Thomas Mann: "Mario und der Zauberer"
Ein tragisches Reiseerlebnis
Eine
deutsche Familie befindet
sich während der Regierungszeit des Duce in der Mitte der
1920er-Jahre in
Norditalien in dem kleinen Ort Torre di Venere im Urlaub. In der
Hauptsaison
sorgen die vielen ausländischen Urlauber für allerlei
Unannehmlichkeiten, doch
die Familie des Ich-Erzählers lässt sich davon trotz
einiger unguter Gefühle
nicht von der Beendigung ihres Urlaubs abhalten. Sind sie zu Saisonende
mit den
Einheimischen fast alleine und können beginnen, das "wahre"
Torre di
Venere zu genießen.
Sehr bald nach dem Eintreten dieses Zustandes soll in einem kleinen
Saalbau ein
Zauberer namens Cipolla auftreten, und die Familie
beschließt, gemeinschaftlich
diese Veranstaltung zu besuchen. Doch statt "normaler" Zauberei sehen
sie viele Beispiele von Mesmerismus und Manipulation, die immer
beunruhigender
werden und schließlich in einem Fanal enden.
Diese sehr kurze Erzählung spiegelt das Lebensgefühl
in Italien in den 1920er-Jahren
wohl sehr gut wider, und vielleicht auch jenes in Deutschland kurz vor
dem Jahr
1930, in dem dieses Bändchen erstmals auf den Markt gekommen
ist.
Präzise und deutlich zeichnet Thomas Mann eine Stimmung und
eine Form des
Denkens nach, die eine nahende Katastrophe von europäischem
Ausmaß
vorwegzunehmen scheinen und diesem Buch damit geradezu einen
prophetischen
Charakter verleihen.
Die Figur des Cipolla ist zum Entstehungszeitpunkt wahrscheinlich in
erster
Linie an Benito Mussolini angelehnt, eignet sich aber als Folie auch
für Adolf
Hitler und viele andere demagogisch arbeitende Machtmenschen des
fortlaufenden
20. Jahrhunderts. Eine überaus beeindruckende und sehr dichte
Erzählung.
(K.-G. Beck-Ewerhardy; 08/2010)
Thomas
Mann: "Mario und der Zauberer. Ein
tragisches Reiseerlebnis"
Fischer Taschenbuch. 107 Seiten.
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Thomas
Mann, geboren am 6. Juni
1875 in Lübeck, zählt zu den bedeutendsten
Schriftstellern des 20.
Jahrhunderts. Am 10. Dezember 1929 wurde ihm der Nobelpreis
für Literatur in
Stockholm verliehen. Von 1933 an lebte er im Exil, zunächst in
der Schweiz,
später in den USA. Im Jahr 1952 kehrte Thomas Mann nach Europa
zurück. Er
starb am 12. August 1955 in Zürich.
Weitere Bücher des Autors sowie Buchtipps:
Thomas Mann: "Mario und der Zauberer. Späte
Erzählungen"
Im Werk Thomas Manns stehen die Erzählungen gleichberechtigt
neben den großen
Romanen. Ihre formale Klarheit und sprachliche Präzision
zeichnen sie ebenso
aus wie ihr Humor und ihr psychologischer Scharfblick. In den
späten Erzählungen
steht nicht mehr die Künstlerproblematik im Mittelpunkt,
sondern die genaue
Beobachtung und Darstellung des intimen Gefühls. Dieser Band
enthält die Erzählungen
von 1919 bis 1953. (S. Fischer)
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Thomas Mann: "Mario
und der Zauberer und andere Erzählungen"
Bereits der junge Thomas Mann hat die kurze Prosa als seine Form
entdeckt und früh
zur Meisterschaft entwickelt. Über Jahrzehnte hinweg hat der
Autor immer wieder
Erzählungen geschrieben, die zu den bedeutendsten nicht nur
des 20.
Jahrhunderts gehören.
