Wilfried Stroh: "Die Macht der Rede"
Eine kleine Geschichte der Rhetorik im alten Griechenland und Rom
"Wann
war Rhetorik mehr gefragt als heute?"
Der einführende Einstieg Wilfried Strohs ist vor allem einmal
ein persönlicher. Er erklärt, woher seine eigene
Freude an der Rhetorik kommt, dass diese nämlich den
Sonntagspredigten seiner Vaters entspringt, und so beginnt der
vielschichtige Kommentar zur Rhetorik in spritzigen und lesbaren
Tönen. Bei dem Philologen und Homer-Kenner Schadewaldt hat er
studiert und so die rhetorischen Fähigkeiten auch auf dem
"akademischen Katheder" kennengelernt.
Stroh legt vom Beginn seines Buches an den Grundstein für die
Rhetorik, sie sei - die alleinigen Wurzeln in der griechischen Antike -
eine allübergreifende Kunst von enormer Wichtigkeit, die in
allen
anderen Künsten ihre Widerspiegelung finde: Politik, Recht,
Poesie, auch Musik und Bildender Kunst.
Dabei verhehlt Stroh auch nicht die populistischen Verstehensweisen des
Wortes und führt allen voran Adolf
Hitler an.
"Es konnte ja nicht ohne Folgen bleiben, dass gerade in
Deutschland einer der begabtesten und fatalsten Volksverhetzer aller
Zeiten sein „Drittes Reich“ auf die Rede und nur
auf die Rede gründen wollte. Doch das Misstrauen gegen die
Rhetorik hat tiefere Gründe und ältere
Autoritäten."
Der Rhetorik als Redekunst wohnt in ihrer Grundlage ja schon die
Schönfärberei inne, wie es Stroh nach Platon,
der sich über Gorgias äußert, formuliert.
Natürlich, wer gut und gekonnt zu reden vermag, der muss noch
lange nichts zu sagen haben.
Doch das Interessante an Strohs klaren und wirklich auch unterhaltenden
Ausführungen ist, dass diese durch ein breites Spektrum an
Erfahrungen angereichert sind und man hier Fußnoten findet,
die von rezipierendem Amüsement bis zum absolut
aufschlussreichen Aha-Effekt in Bezug auf die unterschiedlichsten
Diskurse eine kuriose Tiefe und nützliche Verweise
für den bieten, der sich differenzierter noch und weiter mit
dem Thema beschäftigen will.
Des Weiteren liegt dem Schreiben Strohs genau das zugrunde, was er auch
für Rhetorik als Ausgangspunkt festlegt: Es gehört
Wahrhaftigkeit in das Gesprochene, sonst kann auch Redekunst nicht mehr
retten.
Dabei greift Wilfried Stroh auch nach allen Seiten aus, bedient sich
der verschiedenen Diskurse und Disziplinen, um die Verwobenheit des
Redens aufzuzeigen; ganz natürlich ist diese immer da, weil
das Leben und Kommunizieren, das gegenseitige Verständnis
immer auf den Code der Sprache ausgerichtet sein muss, und das Was der
Sprache liefert immer auch ein Wie.
"Vor allem diese größten Meister des Wortes
und die Urheber der dazugehörigen Redetheorie dem heuten Leser
nahzubringen ist das Ziel dieses Buches. Dass man von ihnen auch
für die eigene Redepraxis viel lernen kann, weiß
jeder, der sich damit befasst hat."
Die Zielrichtung des Buches ist es, zu zeigen, was die Rhetorik im
alten Griechenland und Rom Großes zu leisten vermochte, aber
Wilfried Stroh gelingt immer wieder der Exkurs in das Hier und Jetzt,
um dem Leser die Nützlichkeit und das Wirken, oder auch die
Pleite, in seiner Gegenwart deutlich zu machen.
Und um das jetzig wichtige Wirken dessen, was Stroh vermitteln will, zu
verstehen, ist es besonders erforderlich und natürlich auch
seine eigene Grundlegung, der etymologischen und biologischen Herkunft
dieser Kunst nachzugehen. Wilfried Stroh weiß mit fundierten
philologischen Kenntnissen der Rhetorik in der lateinischen und
griechischen Sprache, der Mythologie und den Altertumswissenschaften
breitgefächert aufzuwarten und somit die kulturelle
Verwurzelung der bewussten Sprache deutlich zu machen. Dabei ist der
Fußnotenwust angenehm organisiert. Was wichtigerweise und
kommentierend zum Haupttext gesagt werden muss, ist mit Sternchen unter
den Text angeordnet. Was nötigerweise als Literaturangabe,
Zitat oder Ähnliches gekennzeichnet werden muss, ist im Anhang
zu finden. Ein robustes Lesebändchen erleichtert die
Handhabung des sechshundertseitigen Schmökers.
