Marc Daniels weiß, wie wir in Frieden leben können. Dank unkonventioneller Methoden, Beharrlichkeit und Chuzpe findet er bei den Staatoberhäuptern Gehör. Seine Lektorin berichtet von einem Mann und seiner Mission.
von Patricia Holland-Moritz
Bei meiner ersten Begegnung mit Marc Daniels wurde ich unweigerlich an Kasimir Blaumilch erinnert, jenen grandiosen Charakter aus Ephraim Kishons „Blaumilchkanal“.
Es war seine Sorglosigkeit, diese Freiheit von jeglichen Bedenken, die Marc Daniels vor meinen Augen vom Autor zum Performer machte. Und diese Wandlung begann mit seinem ersten und bisher einzigen – im Übrigen nur auf Deutsch – erschienenen Buch Der Himmelsgarten – Das Handbuch des spirituellen Gärtners (2011), das in der Taschenbuchausgabe Sät die Blumen des Friedens (2013) heißt.
Der Amerikaner Marc Daniels ist der Enkel eines Erfinders, lernte in Deutschland Gartenbau und studierte bei Michael Laitman Kabbala. Die Buchidee war, seine kabbalistischen Einsichten einer breiten Leserschaft zu vermitteln. Das Vehikel dafür der Gartenbau, denn Gärtnern löst Gefühle aus, und der Mensch ist unmittelbar an einem Schaffensprozess beteiligt. Es liegt also in der Hand eines Jeden von uns, ob die Aussaat gedeiht oder nicht – so Marc Daniels. Aus dieser Idee heraus initiierte er 2011 die Kampagne Weed Out Hate – Sow The Seeds Of Peace – Reißt den Hass aus – Sät die Blumen des Friedens und tourte damit und mit Tausenden Päckchen voller Sonnenblumensamen durch die USA und Deutschland.
Während sich die Bücher auf dem deutschen Buchmarkt mittelprächtig entwickelten, wuchsen die Sonnenblumen jener Samentüten zu beeindruckenden Mutanten heran. Und während ich an einem Sommerabend im heimischen Garten im Schatten eines solchen Riesengewächses bei Facebook stöberte, stieß ich auf ein ebenso überdimensionales Bild, aufgenommen am New Yorker Times Square:

Reuters Building, NYC
Dort prangte unser Buch, ohne dass jemals eine englischsprachige Ausgabe davon erschienen wäre (und ohne dass es hierzulande auch nur eine Bestsellerliste erklommen hatte).
Was war geschehen?
Am Ende der Recherche für sein Buch stand für Marc Daniels plötzlich die Frage im Raum, warum wir Menschen uns nicht jenseits der eigenen politischen oder religiösen Einstellung in wenigstens einem Punkt einig werden können. Es tut doch keinem weh, sich des recht gut nachvollziehbaren Naturgesetzes zu vergewissern, dass jedes Übel an der Wurzel gepackt gehört und jedes herausgerissene Unkraut Platz für eine Nutzpflanze macht. Diese Gleichsetzung von Unkraut mit Hass wird dem Autor vorgeworfen, und tatsächlich steht es niemandem zu, Unkraut als solches zu definieren, da auch eine Rose im Kornfeld Unkraut ist. Als spornte ihn dieser Einwand noch zusätzlich an, wurde aus der Frage für den Autor jener Traum, mit dem er seitdem über alle bürokratischen Einschränkungen und politischen Haltungen hinweg hausieren geht. Er engagierte Daimyo Jackson – ein niederländisches Michael-Jackson-Double – für den eigens produzierten Song „Weed Out Hate“…
…und startete vor nunmehr fünf Jahren in Eigenregie eine Pressereise, die so manchen Marketingexperten erblassen und jegliches Sicherheitspersonal nahezu verzweifeln lässt.
Vergleichsweise harmlos waren noch die spontanen Besuche und Aktionen des neugegründeten Friedenskorps auf der Frankfurter Buchmesse…

V.l.n.r.: Daimyo Jackson, Patricia Holland-Moritz, Marc Daniels
…vor dem Brandenburger Tor in Berlin…
…und in Paris zu Zeiten extremer Terrorgefahr:

Mit Jochen Winter; Übersetzer und Lyriker; Montmartre
Konkret und hautnah trug Marc Daniels dann schon dem Bundespräsidenten sein Ansinnen vor. Joachim Gauck solle Kindergartengruppen in das Schloss Bellevue zum Unkrautjäten laden, um dann ebendort Sonnenblumen auszusäen.

