Thomas Glavinic: "Das größere Wunder"
Der dritte "Jonas"-Roman:
angetrieben vom Wunder der Liebe
Das opus
magnum des 1972 in Graz geborenen und in Wien wohnhaften Autors Thomas Glavinic
wird bestimmt eines Tages erscheinen, dieses Buch war es allerdings noch nicht. Der Rezensent hat
"Das
größere Wunder" mit sehr ambivalenten Gefühlen gelesen: Der Autor kann
leserfreundlich, ohne dabei anbiedernd und trivial zu werden, schreiben, keine
Frage - und tut dies auch! Er gehört zu Recht zu den bekanntesten und
erfolgreichsten seiner Zunft im deutschsprachigen Raum. Dem Rezensenten waren
allerdings zu viele Klischees in diesem Buch verpackt, eine Spur zu viel Pathos,
der Roman zu wenig kompakt, die Personen nicht wirklich greifbar, etwas zu
geschwätzig, der Humor wirkt manchmal sehr bemüht.
"Das
größere Wunder" beschreibt mitunter auf geradezu märchenhaft anmutende Weise Jonas'
Lebensgeschichte.
Im ersten Kapitel finden wir den erwachsenen Jonas am Ende
seiner Kräfte am Mount Everest. Im nächsten Kapitel wird Jonas' Lebensweg
aufgerollt, und diesem folgt wiederum die Mount Everest-"Gegenwart" - und
das in ständiger Abwechslung, also weder dramaturgisch noch literarisch neu, aber
eine ideale Form, um die Spannung zu erhalten.
Jonas wächst in desolaten Familienverhältnissen auf, die Mutter ist labil und Alkoholikerin, der Vater verstorben. Jonas' Zwillingsbruder ist geistig behindert und der wertvollste und liebste Mensch für Jonas. Zusätzlich ist Werner eine sehr wichtige Bezugsperson für Jonas, am selben Tag, im selben Krankenhaus geboren, verbindet sie eine starke Freundschaft und Seelenverwandtschaft. Werners Großvater Picco, ein dubioser Millionär, seine Persönlichkeitsstruktur könnte man am besten als eine Mischung aus Buddha und Gottvater beschreiben, nimmt die drei Knaben in seine Obhut und lässt ihnen daheim Privatunterricht angedeihen. Viele traurige, vielleicht wichtige Schicksalsschläge begleiten Jonas auf seinem Weg der und zur Reifung ... |
"Mit zehn kam Jonas ins
Krankenhaus, weil ihn ein neuer Freund seiner Mutter verprügelt hatte, genau
jener, den Jonas insgeheim 'das Affe' nannte, weil so ein Mensch seiner
Ansicht nach keinen korrekten Artikel verdiente. |
"Das größere Wunder" liest sich stellenweise ein bisschen wie ein Drehbuch. Es wird
wohl der Tag kommen, an dem ein (hoffentlich guter) Regisseur den Roman verfilmen
wird. Damit man den Rezensenten nicht missversteht: Das Buch ist dem Gehalt nach wesentlich mehr
als eine übliche Mensch-, Natur-, Sonnenfinsternis-, Bergmetapher geworden, es
gibt viele beeindruckende philosophische Ansätze, viele berührende Einschübe,
welche nicht aufgesetzt wirken.
Auf das größere belletristische Wunder wartet die interessierte
Leserschaft somit gern noch ein Weilchen!
(J. Huber)
Thomas Glavinic: "Das größere Wunder"
dtv, 2015. 528 Seiten.
Buch
bei amazon.de bestellen
Digitalbuch bei amazon.de bestellen
Ein weiteres Buch des Autors:
"Der Jonas-Komplex"
Die Summe eines Jahres, der Querschnitt eines Lebens, das Abenteuer der Liebe.
Ein Jahr im Leben eines Wiener Schriftstellers, zwischen Drogen, Alkohol und
Frauen. Ein Abenteuer, das Jonas und seine große Liebe Marie bis zum Südpol
führen soll. Und ein dreizehnjähriger Junge, der leidenschaftlich Schach spielt,
um seinem Alltag zu entfliehen. Dazu Nebenfiguren wie aus einem Tarantino-Film:
Ein Anwalt der "Hells Angels", ein Wing Tsun-Großmeister und eine Mörderin, die
die Leichen ihrer Liebhaber mit einer Kettensäge zerlegt. Die wirkliche Welt
trifft auf die Sehnsucht nach einem anderen Leben. Und Thomas Glavinic gelingt
das große Kunststück, all das in einen mitreißenden Roman über die
entscheidenden Fragen zu verwandeln: Wer will ich sein? Und habe ich den Mut,
die richtigen Entscheidungen dafür zu treffen? (S. Fischer)
Buch
bei amazon.de bestellen