
Ritter, Nomaden und Dämonen ziehen in die Schlacht
Daniela Knor ist, wie viele ihrer deutschen Kollegen, als Autorin für das Rollenspiel "Das Schwarze Auge" bekannt geworden. Mit "Nachtreiter" legt sie ihren ersten Fantasy-Roman vor, für den sie selbst die Welt und die Historie erschaffen hat. Der Roman ist der erste Teil der "Elbensang"-Trilogie, was leider weder aus dem Klappentext, noch aus der Covergestaltung hervorgeht. Der zweite Teil "Sternenwächter" erscheint voraussichtlich im März 2009.
Dunkelheit über der Steppe Phykadoniens
Braninn ist Phykadonier, ein Häuptlingssohn vom Stamm der Faitalorrem, deren Totemtier das Pferd ist. Das Nomadenvolk zieht mit Rindern durch einen Teil der Steppe Phykadoniens. Eines Morgens geht hier die Sonne nicht auf. In der Dunkelheit erscheinen Geister, die Kälte verströmen und alles Leben in sich einsaugen. Die Faitalorrem und andere betroffene Stämme beschließen, sich ihre Lebensgrundlage Land von den Eisenmännern in Sarmyn zu erkämpfen, obwohl sie kaum Chancen auf Erfolg haben. Der religiöse Führer des Büffel-Stammes behauptet jedoch, dass der oberste Heerführer Ertann genau diese Reaktion provozieren wollte, als er Dämonen beschwor und den ewigen Schatten erschuf.
Fürst Megars Orakel prophezeite, das König Werodin und dessen Sohn Prinz Joromar bald sterben werden. Seinen Sohn Regin möchte er zum nächsten König von Sarmyn machen, indem er ihn mit der Königstochter Prinzessin Beveré verheiratet. Der Fürst ist nicht der einzige, der dieses Ziel verfolgt. Ein Zauberer erscheint dem jungen Mann im Traum und führt ihn zu einer magisch verriegelten Tür. Regin hält Magie für ein Märchen der Bauern, spürt aber eine geheimnisvolle Macht, die ihn zu lenken scheint.
"Das ist es, was Dich zum König machen wird"
Der Zauberer unterbreitet einen tollkühnen Plan, der Regin zur Krone verhelfen soll. Und er beschert ihm seltsame Begleiter: Den einfachen Ritter Arion, den Söldner Rodin, zwei Phykadonier und eine Halbdämonin.
Das Abenteuer startet mit Verzögerung...
Die kurzen Kapitel und die häufig wechselnden Erzählperspektiven erinnern an den "Das Lied von Eis und Feuer"-Zyklus von George R. R. Martin. Auch in "Nachtreiter" verfehlt diese Einteilung ihre Wirkung nicht. Der Leser erlebt das Geschehen aus einer eingeschränkten Perspektive, was viel Spannung erzeugt. Interessante Einsichten erhält man, wenn Teile derselben Handlung aus der Sicht eines anderen Protagonisten erzählt werden. Daniela Knor prägt die Kapitel mit den Charakterzügen des jeweiligen Erzählers, was einen persönlichen Bezug herstellt und die Figuren lebendig wirken lässt.
Zu den Pluspunkten des Romans zählen auch sorgfältig gewählte und gekonnt eingesetzte sprachliche Mittel. Die Autorin beschreibt die Szenen in Sarmyn in klassischem, gehoben klingendem Deutsch und verleiht den Phykadoniern eine bildhafte Ausdrucksweise. Diese sprachlichen Nuancen untermalen die Lebensweise der Völker und erzeugen die passende Atmosphäre.
Es fällt jedoch zu Anfang schwer, in die Geschichte hinein zu finden, da die Kapitel sehr kurz, oft nicht einmal zehn Seiten lang, gehalten sind. Die häufigen Schauplatzwechsel erschweren das Eintauchen in die fremdartige Welt. Daniela Knor baut Nebenschauplätze auf, die immer wieder von der eigentlichen Story weg führen. Den Werdegang von Arions Schwester Sava zur Priesterin und Regins unglückselige Affäre mit dem Mädchen Saminé sind wichtig für die Positionierung der Charaktere. Straffer erzählt, hätten diese Sidestories ebenfalls ihren Zweck erfüllt, aber den Aufbau der Kernhandlung nicht so lange verzögert. Bis zur Mitte des Romans hat man das Gefühl, sich in der Einleitung zu befinden, jedoch Geduld wird hier belohnt.
... und fasziniert umso mehr in der zweiten Hälfte
"Nachtreiter" spielt in zwei vollkommen unterschiedlichen Welten, die Daniela Knor mit einer typischen Landschaft, sowie eigener Sprache und Kultur ausgestaltet hat. Die Kultur der Phykadonier ist ein wenig der der Indianer nachempfunden. Jeder Stamm identifiziert sich mit einem Totemtier und ihre Anführer nennen sich Häuptlinge. Die Kismegla, die den Medizinmännern ähneln, treten mit Geistern in Verbindung und fungieren als geistige Führer.
Sarmyn ist eine Welt des mittelalterlichem Feudalsystems, mit klassischer Ständeordnung aus Bauern, Adeligen und dem König an der Spitze. Religion und Magie sind hier verpönt und doch bestimmen übernatürliche Kräfte das Geschehen. Angeführt von einer Halbdämonin, macht sich eine Allianz aus Phykadoniern und Sarmynern auf den Weg, um den Dämonenbeschwörer zu stoppen. Es klirrt der Kriegslärm und mysteriöses Grauen wabert wie Nebel über das Schlachtfeld. Furcht erregende Geister und Rieseninsekten stellen sich den Helden entgegen, die unerwartet Schützenhilfe von einer Dienerin der Göttin und einem halbwüchsigen Volk erhalten.
