Jonathan Sperber: "Karl Marx"
Sein Leben und sein Jahrhundert
Annäherung an ein Phänomen
Menschen sind ebenso wie geschichtliche Prozesse und Ereignisse einzigartig,
bedeutende wie weniger bedeutende. Doch die Singularisierung als Manifest dieser
Einzigartigkeit führt in aller Regel zur Ohnmacht des Betrachters, in
Bewunderung oder Verteufelung. Karl Marx war sicherlich von eminenter
Einzigartigkeit, wenn man allein seinen Bekanntheitsgrad zugrunde legt. Um
solche Menschen wie Karl Marx einzuordnen, muss man sie in ihre biografischen
Primzahlen
zerlegen und diese in ihrem historischen und ideengeschichtlichen
Kontext drehen und wenden. Am Ende darf man sie wieder zusammenfügen, doch dann
ist die Singularität meist einem zumindest partiellen Verständnis gewichen, und
man ist der Person ein Stück näher gekommen.
Marx als genialer Visionär ist das Produkt derer, die es sich im Schatten dieser
selbst propagierten Visionen gut eingerichtet hatten und den Sachwalter der
Volksinteressen spielten, wie das heute noch in Nordkorea zu beobachten ist. In
Wirklichkeit waren sie durch und durch korrupt, bauten sich selbst ein warmes
Nest und bekämpften politische Gegner wie Despoten klassischer Prägung. Nur eine
geschichtliche Figur wurde so instrumentalisiert und teils bis zur
Unkenntlichkeit uminterpretiert wie Marx: Jesus. Bis zur heilsgeschichtlichen
Verklärung durch weite Kreise der Bevölkerung. Das eint beide, vielleicht mehr,
als dem Einen oder Anderen lieb ist.
Schon einige Jahre vor Marxens 200. Geburtstag mehrt sich die Zahl der
Neuerscheinungen, die sich mit ihm und seinem Generalsekretär
Engels
beschäftigen. Dass wir nicht bis zu dem runden Jubiläum warten müssen, bis eine
umfassende Biografie auf den Markt kommt, ist natürlich sehr zu begrüßen. Und so
wenden wir uns mit großen Erwartungen diesem Werk zu.
Bereits in der Einleitung kann man eine These lesen, die auf den ersten Blick
plakativ, provokativ anmutet: "Das Bild von Marx als einem Zeitgenossen, dessen
Ideen die moderne Welt prägen, ist überholt und sollte einem Verständnis
weichen, das ihn als Gestalt einer verflossenen historischen Epoche sieht, die
gegenüber unserer Gegenwart immer weiter in die Vergangenheit zurücksinkt: Er
gehört zum Zeitalter der Französischen Revolution, der hegelschen Philosophie,
der Anfänge der Industrialisierung in England und der aus ihr abgeleiteten
Ökonomie. Vielleicht ist es sogar sinnvoller, Marx als einen rückwärtsgewandten
Menschen zu sehen, der die Gegebenheiten der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts
in die Zukunft projizierte, und nicht als einen souveränen und vorausschauenden
Interpreten historischer Tendenzen. Das sind die Prämissen, die dieser
Marx-Biographie zugrunde liegen." Es folgt noch eine Binsenweisheit
ideengeschichtlichen Verständnisses, die jedoch allzu oft aus dem Blick gerät:
"Um Marxens Ideen zu verstehen, genügt es nicht, ihren intellektuellen Inhalt zu
kennen; man muss sie im größeren Zusammenhang seines Lebens sehen." Die
Einleitung spannt gekonnt die Folie auf, vor der Marxens Leben und Werk
aufgeführt werden. Gespannt wendet sich der Leser diesem zu.
Trier, die Geburtsstadt Karl Marx', bildete in ihrem strengen Katholizismus
schon eine Besonderheit, die im Übrigen bis heute andauert. Auch die
napoleonische und nachfolgend preußische Zugehörigkeit konnten diese Lage nicht
nachhaltig verändern. So etwas prägt einen angehenden Intellektuellen. Auch
seine jüdische Herkunft beeinflusste ihn trotz der Konversion seines Vaters zum
Christentum - bemerkenswerterweise zum Protestantismus. Dem Christentum konnte
man im 19. Jahrhundert entgehen, den preußischen Verhältnissen weniger, hier
bleibt am Ende nur die Emigration.
In Bonn, wo er sich mehr im außeruniversitären Bereich hervortat und auch den
Karzer von innen kennenlernte, begann er sein Studium der Rechtswissenschaften
und der Kameralistik. Auf Betreiben des Vaters wechselte er allerdings 1836 nach
Berlin, wo er in den Bann Hegelscher Gedanken geriet und in sich einem Kreis von
Junghegelianern bewegte. Hegelianismus und Junghegelianer sind Themen, zu denen
die Expertise des Autors an einigen Stellen hervorblitzt. 1841 erfolgte die
Promotion "in absentia" an der Universität Jena.
