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Michael Drewniok
Zwischenfallreiche Jagd nach dem Ewigen Leben

Buch-Rezension von Michael Drewniok Apr 2010

Nach zahlreichen Entführungen, Intrigen u. a. Bosheiten ist es Dr. Nikola endlich gelungen, das ersehnte chinesische Zauberstäbchen an sich zu bringen. Mit ihm kann er sich als hochrangiges Mitglied einer Geheimgesellschaft tarnen und als solches den Zugang zum tief im gebirgigen Zentrum Tibets gelegenen Tempel einer Sekte erschwindeln, die sich dort seit dem dritten vorchristlichen Jahrhundert verborgen hält. Im Laufe dieser langen Zeit haben die Mönche unglaubliche Mysterien aufgedeckt.

Nikola ist besonders am Geheimnis des ewigen Lebens interessiert. Die lange und gefährliche Expedition will er nicht ohne einen mutigen und starken Gefährten an seiner Seite unternehmen. Nikolas Wahl fällt auf den jungen Abenteurer Wilfried Bruce. Dieser ist bekannt für seine Fähigkeit, sich so überzeugend als Chinese zu maskieren, dass er Orte bereisen konnte, an die zuvor nie Europäer gelangt sind.

Derzeit hat Bruce nach Schanghai verschlagen, wo er nach einer Möglichkeit sucht, seine leere Geldbörse zu füllen. Die 10.000 Pfund, die Nikola ihm bietet, sind ihm daher sehr willkommen. Getarnt macht man sich auf den langen und gefährlichen Weg nach Tibet. Unterwegs rettet Bruce die Missionarstochter Gladys Mary Medwin vor fremdenfeindlichen Chinesen.

Auch sonst verläuft die ohnehin riskante Expedition nicht ohne gefährliche Zwischenfälle. Mehrfach kommt man den beiden Schwindlern auf die Schliche. Nur Nikolas unglaublichem Einfallsreichtum und Bruces Wagemut ist das Entkommen zu verdanken. Die Glückssträhne der Reisenden wird freilich über ihre Zerreißgrenze hinaus gespannt, als sie ihr Ziel erreichen. Tief im Himalaya und fern aller Hilfe müssen sie extrem misstrauischen Mönchen ihre Geheimnisse entreißen ...

Der Weg ist das Ziel: Reisen als Abenteuer

1895 hatte Guy Newell Boothby mit "Die Rache des Doctor Nikola" das Interesse einer Leserschar erregt, deren Zahl groß genug war, dass der Autor - ein Unterhaltungs-Routinier, der jedes Genre bediente - das Eisen schmiedete, solange es heiß blieb, und umgehend eine Fortsetzung folgen ließ. "Die Expedition des Doctor Nikola" fand auf einem anderen Kontinent und mit anderen Figuren statt; nur Nikola blieb. Die Verbindung zum ersten Teil stellte Boothby her, indem er seinen neuen Helden Wilfried Bruce in Schanghai auf einen Landsmann treffen lässt, zu dessen Freunden ´zufällig´ jemand zählt, der Nikolas Treiben in Australien ertragen musste: Boothby nahm sich nie die Zeit für raffinierte Handlungselemente, sondern spann ein einfaches Garn. Dies bedingte einerseits einen offensichtlichen Schematismus, sorgte aber andererseits für eine Schlichtheit, die seine Geschichten altern (i. S. von reifen) aber nicht veralten ließ.

Die Reise ist ein ideales Medium für eine stringente Abenteuergeschichte. Es gilt, von Punkt A nach Punkt Z zu gelangen. Die Buchstaben dazwischen markieren Zwischen- und Überfälle, Naturkatastrophen und Irrwege, aber auch wundersame Orte, die durch ausführliche Beschreibungen gewürdigt werden. Der Weg ist mindestens ebenso wichtig wie das Ziel, das nichtsdestotrotz den Höhepunkt markiert. Boothby folgt dem Vorgabemuster perfekt. In Schanghai beginnt die Expedition, und die stattliche Entfernung zum tibetischen Zielkloster lässt Raum für die genannten und andere Verwicklungen, mit denen die Handlung verlängert wird, ohne dass dies auf Kosten der Spannung geht.

Männer der Tat, Frauen fürs Herz

Zwei Identifikationsfiguren stellt Boothby in den Mittelpunkt der Geschichte. Da ist natürlich Nikola, den er bereits im ersten Teil sehr geheimnisvoll eingeführt hatte. Seine Mysterien musste Nikola sich bewahren, weshalb Boothby wiederholte, abwandelte und vertiefte, was er in "Die Rache des Doctor Nikola" bereits erwähnt hatte. Also glänzt Nikola abermals durch erstaunliche Hypnosen, ergeht sich in Andeutungen früherer (Un-) Taten und ist generell ein solcher Übermensch, dass sich der Leser durchaus wundert, wieso er eigentlich Hilfe benötigt.

