Zvi Yavetz: "Kaiser Augustus"
Eine Biografie
Augustus
- der zartfühlendste "der römischen Ärzte"
Die Römische Republik war beeindruckend. Sie hat im
politischen
Denken der nachfolgenden Jahrhunderte sehr viel direkter und
stärker nachgewirkt als Athens
Polisdemokratie. Das lag auch
an
der Faszination, die der Aufstieg Roms, die Eroberung Italiens bis ca.
270 v. Chr. und die anschließende Errichtung des Weltreiches
bis
ca. 130 v. Chr. hervorriefen.
Umso mehr beschäftige ihr Zerfall und ließ bereits
den
Menschen in der Antike keine Ruhe. War es der Machthunger der
politischen Führerriege Roms, der wilde Wettbewerb zwischen
prominenten Männern, der die Strukturen, die bisher
für das
Funktionieren des öffentlichen Lebens in Rom gesorgt hatten,
destruierte? Oder trägt der römische Senat Schuld an
der
Zerstörung der Republik, weil dessen Senatoren keine
gemeinsame
Sprache fanden? "Die
Folgen ließen nicht auf sich warten: Blutige und lange
andauernde
Bürgerkriege brachen aus, und die Republik ging zugrunde",
schreibt Zvi Yavetz.
Sei es nun die Krise in der Sklavenhaltergesellschaft, die Entstehung
des Berufsheeres, der natürliche Prozess des Alterns und
Verkümmerns, die Untauglichkeit der Polis (des Stadtstaates)
Rom,
ein großes Imperium anzuführen, das Fehlen eines
"starken
Mannes" oder aber der "Niedergang der Sitten", unterschiedlichste
Forschungsansätze gibt es en masse. Der Autor, der
während
des Krieges nach Palästina floh und zu den Begründern
der
Universität Tel Aviv gehört, ist einer der
bedeutendsten
Althistoriker. Ihm geht es darum - wie den meisten modernen
Geschichtsforschern - keine moralischen Bewertungen vorzunehmen,
sondern zu verstehen, "was die Menschen im Altertum taten,
wie sie agierten und mit welchem Erfolg sie mit den Problemen fertig
wurden (oder nicht)."
Unter der Devise der Wiederherstellung der Republik (restitutio rei
publicae) betrieb Augustus in Wirklichkeit deren dauerhafte Umwandlung
in eine Monarchie in Form des Prinzipats. Er setzte dem Jahrhundert der
Römischen Bürgerkriege ein Ende und
begründete die
julisch-claudische Kaiserdynastie. Seine Herrschaft mündete in
eine lang anhaltende Zeit inneren Friedens, die als Pax Augusta
verklärt wurde. Die rätselhafte, vielschichtige und
umstrittene Gestalt des ersten Princeps und eigentlichen
Begründers des Römischen Reiches fordert noch immer
zu
nuancierten Deutungen heraus.
Der Autor, dessen Buch offenbar Mitte der 1980er- Jahre publiziert und
jetzt übersetzt wurde - vermutlich aus dem
Hebräischen,
leider wurde dies seitens des Verlages nicht kenntlich gemacht - hat
sein Buch in drei Teile gegliedert. Der erste - Ein Herrscher, der
eines natürlichen Todes starb (tatsächlich wurden die
anderen
Potentaten aus der Dynastie ermordet oder gaben sich selbst den Tod) -
befasst sich mit der Ereignisgeschichte. Der zweite Teil - Die
augusteische Gesellschaft - widmet sich sehr ausführlich der
Analyse. Der dritte Teil - Der Herrscher und sein Erscheinungsbild -
zeigt das Bild, das Augustus selbst von sich geben wollte.
Leider gelingt es Zvi Yavetz nicht in vollem Maß, dem
Anspruch
einer schlüssigen und strukturierten Biografie gerecht zu
werden.
