
High Tech Pulp Fiction
Im irakischen Kerbela wird unter Einsatz einer Drohne ein Raketenanschlag auf einen Pilgerzug verübt. Die Bilder werden weltweit übertragen. Die Verantwortung für den Anschlag wird den USA zugewiesen. Im Stanford Vision Lab wurde eine "Visuelle-Intelligenz-Technologie" entwickelt, die nicht nur Objekte identifizieren kann, sondern auch versteht, was sie sieht. Der Code wird jedoch gestohlen und im Internet frei zugänglich gemacht. Das Entwicklerteam wird bei einem Attentat getötet. Weitere Anschläge gegen Personen und Einrichtungen in den USA folgen.
Linda McKinney betreibt in Afrika Feldforschung an Weberameisen. Sie hat einen Schwarmalgorithmus entwickelt, den sie durch Beobachtungen überprüfen und verbessern will. Als ein Raketenangriff auf ihre Unterkunft verübt wird, wird Linda im letzten Moment von einem Team unter Führung eines Soldaten, der sich Odin nennt, gerettet und entführt. Die Gruppe fliegt nach Kansas City und fährt von dort zu einer geheimen Basis. Linda erfährt, dass zwischen den Anschlägen ein Zusammenhang besteht und auch sie getötet werden soll. Eine mächtige, unbekannte Organisation nutzt bestimmte Forschungsergebnisse, so auch Lindas Algorithmus, für militärische Zwecke und beseitigt deren Urheber.
Linda flieht, wendet sich an das FBI, wird dort als mögliche Terroristin behandelt, bis Ritter, ein angeblicher Mitarbeiter der Homeland Security, den Fall übernimmt und Linda in seine Dienststelle bringen will. Tatsächlich aber versucht er sie zu töten, was Odin verhindert. Odins Team hat den Auftrag, herauszufinden, wer mit welchen Zielen hinter den Anschlägen steckt.
Krieg gegen den Terror
Odin, bürgerlicher Name David Shaw, ist der Leiter einer geheimen militärischen Spezialeinheit. Linda McKinney, Professor genannt, ist die Spezialistin in Schwarmintelligenz bei Weberameisen, die getötet werden soll, weil sie gegen ihren von der unbekannten Macht eingesetzten Algorithmus vorgehen könnte. Hugin und Munin sind die beiden Raben, mit denen Odin seit zwanzig Jahren befreundet ist. Sie unterstützen das Team bei der Luftraumaufklärung und der unauffälligen Personenüberwachung. Hoov, Foxy, Ripper, Mooch und Smokey gehören zur taktischen Einsatzgruppe Odins.
Ritter ist ein US-Amerikaner, der für die Organisation arbeitet, die sich mit illegalen Methoden für die legale Förderung und Verbreitung von autonomen Drohnen einsetzt. Zu diesem Zweck lässt die Organisation auch Terrorangriffe von US-Amerikanern in den USA ausführen. Henry Clarke ist ein Manipulator sozialer Netzwerke für verschiedene Auftraggeber, darunter die Regierung, das Militär und die ominöse Marta, über die wir so gut wie nichts erfahren.
Die Figuren weisen nur eine geringe psychologische Tiefe auf, sind weitgehend definiert über technische und berufliche Merkmale, Hinweise auf ihr Leben vor der erzählten Zeit sind knapp und funktionell.
Spannender Genrehybrid mit Bildungselementen
"Kill Decision" ist keine Science Fiction, die den Stand heutiger Entwicklungen in die nähere Zukunft fortschreibt und in Form von Romanen Technikfolgenabschätzungen vornimmt, die ein ausgeprägtes spekulatives Moment aufweisen. Vielmehr gehört der Roman zum hybriden Genre des Techno-Thrillers, verbindet eine Geschichte um Agenten, Soldaten und Wissenschaftler mit einem verschwörungstheoretischen Konstrukt um private Unternehmen, moderne Kriegsführung und einen Milliarden-Dollar-Markt, reichert dieses Gemisch schließlich an um eine erhebliche Portion technischer Details. Gehören Tom Clancy und Michael Crichton zu den Gründungsvätern der Techno-Thriller-Welt, so finden sich in den jüngeren Segmenten des dazugehörigen Stammbaums Autoren wie Douglas Preston, Lincoln Child und Daniel Suarez.
