
Gefangen in der perfekten Welt
"Matched" lautet der Originaltitel des Auftaktbandes zur "Cassia und Ky" - Trilogie von der amerikanischen Autorin Ally Condie. Beworben wurde die Reihe als thematischer Nachfolger der "Panem"-Romane von Suzanne Collins, die einen "Young adult Dystopie"-Trend begründeten. Und Jodie Collins, die Entdeckerin der Autorin Stephenie Meyer, spürte nach eigener Aussage beim Lesen dieselbe Begeisterung wie bei den "Biss"-Romanen. Solcherlei Vorschusslorbeeren legen die Messlatte für "Die Auswahl" ganz schön hoch.
Fehler im System?
Cassia Reyes 17. Geburtstag ist der wichtigste Tag in ihrem Leben. Denn zugleich findet ihr Paarungsbankett statt, eine öffentliche Zeremonie, auf der ihr ihr zukünftiger Ehemann vorgestellt wird. Die "Gesellschaft" wählt für diejenigen, die heiraten möchten, den Partner aus, der perfekt zu ihnen passt. Mit dem die höchste Wahrscheinlichkeit besteht, genetisch fehlerfreien Nachwuchs zu zeugen.
Zur Überraschung aller wird für Cassia ihr bester Freund Xander als Partner ausgewählt. Es gilt als fast ausgeschlossen, dass die zukünftigen Eheleute sich vorher kennen. Doch Cassia freut sich darüber. Der Mikrochip mit Informationen über ihren Partner erscheint ihr überflüssig, denn sie kennt Xander ihr Leben lang. Dennoch wirft sie einen Blick darauf - und erstarrt, als zunächst das Bild von Ky Markham erscheint, einem Jungen, den sie ebenfalls aus der Nachbarschaft kennt.
Die Funktionärin erklärt ihr, es sei ein Fehler passiert. Ky hätte sich nicht im Paarungspool befinden dürfen, denn er sei eine "Aberreation". Cassia erfährt, das Ky völlig unverschuldet zu einem Menschen zweiter Klasse degradiert wurde. Anstatt zur Schule zu gehen, arbeitet er hart als ein Rädchen im Getriebe der Gesellschaft, die den tadellosen Bürgern ein bequemes, vorgezeichnetes Leben ermöglicht. In Cassia formieren sich Gedanken, die die Gesellschaft nicht duldet, Interesse an Ky und Zweifel am perfekten System.
Poesie und eine freie Entscheidung
Der Klappentext auf dem Hardcoverbuch soll in erster Linie jugendliche Leser ansprechen. Daher wirkt er ein wenig, wie der zu einer Liebesgeschichte in einem dystopischen Gewand. Als erwachsener Leser könnte man befürchten, dass die Welt der "Gesellschaft" nur schmückendes Beiwerk darstellt.
"Die Auswahl" erzählt Cassias Geschichte aus ihrer Perspektive. Das Paarungsbankett führt uns direkt zum zentralen Thema: Liebe ohne die freie Wahl. Und das ist zunächst für Cassia und Xander nichts verwerfliches. Schließlich sind auch ihre Eltern auf diese Weise glücklich miteinander geworden und leben ein erfülltes Leben. Ally Condie stellt uns die "Gesellschaft" aus der Sicht einer jungen Frau vor, die zwar gern ein wenig auffällt, sich aber den Regeln des Systems anpasst. Was sie essen, lernen und arbeiten soll ist vorgegeben. Das alles dient einem höheren Ziel, hat Krankheiten besiegt und sorgt dafür, das alle Menschen glücklich sind.
Vorsichtig fügt die Autorin Cassias Welt - auf dem Cover so trefflich als Blase, in der das Mädchen feststeckt, dargestellt - Risse hinzu. Der vorherbestimmte Tod des Großvaters, die Beseitigung einer der letzten kleinen Freiheiten. Schließlich Ky, der eben kein perfektes Leben lebt und dennoch Künste beherrscht, die von der Gesellschaft längst aussortiert wurden. Eine besondere Bedeutung kommt in der Geschichte der Poesie zu, speziell dem Gedicht von Dylon Thomas "Do not go gentle into that good night". Seine Überzeugungskraft entfacht Cassias Widerspruchsgeist.
