
Abgesang an den Militarismus
Tobias O. Meißner ist spätestens seit der sechsbändigen Saga "Im Zeichen des Mammuts" kein Geheimtipp mehr. Die Leser des Autors wissen, dass er gern moderne Themen in seine Fantasygeschichten einbaut. In Meißners Zyklus "Im Zeichen des Mammuts" war es der Umweltschutz, in "Die Soldaten" geht es um Sinn und Unsinn militärischen Denkens und Handelns.
Nicht gerade eine Paradetruppe
Leutnant Eremith Fenna erhält die Aufgabe, an der Festung Calyr, der Grenze zum Affenmenschenland, eine neue Kompanie aufzubauen. Zuvor war er in Chlayst stationiert, einer Küstenstadt, die von giftigen Dämpfen heimgesucht und zerstört wurde. Fenna hat überlebt, allerdings nicht ohne ein persönliches Trauma davonzutragen, dass ihn viele Monate an ein Lazarettbett gefesselt hat. Und nun soll er an der letzten Bastion zum Feindesland aus einem bunt zusammengewürfelten Haufen eine schlagkräftige neue Truppe, die dritte Kompanie, formen.
So unterschiedlich die 17 Anwerber aussehen, von extrem dick bis schlaksig, blutjung bis betagt, so unterschiedlich sind auch ihre Vorgeschichten und Motive, in die Armee der Königin einzutreten. Erschwerend kommt hinzu, dass Fenna drei ungeeignete Männer aussortieren muss und noch einen zweiten Leutnant zugeteilt bekommt; Loa Gyffs kommt direkt von der Militärakademie. Fennas Ausbildung beginnt mit hartem militärischen Drill, der die Rekruten an ihre psychischen und physischen Grenzen bringt. Als Motivation für die Schinderei fungiert eine Wette, zu der sich Fenna vom Hauptmann hinreißen ließ: Im Manöver soll die neue Kompanie Gollbergs zweite in einem Wettkampf schlagen. Darüber hinaus erwartet die Dritte der erste Auftrag im Feindesland, der unerwartete Schrecken birgt.
Der Soldat als Mensch im Mittelpunkt
Was erwartet man, wenn man einen Fantasyroman namens "Die Soldaten" in Händen hält? Der Meißner-Kenner ahnt, dass hier nicht der Klang der Schwerter im Mittelpunkt stehen wird, andere Leser mag das überraschen - positiv oder negativ. Um Konflikte und Bedrohungen, derer sich der Kontinent, die Fantasy-Welt aus "Im Zeichen des Mammuts", zu erwehren hat, geht es eher am Rand. Vielmehr um die Menschen dieser dritten Kompanie und ihre Rollenverteilung in der Armeehierarchie. Wer differenzierte Charakterzeichnungen zu schätzen weiß, ist bei Meißners "Soldaten" gut aufgehoben. Der Autor erzählt, was jeden einzelnen der Männer bewogen hat, in den Militärdienst einzutreten.Seine Figuren sind Typen und eben keine Kampfmaschinen, auch die nicht, die in eine entsprechende Rolle schlüpfen. Ein großes Plus in der Geschichte, insbesondere in der um den Leutnant Fenna, ist die Glaubwürdigkeit der Handlungen und Entscheidungen. Selbst militärische Traditionen haben entweder einen plausiblen Sinn und Stellenwert oder werden hinterfragt.
Obwohl sich die Handlung überwiegend innerhalb der Festungsmauern abspielt, muss man auf Kampf, Blut und Tod nicht verzichten, der Drill und der Selektionsprozess innerhalb der Kompanie fordert bereits Opfer. Bis zum unmittelbaren Kontakt mit den Mysterien des Affenmenschenlandes sind bereits 2/3 des Buchs gelesen, was aber nicht heißt, das sie nicht vorher schon eine wichtige Rolle spielen. Eine große, bedrohliche Hand quält den verletzten Rekruten Yinn Hannitz in seinen Albträumen und eine ständige ungreifbare Bedrohung liegt wie eine schwere, dunkle Wolkendecke über der Festung. Man fühlt sich in der Hinsicht stark an die Anfänge von George R. R. Martins "Eis und Feuer"-Zyklus erinnert. Jenseits der Festungsmauern treten endlich phantastische Figuren wie Affenmenschen, Panzerlöwen und massige Einhörner auf, die sich erfrischend von den gewohnten Gestalten abheben. Die Feindberührung lässt bis zur Schlussphase auf sich warten, sorgt dann allerdings für ein dramatisch-düsteres Ende, das Optionen für eine mögliche Fortsetzung offen hält.
Angenehm und flüssig zu lesen ist die Sprache des Autors. Die Dialoge sind zwar im Militärjargon verfasst, der Autor verzichtet aber auf ausufernde Flüche und Kraftausdrücke. Stattdessen beschreibt er Handlung und Szenerie in einer eingängigen Sprache, die stets eine Balance zwischen plakativer Darstellung und atmosphärisch stimmiger Beschreibung wahrt.
Den Spannungsbogen kann Meißner nicht durchgängig halten, dafür enthält der Roman einfach zu viele Wiederholungen. Die Eigenarten der Figuren und ihre Rolle in der Gruppe werden immer mal wieder beschrieben, ohne das nennenswerte Entwicklungen passiert sind. Zudem werden viele interessante Ereignisse und Konflikte nur angerissen. Wir erfahren letztlich wenig über den verheerenden und für das Geschehen ursächlichen Affenmenschenfeldzug und auch das persönliche Trauma der Hauptfigur Fenna wird - von seinem immer wiederkehrenden Albtraum abgesehen - nicht näher erläutert. Hierzu gibt es allerdings eine schöne Kurzgeschichte, "Begebenheit in einer sterbenden Stadt", die der Piper-Verlag auf seiner Webseite Piper-Fantasy veröffentlicht hat und die sich wunderbar in die Stimmung des Romans "Die Soldaten" einfügt.
