
Die Spielewelt ist nicht genug
Dr. Matthew A. Sobol, eine äußerst reiche Legende in der Welt der Computerspiele, Designer und Chefentwickler von "Over the Rhine" und "The Gate", zwei weltweit auf Millionen Rechnern verbreiteten Spielen, Gründer und Eigentümer von CyberStorm Entertainment, stirbt gleich zu Beginn des Romans, im Alter von 34 Jahren, an einem Hirntumor. Der Visonär hat vor seinem Tod alles geregelt, was ihm wichtig schien in seinem größten Spiel, für das er sich einen Stellvertreter erkoren hat, der sich seine Mitarbeiter und Jünger nach Maßgabe Sobols selbst sucht und die Welt vorbereitet auf eine Zukunft, die sie sich so vermutlich nicht vorgestellt hat.
Daemon, ein Botnetz, hat Zugriff auf andere Rechner, auf Telekommunikationsnetze, von denen aus er operiert oder die er als Datenlieferant nutzt.
Er tötet erst Sobols Kollegen, die an der Entwicklung des Daemon mitgearbeitet haben, demonstriert den Institutionen seine zerstörerische und schöpferische Macht und rekrutiert sich aus den im Wirtschaftsprozess an den Rand geratenen Menschen seine Mitarbeiter. Die Vertreter der US-Dienste (CIA, NSA, FBI...) verstehen nur langsam, manche gar nicht, was der Daemon tatsächlich ist und wozu er in der Lage ist. Vordergründig mutet der Daemon wie ein Cyberterrorist an, tatsächlich aber betreibt er etwas ganz anderes: den Umbau der menschlichen Gesellschaft.
Das Spiel, die Spieler
Suarez hat seinen Roman 2004 unter dem Pseudonym Leinad Zeraus im Eigenverlag Verdugo Press herausgegeben. Zuvor gab es eine Menge Ablehnungen des eingereichten Manuskripts, in zwei Fällen unter Hinweis darauf, die Erzählung sei zu komplex.
Der Daemon verfolgt sein Ziel streng logisch unter Auswertung aller ihm zugänglichen Daten und unter Verpflichtung menschlicher Mitarbeiter, die im Gegenzug Macht und Geld bekommen. Ohne seine menschlichen Handlanger wäre er zwar nicht hilflos, aber in seinen Möglichkeiten stark eingeschränkt. Der Vorstellung folgend, Belohnung und Bestrafung seien die Schlüssel zur Steuerung menschlichen Verhaltens, hat Sobol ihn mit der Fähigkeit ausgestattet, einer Anreizlogik gemäß die Mitarbeiter zu Handlungen zu veranlassen.
Der Daemon versteht nicht, was er macht. Er ist nicht böse, er ist nur losgelassen auf eine korrupte Welt, die ihrem Ende entgegengehen soll. Der Sinn wird einsichtig im zweiten Teil, der direkt an "Daemon" anschließt.
Die wichtigsten Spieler sind nachvollziehbar entwickelte Charaktere. Detective Sergeant Peter Sebeck, bis in die letzte Faser seiner Existenz Polizist, ist einer der Antagonisten im Kampf gegen den Daemon. Sebeck ist Familienvater und hat eine Sexbeziehung zu einer animalischen Frau. Der Daemon lässt ihn, die menschliche Hauptfigur in dem Spiel, überwachen und hat eigene Pläne mit ihm.
Agent Natalie Philips von der NSA hat als Mathematikerin in Stanford promoviert, ein Kryptologiestudium in Fort Meade absolviert und ist verantwortliche Kryptographin in der Daemon-Task Force. Ihre Charakterisierung geschieht weitgehend über ihre formale Qualifikation.
Jon Frederick Ross, ein russischer Hacker, Informatiker mit Prädikats-Masterabschluss an der Universität von Illinois, CEO der Einmannfirma Cyberon Systems, wird vom FBI anfangs als Verdächtiger behandelt. Nach seiner Entlastung unterstützt er Sebeck und Philips im Kampf gegen den Daemon.
Ein geheimer Mitarbeiter in der Daemon-Task Force nennt sich der Major. Seine Rolle ist zu Beginn ebenso unklar wie seine Absichten. Zwei wichtige Mitarbeiter des Daemon sind Brian Gragg und Anji Anderson. Gragg, alias "Loki Stormbringer" in der Spielewelt, ist Hacker und Identitätsdieb, ein widerlicher und grausamer Zeitgenosse, der seine Mitmenschen allesamt zu verachten scheint und von anderen Mitarbeitern des Daemon gefürchtet wird. Anderson, Fernsehsprecherin für Soft News, verliert ihren Job und sieht in der Arbeit für den Daemon eine große Chance.
