
Westeros zwischen zwei Epochen
George R.R. Martins mittlerweile siebenteiliger (im Original vierteiliger) epischer Zyklus ";Das Lied von Eis und Feuer"; gilt bereits unvollendet als wegweisendes Werk im Fantasy-Genre, da es sich in mehrfacher Hinsicht vom Stereotyp der klassischen Fantasy verabschiedet hat.
George R. R. Martin beschreibt in seinem Werk Geschehen und Handlung schonungslos realistisch, seine sehr spät und eher spärlich eingesetzten Fantasy-Elemente haben wenig mit denen der klassischen Werke gemein, die klischeehafte ";Gut-Böse"; Klassifizierung eines Protagonisten kommt in ";Das Lied von Eis und Feuer"; fast gar nicht vor.
Geduldig hat die ";Eis und Feuer"; Fan-Gemeinde fünf Jahre auf die Fortsetzung dieses komplexen Werkes gewartet, bis Ende 2005 endlich "; A Feast for Crows"; erschien, der in der deutschen Ausgabe wie die vorherigen Bände in zwei Teile gesplittet wurde. ";Zeit der Krähen"; ist die erste Hälfte von "; A Feast for Crows";, ";Die dunkle Königin"; wird die zweite Hälfte heißen und voraussichtlich im November diesen Jahres erscheinen.
Wie alles begann
Die Geschichte spielt zum großen Teil auf dem Kontinent Westeros in einer dem europäischen Spätmittelalter angelehnten Welt. Die Rosenkriege und der Albigenserkreuzzug dienten dem Autor als Vorlage für die zahlreichen Feldzüge und Kämpfe um die Krone der sieben Königreiche.
In den ersten Bänden bekämpfen sich die Adelshäuser Stark, Lannister und Baratheon, im späteren Handlungsverlauf favorisieren Adelsfamilien aus den unterschiedlichsten Regionen von Westeros einen eigenen Anwärter für den eisernen Thron. Während die Lannisters verzweifelt versuchen, ihre Macht zu erhalten, werden Herrscher und Lords ermordet, Bündnisse geschlossen und verraten, Intrigen geschmiedet und das Land in ein Chaos gestürzt, unter dem das Volk schwer zu leiden hat.
Zur selben Zeit versucht einer der Erben des Königs, der vor langer Zeit vom Eisernen Thron vertrieben wurde, eine Streitmacht aus den freien Völkern des Südens zusammen zu stellen, indem er seine Schwester an einen Stammesfürsten verheiratet. Daenerys findet allerdings ganz eigene Mittel und Wege, einen Rückeroberungsfeldzug anzutreten.
Die Nachtwache, eine von den Königshäusern unabhängige Garde, bewacht im Norden von Westeros die Mauer, die die Länder vor den wilden Völkern schützen soll. Doch der Schutz scheint nicht mehr auszureichen; Brüder der Nachtwache kommen nicht von Patrouillengängen zurück und es werden von gespenstischen Gestalten verübte Überfälle gemeldet. Eine Gefahr braut sich dort zusammen, der keiner der Mächtigen Beachtung schenkt.
Warum ";Das Lied von Eis und Feuer"; so viele Fans begeistern konnte
Die einzelnen Kapitel der Bücher werden immer aus der Perspektive einer der handelnden Personen erzählt und mit dem entsprechenden Namen betitelt. So wird die Handlung immer wieder aus verschiedenen Sichtweisen beschrieben und unterschiedlich gewertet. Es kommt häufig dazu, dass ein bestimmter Charakter zunächst besonders unsympathisch erscheint, der Leser seine Meinung aber revidieren muss, nachdem er die Erlebnisse aus dessen Perspektive erfahren hat. So findet man in ";Das Lied von Eis und Feuer"; weder reine Bösewichte noch den strahlenden Helden, sondern besonders vielschichtige und verschiedenartige Charaktere.
George R. R. Martins sprachlicher Stil besticht durch eine bildhafte und in jeder Hinsicht reelle Erzählweise. Martin schreibt brutal, emotional, leidenschaftlich und detailverliebt, er schafft dadurch eine besonders dichte und düstere Atmosphäre in seiner literarischen Welt. Er schreckt nicht davor zurück, auch zentrale Figuren, mit denen sich der Leser sehr stark identifiziert, sterben zu lassen. So bleibt die Handlung an jeder Stelle unvorhersehbar und kontinuierlich spannend.
In den ersten Bänden kommen fast gar keine irrealen Elemente vor, später gewinnt die Magie und das Fantastische mehr und mehr an Bedeutung und beeinflusst nachhaltig das Geschehen.
Momentan geht der Autor davon aus, dass der ";Eis und Feuer"; Zyklus am Ende sieben Originalbände umfassen wird, schließt aber eine noch höhere Anzahl nicht aus. In jedem Band kommen Charaktere dazu, einst zentrale Figuren treten in den Hintergrund. Immer neue Verwicklungen und Geheimnisse sorgen dafür, dass ";Ein Lied von Eis und Feuer"; ein Ausmaß an Expansion und Komplexität annimmt, wie es auch für das Fantasy-Genre außerordentlich sein dürfte.
