
Die Gezeiten-Saga tritt etwas auf der Stelle
Die magischen Gezeiten steigen und damit die Kräfte der unsterblichen Gezeitenfürsten. Clever haben sie sich in Teil eins und zwei Machtpositionen ergaunert. Band drei "Der Palast der verlorenen Träume" startet mit mehreren Handlungssträngen, in denen der Leser die bekannten Hauptfiguren aus "Der unsterbliche Prinz" und "Die Götter von Amyrantha" wiedertrifft. Arkady ist im Ränkespiel zwischen Cayal und Brynden verraten und an einen Sklavenhändler verkauft worden. Auf dem Sklavenschiff schafft sie es, den jungen unsicheren Schiffsarzt Cydne auf ihre Seite zu ziehen. Als seine Mätresse und Assistentin kann sie ihr Schicksal, in ein Hurenhaus verkauft zu werden, abwenden. Cayal, der unsterbliche, aber lebensmüde Prinz hat alle Hände voll zu tun, die anderen Unsterblichen davon zu überzeugen, mit ihm Lukys aufzusuchen, der ihm den ersehnten Tod versprochen hat. Warlock und Boots, die Crasii, sind Eltern geworden und Warlock versucht verzweifelt, gleichzeitig seine Familie zu schützen und als Spion der Tarot-Gemeinschaft zu helfen, ohne aufzufliegen. Arkadys alter Jugendfreund Declan Hawkes ist seit dem großen Feuer des letzten Buches unsterblich. Er versucht, mit der neuen Situation, plötzlich einer derjenigen zu sein, die er immer bekämpft hat, klar zu kommen und macht sich auf die Suche nach der verschwundenen Arkady. Und dann ist da noch Tiji, das Echsenwesen, das ihr eigenes Volk findet und sich verliebt.
Viel passiert, aber nicht viel passiert
Es ist also wirklich einiges zu erzählen und Fallon hat sich schöne Abenteuer ausgedacht. Declan und Cayal verbünden sich zeitweise und Arkady gerät dramatisch in Lebensgefahr, aus der nur ein Unsterblicher sie retten kann, der das dann auch lebendig erzählt tut. Es kommt zum unvermeidbaren Treffen von Tiji, Arkady, Declan und Cayal mitten in den Tropen und die Missverständnisse und Gefühle wogen wie die Gezeiten. In bester Fallon-Manier sprüht das Buch wieder vor Humor, phantasievollen Dialogen und farbigen Details. Aber dem Buch fehlt trotzdem ein wenig der originelle Esprit der Vorgänger und wiederholt einiges unnötig oft, zum Beispiel, dass Pelly aufgrund seiner Enthauptung ein äußerst kindisches Gemüt hat. Die Figuren entwickeln sich - mit Ausnahme des Ex-Meisterdiebes Declan - wenig weiter. Arkady ist immer noch beherzt, Cayal von seinem Tod besessen, die Unsterblichen machtverliebt.
Symptomatisch ist, dass der Titel "Der Palast der verlorenen Träume" einiges verspricht, aber der Palast nur zum Schluss ganz am Rande vorkommt. Genauso ist es mit der großen Geschichte der Gezeitenfürsten - sie stockt. Wie auf der ersten Seite weiß der Leser auf der letzten Seite immer noch nicht, was genau Lukys vorhat und ob es wirklich einen Weg gibt, als Unsterblicher zu sterben. Warlock und Tijis Weg ist unklar wie zuvor und Arkady ist wieder verschleppt in großer Gefahr und muss gerettet werden. Gut, einen wirklich guten Clou hat sich Fallon für die letzten Seiten ausgedacht, da hatte sie noch ein As im Ärmel, ein gekonnter Cliffhanger für Band vier. "Der Palast der verloreren Träume" war keine verlorene Zeit, aber auch kein Traum - das bisher schwächste Buch der Gezeiten-Saga.

Der Palast der verlorenen Träume
- Autor: Jennifer Fallon
- Verlag: -
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In einem zweitägigen Lesemarathon habe ich die 574 Seiten von Jennifer Fallons dritten Band der Gezeitenstern-Saga förmlich verschlungen. Exzellentes Lesefutter. Ideenreich, mit viel Wortwitz, tollen Dialogen und liebevollen Details gewürzt.
Und ich muss Verena Wolf widersprechen.
„Viel passiert, aber nicht viel passiert“, nee, so sehe ich das nicht.
Zielsicher navigiert die Autorin ihre Helden durch dramatische Abenteuer und hinein in ausweglos erscheinende Situationen und lässt sie dabei ein Wechselbad der Gefühle durchleben. Geschickt werden dabei neue Spuren ausgelegt, Vergangenes erhält neue Sichtweisen und die Weichen für den Abschlussband werden gestellt.
Der zweite Band endete mit der überraschenden Verwandlung Declan Hawkes in einen Unsterblichen. Plötzlich gehört einer der vehementesten Gegner der gottähnlichen Gezeitenfürsten selbst zum verhassten Verein der Unsterblichen.
In meinen Augen ist es nur konsequent, dass dieser schwere Konflikt und Declans Entwicklung einen so breiten Raum einnimmt. Und das geschieht bissig, humorvoll und lebenserfahren, nie langweilig.
Die Kabbeleien zwischen Cayal und Declan mitzuverfolgen, bereiten einfach Vergnügen. Durch gekonnte Szenenwechsel wird die Spannung erhöht, anstatt den Lesefluss zu unterbrechen. Kein einziger Handlungsstrang ist öde. Es wird eine Fülle von interessanten und differenzierten Charakteren geboten. Liebevoll eingeflochtene Kleinigkeiten aus dem ‚echten Leben’ bringen einem das Schmunzeln ins Gesicht. Menschliche Schadenfreude lässt einen freudig mitfiebern, im Stillen habe ich Cayal und Declan an einer wirklich göttlichen Stelle, als die beiden Rivalen zur Zusammenarbeit gezwungen waren, angefeuert, ihren Gegner noch eins drauf zu geben.
Warum allerdings der deutsche Titel „Der Palast der verlorenen Träume“ heißt, bleibt mir ein Rätsel. Im Buch selber wird er korrekt übersetzt so wie im Original ‚Palast der unmöglichen Träume’ genannt. Und ich bin mir sehr sicher, dass diese Bezeichnung eine wichtige Bedeutung hat, auch wenn der Eispalast vordergründig bisher keine bedeutende Rolle gespielt hat. Dafür hat Jennifer Fallon ihren Plot und ihre Figuren bisher immer zu sicher in der Hand gehabt.
Darüber ließe sich herrlich spekulieren, was genau der Begriff ‚unmögliche Träume’ beinhaltet. Cayals Wunsch, sterben zu wollen? Oder Lukys eigentlicher Plan hinter seiner vorgeschobenen Hilfsbereitschaft? Will er das ‚Unmögliche’ möglich machen und einem Unsterblichen Sterbehilfe leisten, oder will er das ‚Unmögliche’ schaffen, und sich in einen echten Gott verwandeln?
Ich bin sehr gespannt auf den großen Showdown im Mai.