Handlungsgetrieben und intellektuell herausfordernd
Suarez gelingt es in beeindruckender Weise, seine Zukunftswelt zu entwickeln. Die Gefahrenpotenziale, die neue Technologien in sich bergen, stehen im Zentrum von "Daemon", nicht die tatsächlichen oder angeblichen Segnungen dieser Technologien.
Es ist bisweilen harter technischer Stoff, den Suarez den Lesern zumutet. Gleichwohl ist er in der Lage, die meisten dieser Inhalte intuitiv zu vermitteln. So versteht man als technisch nicht versierter Leser zwar nicht alles, aber immer gerade so viel, dass man der Erzählung folgen kann und (vielleicht) Interesse bekommt, die technischen Details zu überprüfen. Auch gefällt Suarez' Idee, die Logik von Spielen auf die Realität zu übertragen. Der Einsatz der AutoM8 ist hierfür ein gutes Beispiel, ein anderes der Einsatz der Daemon-Mitarbeiter, die der Daemon via GPS-Steuerung und unter Verwendung spezieller Brillen durch reale Architekturen schickt, wie Onlinespieler dies mit virtuellen Figuren machen. Ist "Daemon" ein unrealistischer Roman? An das Diktum "Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile" angelehnt, ließe sich sagen: In seiner Gesamtheit ist er unrealistisch, nicht aber in seinen Teilen. Diese sind zudem erschreckend plausibel.
Wenn die Politiker der Welt vorgeben, ihre Selbstumkreisungen, die mit dem Treibstoff aus Umverteilung und Verschuldung ermöglicht werden, seien auf die Zukunft gerichtete visionäre Politik, dann nimmt ihnen das irgendwann jemand so übel, dass er etwas dagegen macht. Dieser Jemand ist ein Toter namens Sobol, der einen Daemon für sich arbeiten lässt, der in einer Befehlszeile mehr visionären Gehalt unterbringt, als eine Regierung in einem ganzen Wahlzyklus. Und das als künstliche Intelligenz.
Allein dadurch wird der Roman von Daniel Suarez unbedingt lesenswert. Darüber hinaus ist er ein schnell erzählter und harter Thriller, in dem nicht viele der Charaktere überleben.
Zu den interessantesten Aspekten der Geschichte zählt die Hilflosigkeit der Menschen im Angesicht einer Technologie, die sie selbst geschaffen haben. Und die unglaubliche Arroganz, die den Umgang vieler Akteure mit der Bedrohung bestimmt: ist doch nur eine Maschine. "Daemon" zeigt sehr schön, was geschehen kann, wenn mangelnde menschliche Intelligenz hoch entwickelter künstlicher Intelligenz gegenübersteht. Was der Mensch erschafft, das kann er auch kontrollieren, oder? Zumal, wenn der Gegner keinen Kopf, kein Zentrum hat, wo man zupacken kann. Warten wir auf Teil 2, "Darknet".
(Almut Oetjen, Januar 2012)

Daemon. Die Welt ist nur ein Spiel
- Autor: Daniel Suarez
- Verlag: Rowohlt
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Hallo,
ich habe es gestern zu Ende gelesen und habe nahtlos mit dem zweiten Teil "Darknet" weitergemacht.
Selten hat mich ein Buch so extrem gefesselt. Die Zukunftsvision, die gar nicht mal so unrealistisch scheint, wurde enorm gut recherchiert, da war eine Menge Hintergrundwissen erforderlich.
Die Geschichte ist dermaßen ausgeklügelt, auch in ihren Details, dass ich hier definitiv ein Empfehlung an all diejenigen aussprechen kann, die sich gerne rasanten spannungsgeladenen Thrillern hingeben.
Hi
Daniel Suarez ,hat hier eine Geschichte abgeliefert,
die mich über unsere Gesellschafft nachdenken läst.
Sehr realistisch geschrieben mit dem nötigen "wissen"
das Internet ist schon lange nicht mehr "alleine"
Der Roman ist sowas von real-möglich(sorry)
[wegen dem - ]
Extrem Spannnend .!
der Jäger wird zum "Idol"
lesen...lesen
Grüße neo
Wenn man sich vor Augen führt, dass alle in diesem Buch erwähnte Technik durchaus real ist- dann kann man es schon mit der Angst zu tun bekommen.