Bleibt nur, den Lesern viel Ausdauer und dem Autor ein langes, gesundes Leben zu wünschen, damit die Fans seiner Fantasy-Welt das würdige Ende einer einzigartigen und abenteuerlichen Reise erleben dürfen.
Die Ruhe nach und vor dem Sturm
Der Krieg in Westeros ist erstmal vorbei. Das Land ist verwüstet, die Menschen versuchen irgendwie über die Runden zu kommen, es herrscht allgemeines Misstrauen und eine insgesamt depressive Stimmung vor. Der Titel ";Zeit der Krähen"; beschreibt die Situation in jeder Hinsicht treffend, denn in Kings Landing und einigen anderen hohen Häusern des Reiches formieren sich schon wieder neue Bündnisse und Verschwörungen. Die Mächtigen in Westeros versuchen alles, um bei der Neuordnung des Reiches ihren Anteil abzugreifen.
In Kings Landing ist mit Tywin Lannister der letzte große Herrscher ermordet worden. Seine machthungrige Tochter Cersei setzt ihren jüngsten Sohn Tommen auf den Thron und regiert stellvertretend nahezu in Alleinherrschaft, da sie die Mitglieder des alten Rates durch ihr hörige Vertreter ersetzt hat. Lediglich ihr Bruder Jaime, der die Schrecken des Krieges am eigenen Leib erfahren hat und genau weiß, wie es um die Position des eisernen Throns bestellt ist, versucht Schadensbegrenzung zu betreiben und bietet seiner Schwester Paroli.
Das Haus Greyjoy auf den Iron Islands herrscht nun über den Norden, ein Machtwechsel steht bevor, da König Balon auf dem Fels zerschellte und starb. Es gibt zahlreiche Anwärter auf den Meersteinstuhl, Balons Tochter Asha wäre nach der Thronfolge an der Reihe, doch kann eine Frau über die Eisenmänner herrschen? Balons Brüder erheben ebenfalls Anspruch auf den Thron und vertreten gegensätzliche Standpunkte, wie das Schicksal des Reiches aussehen soll. Ein beinahe vergessenes Ritual soll die Entscheidung herbei führen.
Sansa Stark versteckt sich weiterhin in der Eryie vor den Lannisters, Lord Petyrs Absichten scheinen nicht ganz die eines besorgten Onkels zu sein. Und Arya Stark schließt sich den ";Faceless Men"; in Braavos an, um Fähigkeiten zu erlernen, die sie für ihre Rache nutzen kann.
Phase der Selbstfindung und Neuordnung
Autor und Verlag haben entschieden, die Handlungsebenen im vierten und fünften Originalband (A Feast for Crows / A Dance with Dragons) bewusst aufzuteilen. Daher wird der Leser in ";Zeit der Krähen"; einige der wichtigsten Charaktere vermissen, Tyrion und Daenerys erscheinen erst im nächsten Originalband ";A Dance with Dragons";.
";Zeit der Krähen"; konzentriert sich fast ausschließlich auf die Ereignisse im Süden. Die Geschehnisse um Sansa und Arya scheinen von der Entwicklung in Westeros weitgehend abgekoppelt zu sein, beide sondieren ihre Möglichkeiten und versuchen ihren weiteren Weg zu finden. Während dessen nehmen neue Protagonisten die Zügel in ihre Hand und stellen Weichen, für die Verwirklichung ihrer persönlichen Ziele. ";Zeit der Krähen"; ist ein deutlich ruhigerer Roman, als seine Vorgänger. Insgesamt ist die Handlung weniger aktionsgeladen, da eher die Situation der Protagonisten und ihre inneren Kämpfe im Mittelpunkt stehen. Dadurch wirkt ";Zeit der Krähen"; psychologisch ausgefeilter, die Charaktere werden vertieft, die trostlose Stimmung in Westeros verdeutlicht und düstere Schatten voraus geworfen.
Der siebte Band der ";Eis und Feuer"; Saga ist durchaus nicht weniger interessant, als seine Vorgänger. Die Machtspiele um den Königshof sind sehr intelligent ausgearbeitet und beschrieben, die Entwicklung der Charaktere immer wieder für Überraschungen gut. Die Motive der Protagonisten wurden teilweise durch kursiv gedruckte Gedanken veranschaulicht. Diese Technik schafft es zwar, das psychologische Profil einer Person zu vertiefen, nimmt aber zugleich dem Leser die Möglichkeit, über die Hintergründe zu spekulieren und sich möglicherweise überraschen zu lassen.
Zwischenglied zum nächsten Teil der Saga
Obwohl auch ";Zeit der Krähen"; dem Fantasy-Leser Unterhaltung auf höchstem Niveau bietet, merkt man dem Buch doch deutlich an, dass es den verbindenden Teil zwischen zwei entscheidenden zeitgeschichtlichen Epochen in Westeros darstellt. Die Story wird insgesamt sehr wenig voran getrieben, die Handlungsebenen enden meist mit einem Cliffhänger. Dadurch bleiben dem Leser die Zusammenhänge zu oft verborgen.