Die beiden Idyllen "Herr und Hund" und "Gesang vom Kindchen"
(beide 1919) sowie das lange Zeit unbekannt gebliebene Filmmanuskript
"Tristan
und Isolde" (1923) umrahmen die Erzählung "Unordnung und
frühes Leid"
(1925), die ironisch distanzierte Eigenerfahrung des
Familiären, und die 1930
entstandene, ins faschistische Italien verlegte Novelle "Mario und der
Zauberer". (Fischer Taschenbuch)
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Hermann
Kurzke: "Thomas Mann. Epoche - Werk - Wirkung"
Das Buch informiert umfassend über Leben, Werk und Wirkung
Thomas Manns sowie
über den Stand der Thomas-Mann-Forschung. Einleitend wird die
Biografie mit
besonderem Augenmerk auf die politischen Positionen des Autors
dargestellt. Der
Hauptteil unterrichtet über sämtliche Romane sowie
eine Auswahl der Erzählungen.
Der wirkungsgeschichtliche Schlussteil behandelt Kontroversen zu
Lebzeiten,
Nachwirkung, Forschungsgeschichte und Verfilmungen. Kommentierte
Literaturverzeichnisse, Zeittafel und Register runden den Band ab.
(C.H. Beck)
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Hermann Kurzke:
"Thomas Mann. Das Leben als Kunstwerk"
Thomas Mann gilt als kalt und hoffärtig - faszinierend, aber
ein Scheusal. Mit
virtuoser Disziplin hielt er eine Fassade aufrecht, ohne die zu leben
er unerträglich
gefunden hätte. Nur im Werk war er frei, teilte er seine
Geheimnisse mit, geschützt
durch die indiskrete Diskretion der Kunst. Liebe und Tod, Politik und
Religion
sind die Schwerpunkte einer Lebensbeschreibung, die dem Leser den
Scheuen,
Verschlossenen nahebringt wie keine bisher.
Vermutlich weiß man über keinen Deutschen so viel
wie über Thomas Mann. Man
ist nicht nur über seinen äußeren
Lebensgang vom Kaiserreich, über Weimarer
Republik und Exil bis zu den letzten Jahren bestens informiert, sondern
auch über
seine innere Biografie. Er kann deshalb als ein exemplarischer Mensch
dienen.
Das Leben demonstriert an ihm all seine Finessen. Die intimsten Dinge
der
Menschen hinterlassen in der Regel keine wissenschaftlich verwertbaren
Spuren.
Nur bei Dichtern ist das manchmal anders, weil sie ihre Geheimnisse ins
Werk
hineinzaubern. Thomas Manns Dichtungen sind die wichtigste neue Quelle
dieser
Biografie - zugleich diejenige, die von den bisherigen
Lebensbeschreibungen am
wenigsten beachtet wurde. Dazu kommt allerlei andernorts Verstecktes
und manches
bisher nirgends Publiziertes. Nicht nur die stillen Liebesgeschichten
Thomas
Manns - es sind ziemlich viele - lassen sich auf diese Weise plastisch
vergegenwärtigen.
Gegen das immer neue Anrennen zerstörerischer Mächte
- die frühe
Entwurzelung, die Erschütterungen durch Krieg und Exil, die
erotischen
Heimsuchungen - immer wieder mit Witz und Glück und
zäher List das Kunstwerk
dieses Lebens aufzurichten, dem inneren und äußeren
Chaos zu widerstehen, den
Bürger zu spielen ohne so recht einer zu sein, der inneren
Verzweiflung nicht
stattzugeben: das war eine fast übermenschliche Leistung. Dass
Thomas Mann ein
großer Dichter, aber ein kleiner Mensch gewesen sei, das soll
nach diesem Buch
keiner mehr behaupten.
Intim wie keine bisherige, will diese Biografie zwar alles sagen, aber
nicht
billiger "Entlarvung" halber, sondern um alles zu verstehen. Liebe und
Tod, Religion und Politik sind die Hauptthemen. Die Nebenthemen sind
nicht
weniger reizvoll - die Dienstboten und das Rauchen, der Selbstmord und
die
Astrologie, der Papst und
Ernst
Jünger, Kinder und Hunde, Klärchen und
Kläuschen
und dass Thomas Mann die Gebirgszither gespielt habe mit herzlicher
Hingabe ...
