
Dimensionstor im afrikanischen Bergwald
Das neue Werk von Thomas Thiemeyer wird als Mystery-Thriller präsentiert. Dabei ist es viel mehr - eine Mischung aus Wissenschafts- und Mysterythriller mit reichlich Fantasyelementen. Der Autor zeigt einmal mehr, dass er ein begnadeter Geschichtenerzähler ist. Er fesselt seine Leser von Beginn mit mehreren faszinierenden Handlungssträngen, die eng ineinander verwoben sind. Da ist die engagierte Gorilla-Forscherin Amy Walker, die eine Station zur Beobachtung der Berggorillas im Legenden umwitterten Hochgebirge Ugandas leitet. Gemeinsam mit den Wildhütern beobachten die Forscher die letzten Tiere dieser selten gewordenen Art.
Und dann muss sie Ray Cox vom Flughafen abholen, ein neues Teammitglied. Er kommt auf Empfehlung ihres Mentors in das Camp, und Amy muss ihn widerwillig als Mitarbeiter akzeptieren - trotz seiner Gefängnisstrafe. Sie ahnt nicht, dass er nach Will Burke sucht, ihrem Vorgänger als Leiter der Station - einst ein Kommilitone von Ray und inzwischen sein Todfeind. Burke ist mit andere Forschern im Ruwenzori-Gebiet verschollen. Bei einer Suchexpedition stößt Amy mit ihrer Forschergruppe auf die Ruinen einer versunkenen Hochkultur. Die Sensation wäre perfekt, gäbe es da nicht Phänomene, die die nüchterne Biologin und ihre Kollegen an ihrem Verstand zweifeln lassen.
Expedition in eine andere Dimension
Die Naturgesetze scheinen außer Kraft, die Sonne spielt verrückt. Plasmaeruptionen treffen die Erde ausgerechnet im Ruwenzori-Gebiet und öffnet das Portal zu einer anderen Dimension. Schon bald kann sich Amy trotz aller Skepsis der Wahrheit nicht mehr verschließen: Ihr Team hat das Portal durchschritten, und für die Rückkehr scheint es längst zu spät. In der fremden Welt kommt es zu dramatischen Kämpfen - aber diesseits des Portals überschlagen sich die Ereignisse, denn ein fremdartiges Wesen aus der anderen Welt hat den umgekehrten Weg durch das Portal genommen. Bis zum überraschenden Finale lässt die spannende Handlung den Leser nicht mehr los.
Die erzählerische Kunst bei den Wissenschafts-/Mystery-Thrillern von Thomas Thiemeyer besteht darin, dass er seine Leser so lange wie möglich im unklaren lässt, wann die Grenze zwischen gut und aufwändig recherchierten Fakten und der dichterischen Freiheit überschritten wird. Im vorliegenden Fall werden Phänomene, die Forschern bisher nur als mathematische Gleichungen bekannt waren, zur Realität. Die Frage, ob es ein Loch im Raum-Zeit-Kontinuum geben kann, ist für Physiker ein mehr als Abend füllendes Thema. Und der interessierte Laie liest einfach mit offenem Mund und staunenden Augen weiter.
Vielfältige Aspekte
Aber in Korona geht es um mehr. Da ist das Thema Rache und Vergeltung für erlittenes Unrecht, verbunden mit Selbstjustiz. Da geht es um den Schutz der bedrohten Primaten in Afrika vor skrupellosen Wilderern und die Finanzierung dieses Schutzes durch den Gorilla-Tourismus. Es geht um verschollene Völker, um Liebe, Gruppenzwang und -dynamik, um Kompetenzgerangel und Selbstlosigkeit. Wer sich von der immensen Spannung des Buches mitreißen lässt, wird viele Nuancen gar nicht registrieren. Also: Einmal verschlingen, und dann nochmal in Ruhe lesen. Oder gleich genießen - was schwierig ist, dass muss ich zugeben.
