»Erlösung ist wirklich nicht mein Ding«

Jon Bassoff im Gespräch Alf Mayer

Wie lautet deine Biografie in Kurzfassung?

Jon Bassoff, 1974 in New York geboren, lebt mit seiner Familie derzeit in Longmont, Colorado. Seine mountain-gothic novel Zerrüttung (Corrosion) wurde von Tom Piccirilli, dem viermaligen Gewinner des Bram-Stoker-Awards, als »erstaunlich original und verstörend« bezeichnet. In Frankreich wurde dieser Roman für den Grand prix de littérature policière nominiert. In seinem Brot-und-Butter-Job unterrichtet Jon Basso Englisch an der örtlichen High-School. Er ist ein Connaisseur von Tequila, scharfen Soßen, psychobilly music und billigen Motels.

Du stammst aus New York?

Geboren bin ich da, das stimmt, aufgewachsen aber in Boulder, Colorado, einst eine kleine Hippie-Stadt und inzwischen ein teures Nest für sehr reiche und sehr fitte Leute. Unnütz zu sagen, sobald ich da weg war, wollten sie mich nicht wieder haben. Aber wir sind glücklich in unserem kleinen Kaff weiter östlich davon.

Wie gerät man nach Boulder?

Kurz nachdem ich geboren wurde, hatte mein Vater zwei Jobinterviews als Englischlehrer, eins im tiefen Süden von Mississippi, eins in Colorado. Den Colorado-Job bekam er, das war gut so, denn ich glaube, ich wäre ein ziemlich schrecklicher Südstaatler geworden. Mein Vater musste etwa zwanzig Jahre in Boulder leben, ehe er aufgehört hat, ein New Yorker zu sein. Aber jetzt ist er damit zufrieden, auf den Bauernmarkt zu gehen, Yoga zu machen und die demokratische Partei zu wählen.

Und du unterrichtest in Frederick, habe ich einer Internet- seite entnommen?

Genau gesagt, unterrichte ich an der Longmont High, direkt in der Stadt, in der ich lebe, bin jetzt im achtzehnten Jahr Lehrer. Schüler und Kollegen kennen mich als »diesen geistes-gestörten Schreiberling«. Dauernd fragen mich Leute, ob ich nicht das Unterrichten aufgeben und Vollzeit schreiben wolle, aber ich glaube nicht, dass ich das tun würde. Die Schule gibt mir die soziale Anbindung, die ich brauche. Wenn ich den ganzen Tag am Schreiben wäre, würde ich mich vermutlich in meinem Kopf verlieren – und das ist wirklich kein aufgeräumter Ort.

Du warst an derselben Universität wie Flannery O’Connor? Bedeutet dir das etwas?

Flannery O’Connor ist eine meiner Heldinnen. Etliche ihrer Kurzgeschichten, zum Beispiel Ein guter Mensch ist schwer zu nden, sind nahezu rasend perfekt. Und ich wünschte mir, ich hätte ihren Roman Wise Blood geschrieben, den John Huston so toll mit Brad Dourif verfilmt hat. Heftiger Film. Zu wissen, dass ich an der University of Iowa durch die gleichen Flure wie Flannery O’Connor gelaufen bin, das macht mich sehr stolz. Am Writer’s Workshop dort haben auch andere richtig gute Autoren teilgenommen: Kurt Vonnegut und Tennessee Williams zum Beispiel …

Willst du deine Kinder auf dem Land aufwachsen lassen? Oder was waren die Motive, von New York wieder ins High Country zu ziehen?

In New York zu leben, das habe ich wirklich geliebt – und ich vermisse es immer noch, aber meine Frau ist keine sonderliche Städterin. Sie stammt auch aus Colorado und hat immer Sehnsucht nach den Bergen gehabt. Jetzt, wo ich hier lebe, wird mir immer klarer, wie schwierig es wäre, die Kinder in der Stadt groß werden zu lassen. Hier ist vieles einfach leichter. Aber leicht ist nicht immer gut, also zieht es mich manchmal wieder zurück. Ich bezweifle aber, dass ich das auch machen werde.

Du hast oder hattest wirklich eine Schlangensammlung?

Nein! Ich habe tierische Angst vor ihnen. Ich schreie wie ein kleines Mädchen, und das jedes Mal, wenn ich sie füttere.

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