondern mit ";Abenteuergeschichte jenseits momentan möglicher wissenschaftlicher Erklärungen".) Es ging ihm um nicht weniger als seine Sicht auf die gegenwärtige und zukünftige Menschheitsgeschichte. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts machte die nie gekannte oder erwartete Dimensionen erreichende Industrialisierung klar, dass die alten, zum Teil noch frühneuzeitlich geprägten Gesellschaftsmodelle ausgedient hatten. Die neue Zeit erforderte neue Menschen. Nur diese konnten überleben: Wells machte sich Charles Darwins noch junge Evolutionslehre zu Eigen. Der ‚alte‘ Mensch war unterlegen und würde untergehen. Die Marsianer zeigt Wells als Stärkere. Sie haben ihre Herausforderungen gemeistert. Nun können sie den Weltraum durchmessen und die schwachen Menschen mit Hightech-Waffen nach Belieben ausrotten.

Kolonie Erde statt Kolonialmacht Großbritannien?

So könnte es auch den Briten ergehen, warnte Wells. Noch herrschten sie über ein Empire, das den größten Teil der bekannten Welt umfasste. Doch längst rührten sich die imperialistischen Konkurrenten. Das neue Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. verlangte nach seinem ";Platz an der Sonne" und rüstete in beängstigendem Tempo auf. Die Kanonen von Krupp und die Dreifüße der Marsianer weisen bedrohliche Ähnlichkeiten auf. In Südafrika stand der Ausbruch des blutigen Burenkrieges (1899-1902) bevor. Auch an anderen Stellen rumorte es im Empire. Schon lange vor Ausbruch des I. Weltkriegs begann Wells zu ahnen, dass mit der Zeitalter der Naturwissenschaften und Technik auch ein Zeitalter der Massenvernichtungswaffen anbrechen konnte. Der erste Giftgaskrieg lag noch fast zwei Jahrzehnte in der Zukunft, als er die Marsianer mit ";black smoke" gegen die Menschheit vorgehen ließ. (Die ";heat rays" dagegen verdanken ihren Einsatz wohl der Erfindung der Röntgenstrahlen - ";x-rays" - im Jahre 1895.)

Krieg der WeltenA ist auch als Anklage der britischen Kolonialmacht zu deuten, welche über die ‚unzivilisierten‘ Völker der Erde kam wie die Marsianer-Streitmacht über die angelsächsische Welt. Der Verfasser nennt die Dinge beim Namen: ";Die Tasmanier wurden trotz ihrer Menschenähnlichkeit in einem von europäischen Einwanderern geführten Vernichtungskrieg binnen fünfzig Jahren völlig ausgerottet. Sind wir solche Apostel der Gnade, dass wir uns beklagen dürfen, wenn die Marsleute uns in demselben Geist bekriegen?"

Hochmut kommt vor dem Fall

Andererseits ist (imperialistische) Stärke wichtig, denn nur der Starke kann sich verteidigen, kann kommandieren und hat das Recht dazu, wenn er weise über seine potenziell gefährlichen Mitmenschen herrscht: ";Der intellektuelle Teil der Menschheit gibt bereits zu, dass das Leben ein unaufhörlicher Kampf ums Dasein ist " Wobei man nie nachlässig werden darf. Die Marsianer verfügen zwar über die militärische Vorherrschaft. Doch sie haben ihre Invasion schlecht geplant. Die unsichtbare Gefahr der irdischen Mikroben blieb unbemerkt, was sich rächt: Die prinzipiell unbesiegbaren Eroberer rotten sich quasi selbst aus.

Auch das hat seine Parallelen in der Menschheitsgeschichte. So manche überlegene Streitkraft der Vergangenheit ist dank mangelhafter Planung und Organisation oder durch Seuchen in den eigenen Reihen dezimiert worden. Auch das könne nach Wells den Briten zustoßen, wenn sie allzu dünkelhaft darauf verzichteten, ihr Gesellschaftssystem auf allen Ebenen weiterzuentwickeln. Nicht umsonst erwähnt er den Zeitenwechsel: Die Marsianer greifen die Erde auf der Schwelle zum 20. Jahrhunderts an. Das neue Säkulum bietet einer denkenden Menschheit die Chance zur Ausräumung ihrer Probleme. Wehe, sie nutzen diese nicht - die Evolution wird sie vom Erdboden tilgen!

