Carl-Hermann Hempen: "dtv-Atlas Akupunktur"
Auch
wenn die Akupunktur in einigen Bereichen der Pflege und Therapie
mittlerweile die Segnung der Kassenbezahlbarkeit erhalten hat, so ist
sie in unserer Gesellschaft noch nicht unbedingt umfänglich
anerkannt, und dies auch deswegen, weil die meisten Menschen, auch
Ärzte, einfach zu wenig darüber wissen bzw. keinerlei
eigene Erfahrungen damit gemacht haben.
Der vorliegende Akupunktur-Atlas versucht den Brückenschlag
zwischen der
traditionellen chinesischen Medizin und der
westlich-orientierten Heilkunde. Dazu wird zunächst einmal
ausgiebig sowohl auf die Geschichte der Akupunktur in China eingegangen
als auch darauf, wie dieses Heilverfahren im 17. Jahrhundert den Weg
nach Europa gefunden hat. Im Anschluss folgen ein kurzer Vergleich der
westlichen und der chinesischen Medizin sowie eine ausgiebige
Darstellung der Theorie hinter der Akupunktur, die auch gleichzeitig
die theoretische Grundlage der gesamten traditionellen chinesischen
Medizin darstellt. In diesem Zusammenhang werden ebenso die
Besonderheiten der chinesischen Diagnostik, besonders der eher weniger
bekannten Pulsdiagnostik, vorgestellt, und es wird auf die Wichtigkeit
einer guten Diagnose vor der Therapie hingewiesen.
Davor gibt es noch eine Darstellung der Meridiansysteme und der
Nebensysteme des menschlichen
Körpers.
Man vergisst
übrigens gern, dass die Akupunktur auch in der
Veterinärmedizin ihre Anwendung findet, wo etwaige
Placebo-Effekte keine Rolle spielen dürften
Nach diesen einleitenden Betrachtungen werden die Akupunkturpunkte der
verschiedenen Leitbahnsysteme und auch die sogenannten Extrapunkte
vorgestellt. Dabei werden zunächst die Lage eines Punktes
sowie die Wirkung, die von ihm ausgeht, beschrieben.
Anschließend folgt eine Auflistung der
Indikatoren/Krankheitsbilder, bei denen der jeweilige Punkt bearbeitet
werden soll. Den Abschluss bilden die Beschreibung der notwendigen
Nadlungsart sowie die Aussage, ob an diesem Punkt eine Moxibustion
möglich ist oder auch nicht. Die schriftlichen
Ausführungen werden dabei jeweils mit bildlichen Darstellungen
der jeweiligen Punkte auf der linken Seite jeder Doppelseite
ergänzt.
Abschließend werden weitere Techniken dargestellt und auch
die Ohrakupunktur, die im Übrigen nicht direkt aus der
chinesischen Medizin zu kommen scheint. Hier wird überdies
versucht, die Wirkungsmechanismen der Akupunktur vor dem Hintergrund
westlicher Anatomieauffassungen zu erklären. Den Abschluss
bilden eine Auflistung bewährter Indikationen mit ihren
dazugehörigen Akupunkturpunkten und schließlich eine
Liste der Empfehlungen der
Weltgesundheitsorganisation, bei welchen Indikationen Akupunktur
angewendet werden sollte. Insgesamt liefert dieses Buch also eine sehr
ausführlich Darstellung des Themas und dürfte gerade
für Mediziner westlicher Prägung eine gute
lernbegleitende Hilfe sein.
Ein Manko dieses Buches ist die eher dem Mediziner entgegenkommende
unübliche Kurzbezeichnung der Leitbahnen/Meridiane im
Körper. Hier lehnen sich die verwendeten Abkürzungen,
anders als in der sonst verbreiteten Literatur zum Thema, nicht an den
chinesischen Vorbildern an, die traditionell ausgebildete
Ärzte
oder Heilpraktiker und auch
Kampfkünstler verwenden, sondern an den lateinischen
Bezeichnungen der Leitbahnsysteme, die Personen mit medizinsicher
Ausbildung vertrauter sein dürften. Die üblichen
Bezeichnungen sind lediglich in ihrer Kurzform in Klammern
angeführt. Dies ist für Leser mit Vorkenntnissen aus
dem klassischen Bereich ein wenig irritierend. Davon abgesehen ist das
Buch allerdings mit seinen 135 Abbildungen, dem Glossar und dem
umfänglichen Register eine überaus lohnende
Anschaffung.
(K.-G. Beck-Ewerhardy; 06/2010)
Carl-Hermann
Hempen: "dtv-Atlas Akupunktur"
Mit 135 farbigen Abbildungsseiten; Grafikerin: Ulrike Brugger.
dtv. 304 Seiten.
Buch
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