AKADEMIE DER SCHÖNEN KÜNSTE
Nicht über die Dächer –
auf dem Rücken des Lifts kommen wir an.
Unsre Perücken sind ungepudert.
„Mein literarischer Freund,
das heißt, er war eifersüchtig auf mich,
ich aber voll Mißtrauen gegen ihn,
während wir beide einander hochschätzten.“
Nach schwarzem Kaffee fangen wir an,
rüstig auf Seilen zu tanzen,
die auf dem Boden liegen.
„Ich, ich habe Rilke noch gestreift.“
Dann hüllen wir uns ein,
an unsren Pfeifen arbeitend,
während der Rauch hinfliegt
bis an den böhmischen Horizont.
Kühler werden die Dialoge
wie der Wind vorzeiten in den Wandelhallen
der Platanen.
„Ich zitiere: Auch das Schöne
muß sterben.“
Wir aber stellen uns tapfer
um die Tagesordnung.
Draußen gehört zur Ordnung des Tages
der Zusammenbruch
der Gesellschaft.
Pionteks Lyrik geht vom Natur- zum Erzählgedicht und zum topografischen Gedicht. Bereits in den mittleren 50er Jahren begann er, sich vom Reim zu trennen und hielt sich, nicht ohne Neues zu entdecken, an den überlieferten lyrischen Wortschatz. Mit sprachlicher Reduktion härtete er dichterisch seine Texte.
Paul Konrad Kurz
MärkischerVerlag Wilhelmshorst, Klappentext, 2016
„Woran man sein Können, seine Reife messen kann, ist die Leichtheit seiner Feder. Seiner außerordentlichen poetischen Gabe verdankt Piontek, daß selbst die Meditationen über das Leben und Schreiben lyrische Eigenexistenz besitzen“ und „viele Arbeiten dieses Lyrikers mit ihrer schönen Genauigkeit und genauen Sensibilität beweisen, daß das Gedicht ohne politische Parolen und forcierte Reduktion auf die Sprache allein immer noch möglich ist“, lobten damalige Feuilletons Pionteks Lyrik.
Aus Jan Skácel: Poesiealbum 325, MärkischerVerlag Wilhelmshorst, 2016
zeugen für einen Autor, dem eine nicht alltägliche geistige Haltung, eine hohe Sensibilität für das geistige Geschehen der Zeit, vor allem aber ein Verantwortungsbewußtsein gegenüber der Sprache eigen ist.
Otto Heuschele
Gerade am Anfang seiner literarischen Entwicklung hat er sprachlich Inventur gemacht und setzte sich ab von einer kalligrafiemißbrauchten Sprache.
Harald Gröhler
Auf den ersten Blick ist sein lyrisches Werk von Ambivalenz gekennzeichnet. In der Sprache seiner besten frühen Gedichte zeigt sich der kontrollierte und geschärfte Sinn einer mehr nüchternen als schwärmerischen Vorstellungskraft.
Christopher Middleton
Zeitgenössisch waren Sprache und Ton der Gedichte – voller nicht immer leicht zugänglicher, aber auch nicht hermetisch verschlossener Bilder und Metaphern – gelegentlich expressiv und voller Pathos, aber auch lakonisch und nüchtern-sachlich, konzentriert auf das Sprachbild im Zentrum des Textes.
Herbert Fuchs
Naturschilderungen von ebenso gelassener wie wehmütiger Dringlichkeit, als schlüpfe der Poet in die Dinge, deren Angefochtensein er sich gleichsam Zeile für Zeile ausredet, besser noch: er überredet die Dinge so zu bleiben, wie sie sind.
Peter Härtling
Sein Œuvre ist eine unerschöpfliche Fundgrube für alle, die Tiefsinniges über Dichter und Dichtung, das Schöne und das Bleibende in griffigen Sätzen suchen.
Kristina Maidt-Zinke
Seine Texte sind schulbuchwürdig. Was er schrieb, gehört nicht zum „Literaturbetrieb“, sondern zur Literatur.
Peter Dittmar
MärkischerVerlag Wilhelmshorst, Klappentext, 2016
– Eine Neuerscheinung erinnert an die glücklichen Jahre des Dichters Heinz Piontek in der Region. Zu seiner Zeit schon war er weithin bekannt. –
Zum Beispiel die Stadt.
Man kann sie umwandern
in einer einzigen Stunde.
Ihre Steige bröckeln,
in den Türmen haust
die blinde Geschichte.
Diese freirhythmischen Verse stehen in Heinz Pionteks Gedicht „Mit dreißig Jahren“. Es erschien erstmals 1957 im Band Wassermarken und findet sich jetzt in einer Neuerscheinung des Märkischen Verlages Wilhelmshorst.
