„Matthias“ BAADER Holst: traurig wie hans moser im sperma weinholds

Mashup von Juliane Duda zu dem Buch von „Matthias“ BAADER Holst: traurig wie hans moser im sperma weinholds

Holst-traurig wie hans moser im sperma weinholds

DEIN ATEM WAR EIN TIER: KEIN BUNTSPECHT

du schlugst meinen hoden zu boden
du schenkst unsrer lache die trümmer
es hüpft eine botschaft durchs zimmer
die BEUGT unserm TUN: geheimes
wir können es nicht erkennen
was rauscharm sich: aufgebahrt
wir sind auf der flucht!
wir kämmen des urgrunds
kenternde
aaaaaaaalocke
wirf hin die rippe des zweiflers!
erwürg mich beim wider: STEHN!
im auge des feindes weint zeugung
zu welk uns im kreise zu drehn
enthaupten wir uns
aaaaaaaaaaaaaaaazu schnee

 

 

 

Land der Dichter und Reimer

Die Ähnlichkeiten von BAADERs Gedichten und Rammsteins sind unverkennbar gegeben. Wo der Dichter einst schrieb „Wenn du weiter so stöhnst, zieh ich die Heckenschere aus deinem Schenkel“, heißt es bei Rammstein zu Beginn der Karriere:

Ihr wollt doch auch den Dolch ins Laken stecken.

Man kannte sich und konnte schon im Vorfeld gut miteinander. Paul Landers und Flake waren Feeling B, BAADER gründete die Gruppe Frigitte Hodenhorst Mundschenk (auch Flake war ein Teil davon). Eine programmatische Namensgebung, die Nazivergangenheit und SED-Umnachtung vereinte und darauf verwies, mit dem Mund Dichtung ausstoßen, sich als Lippendiener an der eigenen Dichtung wissen zu wollen.
Der devote Mundschenk war BAADER, er beherrschte all seine Gedichte auswendig, um sie intus zu haben und effektiv „rübber“ zu bringen. Je nach Stimmung, Umständen, Publikum schmiss er sie durcheinander, kickte Zeilen aus der Reihung, um dem Auftritt maximale Ausdrucksweise zu verschaffen. BAADER sprang mit seinen Texten nach Belieben um, zerpflückte sie ohne Skrupel, um sie, in nie zuvor erlebter Wucht, zu einem absurden Sprachstrauß neu zu bündeln.
Rammstein dagegen spult das betonfeste Bühnenspektakel mit auf die Sekunde programmierter Titelabfolge und Showlänge herunter und produziert sich, wo immer auf der Welt on stage, in gleichbleibender Songserie. BAADER dagegen erlangte mit jedem seiner einzelnen Auftritte Einmaligkeit. Er belohnte sich mit seiner ständig Form und Farben wechselnden Vortragskunst selber dafür, Überbringer von wahrhaften Gedichten zu sein. Denn BAADER zwang sich, ihnen sklavisch zu dienen und ein und dieselbe Zeile, wenn es vonnöten war, zu röcheln, zu schreien, zu flüstern und aus sich herauszuwürgen. Seine Botschaft lautete: Ich, matthiasBAADERholst, bin zu einem größer angelegten Kosmos unterwegs.
Mitten in die Schwärze des Alls aller Dichtung schoss er seine Zeilen aus allen Harpunen ab und stand damit am Beginn einer gesonderten Raumfahrt, deren Ziel nur die Holstsche Raumstation sein konnte. Und hob also mit den ersten Dichtversuchen bereits erfolgversprechend ab ins Universum. Keinerlei Fehlversuche und Rückschläge auf dem dichterischen Sonderpfad zu vermelden, außer dass die Unternehmung, sich als Einzelwesen zur Raumpatrouille zu entwickeln, jäh durch seinen frühen Tod vereitelt wurde.
Mit dem heute bei Rammstein als Tastenficker beschäftigten Flake war lange vor Gründung der Gruppe, im Bund mit BAADER, die irrwitzige Exkursion gestartet, die zukünftige Crew beisammen. Eine aufblasbare Puppe gehörte noch zum Raumteam dazu. Das war’s dann aber auch. Ihre Antriebskraft bezog das Raumschiff aus dem Betrommeln von Mülltonnen. Sicherheitsnadel und Mülltonnennmarke wie bei den erdverbundenen Punks damals üblich, drosch BAADER wie er dichtete massiv heim zur Urmutter. Er war ihrem Pogo voraus, war längst zu ihrem verkannten Vorreiter geworden, wenn er in Knickerbocker und mit breiten Hosenträgern über der nackten Hühnerbrust unter die Leute ging. Die BAADERkappe auf dem Kopf war sein Raumhelm. O ja. Ich sage euch. Wäret ihr ihm in seinem grotesken Aufzug begegnet, ihr hättet ihn für den Wahrhaftigen gehalten.
Ganz sicher wäre BAADER ein Rammstein geworden und hätte den dichterischen Ton in der Formation angegeben. Die Gruppe selbst hätte ihren Dichter gedeckt, BAADER auf seine Urheberschaft verzichtet. Es darf deswegen auch nicht von Klau geredet werden. BAADER wäre in diesem Zusammenhang Bandgemeingut von Rammstein geworden. Die Unterschiede jedoch bleiben bestehen. Denn BAADER war Dichter, Lindemann ist ein Reimer. Doch BAADER hätte, wie ich ihn kenne, den armen Lindemann von seinen lyrischen Gehhilfen befreit. Für Rammstein ist es also nur ehrenvoll, im Rufe zu stehen, sich bei BAADER bedient zu haben. BAADERholst vereint in seiner Person weitaus mehr Stimmen als Rammstein in Sechs-Mann-Stärke. Und keiner sonst ist geeigneter als BAADER, um als Rammsteiner zu gelten, weil er mit vierzehn den gesamten Kafka intus hatte und sich durch die Giftschränke der sozialistischen Büchereien fraß. Und der Umgang mit sich selbst und den Gedichten war nötig, um das, was aus BAADER floss, auch herauszurotzen. Rammstein hätte kommen und aus der Quelle trinken müssen. BAADER ist immer noch einer von ihnen. Der Dichter auf der Seite der Armen, Ausgebeuteten, Sklaven, Vergewaltigten, Gemordeten.
Rammsteins Texte wären unter seinem Einfluss bessere geworden. Sicher, sicher. Es wäre bei Rammstein unter BAADER nie nötig gewesen, mit Leni-Riefenstahl-Bildern, einem Sexvideo oder Stricken um die Hälse auf sich aufmerksam zu machen. Die Verse müssten, wie sie sind, in den Köpfen der Fans ganz ohne drastische Bebilderung wirken. Die Zeile „All die Toten Albaner auf meinem Surfbrett“ hätte uns allen die Zeile „America is wunderbar“ erspart.
Die Frage danach, wie viel BAADER in Rammsteins Liedern steckt, ist folgendermaßen zu beantworten: Man hört ihn in allen & keinem.