Obwohl die Welt der "Gesellschaft" ausführlich beschrieben wird, lebt der Roman durch die Beziehungen der Charaktere zueinander. Vor allem Ky, aber auch Cassia und sogar Xander grenzen sich immer mehr von der sie umgebenden Konformität ab. Mit ihren Figuren geht die Autorin achtsam um, lässt sie jede auf ihre Weise emotionale Konflikte ausfechten und schließlich Entscheidungen treffen.
Wie viel Dystopie?
Ally Condies "Gesellschaft" weist einige der klassischen Merkmale der Dystopie auf, vor allem das der repressiven sozialen Kontrolle. Der düstere Charakter entfaltet sich langsam, der fast heitere Rahmen vom Anfang verwandelt sich in ein beängstigendes Szenario. Diese Dystopie bildet die Grundlage für die Handlung. Man sollte jedoch kein exakt gezeichnetes Weltbild wie z.B. in "Schöne neue Welt" von Aldous Huxley erwarten. Man hat als Leser nicht das beklemmende Gefühl, das diese Welt funktionieren kann. Zu viele Ungereimtheiten schleichen sich ein, das Versagen von essentiellen Kontrollmechanismen leitet manche der überraschenden Wendungen ein.
"Die Auswahl" kommt ohne eine stets actionreiche Handlung aus. Zwischen den wenigen spektakulären Szenen liest man lange Passagen mit Dialogen, in denen kaum etwas passiert. Das ist allerdings eine Stärke des Romans. Denn Ally Condie gibt ihren Protagonisten viel Zeit, sich ihrer Gefühle klar zu werden. Das macht die Glaubwürdigkeit ihrer Entwicklung aus und sorgt für subtile Dramatik, die ihre Sogwirkung auf den Leser nicht verfehlt. Dazu tut der Schreibstil der Autorin, ausgewogen, stilvoll und von leichter Hand formuliert, ein Übriges zum Lesegenuss hinzu. Und so möchte man Cassia und Ky gern weiter begleiten und hofft auf ein baldiges Erscheinen des zweiten Teils.

Die Auswahl
- Autor: Ally Condie
- Verlag: Fischer
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Eine sehr gelungene Mischung aus einem Fantasyroman und einer Liebesgeschichte. Zeigt sich doch hier en Detail, wie schwer es jungen Liebenden fallen kann, ihre Gefühle füreinander auszuleben, wenn sie nicht gesellschaftskonform sind. Wenn die Beziehung nicht dem Standard und Wohlwollen der anderen entspricht. Wenn man als Paar aber auch als Einzelner für sein persönliches Glück kämpfen muss. Wenn es in absehbarer Zeit niemals eine einfache, zufriedenstellende Lösung geben wird. Der Roman richtet sich nicht nur an Jugendliche, auch Erwachsene erkennen hier viele Parallelen wieder – empfehlenswert.
Leben in der perfekten Gesellschaft!
Wer fände es nicht schön in einer Gesellschaft zu leben, in der es quasi keine Verbrechen gibt, in der fast alle Krankheiten ausgerottet wurden, in der so gut wie niemand jung sterben und sich keiner Gedanken um seine Existenz machen muss?
Aber wären es uns die Schattenseiten wert? Wollen wir wirklich in dieser perfekt konstruierten Planwirtschaft leben, in der wir uns nichts selber aussuchen dürfen, von unseren Mahlzeiten, unserer Kleidung über unseren Beruf bis hin zu unserem Partner?
Cassia stellte sich diese Frage lange nicht. Sie hatte 17 Jahre ihres Lebens nie diese Wahl, sowie sie nie irgendeine Wahl hatte. Doch als es bei ihrer Paarung zu einem Fehler kommt, fängt sie peu a peu an zu zweifeln und in Frage zu stellen, was vom System vorgebetet wird.