(C.H. Beck)
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Jan
Assmann: "Thomas Mann und Ägypten. Mythos und
Monotheismus in den Josephsromanen"
Jan Assmann geht den bahnbrechenden religions- und
kulturwissenschaftlichen
Einsichten Thomas Manns nach, die dieser vor allem in seinem
Romanzyklus "Joseph
und seine Brüder" vermittelt. Auf faszinierende Weise
lässt er seine
Leser nicht nur das literarische Kunstwerk der Josephsromane mit neuen
Augen
sehen, sondern vor allem auch den Schriftsteller und
Kulturwissenschaftler
Thomas Mann.
In der Begegnung mit dem Alten Ägypten erschloss sich Thomas
Mann eine
kulturelle Tiefendimension der Zeit.
Seine Josephsromane kreisen um die Frage,
die auch Proust, Bergson und Freud beschäftigte: in welcher
Weise die
Vergangenheit unsere Gegenwart bestimmt, und sie geben darauf einige
der klügsten,
reflektiertesten und differenziertesten Antworten. Gerade in seinen
Einsichten
zum Wesen des Mythos, zur Entstehung des Monotheismus, zum kulturellen
Gedächtnis
und zur historischen Anthropologie und Psychologie erweist sich Thomas
Mann als
einer der bedeutendsten Kultur- und Religionswissenschaftler des 20.
Jahrhunderts. Den bislang noch wenig erschlossenen Dimensionen seines
Werkes
geht Jan Assmann in diesem Buch nach. Es geht hier um "das
mythische
Selbst", einen der kühnsten Entwürfe
historischer Anthropologie, die "mythische
Zeit", ein Problem, das Thomas Mann auch in anderen Romanen
und Essays
beschäftigte, sowie um das spannungsreiche, aber für
Mann in keiner Weise sich
ausschließende Verhältnis von Mythos und
Monotheismus. Assmann beschreibt das
Ägyptenbild der Josephsromane und vergleicht die
Josephsgeschichte Manns mit
der biblischen Erzählung sowie ihrer ägyptischen
Urgestalt. Höchst aufschlussreich
sind auch die abschließenden Vergleiche mit
zeitgenössischen Werken wie Arnold
Schönbergs "Moses und Aron" und
Sigmund Freuds "Der Mann Moses".
(C.H. Beck)
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Hermann Kurzke: "Thomas Mann. Ein
Porträt für seine
Leser"
"Alles Große steht als ein Trotzdem da",
heißt es im "Tod
in Venedig". Es ist trotz Kummer, Qual und tausend Hemmnissen zustande
gekommen. Hermann Kurzke legt hiermit einen Gang durch das dichterische
Werk
vor.
Was alles dazugehörte, um Romane wie "Buddenbrooks", "Der
Zauberberg", "Joseph und seine Brüder" oder "Doktor Faustus"
zu schreiben, - was dazugehörte an Bedingungen,
Umständen, Vorlieben, Prägungen,
Überzeugungen, Kenntnissen, Techniken, Leidenschaften,
Widrigkeiten, Glücksfällen
und Katastrophen, und wie es dann jeweils zu einem Werk zusammenschoss,
das wird
hier in einer kunstvoll verflochtenen Kette von in sich geschlossenen
thematischen Abschnitten gezeigt. Sie heißen "Lange
Sätze" oder
"Lebensausbeutung", "Erotik" oder "Feinde", "Süßer
Schlaf" oder "Der Sinn der Welt" und sind stets unterhaltsam
geschrieben, kurz und bündig, auf das Sorgfältigste
pointiert und von dem
Wunsch beseelt, über das voluminöse Werk Thomas Manns
auf knappstem Raum das
Entscheidende zu sagen. (C.H. Beck)
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