Anmerkungen

Es gibt unzählige Meinungen und Deutungen zum ";Krieg der Welten", wobei die Betrachtungsweise im Verlauf von mehr als einhundert Jahren interessante Veränderungen und Wechsel erfuhr, auf die einzugehen hier nicht der geeignete Ort ist. Hinweisen möchte ich auf drei deutschsprachige, recht willkürlich herausgegriffene aber informative Titel:

  • Schon ein wenig älter aber immer noch lesenswert: Helga Abret/Lucian Boia, Das Jahrhundert der Marsianer (München : Wilhelm Heyne Verlag 1984; Bibliothek der Science Fiction Literatur Nr. 32).

  • Brian W. Aldiss: Der große General im Traumland - H. G. Wells (in: Der Milliarden-Jahre-Traum, Bergisch-Gladbach 1987, S. 148-169).

  • Rainer Eisfeld/Wolfgang Jeschke, Marsfieber (München : Droemer Verlag 2003).

Krieg der Welten

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Letzte Kommentare:
19.10.2016 17:13:29
Michael Zöllner

Es ist ein erstaunlich verständlich geschriebenes Buch und doch lehrreich und mit vielen Bezügen zur Gegenwart und zur Zeit des viktorianischen Imperialismus. Und wie immer in guter SF ist das Verhalten der geschilderten Personen nachvollziehbar und die Situation fantastisch.

Die Bedrohung bleibt Gesichtslos und erklärt sich nicht selbst! Aber die Aspekte des Bedroht Werdens kommen in großer Zahl zur Darstellung. Bis hin zu den grausamen Aspekten der Flucht!

Auch wenn die Handlung aus vielen Adoptionen bekannt ist, so ist sie im Original doch schlüssig und eindringlich erzählt....

Hören Sie beim Lesen Jeff Waynes Musical zur Untermalung!

18.01.2013 15:12:55
Stefan83

H. G. Wells im Jahre 1898 erschienener Roman „Der Krieg der Welten“ gilt nicht nur als Meilenstein der Science-Fiction-Literatur, sondern auch als erste konsequent ausgearbeitete Geschichte über eine Invasion extraterristrischer Wesen auf der Erde – ein Thema, welches bis heute in Buch wie Film unzählige Vertreter und Variationen gefunden hat und immer wieder zu neuen Spekulationen Anlass gibt. Inspiriert von den Karten des Astronomen Percival Lovell, griff Wells eine Urangst des Menschen auf, die vierzig Jahre später sogar zu einer Massenpanik an der amerikanischen Ostküste führen sollte, als die „American Broadcasting Corporation“ am Abend des 30. Oktobers 1938 eine Hörspielfassung des Regisseurs Orson Welles ausstrahlte. Nicht zuletzt aufgrund solcher Auswirkungen ist „Der Krieg der Welten“ eines der bekanntesten und bedeutendsten Werke des so vielseitigen Autors Wells. Die Handlung sei an dieser Stelle kurz angerissen:

England, kurz vor der Jahrhundertwende. Astronomen und Hobby-Sterngucker beobachten seltsame Phänomene auf dem Mars. Weißglühendes Gas bricht in ungeheuren Mengen aus, schießt mit rasender Geschwindigkeit auf die Erde zu. Einige Zeit später schlägt schließlich ein metallener Zylinder auf der Gemeindewiese nahe dem Londoner Vorort Woking ein. Schaulustige versammeln sich um das seltsame Gefährt, in dessen Innerem rege Betriebsamkeit zu herrschen scheint. Als sich der Zylinder schließlich öffnet, entsteigen ihm seltsame Gestalten – Marsmenschen. Die trägen Wesen wirken ungefährlich, doch als sicheine Abordnung mit weißer Fahne nähert, werden diese mithilfe eines unbekannten Hitzestrahls binnen Sekunden vernichtet. Das Militär, welches kurz darauf eintrifft, um die Bedrohung auszuschalten, hat ebenfalls keinerlei Chance gegen die Waffen der Invasoren. Nachdem ein zweiter Zylinder eingeschlagen ist, beginnen die Marsianer mit ihrer Offensive.