"Nachtreiter" hat alle Qualitäten zeitgenössischer High-Fantasy-Literatur zu bieten und entwickelt sich zum echten Leseerlebnis. Das dramatische Ende schließt die Queste ab und enthält zugleich einen Fingerzeig auf einen größeren Konflikt. Der Roman überrascht und begeistert, besonders wenn man weiß, das er erst der Beginn weiterer Reisen in die Welt der Phykadonier und Sarmyner ist.

Nachtreiter
- Autor: Daniela Knor
- Verlag: Piper
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DANIELA KNOR „Nachtreiter“ ,Piper‘
Finsternis senkt sich über die Gefilde Phykadoniens und Sarmyns. Und betrifft alle lebenden Kreaturen. Beide Länder können verschiedener nicht sein. Ersteres gehört den Steppenvölkern, die Vieh züchten und nicht wirklich eine Bedrohung für Außenstehende bedeuten, zweites Land ist ein Königreich mit allen feudalen Bekenntnissen, die man kennt. Die Bedrohung ist jedoch für beide Landstriche extrem real. Bisher vermuten dies nur wenige und noch weniger wissen davon. Braninn, aus den Steppenlanden, ist einer der Eingeweihten, nur müssen er und seine Freunde fliehen, bevor sie diese Verschwörung, hieb- und stichfest, aufdecken können. Die Bilder, die sie mitnehmen, sind alles andere, als erbaulich. Ertann, mächtigster Fürst Phykadoniens, Dämonenbeschwörer und Kriegstreiber, hat allen Grund, sich die Jungkrieger vom Halse zu halten, stehen sie doch seinen Plänen im Wege und vor allem, könnten sie ihn entlarven. Innerhalb der sarmynischen Grenzen ersuchen sie um Asyl und versuchen ihre Gastgeber von ihrem Wissen zu überzeugen. Hier holen Braninn die Bilder der Flucht ein. Aber auch in diesem Land gibt es umtriebige Leute, die intrigieren, verraten, die Seiten wechseln, öfter als andere ihre Unterwäsche, je nachdem, wie der Wind weht, in den sie ihre Mäntel hängen. Ein Aufstand, gegen König Werodin, liegt in der Luft. Meuchelmörder treten sich gegenseitig auf die Füße, sind häufiger in der Kneipe nebenan, als die arbeitende Bevölkerung. Und schon sind die ersten Scharmützel an der Tagesordnung. Trotz der kämpferischen Überlegenheit der Ritterschaft Sarmyns, sind Ertann´s Mannen durchaus erfolgreich. Mit dämonischer Hilfe wird die Burg Kreons fast genommen, der Schnitter hält reiche Ernte auf beiden Seiten. Die Krieger Regin´s waren konnten noch einmal das Schlimmste verhindern. Nur denkt der junge Ritter jetzt nach, hinter den Eröffnungen der Freunde Braninn und Grachann muss mehr stecken, als er, bisher in seinem jugendlichen Leichtsinn angenommen hat. Vor allem auch wegen seiner Visionen, die er hat. Arion, ein sarmynischer Adliger, muss auch erst noch lernen, die Zeichen zu erkennen. Trotz aller Vorurteile seiner feudalen Erziehung, verhilft er seiner Schwester Sava zur Flucht vor einer Zwangsheirat. Nur war Arion nicht so wirklich darauf vorbereitet, was ihn erwartet. Hat er doch mittlerweile Begleitung ganz besonderer Art. Anidim, phykadonische Tochter, und Priesterin im Tempel der Göttin aller Natur, von ihrem eigenen Volk als Halbdämon gehasst und verachtet, weil ihr Haar so anders ist, sowie Rodan, Söldner, Schwertkämpfer und der Retter seiner Schwester, in mehreren Situationen, die er genau im Gotteshaus, dem Anidim entfleucht, zurücklässt. Was er nicht weiß, ist, wo die Liebe hinfällt und seine Schwester liebt diesen Söldner, deswegen war die Flucht. Jetzt beginnt das Verwirrspiel richtig, Hier geht es nicht mehr nur um Eroberung und Macht. Das Leben malt bunte Farben, Frau Knor pinselt ordentlich mit. Mit ihren Nachtreitern hat sie ein Werk erschaffen, wonach man sich alle zehn Finger leckt. Die Buchdeckel bersten förmlich vor Spannung, die Seiten machen sich beim Umblättern schon fast selbstständig. Besser als jeder holländische Coffeeshop. Sicher ist die Geschichte der Fantasy-Literatur zuzuordnen, aber es ist ein gutes Abbild unserer Zeit. Nur weil jemand anders ist, wird er/sie Ziel von Hass, Furcht, Spott, Misstrauen, sprich von Vorurteilen. Menschen werden nicht eingeschätzt, nachdem, was sie können, sondern was sie besitzen, nicht Fähigkeit und Fertigkeit stehen im Vordergrund, nee schnöder Mammon. Liebe, Freundschaft, Loyalität rivalisieren mit Verrat, Mord, Gewalt. Machtgelüste stehen bei manchen Figuren im Vordergrund, bei anderen sind die sanfteren Gefühle von Wichtigkeit. Richtig toller Wahnsinn, von Träumen und Alpdrücken, den Daniela hier entfesselt, ein Wirbelstrom der alles niederwalzt. Einfach irre geil. Und Leute, wenn ihr Pferde nicht klauen wollt oder könnt, nehmt den Bus oder die Bahn. (MRD)
ISBN 978-3-492-70161-7 475 Seiten 16,90€ (D) 17,40€ (A)