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poet nr. 6
Das Magazin des Poetenladens
Andreas Heidtmann (Hg.)
poetenladen, Leipzig Frühjahr 2009
208 Seiten, 8,80 Euro
Klappenbroschur, fadengeheftet
ISBN 978-3-940691-09-5
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Mit sechs Autoren der älteren Generation wurden in der 6. poet-Ausgabe Interviews geführt – über die eigene Arbeit, aber auch über die junge Literatur und die Veränderungen der Literaturszene: Friederike Mayröcker, Dagmar Nick, Reiner Kunze, Giwi Margwelaschwili, Urs Widmer, Gerhard Zwerenz.
Außerdem werden – neben der deutschsprachigen Prosa und Lyrik – sechs amerikanische bzw. englischsprachige Lyriker vorgestellt: Michael Palmer, Matthew Zapruder, John Montague, D.A. Powell, Peter Gizzi und Iain Chrichton Smith.
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Editorial | poet nr. 6
Einstieg trivial: Was ein junger Dichter schreibt, hat so wenig Anrecht auf das Wort jung, wie umgekehrt das Produkt eines nichtjungen Autors mit dem Wort alt abzustempeln wäre. Eine Eigenschaft des Verfassers seinem Text zuzuschreiben, mag nützlich sein, wenn man den Markt im Auge hat, der mit der Illusion des spektakulär Neuen gespeist wird. Literatur wäre damit in die Kategorie schnellverderblicher Ware einzuordnen, die nur taugt, solange sie von Jetzt ist. Aber seien wir fair: Dass die Jungen sich feiern, ist gut und wichtig, um sich ein Quäntchen Aufmerksamkeit im Medienbetrieb zu sichern. Und es ist berechtigt angesichts dessen, was sie schreiben.
Eröffnet wird der poet nr. 6 mit Gedichten von Dagmar Nick, die im selben Jahr geboren wurde wie Ingeborg Bachmann. Ihr folgt Thien Tran, Lyrik-Preisträger beim letzten Open-Mike-Nachwuchswettbewerb. Mit einem Dante-Zyklus von Michael Buselmeier geht das Spiel der Gegensätze weiter, was hoffentlich alle, die auf Jahrgänge schielen, ein bisschen schwindelig macht.
Einblicke in die amerikanische Lyrik verdanken wir den Dichtern und Übersetzern Jan Volker Röhnert, Elmar Schenkel, Rainer G. Schmidt und Ron Winkler. Fruchtbar ist die Kooperation mit den Verlagen Edition Rugerup und luxbooks, in denen wichtige Übersetzungen erscheinen.
Facettenreich auch das, was aus den sechs Gesprächen dieser Ausgabe herauszuhören ist. Autoren, die seit Jahrzehnten im Literaturleben stehen, äußern sich zur literarischen Entwicklung und zur jungen Literatur. „Die Zeiten sind miserabel“, sagt Dagmar Nick. Urs Widmer bringt die Frage nach dem gegenseitigen Interesse auf den Punkt: „Jeder ist mit seiner eigenen Generation beschäftigt.“
Gerhard Zwerenz, nach der täglichen Arbeit am Schreibtisch befragt, erklärt, er schreibe, wie er atme. Dass Literatur sich nicht aus dem täglichen Leben wegdenken lässt, gilt für alle hier versammelten Autoren. Und es gilt – immer noch – für zahlreiche Leser.
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Nora-Eugenie Gomringer
Bilderbuchuterus
wie schön alles in ihnen doch liegt
das macht einiges wett
so malerisch, was ich ertaste
formbeständig und wohl-organ-isiert
so etwas ist ererbt, ihre Mutter
muss sehr schön gewesen sein
(unten herum)
da kann werden und schlüpfen
auch nisten wird leicht
gerade hier ist alles ganz
vortrefflich. Aufgeklappt
schau ich ihnen niemals
in die Augen, Madame
aus poet nr. 6
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Dagmar Nick: Wir haben wirklich alles riskiert. Und wir waren verzweifelt. Niemals schreibend leben zu können. Nie ein Publikum zu finden. Dann die ungeliebten Nebenberufe! Die meisten hatten diese ungeliebten Nebenberufe. Die ich im übrigen nicht empfehlen kann. Außer H.C. Artmann, der hat ja von nichts gelebt, von Luft und Liebe! Und ich bin ja nie gern Lehrerin gewesen!
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Friederike Mayröcker: Ich habe ja damals wirklich unmittelbar nach dem Tod Ernst Jandls an diesem Requiem zu schreiben begonnen, ich musste es tun, ich hatte ja sonst nichts mehr, überhaupt nichts mehr, alles war ja verloren gegangen, also fing ich wie verrückt zu schreiben an, das Schreiben als einziges Überlebensmittel!
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