In diesem fesselnden Auftakt erlebt man, beschrieben in einem flüssigen und lebendigen Schreibstil, wie Cassia die Makel der Gesellschaft entdeckt, in der sie lebt und sich Schritt für Schritt von dem braven, gehorsamen Mädchen entfernt, das sie immer war. Im Mittelpunkt dieser Geschichte, um liebevoll gezeichnete Charaktere, steht die langsam wachsende Liebe zwischen zwei jungen Menschen, die Wissen, dass sie in einem goldenen Käfig leben, in dem man jederzeit alles verlieren kann, was nicht nur für sie gilt, sondern auch für alle die man liebt.
Ein schönes Buch, das ich nur empfehlen kann. Werde mir direkt den zweiten und dritten Teil zulegen, damit ich zwischendrin keine Pause mehr einlegen muss.
Es ist Cassias großer Tag! Nach ihrem 17. Geburtstag ist der Teenager bereit zu wissen, wen sie mit 21 Jahren heiraten wird. Denn in Oria werden vom „System“ die Paare gebildet.
Die Überraschung für sie ist, dass ihr bester Freund Xander für sie ausgesucht wurde. Cassia ist überglücklich, allerdings bekommt sie schnell ihre Zweifel. Denn auf der Zeremonie bekam sie einen Mirkochip mit Daten und Interessen von Xander, nur als sie eben diesen öffnet, erscheint das Gesicht eines anderen Jungen. Das von Ky.
Cassia ist sprachlos, wird doch alles vom System gesteuert und Fehler sind unmöglich. Verunsichert versucht sie ihr Leben wie bisher zu bestreiten, doch Ky geht ihr nicht mehr aus dem Kopf.
Dieses Buch hat mich unglaublich gut unterhalten und ich bin wirklich begeistert.
Wir lernen gleich zu Beginn Cassia kennen und erfahren mehr über das Paarungsritual, das vom System geführt wird. Mich erinnerte dies schon recht schnell an George Orwells Buch, „1984“. Auch hier existiert dieser absolute Kontrollstaat und Ally Condie hat ihn gekonnt in ein Jugendbuch eingefügt.
Alles wirkt zwar zu Beginn für Cassia noch normal, aber als Leser bekommt man die bedrückende und bedrohliche Stimmung immer wieder zu spüren. Nie ist sie allein, nie kann sie sagen was sie denkt oder einfach das was sie sagen möchte. Es wird sich gefügt, stillgehalten und mitgespielt.
Cassia beginnt in der Geschichte immer mehr zu zweifeln und stellt alles, was für sie normal war, in Frage. Auch diesen Punkt fand ich gut beschrieben, denn Cassia ist nicht auf den Kopf gefallen, sie handelt auch nicht vorschnell, aber wenn sie handelt, dann durchdacht, bzw. schon realistisch. Genau das Gleiche gilt für Ky.
Zusätzlich hat mich das Buch durch den flüssigen Schreibstil überzeugen können und machte „Die Auswahl“ insgesamt zu einem kurzweiligen Lesevergnügen.
Ich selber brenne nun darauf den 2. Teil „Die Flucht“ zu lesen, denn wie es mit Cassia & Ky weitergeht ist momentan noch recht offen.
1) Die Auswahl
2) Die Flucht
3) Die Ankunft
Cassia lebt in einer Welt, die von "der Gesellschaft" scheinbar perfektioniert wurde. Schreckliche Krankheiten wurden ausgerottet, der Lebensunterhalt eines jeden ist gesichert und sogar das Sterbedatum wurde perfekt berechnet. Aber ist der Wille der Gesellschaft auch der Wille jeder individuellen Person? Ach ja, individuell gibt es ja nicht mehr. Jeder trägt die gleiche Kleidung, heiratet im 21. Lebensjahr und bekommt spätestens bis zu seinem 31. Lebensjahr ein oder mehrere Kinder. Geschrieben wird nur an einem Computer und es gibt nur noch 100 Lieder, 100 Bücher, 100 Gedichte und 100 Bilder. Das ist auch gut so, da die Menschheit vorher überflutet war von Reizen und Dingen, die eigentlich nebensächlich sind. Aber wird das Leben so nicht langweilig? Und was hat man dann überhaupt noch, was das Leben lebenswert macht? Seine Familie, seinen Partner. Aber auch den bekommt man ja zugeteilt. Ausgewählt nach Kriterien, die bestimmen, wie gut man zueinander passt. Aber was wenn man sich doch in einen anderen Menschen verliebt? Was wenn Sportlichkeit und ähnliche Kriterien nicht ausschlaggebend sind um sich zu lieben? Und was, wenn die Liebe stärker ist als Gewohnheit und Pflichtgefühl?