Joachim Gauck, in der Mitte zu sehen, Dr. Bernard Lafayette, ein früher Gefährte Dr. Martin Luther Kings und Hauptorganisator der Stimmberechtigungskampagne 1965 in Selma, Alabama
Eine Idee, die er bei derselben Gelegenheit dem damaligen Regierenden Bürgermeister auch gleich noch für das Rote Rathaus ans Herz, das links schlägt, legte…

V.l.n.r.: Daniela Schadt, Klaus Wowereit, Daniel Schmöcker, Leiter des Gemeindejugendwerks (GJW) Berlin-Brandenburg
Auch die Evangelische Kirche Deutschlands schien ein guter Partner für Daniels‘ Idee zu sein, lässt doch der Glaube erfahrungsgemäß neben manch seltsamen auch recht brauchbare Blüten sprießen…

Mit Gregor Hohberg, St. Marienkirche, Berlin Mitte
Richtig in Fahrt kam Marc Daniels‘ Kampagne mit dem Vorwahlkampf um die Präsidentschaft in den USA, in welchen im August 2014 die Ermordung des 18-jährigen Michael Brown durch einen Polizeibeamten in Ferguson fiel…

Spontane Aktion in Ferguson mit einem Passanten
…und im Juni 2015 das Massaker in einer Kirche in Charleston, bei dem neun Menschen während eines Gottesdienstes ums Leben kamen. Marc Daniels‘ „Weed Out Hate“-Konzept stieß auf die brutale Forderung der US-Waffenlobby, ein jeder dürfe eine Schusswaffe mit sich führen.

Auch eine Form der Verteidigung: auf einer Straßenkreuzung in Charleston nach dem Attentat
Seitdem ist unser Autor nicht mehr zu bremsen…
…denn mehr denn je scheint Marc Daniels‘ Konzept nun eine parteiübergreifende Idee zu werden ( auch wenn auf diesem Foto nur die Visitenkarten der republikanischen Präsidentschaftskandidaten zu sehen sind, die er getroffen hat), deren Realisierung wohl so aussichtsreich ist wie der Weltfrieden. Aber so utopisch dieser auch scheint, im realen Leben begeistert Marcs Idee ganz offensichtlich sehr viele Menschen, die sich nicht zu schade sind, dafür Gesicht zu zeigen:

17.12.2015: Mit Hillary Clinton in Des Moines
„Ich sagte zu Hillary, dass ich ihr helfen könne, sich die Symbolik eines Martin Luther King Jr und Michael Jackson zunutze mit Hilfe des ‚Weed Out Hate‘-Songs von Daimyo Jackson zunutze zu machen. Das sei notwendig, um Trumps Strategie der Angstmacherei zu bekämpfen …“ Kurz darauf in URBANDALE, Iowa (AP) — Hillary Clinton hielt eine temperamentvolle Rede, in der sie ihre republikanischen Rivalen in die Schranken wies und deren Art, das amerikanische Volk in Unsicherheit zu wiegen, bloßstellte. Als ein Zuhörer sie harsch unterbrach und fragte, wie das Land denn all die terroristischen Bedrohungen abwenden wolle, klang ihre Antwort weniger nach einem knallharten Oberbefehlshaber und mehr nach einem tröstenden Selbsthilfe-Guru. „Wir müssen alles uns Mögliche tun, um den Hass auszureißen und an seine Stelle Liebe und Freundlichkeit zu pflanzen.“
Die Medien ordnen die „Weed Out Hate“-Idee mittlerweile Hillary Clinton als ihre eigene Erfindung zu.