Thomas Thiemeyer steigert im Laufe der Geschichte sowohl Tempo als auch Intensität seiner Erzählung. Spätestens nach dem Sprung durch das Dimensionstor überschlagen sich die Ereignisse. Bei aller dichterischen Freiheit ist die Handlung in sich schlüssig und gut durchdacht. Es gibt eine klare Rollenverteilung in der Forschergruppe, aber auch die anderen Figuren - Soldaten, Amazonen, Hexenmeisterin, Forscher auf Teneriffa - sind überzeugend skizziert. Es gibt nicht zu viele wichtige Personen, der Leser behält wunderbar den Überblick. Hilfreich wäre eine Landkarte - aber dieses Manko begleitet leider die Bücher von Thiemeyer schon länger. Aber das ist nur eine Nuance, auf die sicher nicht alle Leser Wert legen. Und die Wertung für diesen lesenswerten Thriller wird dadurch überhaupt nicht beeinflusst - dazu ist er viel zu spannend geschrieben.

Korona
- Autor: Thomas Thiemeyer
- Verlag: Droemer-Knaur
Deine Meinung zu »Korona«
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die romane von thiemeyer sind immer spannend! immer wieder fällt mir jedoch auf, dass er nicht gut recherchiert - ein 2monatiger aufenthalt in afrika reicht nicht aus für die richtige darstellung von details - die afrikanische schamanin kann nicht "langes weißes haar wie spinnweben" haben. die geschilderte frauengemeinschaft in den bergen wirkt eher südamerikanisch - tauchen nicht sogar stufenpyramiden auf? überhaupt sind viele ideen nicht neu, hat mich an ein dutzend anderer romane erinnert. im vergleich zur medusa sind die figuren farbiger geworden, bleiben aber immer noch flach - amy ist so spießig in ihrer prinzipienreiterei! man könnte ohnehin durchaus auch mal ohne liebesgeschichte nach selbem strickmuster auskommen, und sprachlich wird es teilweise unerträglich, z. b. in reptilia. warum ich seine bücher trotzdem lese? weil es spannende, ausgesprochen kurzweilige und fantasievolle geschichten sind!
"Korona" ist ein typischer Thomas Thiemeyer Roman bei dem sich Archäologie und Mystery vor exotischer Kulisse stilistisch miteinander vermischen. Auch die typische Liebesgeschichte zwischen dem geheimnisumwitterten Außenseiter und der starken Expeditionsleiterin, sowie eine emotionale Rachefeldzugsgeschichte dürfen nicht fehlen um den verschiedenen Personen im Roman an Tiefe zu verleihen.
Eben genau da liegt das Problem des Romans. Er ist zwiefellos sehr unterhaltsam geschrieben und entführt den Leser in phantastische Welten. Gerade Freunde afrikanischer Kultur und Natur werden voll auf ihre Kosten kommen. Für diejenigen, die sich besonders für Primaten und ihre Verhaltensweisen interessieren, ist dies sogar noch mehr der Fall. Thomas Thiemeyer war selbst vor Ort und hat sich inspirieren lassen, was man der Authenzität der Geschichte auch anmerkt. Allerdings hat man eben das Gefühl das Ganze schon einmal so ähnlich von Thomas Thiemeyer in einem seiner vorherigen Romanen gelesen zu haben. Der Autor wiederholt sich schon anstatt an beispielsweise das großartige "Magma" anzuknüpfen. So muss dieser Roman einfach als Rückschritt gewertet werden, auch wenn es vielleicht des Autors persönlichstes Projekt war.
So würde ich den Roman nur Kennern von Thomas Thiemeyer empfehlen, die hier sicherlich trotz der inhaltlichen Abstriche und einigen zu vorhersehbaren Elementen bei den handelnden Personen auf ihre Kosten kommen sollten. Allen möglichen Neueinsteigern würde ich eher die vorherigen Werke des Autors ans Herz legen, namentlich das mysteriöse "Medusa", das diesem Roman doch sehr ähnliche, aber insgesamt packendere "Reptilia", das sehr komplexe und genial geschriebene "Magma" oder auch das zuletzt erschienene Werk "Nebra".
75/100