Letztendlich ist "nur" jemand erforderlich, der in unserer realen Welt genügend Zeit, Kleingeld und "kriminelle" Energie besitzt, um diesen Thriller Realität werden zu lassen.
Wie oben schon erwähnt:
In seiner Gesamtheit eher unrealistisch- aber in den einzelnen Teilen erschreckend real und plausibel.
Boah, was für ein Buch! Aber gleich vorweg: Leute, die mit IT nichts am Hut haben, Netzwerke für Ausrüstungsgegenstände von Fischern halten und die Faszination von Computerspielen nicht mal ansatzweise nachvollziehen können, sollten die Finger davon lassen.
Nun zum Inhalt: Mathew Sobol, milliardenschweres Computergenie, erliegt Anfang 30 einem Gehirntumor. Just in diesem Augenblick sterben auf mysteriöse Art und Weise Mitarbeiter seiner Firma und bald wird klar, dass Sobol dahinter steckt. Bei der Untersuchung der Morde erkennen die Ermittler, dass ein von Sobol programmiertes Programm (der Daemon) dafür verantwortlich ist, doch sie sind nicht in der Lage die wahren Dimensionen einzuschätzen. Detective Pete Sebeck beginnt gemeinsam mit einem undurchsichtigen IT-Consultant Untersuchungen auf eigene Faust durchzuführen und findet sich bald in einem Netz aus Anschuldigungen und Vorwürfen wieder, aus denen es kein Entrinnen zu geben scheint. Unterdessen baut der Daemon ein weltweit verzweigtes Netz auf: Er infiltriert Firmen, manipuliert die Presse, rekrutiert neue Mitstreiter und falls notwendig, lässt er dafür Menschen umbringen. Niemand scheint ihn stoppen zu können...
Was diesen Thriller so beklemmend macht, ist, dass das Szenario, so utopisch es auch klingen mag, auf der Grundlage der heutigen Möglichkeiten durchaus vorstellbar wäre. Die ganze Welt hängt an einem Netz und wer sich dessen bemächtigt, hat die Macht - nicht nur virtuell. Diese Erkenntnis setzt sich in Sobols Buch nur langsam durch, für die Befehlshaber der 'letzten Generation' sind Hacker nur Gesindel, das (Zitat) 'zusammengetrieben und erschossen gehört.' Es ist ein Kampf zweier Generationen: Die, die nur in der realen Welt zuhause ist und die, für die die virtuelle Welt längst eine echte Heimat darstellt.
Suarez zeigt auf, wo und was überall manipuliert werden kann, kaum etwas ist noch sicher vor Zugriffen aus dem Netz (da fällt mir ein: Ich brauch' unbedingt ein neues Virenprogramm..). Spannend und überraschend, selbst eine Mini-Liebesgeschichte hat es in die Story geschafft - ein wirklich packender Thriller.
Vier Punkte gibt es 'nur', da die Verwendung von IT-Begriffen manchmal extreme Ausmaße annimmt: 'Er wollte einen schnellen Exploit, der ihm eine Remote Shell auf den Host mit Sysadmin-Rechten lieferte.' Das Buch ist auch ohne Verständnis dieser Fachausdrücke gut zu verstehen, aber etwas weniger (oder zumindest ein Anhang) wäre doch deutlich mehr gewesen.
Seit langem wusste Mathew Sobol, Computergenie und einer der reichsten Männer des Silicon Valley, dass er sterbenskrank ist. Exakt in der Sekunde seines Todes nehmen rund um den Erdball Computerprogramme ihre Arbeit auf – zunächst unbemerkt, aber sehr bald schon wird deutlich, dass ein DAEMON unseren gesamten digitalisierten Planeten infiziert hat. Ein DAEMON, der herrscht, ein DAEMON, der tötet. Und in einer Welt, in der alle vernetzt sind, kann ihm keiner entkommen.