Die Amalgamierung von Genrezutaten des Techno-Thrillers hat Suarez bereits in seinen beiden Internetromanen "Daemon" und "Darknet" erfolgreich praktiziert. In "Kill Decision" verbindet er den eher formelhaften Agentenroman auf der stilistischen Ebene der Pulp Fiction mit High-Tech-Vorstellungen. Hier ist der Roman ebenso trivial wie Suarez' zwei vorhergehende Werke, zeigt sich auch nicht frei von Klischees und Redundanzen. Es gibt wilde Verfolgungsjagden, Massaker, jede Menge Action also, und dazu eine Romanze zwischen dem Helden und der Heldin, die sich anfangs, natürlich, nicht ausstehen können.
Aber anders als in den Fernsehnachrichten, in denen die Frau die dummen Fragen stellt, die die dummen Zuschauer interessieren sollen, um sie dann von ihrem männlichen Gegenüber beantworten zu lassen - diesem Zusammenhang widmet "Kill Decision" auffällig viel Platz -, sind Odin und Linda zwei gleichberechtigte Spezialisten auf ihrem jeweiligen Arbeitsgebiet, die sich hervorragend ergänzen. Soweit ist der Roman spannend und unterhaltsam. Was ihn jedoch darüber hinaus interessant macht, ist das technische Thema. Suarez liefert Kurzeinführungen in die Möglichkeiten visueller Software, Schwarmintelligenz, kriegerische Ameisenarten und einige Themen mehr.
Wir lernen den Stand der Drohnentechnologie (MQ-1 Predator, MQ-9 Reaper, RQ-4 Global Hawk) kennen. Die Gefahrenpotenziale dieser Maschinen liegen derzeit noch beim Bedienungspersonal. Das ändert sich spätestens, wenn sie keiner unmittelbaren menschlichen Steuerung mehr bedürfen und über eine Qualität künstlicher Intelligenz verfügen, durch die sie zu autonomen Tötungsmaschinen werden. Können sie irgendwann auch noch chemisch miteinander kommunizieren und im Schwarm als kollektive Intelligenz operieren, ist der technische Stand aus "Kill Decision" erreicht.
Wie der Daemon in Suarez' Romanen "Daemon" und "Darknet" versteht die Technologie in "Kill Decision" nicht, was sie macht. Spotterdrohnen kundschaften das Ziel eines Angriffs im Feinbereich aus, arbeiten mit Software zur Gesichtserkennung, ziehen sich zurück, übermitteln ihre Daten an eine Killerdrohne, die den tödlichen Angriff ausführt, während die Spotterdrohne ihn als Livefeed über W-LAN an einen Server überträgt.
Es gibt Drohnen, die die chemische Zusammensetzung ihrer Umgebungsluft analysieren und feststellen, welche Organismen sich in ihrer Nähe befinden. Das Schwarmverhalten und den Einsatz von Steuerungspheromonen machen sich wiederum Drohnen zunutze, die als autonome Tötungsmaschinen im Verband gegen Ziele eingesetzt werden. Eine Form dieser Maschinen sind Quadrocopterdrohnen, die ihre Ziele lokalisieren, deren Gesicht scannen und versuchen, ein tödliches Projektil zwischen den Augen zu platzieren.
Beim Lesen ergibt sich häufig der Eindruck eines Horrorthrillers, und willkürliche Überprüfungen dessen, was Suarez schreibt, führen zu Verifizierungen. Quadrocopterdrohnen sind ein Produkt, das bereits heute auch für Hobbyanwendungen, natürlich nicht mit Waffencharakter, auf dem Markt ist.