Doch genau dies ist der Punkt: Nikola ist als Handlungsfigur nur bedingt tauglich. Er kann nicht kämpfen, leiden und Gefühle zeigen, ohne dadurch seinen Status zu gefährden. Nikola muss geheimnisvoll bleiben. Deshalb stellt ihm Boothby Wilfried Bruce an die Seite, der vor positiven Eigenschaften und edlen Gefühlen schier platzt. Bruce ist dem Mann, um den und mit dem wir bangen. Ihn mögen wir, ihm trauen wir. Er ist tüchtig, aber nicht so talentiert, dass wir uns ihm gegenüber klein fühlen. Ein Mann wie Bruce kann glaubhaft in Gefahr geraten, aus denen er sich mit Muskelkraft und Köpfchen und nicht mit Magie, Hinterlist und Geheimwaffen à la Nikola befreien wird. Er ist so anständig und worttreu, dass nicht einmal Nikola umhin kommt, ihn mehrfach zu retten, obwohl er ihn schurkisch hätte zurücklassen können.

Außerdem ist Bruce der Idealpartner für die weibliche Figur. Dass Nikola eine Missionarstochter oder überhaupt eine Frau an seiner Seite auch nur duldet, mutet unwahrscheinlich an. Zu Gladys Mary Medwin gehört ein Bruce. Er wird sie retten, beschützen und sich schließlich in sie verlieben. Boothby folgt den viktorianischen Vorgaben, die der Frau - zumal im Trivialroman - eine passive Rolle zuwiesen. Gladys mag es irgendwie nach China geschafft haben, doch sobald sie in Nikolas und Bruces Gesellschaft gerät, kann sie gerade noch auf eigenen Beinen stehen. Ansonsten übernehmen die Männer das Denken und Handeln.

Erfreulicherweise beeinträchtigt dieses Klischee nicht die Handlung. Was in "Die Rache des Doctor Nikola" noch für endlose Kitsch-Tiraden gesorgt hatte, entfällt dieses Mal: Gladys bleibt eine absolute Randfigur. Hin und wieder denkt Bruce sehnsuchtsvoll an sie, aber ansonsten konzentriert er sich auf das Abenteuer. Hier einfallsreich in eine aktionsreiche Handlung zu investieren, erweist sich als die beste Idee des Verfassers.

Exotik und die Patina der Reife

Realität ist dabei Boothbys Stärke nicht. Dem eifrigen Leser trivialer Romane ist so etwas seit jeher bewusst; es stört nicht, sondern fördert sogar das Lektürevergnügen: Die gern (auch vom jeweiligen Verfasser) vorgebrachte Behauptung präziser Faktenrecherche ist Unfug - glücklicherweise, denn die Unterhaltung existiert zwar auch auf dem Boden der Realität, so richtig blüht sie aber erst im milden Klima der Fiktion.

Guy Newell Boothby ist niemals in China gewesen. Die Schilderung von Land und Leuten entsprechen höchstens zufällig der Wirklichkeit. Seine wahren Inspirationsquellen bildeten jene zeitgenössischen Halbwahrheiten, Übertreibungen und Klischees, die in den Kreisen seines angelsächsischen Publikums kursierten. Sie klangen immerhin wahr und waren auf jeden Fall interessanter als die schnöde Realität, die auch die tatsächlich existierenden Himalaja-Klöster Tibets nicht verschont und ihnen bei genauer Betrachtung den Ruf des Mysteriösen raubt.

Boothbys China und Tibet sind bunte Kulissen für die Abenteuer eines Reiseromans. Die zentralen Protagonisten sind Ausländer, weder Dr. Nikola noch Wilfried Bruce wurden in Asien geboren. Dennoch gebärden sie sich - wenn nicht verkleidet - ganz selbstverständlich als Herren des Landes. Zumindest in diesem Punkt entspricht Boothby einer historischen Realität, die den Fernen Osten ins Interesse europäischer Kolonialmächte rückte. China war keine offizielle Kolonie, doch Ende des 19. Jahrhunderts nach verlorenen Kriegen gegen England und Japan sowie innenpolitisch geschwächt den ausländischen ´Handelspartnern´ ausgeliefert.

Zeitloses Abenteuer nach Genre-Regeln

Diese unschönen Wahrheiten werden selbstverständlich wortlos übergangen. Immerhin hält sich Boothby mit diskriminierenden Äußerungen zurück. (Wobei offen bleiben muss, was in der Übersetzung bzw. Bearbeitung eventuell getilgt wurde.) Er setzt auf die Exotik der Schauplätze. ´Seine´ Chinesen und Tibeter sind fremd und unheimlich aber Träger einer eigenständigen, uralten und - Boothby macht daraus keinen Hehl - durchaus hochstehenden Zivilisation. Er bedient sich hier eines weiteren bewährten Motivs des klassischen Abenteuerromans. Tief in grauer Vorzeit verwurzelte, von der Gegenwart isolierte Gemeinschaften, die im Besitz lange vergessenen Geheimwissens sind, waren in der zeitgenössischen Unterhaltungsliteratur ungemein beliebt. Autoren wie Henry Rider Haggard (1856-1925) oder Edgar Rice Burroughs (1875-1950) stützten sich immer wieder auf archaische Ur-Völker. In der Schilderung seltsamer und unterhaltsam ´barbarischer´ Regeln und Sitten mussten die Autoren ihrer Fantasie keine Zügel anlegen.