Als Mathew Sobol stirbt, hinterlässt er der Menschheit ein digitales Erbe. Als Erfinder zweier MMORPGs (Massive Multiplayer Online Role-Playing Games, übersetzt Massen-Mehrspieler-Online-Rollenspiele) hat er ein Vermögen verdient. Als er nach langem Kampf gegen den Krebs stirbt, wird die von ihm in den beiden Spielen implementierte KI (Künstliche Intelligenz) namens DAEMON aktiv. Als DAEMON wird ein im Hintergrund ablaufendes Programm bezeichnet, das bestimmte Dienste zur Verfügung stellt. Dieser DAEMON hat zum Ziel, die bestehende Weltordnung abzuschaffen, um eine neue zu schaffen. Hierbei bedient sich der DAEMON real existierender Menschen, mit denen er mittels der beiden MMORPGs in einer virtuellen Realität interagiert, in dem er die reale Welt in diese beiden MMORPGs überträgt. Er kommuniziert mit ihnen, mit Hilfe von Head-Up-Displays - Brillen, die die virtuelle Welt auf die Netzhaut übertragen - so dass seine Anhänger eine computergestützte Erweiterung der Realität wahrnehmen können.
Ich glaube, der Autor möchte mit diesem Buch auf bedenkliche Entwicklungen in unserer digitalen Gesellschaft aufmerksam machen und zeichnet dabei ein bedenkliches Zukunftsbild. Man nennt so etwas auch eine Dystopie, wobei solche eher fiktional sind. Hingegen sind die Beschreibungen in diesem Buch weniger fiktional, als mir lieb sein kann. Ich fand dieses Buch erschreckend real bis auf wenige Ausnahmen. Der Autor verweist unter anderem auf Wirtschaftsunternehmen, die darauf angewiesen sind, ständig online zu sein, damit sie innerhalb von Millisekunden auf wirtschaftliche Ereignisse reagieren können. Dies ist heute schon alltäglich, man muss sich nur Börsenindizes oder Hedgefonds anschauen. Bei Hedgefonds reagiert nicht mehr der Mensch, sondern die im System hinterlegte Computerformel. Würde man die Onlineverbindung kappen, oder versuchen das Internet lahmzulegen, würde auf einen Schlag die Weltwirtschaft zusammenbrechen, mit ungeahnten Folgen. Auch dürfte es kein großes Problem mehr sein, wenn man die reale Welt in eine virtuelle überträgt. Heutige Grafiken in Computerspielen, haben nichts mehr gemein mit Spielen aus den 90ern, als Welten in denen der Spieler agiert, gezeichnet waren. Heute sind es real existierende Filmaufnahmen. Und wenn man bedenkt, wie jeder von uns seine Daten öffentlich zur Verfügung stellt, ob es über Facebook ist, oder über die Standortdienste von Google, so stellt es auch keine große Schwierigkeit mehr dar, diese real existierenden Menschen in einer virtuellen agieren zu lassen. Auch sind die im Buch beschriebenen Head-Up-Displays, die die reale Welt mit der virtuellen verbinden nur noch einen ganz kleinen Schritt entfernt, ich sage nur Google Glass. Eine von Google entwickelte Datenbrille, die man sich aufsetzen kann und die verschiedene Ereignisse auf die Netzhaut überträgt. Man kann mit dieser Brille seine Mails lesen, Fotos machen oder sich mit auf die Netzhaut projektierten Pfeilen navigieren lassen, wie es in diesem Buch beschrieben ist. Diese Brille soll noch dieses Jahr an Entwickler ausgeliefert werden, um weitere Anwendungen zu ermöglichen. Es ist vielleicht wirklich nur noch ein kleiner Schritt hin, bis zu dieser im Buch beschriebenen neuen Realität.
Nun noch was zum Schreibstil und zur Storyline in diesem Buch. Was mich arg gestört hat, war die Menge von sehr spezifischen Computerausdrücken und –abkürzungen, die auch nicht weiter erklärt werden. Jetzt bin ich schon jemand, der alles technisch Neue sofort haben muss und sich damit dann auch auseinandersetzt, aber hier hatte selbst ich das Gefühl, dass man zu oft alleine gelassen wird. Selbst Recherchen bei Google oder Wikipedia haben mir hier zum Teil nicht weitergeholfen. Das wird zwar nach der Hälfte des Buches besser, aber stört den Lesefluss in der ersten Hälfte enorm. Und was das Ziel des DAEMON oder des verstorbenen Mathew Sobols genau ist, erschließt sich mir auch nicht ganz. Es ist irgendwie nur vage definiert und ich werde das Gefühl nicht los, dass das wirtschaftlich vom Verlag so gewollt war, damit man auch den zweiten Teil „Darknet“ kauft. Aus diesem Grund gebe ich für dieses Buch nur 73 Grad. Weniger technische Ausdrücke und eine klarere Zielführung des Inhalts hätten auch 90 Grad ergeben können.