Peter Wawerzinek, 25.7.2020 aus einer E-Mail

 

AUF „BAADER“ HOLST
(für Peter Wawerzinek)

Er war der, der sich am Tag
der Währungsunion auf der Oranienburger
den Luxus gab, die Sprengfähigkeit
seines Körpers zu testen, der vor oder
gegen eine Straßenbahn lief, dem es
vielleicht wie eine Polyphonie
schräg aufgesetzter Schläfenschüsse
vorkam, wie eine Herde von Deppen
die vorbeimarschierten, wie eine Gegend
die plötzlich unbehaust

aber Hut ab und vorwärts, wir
bleiben dran, wir weichen nicht, wir
wechseln die Kanüle, so in der Art
also so wie eine Milieustudie mit
zwei Beinen in Schwarz-Weiß auf
offner Bühne, und wer
die Weite sucht, soll suchen

wütend wie ein Atemzug ist
morgens um acht die Welt noch
in Dortmund, in diesem Gegenwartskübel
in diesem Trog, in diesem demokratischen
Etwas, geht man raus und nutzt
die Dunkelheit, im Fernsehen
der verblödete Heimatinstinkt der Lachse

Björn Kuhligk

 

 

Ina Kutulas: Folgend der Laufmasche durch die Häkelschrift der untermächtigen Überwäsche

Ina Kutulas: Örtliche Schauer und Baader im Anzug

Mirko Wenig: Der Seelenbesetzer – „Matthias“ BAADER Holst

Peter Wawerzinek: Unsere kurze Zeit als BAADER & Sc.Happy und die lange Zeit seitdem

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Fakten und Vermutungen zum Autor + ArchivInterview + Neues
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„Matthias“ BAADER Holst – Videoschnipsel unter dem Titel „Briefe an die Jugend des Jahres 2017“.

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