In diesen Kapiteln kann Boothby glänzen. Das Finale endet - auch dies genretypisch - in einer wilden Flucht vor erbosten Verfolgern. Dieses Mal ließ der Verfasser seiner Geschichte mit Bedacht einige lose Enden: Sie ließ sich bei Bedarf fortsetzen, was 1899 mit "Das Experiment des Doktor Nikola" geschah.

In Deutschland erschien "Die Expedition des Doctor Nikola" erstmals 1912. Selbst vom antiquarischen Buchmarkt ist dieses Werk längst verschwunden. Die aktuelle Ausgabe, Teil einer vierbändigen, neu oder erstmals aufgelegten sowie neu übersetzten Doctor-Nikola-Ausgabe, liest sich angemessen ´retro-steif´ aber stets flüssig und ist wieder schön als Paperback mit Klappenbroschur aufgemacht. Auf den dritten Teil kann man sich unter diesen Bedingungen erst recht freuen!

Die Expedition des Doctor Nikola

Die Expedition des Doctor Nikola

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Letzte Kommentare:
19.05.2011 17:45:42
tassieteufel

Nachdem mir der erste Teil um Doctor Nikola, den genialen wie perfiden Schurken so gut gefallen hatte, mußte natürlich gleich der 2. Teil her.
Nachdem der Doktor im ersten Teil nun endlich in den Besitz des chinesischen Zauberstäbchens gekommen ist, heuert er in Schanghai den mittellosen Abenteurer Wilfred Bruce an, um gemeinsam mit ihm zu einer Expedition nach Tibet aufzubrechen. Ziel der Reise ist ein
abgelegenes Kloster, in dem das geheime Wissen um die Unsterblichkeit gehütet wird und dieses Wissen will Doctor Nikola unbedingt in seinen Besitz bringen. Als Chinesen verkleidet machen er und Wilfred Bruce sich zu einer abenteuerlichen Reise auf, denn sollten sie entdeckt werden, stünde ihnen ein grausamer Tod bevor.
Wie schon der Vorgänger ist auch hier die Geschichte recht einfach gestrickt, das wird aber durch die diversen Abenteuer die Nikola und Bruce zu bestehen haben u. die farbenprächtige, exotische Kulisse überdeckt. Eine kleine Liebesgeschichte gibt es auch wieder, Wilfred rettet
in Peking, ein Jungfer aus der Not. Natürlich eine sehr hübsche Person und beide verlieben sich. Vermutlich ist das eine Zutat die in keinem viktorianischen Roman fehlen durfte, da das Ganze aber nur ein dezentes Randgeschehen ist, stört es nicht, sondern lockert die Abenteuergeschichte auf.
Die ganze Geschichte wird aus der Sicht von Wilfred Bruce erzählt, Doktor Nikola wird also rein aus seiner Sicht geschildert und kommt dadurch nicht ganz so boshaft wie im Vorgänger daher. Mehrfach hätte er Bruce opfern können um seine eigenen Ziele eher zu erreichen, doch der Doktor ist hier recht loyal gegenüber seinem Gehilfen und erscheint ab und an
richtig freundlich. Bleibt abzuwarten wie sich das in den noch folgenden Teilen entwickelt, mir persönlich hat der perfide Schuft im Vorgänger besser gefallen.
Mehr als im ersten Teil merkt man hier,daß das Buch vor über 100 Jahren geschrieben wurde, der Autor legt hier logischer Weise das Weltbild seiner Zeit zu Grunde und so kommen eigentl. alle Asiaten ziemlich schlecht weg, die Mönche sind verschlagen und schmuddelig, fast jeder
ist bestechlich und logischer Weise den Europäern unterlegen. Wenn man das mal außen vor läßt, bleibt eine spannende Abenteuergeschichte vor bunter, exotischer Kulisse die beim Lesen einfach Spaß macht!

Fazit: auch der 2. Teil um Doktor Nicola hat mir sehr gut gefallen, allerdings "schwächelt" der gute Doktor hier ein wenig, im Vorgänger war er eindeutig schuftiger, hier zeigt er zumindest Bruce gegenüber fast schon nette Züge, ansonsten wieder flott und spannend geschrieben u.
kann auch nach über 100 Jahren noch den Leser begeistern.

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