Dieses Buch ist ein echtes "Brett"
Wenn es ein Buch schafft mich zu "beunruhigen" dann ist das schon was. Herr Suarez bekommt das ganz locker hin - und verpackt sein Zukunftszenario zudem noch in eine spannend erzählte Geschichte.
Wie hier ja schon geschrieben wurde, sind technische Details dabei, die zumindest ich nicht wirklich verstanden habe, allerdings machte das dem Lesespaß in meinem Falle nix.
Alle die sich mal vor unserem vermeintlichen "Fortschritt" in Sachen Technik fürchten wollen, sollten sich dieses Buch nicht entgehen lassen.
100 %.
Ein absolut geniales und beunruhigendes Buch zugleich. Sehr aktuell und realitätsnah. Man denkt die ganze Zeit, es ist nur eine Frage derselben, wann sich die Inhalte bewahrheiten werden. Der Schreibstil ist flüssig, spannend und mitreißend. Es gibt ein hervorragendes Ende und trotz bereits angekündigter Fortsetzung ist die Story in sich stimmig und plausibel. Die Charaktere sind detailliert beschrieben und die psychologischen Wirkmechanismen sehr gut nachvollziehbar. Anzumerken sind vielleicht die vielen technischen Begrifflichkeiten, die sicherlich nicht jeder verstehen wird. Aber selbst wenn nicht, bleibt das Buch spannend und macht das Gesagte noch realistischer.
"Wie ich sehe, sind Sie mit den Mordfällen Pavlos und Singh befasst. Um Ihnen unnötigen Aufwand zu ersparen, sage ich Ihnen: Ich habe beide getötet. Warum, werden Sie bald erfahren. Allerdings haben Sie ein Problem. Sie können mich nicht verhaften. Sie können mich nicht aufhalten. Denn ich bin tot."
Der Videospielentwickler Mathew Sobol stirbt an den Folgen eines Gehirntumors, aber noch vor seinem Ableben schreibt er ein Online-Programm namens DAEMON (Abkürzung für disk and execution monitor) auf, das die digitalen Nachrichten nach Ereignissen durchsucht und dann, sobald bestimmte Ereignisse auftreten, Aktionen auslöst, sowie eigene Aktionen zu bestimmten Zeiten aktiviert. Die Aktionen reichen vom simplen Einschalten einer Überwachungskamera, über das Blockieren einer Webseite bis hin zu komplexen Vorgängen wie das Rekrutieren von realen Menschen für alle möglichen Zwecke oder das Unterwandern der Sicherheitsvorkehrungen der IT-Systeme von mächtigen Konzernen der Weltwirtschaft.
Der DAEMON besitzt dadurch innerhalb kürzester Zeit Geld, Druckmittel und eine unzählbare Zahl loyaler und austauschbarer Mitarbeiter. Aus DAEMON wird im wahrsten Sinne des Wortes ein Dämon, gegen den die Behörden, Konzerne, Fachleute und die Protagonisten des Romans nicht oder wenigstens nicht mehr ankommen können.
Denn wen sollen sie zur Rechenschaft ziehen? Eine künstliche Intelligenz oder ein kopfloses, dezentralisiertes Netzwerk von nicht vollständig eingeweihten Menschen oder gar den verstorbenen Schöpfer des DAEMON, Mathew Sobol?
Lohnt es sich überhaupt DAEMON zu bekämpfen oder sollte man versuchen, sich irgendwie mit ihm zu arrangieren?
Daniel Suarez hat mit der Software DAEMON und seinem gleichnamigen Roman einen erschreckend plausiblen Akteur geschaffen, der in unserer Welt, in der wir uns so von der Digitalisierung abhängig machen, durchaus existieren und agieren könnte.
Natürlich ist es ein Schreckensszenario und natürlich hat es Daniel Suarez aus schriftstellerischen Gründen aufgebauscht, möglich ist es trotzdem.
Und es ist nicht nur das Setting, das den Roman so spannend macht. Die Protagonisten, die gegen DAEMON vorgehen, sind hin und hergeworfen zwischen der Euphorie, Fortschritte zu machen, und dem Gefühl von totaler Machtlosigkeit; die Protagonisten für DAEMON zwischen moralischer Skepsis und der Erfüllung ihrer sehnlichsten Wünsche.
Innere und äußere Konflikte, Schlag auf Schlag und einer nach dem anderen, genau das, was ein spannender Thriller braucht.