Unterm Strich hat Tobias O. Meißner mit "Die Soldaten" einen schön erzählten, spannenden und substanzhaltigen Fantasyroman geschrieben. Man merkt einmal mehr, der Autor hat etwas zu sagen. Hier schaut zwischen den Zeilen eine pazifistische Weltsicht hervor, die Erkenntnis, dass das Blutvergießen im Krieg stets unschuldige Leben derer fordert, die einem vermeintlich höheren Ziel zu dienen glaubten.

Die Soldaten
- Autor: Tobias O. Meißner
- Verlag: Piper
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Ich bin ein Fan von Militär & Eliteeinheiten.
Das Buch "Die Soldaten" hat mich sofort vor Spannung erstarren lassen.
Die Handlung ist atemberaubend spannend und mit jedem einzelnen Soldier bangte ich richtig mit.
Natürlich war ich zornig und traurig, das am Ende Leutnant Fenna und seiner Leute draufgingen. Ich ertappte mich sogar und schrie meinem Spiegelbild zu "Angriff" !!!!
Natürlich war Scheusal Kertz mein persönlicher Liebling, vielleicht auch weil er doch anders ist, als die meisten aber ich hatte schon immer ein Faible für Freaks.
Ich weiß noch was, wäre ich live dabei, würde ich mich ansch....deshalb ziehe ich meinen Hut vor jedem Soldaten die tapfer ihr Land verteidigen!!!!
Das Buch werde ich nie hergeben und immer wieder von vorne lesen....
Zunächst einmal ein großes Lob an den Piper Verlag, der sich immer so große Mühe mit dem Outfit seiner Fantasybücher gibt. Das Cover von „Die Soldaten“ ist im Stil eines alten Kriegsfilms, dazu herausgehobener Schrift des Titels. Das Coverbild wiederholt sich im Buch und ziert dort jedes einzelne Kapitel.
„Die Soldaten“ hat mich positiv überrascht. Ich lese sehr gern auch mal „Männerbücher“ hatte jedoch etwas Bedenken, dass mir die Geschichte dann doch etwas zu militärisch sein könnte. Dies war nicht der Fall. Wir erfahren einiges über den Alltag der Soldaten, ihre Grundausbildung, den Ablauf eines Manövers und ihren ersten Einsatz, dennoch stehen die Menschen und ihre individuellen Persönlichkeiten im Vordergrund und nicht der Kampf an sich oder Waffen.
Der Leser kann einen leicht sarkastischen Unterton heraushören, der andeutet, dass der Autor eine etwas eigene Meinung zur militärischen Ausbildung hat. Keine Übung der Welt kann den Soldat auf das Vorbereiten was in einem wirklichen Krieg geschieht. Todesangst, Verlust von Kameraden und das Treffen von wichtigen Entscheidungen in Situationen, in denen man dem Tod schon ins Auge sieht, können einfach nicht geübt werden.
„Die Soldaten“ ist (glaube ich) der erste Fantasyroman, den ich lese, der Kritik übt. Kritik am Bild der Frauen, besonders im Wehrdienst. Kritik am Sinn und Unsinn der Kriegsführung. Er schreibt dies zwar etwas unterschwellig und nicht auf den ersten Blick sichtbar, doch aufmerksamen Lesern wird dies durchaus auffallen. Ich finde dies einen sehr positiven Effekt des Buches.
Tobias O. Meißner kreiert in seinem Roman ganz neue Fantasyfiguren. Mit Affenmenschen. Panzerlöwen und Einhörnern, die nicht wie Pferde aussehen, weicht er ab vom regulären Gebrauch von Elfen, Drachen, Feen etc. der meisten Fantasybücher. Dies gibt der Geschichte einen neuen Wind. Allerdings muss der Leser sich nun auch wieder ganz neu orientieren.
Der Autor beschreibt sehr lang die Grundausbildung der Soldaten. Währenddessen hat der Leser die Möglichkeit die Charaktere der Geschichte sehr genau kennen zu lernen. Ich dachte oft: „Ach das ist ja wieder typisch für den!“ Oder „ War ja klar, dass der so handelt.“ Dennoch wurde ich gerade zum Ende hin doch noch von dem ein oder anderen überrascht.
Das schönste an dem Buch ist die Schreibe des Autors. Sehr bildlich, flüssig und niveauvoll begeistert er seine Leser mit einer gut durchdachten Geschichte. Ich hab immer ein bisschen das Gefühl gehabt, als würde ein alter Kriegsveteran die Geschichte am Lagerfeuer erzählen, wobei er weder an Spannung, Tragik und Überraschung spart, weshalb der Leser nur so durch das Buch hindurch gleitet.
Ich habe das Buch im Rahmen einer Leserunde, veranstaltet von Piper-Fantasy gelesen und war ganz begeistert, wie offen und nett Tobias O. Meißner die Fragen seiner Leser beantwortete. Er hat sich wirklich Mühe gegeben, was ihn sehr sympathisch macht.
FAZIT: Ein interessanter Fantasyroman, der sich durch die Kunst des Autors seine Leser zu kritischen Denkansätzen zu motivieren, von der breiten Masse der Fantasyromane abhebt. Ein Buch für Fans von High Fantasy, die sich mal von einer etwas anderen als der üblichen Zwerge-Trolle-Elfen-Fantasy (die ich im übrigen sehr mag) unterhalten lassen möchten.