VERTIGO
luftwurzeln, luftbäume, luftgäste
tief eingewachsen in wind
luftleutewirbel, luftwäsche an luftleinen
weggeweht. bleibt ein horizont
verblasst zwischen fingern.
parkanlagen durchflutet von
licht, überströmte
luftschlösser, stickstoffaquarien
schwebende sprechblasen.
ihr punktuelles abklingen
an flüchtigen türen.
in der luft wie ziegel
copypastewitze.
eine luftsäule
pascalt
den rest.
der Debütband von Julia Grinberg, erscheint als Band 05 in der reihe licht und Licht ist hier in der Tat eines der Themen, mit denen sich die Autorin immer wieder und auf sehr unterschiedliche Art und Weise beschäftigt. Im titelgebenden Gedicht „kill-your-darlinge“ heisst es:
nebel kommt auf wird ausradiert
mit scheinwerfern bei hundertvierzig
eine blitzanlage verirrt sich
wie der ursa major meiner sternwarte
drei darlinge erscheinen
nur eines erfolgreich
an gegenständen kleben
die reste vom nebligen tag
poröses pergament
im lichtkegel graue hirnteilchen
Der Band gliedert sich in drei Zyklen – „in drei absätzen“, „mond in wein tunken“ und „kill-your-darlinge“ –, die sich formal zunächst sehr heterogen zeigen, inhaltlich jedoch einen roten Faden stricken, der sich durch den gesamten Band zieht. Beobachtungen und Vorstellungen gehen hier ineinander über und breiten sich sowohl schmerzvoll wie auch immer wieder humorvoll aus. Eine Wegbegleiterin der Autorin beschreibt dies so:
Die Gedichte gehen unter die Haut. Man verschluckt sich daran wie beim Trinken eines guten Whiskys. Der erste Schluck brennt. Der zweite ist besser. Der dritte macht Freude. Nichts ist vordergründig, die Ambivalenz prickelnd. Tiefer nur wird man in die Materie gezogen.
Zur Entstehung und Hintergrund von kill-your-darlinge bemerkt Julia Grinberg:
Es ist ein gewachsenes Buch. Der Kern bestand zunächst in einigen, wenigen Gedichten, die in Russisch gedacht und auch teilweise notiert wurden, dann aber im Deutschen erst ihre gültige Gestalt gefunden haben. So waren es zunächst Themen wie Flucht, Heimatlosigkeit und Vergänglichkeit, die die Texte bestimmt haben, um dann in verschiedenen Formen von Zeitlosigkeit und ,Was-wäre-wenn-Situationen‘ zu münden, aber auch in ganz einfachen Beobachtungen und Tagträumen.
gutleut verlag, Ankündigung
Astrid Nischkauer: grunzende Eichhörnchen
fixpoetry.com, 29.12.2019
Hendrik Jackson: Quisquilien zur Erfreulichkeit lyrischer Marginalität
lyrikkritik.de
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