In riesigen dreibeinigen Maschinen marschieren sie unaufhaltsam gen London. Und plötzlich befindet sich das gesamte englische Empire in einem aussichtslosen Krieg, der die Menschen zu Verfolgten und Flüchtigen macht …

Nimmt man Wells Klassiker heute zur Hand, fällt einem sogleich die Sprache auf, welche, im Gegensatz zu vielen seiner zeitgenössischen Kollegen, keinerlei Staub angesetzt hat und sich auch nicht in altertümlich wirkenden Formulierungen verliert. Das liegt in erster Linie am Erzählstil, der, einer Berichterstattung gleich, rückblickend von den Ereignissen des Krieges berichtet und der fiktiven Geschichte einen dokumentarischen, und damit glaubhaften Charakter verleiht. Trotz des wissenschaftliche Tons, den Wells mit Fakten und Theorien seiner Zeit äußerst autoritär untermauert, fühlt sich der Leser mittendrin im Geschehen, da uns der Autor stets Zugang zu den Empfindungen und Erfahrungen des Erzählers lässt. Und diese werden, besonders für damalige Verhältnisse, äußerst plastisch und vor allem drastisch, geschildert. Nach einem noch recht nachdenklichen und poetischen Beginn wird der Leser direkt in die Feuer eines gänzlich ungleichen Krieges geworfen. Von jetzt auf gleich ist der überlegene Mensch zur gejagten Beute geworden, wird die Idylle des ländlichen Englands zu einer verwüsteten Ebene und die Millionenstadt London zu einem brennenden Trümmerhafen. Neben seiner sprachlichen Brillanz künden diese Bilder auch von Wells' visionärem Geist, beschreibt er hier doch beinahe exakt die Verheerungen der beiden späteren, realen Weltkriege.

Einfach, verständlich und doch prägnant und eindringlich, versteht es Wells mit dem richtigen Wort die richtige Stimmung zu erzeugen, die Handlung dem Leser zugänglich zu machen. Mit feiner Hand skizziert er die Reaktionen der Menschen auf die Invasion, deren starrköpfiger Hochmut bald egoistischer Panik weicht. So abstrakt das Szenario ist – Wells nutzt genau dieses für seine Gesellschaftskritik. Unbarmherzig stößt er die Menschheit, welche den Waffen der Marsmenschen nichts entgegenzusetzen hat und zu tausenden in Hitzestrahlen sowie tödlichen Gaswolken jämmerlich verreckt, vom Thron. Selbst der Stolz des Empire, die britische Flotte, versagt im Angesicht der Feinde. Ehemals prächtige Schlachtschiffe werden in der Verzweiflung sogar für Kamikaze-Angriffe verwendet. Der damals selbstverständlichen Vorstellung vom Menschen als Krone der Evolution wird durch Wells Geschichte gänzlich der Boden entzogen, (Achtung, Spoiler!) sind es am Ende doch ausgerechnet die kleinsten Lebewesen, die für den Fall der feindlichen Invasoren sorgen.

„Krieg der Welten“, auf dem Höhepunkt des imperialistischen Zeitalters entstanden, zeigt, dass der überhebliche weiße Bürger des mächtigsten Reiches der Erde sich seiner Überlegenheit nicht zu sicher sein sollte – und nicht sicher sein kann. (Am Schluss wird gar eine mögliche Rückkehr der Marschmenschen in Aussicht gestellt: „Und wer kann wissen, ob die Vernichtung der Marsleute nicht nur einen kurzen Aufschub bedeutet? Vielleicht gehört ihnen und nicht uns die Zukunft.“) Der unbarmherzige Feldzug der Marsmenschen gegen die Menschen ist Wells' Art, seinen Landsleuten den Spiegel, und damit ihre Fehler, vors Gesicht zu halten. Er weist auf die Gefahren des falschen Stolzes hin und lässt uns schließlich auch den Umgang mit den vermeintlich Schwächeren überdenken. Eine zeitlose Botschaft, die diesem spannenden und oft auch sehr berührenden Buch, Nachhaltigkeit verleiht und es letztlich über viele andere Titel des Genres erhebt.

Daher gilt für jeden, der sich ernsthaft mit der Science-Fiction-Literatur auseinandersetzen will: An „Krieg der Welten“ von H. G. Wells führt kein Weg vorbei. Auch mehr als ein Jahrhundert nach seiner Veröffentlichung hat dieses Werk nichts von seiner Faszination verloren.

02.03.2012 10:47:13
Beverly

"Krieg der Welten" ist abgesehen von John Christophers Trilogie um die dreibeinigen Herrscher und Heimleins Weltraum-Mollusken der einzige Roman über die Invasion der Erde durch Außerirdische, den ich gelesen habe. Daher auch mein Tipp an alle an Invasionsromanen Interessierten, mit "Krieg der Welten" zu beginnen. Vielleicht noch mehr als in anderen Werken nimmt Wells hier gängige Motive der SF vorweg und erzählt sie auf eine Art, die späteren Autoren nicht mehr viel Raum für Neues lässt.