Der so genannte rote Faden wird zuweilen vermisst. Zeitliche
Sprünge und Detailerörterungen überfordern
den weniger
kundigen Leser. Ein wenig mehr familiäre
Hintergrundvermittlung
des Großneffen und Haupterben Gaius
Iulius Caesars sowie die
Betrachtung der Rahmenbedingungen seines Aufstiegs hätte dem
Werk
sicherlich gut zu Gesicht gestanden. So lässt es den Status
einer
Biografie etwas vermissen, sondern agiert eher als Studie zur
Biografie. Gleichwohl bietet es kritische Betrachtungsweisen und regt
zu weiteren Diskussionen an. Umfassende Vorkenntnisse des Lesers sind
angebracht. Ein geschichtlicher Laie dürfte recht schnell mit
dem
Inhalt überfordert sein.
(Heike Geilen; 06/2010)
Zvi
Yavetz: "Kaiser Augustus. Eine Biografie"
Rowohlt, 2009. 398 Seiten.
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Weitere
Buchtipps:
Werner Eck: "Augustus und seine Zeit"
An jenem Tag, da Augustus bestattet wurde, kamen alle
öffentlichen und privaten
Geschäfte zum Stillstand. Ganz Rom und Hunderttausende von
Menschen aus ganz
Italien beteiligten sich an den Trauerfeierlichkeiten. Die Leiche wurde
in einem
Sarg auf den Scheiterhaufen gesetzt. Über dem Sarg ruhte,
für alle sichtbar,
ein aus Wachs gefertigtes Abbild des Toten. Als das Feuer aufloderte,
stieg ein
Adler in den Himmel - ein Zeichen dafür, dass der Verstorbene
zu den Göttern
erhoben worden war. Ein Senator bestätigte später
unter Eid, er habe die Seele
des Verstorbenen zu den Göttern auffahren sehen. Livia,
die Witwe des Augustus, belohnte den Zeugen mit einer Million Sesterzen.
Wer war dieser Mensch, der damals unter die Götter aufgenommen
worden sein
soll? Ein Willkürherrscher? Ein Friedensfürst? Ein
Neugestalter von Staat,
Heer, Gesellschaft und Kultus, kurzum - der Neugestalter der
römischen Welt?
Werner Eck bietet in seiner fesselnden Biografie Antworten auf diese
und viele
weitere Fragen zur Machtpolitik des Augustus. (C.H. Beck)
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Dietmar Kienast:
"Augustus. Prinzeps und Monarch"
Augustus markiert eine tiefgehende Zäsur in der
römischen Geschichte. In einem
brutalen Bürgerkrieg hatte er das Erbe Caesars angetreten und
die Republik zu
Grabe getragen. Doch in langen Jahren wurde er zum Begründer
eines Weltfriedens
und schuf eine neue Ordnung.
Die umfassende Augustus-Darstellung von Dietmar Kienast ist bis heute
aktuell.
Der Autor behandelt nicht nur die augusteische Epoche und ihre
verfassungsgeschichtlichen und verfassungsrechtlichen Probleme, sondern
schildert auch anschaulich Leben und politische Leistung des ersten
römischen
Prinzeps. Aus der Zusammenschau aller Einzelaspekte ergibt sich ein
facettenreiches Gesamtbild des Kaisers. (Primus Verlag)
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Marion Giebel: "Augustus"
Gaius Octavius, Caesar Octavianus, Augustus - drei verschiedene Namen
führte
der Mann, der 56 Jahre an der Spitze des Römischen Reiches
stand. Als Bürgerkriegsgeneral,
Gefolgschaftsführer und Friedensfürst vollzog er die
Wandlungen der Zeit
exemplarisch an sich selbst. Als er mit 75 Jahren auf sein Leben
zurückblickte,
konnte er von sich sagen, er habe die Flammen der Bürgerkriege
gelöscht, die
Grenzen des Reiches ausgedehnt und dreimal den Janustempel geschlossen:
zum
Zeichen des Weltfriedens, der Pax Augusta. Dem Sohn einer
Mittelstandsfamilie
aus einer latinischen Kleinstadt war es nicht an der Wiege gesungen
worden, dass
er zum Herrn der Welt aufsteigen sollte. (rororo)
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