Das technologische, gesellschaftstheoretische Fundament – außerdem –, das Daniel Suarez mit zahlreichen Einschüben aus seinen Recherchen anreichert, verleiht dem Roman zusätzliche Tiefe und Plausibilität. Ich hatte nie den Eindruck, dass Suarez nicht weiß, wovon er spricht, wenn er Fachjargon verwendet oder etwas als Faktum darstellt.
Daemon hat für mich wirklich packend und spannend angefangen. An die technischen Dimensionen muss man sich zunächst etwas gewöhnen. Es ist auf jedenfall empfehlenswert zu wissen, was ein Router ist, was ein gesichertes bzw. ungesichertes Netzwerk ist. Einiges wird erklärt, z.B was eine JPEG-Datei ist, aber so ein Grundwissen erleichtert einem die oftmals technischen Erläuterungen.
Ich finde die Idee des Romanes faszinierend aber auch erschreckend. Es ist Wahnsinn wie der "Daemon" die technische Welt beherrscht und als Parasit die Menschen ausnutzt. Man hat beim Lesen auch immer im Hinterkopf, wie weit eine solche Unterwanderung gehen kann und wie vergleichbar das Ganze mit unserer Welt ist.
Die erzählte Geschichte ist eine Verfolgungsjagd nach dem Motto David gegen Goliath.
Zu Anfang gnadenlos unterschätzt, stellt sich bald die Übermacht des "Daemons" heraus. Nur wenige haben überhaupt die Möglichkeit und das Wissen den Kampf gegen den "Daemon" aufzunehmen.
Der Autor stellt Verfolger vor, ebenso vom "Daemon" Rekrutierte und deren Beweggründe. Besonders gefallen hat mir, dass jedes Kapitel eine eigene Überschrift hat. Das kleine Stilmittel hebt diesen Roman optisch und erzählerisch von anderen ab. Was sehr wahrscheinlich an der Geschichte der Veröffentlichung liegt. Geschrieben hat den Thriller Daniel Suarez bereits 2006 und im Netz Kapitel für Kapitel gepostet, dann im Eigenverlag selber eine kleine Auflage rausgebracht, bis ein großer amerikanischer Verlag darauf aufmerksam wurde und ihn nochmal neu und im großen Stil weltweit vermarktet.
Die Sprache, der Schreibstil, die Handlung und die Figuren – ich sehe keine Schwächen. Mir hat der Roman total zugesagt, und jeder, der sich für Social Media, das WWW, Videospiele, künstliche Intelligenz, Cyberkrieg und Cyberterrorismus interessiert, wird um diesen Roman nicht herumkommen können.
Für weniger Technik-affine Leser wird der Unterhaltungswert vielleicht etwas abgeschwächt, aber da ist immer noch der Fokus auf die gebeutelten Protagonisten, der ebenso wichtig ist, wie der auf DAEMON.
Das einzige was in diesem Roman fehlt, sind eindeutig die Überlebenden! Der Autor geht ganz schön in die Vollen und stellenweise fragt man sich dann schon, wie er aus dem Dilemma mit diesem Übergegner wieder herauskommen will. Das Ende kam für mich nicht ganz so überraschend – ich habe schon so etwas erwartet. Trotzdem ist es spannend, was dieses „Hintertürchen“ im nächsten Band noch alles bringen wird.
Und dann noch dieses ganze IT-Gebrabbel. Für Computer- und Gamefreaks sicherlich ein Vergnügen, mir persönlich hat es aber nicht allzu viel gebracht, außer einem unguten Gefühl, was wohl in der Welt von Computer und Internet so alles möglich ist, ohne dass man davon etwas mitbekommt. Gerade auch mit dem aktuellen Hintergrund von Bundestrojaner und Co. Hilfreich wäre ein kleines Glossar am Ende des Buches oder wenigstens verständliche Fußnoten.
Aufgeregt habe ich mich über die vielen Druckfehler in meinem Exemplar (bsp. wurde aus einem Aaron ein Aaaron, dann steht anstatt in ihm – ihn ihm, usw.) und eine Zeile wird russisch gesprochen, diese aber vergessen in einer Anmerkung zu übersetzen.
Rasanter Cyberthriller mit knallharten Actionszenen, schnellen Autos und jeder Menge Toten. Mit dem ganzen IT-Fachgesimpel eindeutig was für Computer- und Gamefans, wobei ich mich auch ohne großes Hintergrundwissen gut zurechtfand und förmlich hineingerissen wurde in diesen Roman. Am meisten frustriert die scheinbare Unbesiegbarkeit des Daemons, aber das ist es auch, was auf den 2. Band gespannt macht. → 90 Grad!