Donald Trump-Rally, Davenport

Mit Donald Trump, Springfield, IL
Bildunterschrift auf Facebook:
Yishay Ben Levy: „Warum unterstützt du solche Scheißkerle??“
Marc Daniels: „Der Grund, dieses Foto zu posten war mein Anliegen, ihn zu bitten, beim ‚Weed Out Hate‘-Event im kommenden Frühjahr im Central Park mitzumachen. Dort kann er dann zusammen mit 100 000 Menschen – Moslems, Juden, Christen – Unkraut jäten als Geste gegen den globalen Terrorismus. Ich spiele einen Kandidaten gegen den anderen aus, bis ich ein JA bekomme. Diese Aktion bekommt ein großes öffentliches Forum. Ich spiele, wenn man so will, Jewish Hardball – also Baseball mit harten Bandagen.“
YBL: „Aber er hasst ganz offensichtlich Moslems, Mexikaner und (falls nicht sogar jeden!) die armen Leute. Er ist genau, was wir denken, dass er ist. Ein echter schmarotzender, rassistischer Dreckskerl.“
MD: „Wenn ich ihn dahin bekomme, dass er auf die anderen Kandidaten Druck ausübt hinsichtlich einer Teilnahme am ‚Weed Out Hate‘-Event, dann habe ich mein Ziel erreicht. Er hat so viele Leute vor den Kopf gestoßen – es braucht für ihn genau so eine Aktion, um genügend Wählerstimmen zu bekommen und die Wahl zu gewinnen. – Ich glaube, Donald Trump ist ein Idiot, denn er bringt genau die schlechten Seiten in den Amerikanern hervor. Würde er nun gegen seine Natur handeln und an dem Event teilnehmen, wäre er auch kein Idiot mehr. Die spirituellen Wurzeln des ‚Tu BiShvat‘ (Anm. d.Verf.: Jüd. Fest zum ‚Neujahr der Bäume‘ 24./25. Januar 2016) liegen in dem Glauben, dass jedes innere Pflänzchen mit der richtigen Intention zu einem großen, spirituellen Baum heranwachsen kann. Und 100.000 Menschen, die im Central Park gemeinsam Unkraut jäten, werden ihn verändern …“

Mit Rabbi Capers Funneye – Michelle Obamas Cousin, afroamerikanischer Rabbi, Leiter der 200 Mitglieder starken Gemeinde Beth Shalom B’nai Zaken, Ethiopian Hebrew Congregation in Chicago, Illinois

Mit Martin Luther King III, dem Sohn von MLK Jr., und seiner Frau in Ferguson

Mit Matt Forté, Running Back der Chicago Bears in der National Football League

Bei Maccabee Delicatessen mit Rabbi Yossie Jackobson, Des Moines, Iowa

Friedenssamen signiert von Folksänger Peter Yarrow (Peter, Paul and Mary)

Bei den Lincolns zu Hause in Springfield, Illinois
Da sich allein mit Sonnenblumensamen kein Staat machen lässt, fährt Marc Daniels dieser Tage ein Yarmulke-Programm, welches etwa die halbe Nation mit Kippas versorgt – individuell bestickt natürlich…

Kippa für Jeb Bush

Kippa für Donald Trump
Auch CNN kommt an Marc Daniels nicht mehr vorbei, den viele mittlerweile selbst für einen Politiker halten. Ein guter Kandidat wäre er allemal – nur die passende Partei muss für ihn wohl noch erfunden werden.

© Keith Turnill

Mit Joe Scarborough, Gastgeber der MSNBC-Show “Morning Joe” in Java Joes Restaurant, Des Moines
Die Vorstellung, eine große Idee immer nur vor den Karren einer einzelnen Partei oder Kirche spannen zu können, führt Marc Daniels mit „Weed Out Hate“ ad absurdum.
Gestern Sonnenblumen und heute Kippas: Das ist sein Weg, zumindest schon mal in den USA Politiker von Hillary Clinton bis Donald Trump unter eine Flagge zu stellen, und wenn es nur für ein Foto ist und das Banner gelbgrün.
„Das ist meine Art, Politiker zu einer wahrhaften, zu einer brauchbaren Diskussion zu verführen. Indem ich ihre Kampagnen mit unseren nationalen Symbolfiguren, von Abraham Lincoln bis Martin Luther King jr, in Verbindung bringe. Genau das ist es, was für Interesse und schließlich auch für Wähler sorgt. Sind sie dann einmal gewählt, werden sie dankenswerterweise eine ‚Weed Out Hate‘-Zeremonie an ihrem neuen Amtssitz initiieren. Sie werden gemeinsam mit Moslems, Christen, Juden, Afroamerikanern, Hispaniern, Weißen und Asiaten den Hass aus der Erde dieses Landes ziehen.“
Könnte er das doch weltweit betreiben – wir müssten ihm einen Preis verleihen, und zwar einen ganz noblen.
Patricia Holland-Moritz / Allegria Verlag
Mit großem Dank an Marc Daniels und Weed Out Hate.
Weblinks
Marc Daniels bei Facebook
Sät die Blumen des Friedens auf den Seiten der Ullstein Buchverlage