Es ist bisweilen gruselig, wie nah die Realität an "Kill Decision" ist. Das südkoreanische "Super aEgis 2", das mit Bildsensoren arbeitet und die Wärmesignaturen menschlicher Ziele in totaler Dunkelheit erkennt, trifft autonome Feuerentscheidungen. Ein weiteres System ist das US-amerikanische "Autonomous Rotorcraft Sniper System" (ARSS).
Suarez zeigt eine Welt, über die wir nur gelegentlich in den Nachrichten und Reportagen des Fernsehens und der Printmedien erfahren. Er mutet seinen Lesern und Leserinnen einige technische Inhalte zu, behandelt diese anspruchsvoll und belohnt diejenigen, die sich davon nicht abschrecken lassen, reichlich. Mangelndes Technikwissen beschränkt nur unwesentlich die Möglichkeiten, der Geschichte zu folgen.
Daniel Suarez behandelt wichtige Themen in seinem dritten Roman: den logischen Entwicklungsschritt von gesteuerten Drohnen zu autonomen Tötungsmaschinen, die fortschreitende Auflösung des staatlichen Gewaltmonopols im Interesse privatwirtschaftlicher Unternehmen, den Missbrauch sozialer Medien im Zuge politischer wie wirtschaftlicher Zielverfolgung.
"Kill Decision" ist ein Techno-Thriller, der zugleich den Puls hochtreibt und zum Nachdenken anregt.
(Almut Oetjen, März 2013)

Kill Decision
- Autor: Daniel Suarez
- Verlag: Rowohlt
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Guten Tag
Buch gelesen 2014.
Der Ansatz des Buches ist höchst aktuell[die technik ist serienreif,siehe saturn und mediamarkt.]für wenig Geld kann man eine "Drohne "kaufen.
Mit vielmehr "Geld" ,ist auch mehr möglich.
Die Geschichte war spannend und gut zu lesen.
Der Story fehlt aber der "Biss" vom Deamon.
Ist aber zu empfehlen.
Grüße Neo
Ein kleines Start-Up-Unternehmen entwickelt Software zur voll-automatischen Erkennung von Video-Daten zur Analyse von Gefahrensituationen und bemerkt kurz vor dem alles entscheidenden Patent-Antrag, dass ihre gesamte Technologie gestohlen wurde und für jeden im Internet verfügbar ist. Zur gleichen Zeit werden hunderte von Zivilisten, aber auch hochrangige Persönlichkeiten auf der ganzen Welt durch Drohnenangriffe getötet und niemand vermag zu identifizieren, wer hinter diesen Attentaten steht. Währenddessen wird die Forscherin Linda McKinney entführt, die gerade in Afrika sich einer besonders aggressiven Ameisen-Art widmet und deren spezielles Schwarmverhalten mittels Software abzubilden versucht. Die Entführung geschieht in letzter Minute und rettet sie vor einem Attentat - ebenfalls durch eine Drohne. Wider ihres Willens gerät sie in einen Sog an gefährlichen Ereignissen und soll einer streng geheimen Organisation helfen, herauszufinden, wer hinter den zunehmenden, weltweiten Attentaten steht und welche Intention dahinter steckt, bevor ein globales Wettrüsten autonomer, automatischer Waffen Risiken entstehen lässt, die niemand vorherzusehen mag.