Ally Condie hat einen ganz wunderbaren, bewegenden Jugendroman geschrieben, der den Leser nicht nur fesselt, sondern auch zum Nachdenken bewegt.
Die Idee, das unser Leben, unsere Gesellschaft nicht mehr so verläuft, wie bisher, sondern von einem ganz anderen System bestimmt wird, ist ja nicht so ganz neu und erinnert während des lesens tatsächlich immer mal ein bischen an "Panem". Mir gefällt die Schreibe von Ally Condie jedoch um einiges besser. Sehr zart, ohne Brutalität, emotional und doch klar, schafft sie es, den Leser nicht nur mit der Geschichte zu packen, sondern trotzdem auch das Thema, dass es eine Gesellschaft gibt, die alles und jeden kontrolliert, so darzustellen, dass dem Leser das volle Ausmaß dieser Kontrolle mehr und mehr bewusst wird.
Mich hat die Geschichte außerdem etwas an die "Truman Show" erinnert, da das "echte Leben" von den Bewohner von Cassias Heimatort ferngehalten wird und ihnen eine Realität vorgegaukelt wird, die so überhaupt nicht wirklich und schon gar nicht überall existiert. Manipulation und Kontrolle, das sind die Dinge, mit denen die Gesellschaft ihre Vorstellung vom "perfekten Leben" umsetzt.
Im Mittelpunkt des Romans steht die Dreiecksgeschichte um Xander, Cassia und Ky. Cassia mag ihren besten Freund Xander, wie niemanden sonst auf der Welt, und wird von allen beneidet, dass sie mit ihm gepaart wird. Xander liebt Cassia aus ganzem Herzen. Es könnte eigentlich alles perfekt sein. Genau so, wie es die Gesellschaft möchte. Wenn da nicht noch Ky wäre, mit dem Cassia und Xander schon lange befreundet sind. Ky, der ein Geheimnis mit sich herum trägt, das von Cassia nach und nach aufgedeckt wird, während die beiden sich mehr und mehr ineinander verlieben. Eine Liebe, die so verletzlich ist, wie die Pflanzen, die in einigen Regionen noch wild leben, ohne von der Gesellschaft so verändert worden zu sein, dass sie nur noch nützlich und robust sind. Eine Liebe, die verboten und gefährlich ist. Ally Condie lässt den Schmerz und die Sehnsucht der Protagonisten so lebendig werden, dass ihre Leser ihn ebenso fühlen, wie die Liebenden der Geschichte.
Ein Buch, das mich begeistert hat. Das mich von der ersten bis zur letzten Seite gefesselt hat und das ich, hätte ich ausreichend Zeit gehabt, in einem durchgelesen hätte. Ich mochte die Protagonisten, besonders Cassias Großvater, ich mochte die fantastische Schreibe der Autorin und ich mochte Handlung und Idee, die hinter dem ganzen steckt. Immer wieder habe ich überlegt, wie ees wohl wäre in so einer Gesellschaft zu leben. Nur 100 Lieder, nur 100 Bücher...auf gar keinen Fall!!! Aber wie ist es, wenn man es gar nicht anders kennt? Vielleicht vermisst man dann auch nichts. ZUmindest nicht, bis plötzlich mal etwas kommt, was ganz anders ist, und das gewohnte Leben über den Haufen wirft...
Eigentlich ein 5 Sterne Buch, aber ich wollte mir gern etwas Spielraum für den zweiten Band lassen, den ich schon sehnsüchtig erwarte, der aber leider im Herbst diesen Jahres erst auf englisch erscheint.