Die soeben erschienene 326. Ausgabe der Reihe Poesiealbum enthält insgesamt 40 Gedichte von Heinz Piontek. Der Dichter, 1925 im schlesischen Kreuzburg geboren, lebte von 1947 bis 1955 in Lauingen und anschließend bis 1961 in Dillingen. In dieser Zeit machten ihn seine Gedichte und Erzählungen weithin bekannt. Auch in seinen Romanen, die bis zu seinem Tod im Jahre 2003 vor allem in seiner Münchener Wohnung an der Dülferstraße schrieb, erinnern viele Details an die glückliche Zeit in Lauingen und Dillingen. 1972 kommentierte er die Besprechung eines seiner Bücher in der Donau-Zeitung mit den Sätzen:
Es berührte und rührte mich sehr, daß ich in einer Gegend, an der mein Herz noch immer hängt, nicht vergessen bin. Wieviele Erinnerungen wurden wieder wach! Was für eine gute Zeit habe ich doch an der Donau verbracht!
Viele Gedichte im Bändchen des Märkischen Verlages belegen die Kreativität, mit der sich Heinz Piontek während seiner schwäbischen Lebensphase einen Namen machte. Eröffnet wird die Textfolge mit einem der berühmtesten Piontek-Gedichte: „Lauingen an der Donau“ basiert einerseits auf der Tradition der Naturlyrik, mischt aber in die harmonischen Sprachbilder schon einen Hauch von jener Melancholie, die den Dichter in seinen letzten Lebensjahren schwer belastete: Die Schilderung der Szene, erfasst vom Südufer der Donau bei Lauingen, endet mit der Strophe:
Vorüberziehende Herde. –
Nun bin ich mit mir allein.
Morgen vielleicht schon werde
ich wie das Wasser sein.
Szenerien aus den beiden Donaustädten bestimmen viele weitere Gedichte wie „Die Turmstube“, „Fischerhütte“ und „Wassermarken“.
Mit reproduzierten Grafiken erinnert das Bändchen daran, dass Piontek auch als Maler hochbegabt war. Als ihm die Deutsche Akademie Rom 1960 einen Aufenthalt in der Villa Massimo finanzierte, lautete der Eintrag in der Stipendiatenliste „Maler Heinz Piontek, Schriftsteller“. Die Auswahl der Gedichte besorgte der Bamberger Schriftsteller Gerhard C. Krischker. Ein entscheidender Impuls für die Aufnahme Heinz Pionteks in die Poesiealbum-Reihe kam von Anton Hirner, dem Leiter des Lauinger Piontek-Museums. Die Neuerscheinung ist in der Dillinger Buchhandlung Brenner vorrätig.
Alexander von Bormann: Amsel und Vollmond
Die Zeit, 29.11.1985
Manfred Moschner: Das Gedicht ist ein Fernrohr
Rheinischer Merkur / Christ und Welt, 9.11.1990
Curt Hohoff: Wenn die Schönheit zur Partisanin wird
Die Welt, 10.11.1990
Peter Mohr: Zu Lebzeiten ein Klassiker
General-Anzeiger, Bonn, 15.11.1990
Wolfgang Schirmacher: Der Einzelgänger
Rheinische Post, 15.11.1990
Thomas Cornelius Becker: Die Schönheit der Stille
der literat, Heft 3, 1991
Wolfgang Ignée: Siegen in der Niederlage
Stuttgarter Zeitung, 15.11.1995
Eckart Klessmann: Stunde der Überlebenden
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.11.1995
Ludwig Steinherr: „Das All nur eine schmale Tür“
Stimmen der Zeit, Heft 11, 2000
Peter Mohr: Überzeugter Traditionalist: Heinz Piontek wird 75
General-Anzeiger, 15.11.2000
Dietz-Rüdiger Moser / Marianne Sammer (Hrsg.): Heinz Piontek zum 75. Geburtstag
Sonderausgabe Literatur in Bayern, 2000
Harald Hartung: Keine Bürgen für einen besseren Tag
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 29.10.2003
Auch in: Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung, Jahrbuch 2003, Wallstein Verlag, 2004
Kristina Maidt-Zinke: Die Kälte der Mitwelt
Süddeutsche Zeitung, 29.10.2003
Neu: Gedichte der Gegenwart
Stuttgarter Zeitung, 29.10.2003
Peter Härtling: Adieu, Piontek
Die Zeit, 30.10.2003
Peter Dittmar: Ich lernte, dass man vor seinem Gedächtnis nie sicher ist
Die Welt, 29.10.2003
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