Denn gerade durch die vielen Verweisketten und die
Bedeutungsoffenlegungen des Autors wird die Streuung der
Ursprünge klar, und eine Parallelgeschichte der
Benennungskultur, die uns in der Gegenwart vielleicht auch immer weiter
von der Wichtigkeit oder dem Fühlen dessen weggeführt
hat, wird im Rekurs aufgerufen, um uns wieder näher zu
führen.
Dabei ist die Sprache Strohs, wie eingangs schon erwähnt, ein
wichtiger Faktor für das Buch. Hier schreibt Einer, der Lust
und Spaß an dem hat, worüber er schreibt. Also
fabuliert er auch gern über dieses oder jenes
Anekdötchen aus der Geschichte, das dem mitgehenden Leser
einen wahren Reigen der Vergangenheit offenbart, und ihn mit nahezu
hundertprozentiger Wahrscheinlichkeit als einen mit Rhetorik
Infizierten, aber doch mindestens daran Interessierten,
zurücklassen wird.
(Christin Zenker; 03/2010)
Wilfried
Stroh: "Die Macht der Rede. Eine kleine Geschichte der Rhetorik im
alten Griechenland und Rom"
Ullstein, 2009. 608 Seiten.
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Professor
Dr. Wilfried Stroh, geboren 1939, war bis 2005 ordentlicher Professor
für Klassische Philologie in
München. Seine Schwerpunkte im Bereich der antiken
Literatur sind Rhetorik und Erotik.
Besonders engagiert sich Wilfried Stroh für Latein als
gesprochene
und gesungene Sprache; er organisierte zahlreiche
Theateraufführungen, Konzerte und sogar Plaudersendungen in
lateinischer Sprache. Sein Buch "Latein ist tot, es lebe Latein!" wurde
ein
Verkaufserfolg:
Wilfried Stroh: "Latein ist tot, es lebe Latein! Kleine
Geschichte einer
großen Sprache"
Latein ist bis heute die erfolgreichste Sprache der Welt. Ihre
Biografie, die
uns auch mit den faszinierendsten Personen und Ereignissen der
europäischen
Geschichte zusammenbringt, ist so abwechslungsreich und spannend wie
ein
Abenteuerroman. Sollte sich ein Leser in die Heldin dieser Biografie so
heftig
verlieben, dass er sich zum nächsten Lateinkurs anmeldet,
würde er dem Autor
eine große Freude machen. Legite. Operae pretium erit. Lesen
Sie! Sie werden es
nicht bereuen.
Das oftmals totgesagte Latein erfreut sich wachsender Beliebtheit - und
das aus
gutem Grund: Lateinschüler sind die besseren Schüler.
Die lateinische Sprache
zu lernen bedeutet auch, die Grundlagen der abendländischen
Kultur zu
verstehen. Wilfried Stroh berichtet von den Ursprüngen des
Lateinischen, seinem
Siegeszug im römischen Imperium, seinem Niedergang und seiner
Karriere als
Sprache der Wissenschaft und Philosophie. Nicht unerwähnt
bleibt auch, dass
Latein im wahrsten Sinne des Wortes bereichernd sein kann:
Mit guten
Lateinkenntnissen hat man die besten Chancen, bei "Wer wird
Millionär?"
zu gewinnen. Doch man muss nicht unbedingt das Latinum haben, um als
schlauer
Kopf zu gelten: Mit lateinischen Redewendungen, die Wilfried Stroh ganz
nebenbei
vermittelt, kann man in jeder Unterhaltung brillieren. (List)
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Es sind oft wenige Worte, die entscheiden. Reden, die Geschichte
schreiben.
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Goebbels, Kaiser
Hirohito, Leopold Figl, Bruno Kreisky, Margaret Thatcher, Helmut Kohl,
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Gorbatschow, Martin
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Robert
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Stilblüten, die
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