24.11.2010 10:21:17
Michael Haul

"Krieg der Welten" ist die Mutter aller außerirdischen Invasionen in der SF und ist immer noch spannend zu lesen. Der Zerfall der menschlichen Gesellschaft, die in Barbarei und Verzweiflung zurückfällt, schildert Wells mit einer nüchternen Eindrücklichkeit, die auch heute noch gefangennimmt. Der apokalyptische Schrecken ist kompromisslos erzählt, lässt auch den heutigen Leser schaudern und muss anno 1898 geradezu skandalös gewirkt haben.

Der Phantastik-Couch-Rezension würde ich in einem wesentlichen Punkt widersprechen: H.G. Wells hängt in seinem Roman mitnichten einem fatalen Darwinismus an, den er auf die Entwicklung des Menschen im Industriezeitalter übertrüge. "Survival of the fittest" ist definitiv nicht die Losung des Romans! In einer Szene entwirft "der Artillerist", auf den der Held des Romans stößt, eine Zukunft der überlebenden Menschen in den Abwasserkanälen Londons. Nur die stärksten, abgehärtesten Männer, nur die kräftigsten, gebärfähigsten Frauen sollen Zugang zu dieser Gesellschaft erhalten - alle anderen haben wegen ihrer Schwäche nichts weniger als den Tod verdient! Eine nahezu faschistische Vision. Doch der Held - und darauf kommt es an! - erkennt bald, dass der Artillerist dem Wahnsinn verfallen ist. Er distanziert sich von ihm und seinen kruden Ideen und verlässt ihn.

Im Übrigen sind die Marsianer auch keine "Kannibalen". Stattdessen, und das ist die eigentliche Ironie, wird ihr Verhalten den Menschen gegenüber mit dem Verhalten der Menschen gegenüber Schlachttieren verglichen. Da die Marsianer eine höhere Stufe der Intelligenz erreicht haben, scheint es ihnen ein natürliches Recht zu sein, unterentwickeltere Kreaturen wie die Menschen zum eigenen Nutzen zu "verwerten". Hier hält Wells dem Menschen den Spiegel vor und stellt damit indirekt die Frage nach den Grundlagen wirklicher "Moral", die möglicherweise nicht mit "Intelligenz" oder "Weisheit" zu tun hat - beides Begriffe, auf die das Bildungsbürgertum des 19. Jh. als Kern seiner Identität auffasste.

26.09.2008 18:55:37
Khaless

Dieser Roman ist einfach Klassiker! Und dazu noch ein spannender und vor allem faszienieren beschriebener Klassiker. Wells schafft es, obwohl man den Ausgang dieser Invasion schon erahnen kann, trotzdem die Spannung aufrecht zu erhalten. Absolut überzeugend und auch immer noch aktuell finde ich jedoch seine Beschreibung der Aktionen und Reaktionen der Menschen. Von der Ignoranz, zum panischen Entsetzen (jedoch erst, wenn das eigene Leben bedroht ist) bis hin zu Mord unf Totschlag, um die eigene Existenz zu bewahren. Fakt ist, dieses Buch hat wirklich alle Alien-Invasions Romane und Filme beeinflusst und ist auch heute noch absolut lesenswert!

11.12.2006 18:04:37
Domenic

Ich halte Herbert George Wells "Krieg der Welten" für eine gelunges Werk des späten 19 Jahrhunderts, in dem frühe Züge des Science-Fiction Gedanken enthalten sind, die teilweise noch heute zahlreiche Regieseure dazu veranlassen Filme über Marsianer zu drehen. Dabei erinnere ich mich mit Freude an "Mars Attacks". Geht man davon aus, dass die gesamte moderne Science-Fiction seine Anfänge in diesem Roman fand, dann ist er erstaunlich, zu sehen, wieviel sich bis heute, trotz alter Grundgedanken, verändert hat.
Das Buch ist ein MUSS für alle Science Fiction Fans und für alle, die es noch werden wollen. Eine gelungene Weltanschauung, in welcher der modern werdende Mensch seine Stellung in der Nahrungskette zu behaupten hat. Viel Spass beim lesen.

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