Fazit: Eine lesenswerte und interessante Fortsetzung des ";Eis und Feuer"; Zyklus, die im Vergleich zu den Vorgängern etwas an Dynamik verloren hat.

Zeit der Krähen
- Autor: George R. R. Martin
- Verlag: Blanvalet
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Martin erklärt am Ende des Buches, dass er beim Schreiben des Buches viel zu viele Kapitel für die Handlungen aller Personen zusammenbrachte und er sich daher entschieden hatte dies zu trennen. Zum einen eben die Geschehnisse rund um Königsmund und zum anderen die an der Mauer. Daher sucht man einige Protagonisten in dem Band umsonst. Jetzt muss man noch wissen das der Blanvalet-Verlag immer die Originalbände in zwei deutsche Bände aufteilt, d.h. "Zeit der Krähen" ist eigentlich ein Viertel des ursprünglichen Geschriebenen von Martin.
Jetzt zur eigentlichen Handlung: Ging es im letzten Band noch so richtig zur Sache und musste man sich auch von einigen Personen unerwartet verabschieden, so stellt dieses Buch jetzt mehr ein Verbindungsglied dar. Neue Personen erscheinen auf der Bildfläche, Ruhe ist eingekehrt in Westeros. So muss man auch diesen Band bewerten. Er scheint die neue Epoche einzuleiten, schreitet aber selbst zeitlich nicht groß voran. Trotzdem das eigentlich nicht viel in diesem Band passiert, habe ich ihn doch gern gelesen. Gerade dieses Vorbereiten der nächsten Ereignisse finde ich interessant und macht mich weiterhin neugierig wie dies wohl alles mal zusammengeführt wird.
Ich kann das dauernde herumgemäkel an der Eindeutschung der Eigennamen nicht nachvollziehen.
Das sehen wohl nur Menschen so, die es auch gut finden, dass in Deutschland mittlerweile Anglizismen a la "Handy" verwendet werden, die im englischen Sprachraum gar nicht existieren. Zudem eignen sich die durch Martin verwendeten Eigennamen sogar ganz hervorragend für eine Übersetzung. Warum sollte "Schnee" auch schlechter klingen als "Snow"?
Ich habe den 7. Band, genau wie Susanne auch auf Englisch gelesen. Und die Übersetzung kann echt nicht mithalten. Ich habe nun auch die Namen im Original gelesen und finde sie in Englisch einfach passender. Nun da ich einen direkten Vergleich habe, kann ich die Fans echt verstehen, die sich nun mit den übersetzten Namen schwer tun. Einige Übersetzungen sind auch echt einigermaßen seltsam. Hier wird ja immer wieder Snow als Beispiel genannt, aber das geht noch, es gibt echt gruselige Übersetzungen und Snow ist noch harmlos.
Nun zur Story... Band 7 entführt uns an fremde Ufer! Einmal wird es wild... das eiserne Volk sucht einen neuen König und das funktioniert bei ihnen nach ganz eigenen Sitten. Und im Süden des Landes brodelt es auch und es wird noch eine letzte der großen Herrscherfamilie - die Fürstenfamilie - vorgestellt.
Gleichzeitig wird die Königin Regentin allmählich paranoid nun, da sie eigentlich am Ziel ist. Einerseits genießt sie ihre neue Macht, andererseits sieht sie auch die Schattenseiten davon. Hinter jedem könnte schließlich ein potentieller Attentäter stehen und sie sieht viele Verschwörungstheorien.
Es ist ruhiger, keine Frage. Andererseits muss Martin aber auch langsam sparsam mit seinen Hauptfiguren umgehen. Wenn es so weiter ginge wie in Band 6, hätten wir ja in Nr. 9 keinen aus dem 1. Band mehr übrig!
Und er hat schon so viele tolle Orte gezeigt und zeigt uns wieder zwei neue dazu, die ebenso fantastisch sind wie die letzten. Ja, es wird warm... es geht nämlich in den Süden und... sogar in die freien Städte!
Am besten waren aber die Szenen, wo man die Königin Regentin kennen gelernt hat. Ihre ganzen Abgründe und Ängste. Und das bei einer Figur, die über Leichen geht. Sie wird einem nicht sympathischer. Aber interessant!
George Martins\' Song of Ice and Fire sollte man auf englisch lesen, sofern es einem irgendwie möglich ist. Die Bücher sind so packend geschrieben, dass kleinere Vokabelfragen problemlos ignoriert werden können. In der deutschen Übersetzung habe ich - zugegeben - nur den ersten Band gelesen, aber der hat mich so maßlos enttäuscht, dass ich keinen weiteren in die Hand genommen habe. Der Autor hat in der Originalsprache einen Wortwitz und Sprachfluss, der augenscheinlich unübersetzbar ist.