Daniel Suarez ist nach den beiden Bestsellern 'Darknet' und 'Daemon' nun erneut ein erschreckend aktueller, moderner und extrem spannender High-Tech-Thriller gelungen. Verschiedenste Handlungsstränge führt er perfekt passend zusammen, clevere Cliffhanger und absolut unvorhersehbare Wendungen entwickeln einen schnellen Sog und liebevoll plastisch und detailliert skizziert er die Protagonisten wie auch die Örtlichkeiten. Oftmals erklärt er kurz und präzise sowie anschaulich eine Vielzahl an Fachtermini der modernen Kriegsführung und Technologie und öffnet damit die Augen für die Funktionsweise der heutigen Technologie-Mechanismen, auch wenn so mancher Begriff trotzdem unerklärt bleibt - sich aber im Kontext aber durchaus selbst erklärt. In manchen Handlungsebenen bleiben bis zum gigantischen 'show down' zwar manche Fragen noch offen, dies aber mindert den Lesegenuss keinefalls: Suarez legt ein extrem schnelles Tempo vor und zeichnet ein bisweilen surreal scheinendes, aber zugleich eben doch erschreckend realistisches Bild einer sehr nahen Zukunft, wie derzeit die Presse beweist, die kritisch über derzeitige Drohnenangriffe berichtet oder schildert, dass gefundene Drohnen-Hochtechnologie von Privatpersonen 'versehentlich' sogar auf eBay angeboten wird. Damit zweifelsfrei ein absolut gelungener, spannender und äußerst unterhaltsamer, moderner und durchdachter Technologie-Thriller.
Ein spannender HiTech-Thriller mit reichlich Action.
Autor Suarez versteht es, heute schon bekannte und für Jedermann käufliche Technologien wie Spielzeug-Flugdrohnen und Gesichtserkennungs-Software (iPhoto, Picasa, etc.) zu einem neuen und unheilvollen Ganzen zu kombinieren. Ähnlich wie Frank Schätzing unterfüttert er jede im Roman angesprochene Technologie mit Faktenwissen und Referenzen.
Zum Inhalt: Eine unbekannte Organisation, deren Ziel es ist das militärische Gleichgewicht der Weltmächte zu stören, klaut aus gesicherten Firmen- und Wissenschaftsnetzwerken Software-Algorithmen, um mit diesen Schwärme von waffenbestückten Spielzeug-Flugdrohnen zu programmieren. Diese identifizeren ihre Attentatsziele selbstständig mit Hilfe von Gesichtserkennungsssoftware oder Wärmebildkameras und attackieren die Ziele bis zu deren Tod oder Zerstörung.
Währenddessen rettet eine geheime Söldnertruppe eine auf Ameisen-Schwarmverhalten spezialisierte Biologin in Afrika vor einem Attentat und sucht mit ihrer (unfreiwilligen) Unterstützung die Hintermänner und Baumeister der Killerdrohnen. Dabei gerät die Truppe mehrfach in tödliche Gefahr, kann nach vielen Wendungen jedoch schlussendlich verhindern, dass die Militärs der Weltgroßmächte bei einem Flottenmanöver gegeneinander aufgehetzt werden.
Mein Fazit: Ein ordentlicher Actionkracher mit eingestreuten technischen Faktenwissen, dessen Spannungsbögen sich aber mehr an technologischen Machbarkeiten als an feingezeichneten menschlichen Charakteren orientieren.
8/10
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Ich bin bei knapp der Hälfte und bin jetzt augestiegen.
Mag sein, dass es Action und Verfolgungsjagden gibt. Aber die machen nicht die langweiligen Dialogschlachten zwischen den einzelnden Figuren wett, die bisher rund 80 Prozent des Buches ausgemacht haben.
Wozu muss man Charaktere einführen, die Spannungen zwischen den einzelnen Teammitgliedern auf absolut billige, Platitüdenartige Art und Weise beschreiben, wenn das ganze Team - Achtung Spoiler - sowieso ein paar Seiten später draufgeht.
Die ersten 200 Seiten hätte man vom Inhalt her auch auf 10 Seiten kürzen können. Der Rest ist einfach nur Geschwafel und ätzende Wortgefechte von Figuren, die man als Leser absolut nicht ausstehen kann und denen man es förmlich gönnt, dass sie effektvoll aus dem Leben scheiden.
Kurz und gut.
Das Buch ist ein einziges Ärgernis.
Wem Deamon und Dark Net gefallen hat: Großen Bogen um dieses Buch machen, sonst zerstören sie sich nur die Vorfreude auf ein vll. in Zukunft kommendes gutes Buch von daniel suarez.