1840 starb Karl vom Stein zum Altenstein, der Protektor der Junghegelianer in
Preußen. Mit der Regentschaft durch Friedrich Wilhelm IV. kurz danach ging Marx'
- und nicht nur seine - akademische Laufbahn somit thematisch zu Ende: "Er ging
wie die meisten Junghegelianer von der Philosophie zum politischen Handeln über,
und statt nach einer staatlich finanzierten Karriere trachtete er nun nach dem
Umsturz des preußischen Staates", schreibt Sperber.
Marx kehrte zuerst nach Bonn zurück, wo er mit seiner Habilitationsschrift
begann. Ab 1842 war er Redakteur bei dem Kölner Blatt "Rheinische Zeitung",
womit er sich bei den "radikalen Intellektuellen ganz Mitteleuropas", wie
Sperber schreibt, den Ruf eines eigenständigen Geistes erarbeitete. Hier lässt
sich auch sein Kontakt mit der "sozialen Frage" bestimmen, allerdings war Marx
zu der Zeit ziemlich kommunismuskritisch. 1843 wurde die "Rheinische Zeitung"
übrigens nach einem Artikel Marx' durch einen Erlass der preußischen Regierung
eingestellt.
1843 gingen Arnold Ruge, Moses Heß und Marx nebst Familien nach Paris, um dort
die "Deutsch-Französischen Jahrbücher" herauszugeben, die jedoch über eine erste
Doppelausgabe nicht hinauskamen. In Paris verfasste er auch die "Kritik der
Hegelschen Rechtsphilosophie", eine der bedeutenderen Schriften. Hierin zeichnen
sich erste Marxsche Elemente ab: Die Revolution hinge von der "Bildung einer
Klasse mit radikalen Ketten" ab. "In diesen Zeilen", so Sperber,
"erscheint die Arbeiterklasse als die treibende Kraft und das Subjekt der
Geschichte. Sie war die Nachfolgerin von Hegels absolutem Geist, Bauers
menschlichem Selbstbewusstsein und Feuerbachs Wesenheit der Spezies Mensch. Man
könnte überspitzt sagen, Marx habe aus politischen Gründen die Arbeiterklasse
erfunden, um nach seinen frustrierenden Erfahrungen mit der autoritären
preußischen Herrschaft seinen Ambitionen Flügel zu verleihen."
Seine Rezension zu Bruno Bauers Buch "Die Judenfrage" wird, so Sperber,
gelegentlich als Quelle für Marxens Antisemitismus angesehen, dieser Vorwurf
basiere jedoch auf einem "anachronistischen Verständnis sowohl des
Antisemitismus als auch der Juden". Zwar teilte er Bauers Kritik an der
Rückständigkeit des durchritualisierten und isolationistischen mosaischen
Glaubens, trat jedoch "ausdrücklich für die Gleichberechtigung der Juden ein".
Daraus folgt, die "Emancipation des Staates vom Judenthum, vom Christenthum,
überhaupt von der Religion" sei Ausdruck der "politische[n] Emancipation des
Juden, des Christen, überhaupt des religiösen Menschen". Sperber schreibt:
"Ein
Staat, der es Anhängern aller religiösen Konfessionen ermöglichte, Bürger mit
gleichen Rechten zu werden, schloss damit die Religion aus dem politischen und
öffentlichen Leben aus, ebenso wie er (und auch hier stellte Marx einen
ausdrücklichen Bezug zu den Vereinigten Staaten her) durch die Einführung des
allgemeinen Wahlrechts (wenn auch erst einmal nur für Männer) die Rolle des
Eigentums in der Politik zurückdrängte." Neben dieser politischen Ideallinie
klingen seine Bemerkungen zu den "wirklichen Juden" befremdlich, denn deren
"weltlicher Kultus" sei der "Schacher" und deren
"weltlicher Gott" das Geld.
"Die Emancipation vom Schacher und vom Geld, also vom praktischen, realen
Judenthum wäre die Selbstemancipation unserer Zeit." Marx identifizierte den
Kapitalismus mit dem Judentum. Aber der folgende Satz rückt diese Isometrie ins
rechte Licht: "Die gesellschaftliche Emancipation des Juden ist die Emancipation
der Gesellschaft vom Judenthum." Man muss sich vor Augen führen, dass die Kritik
am Judentum zu dieser Zeit gesellschaftlicher Konsens war. In dieser Zeit las
Marx sich in die Wirtschaftswissenschaften ein: Adam Smith, James Mill, David
Ricardo, Jean-Baptiste Say.
Doch der preußische Arm reichte bis Paris und bewirkte Anfang 1845 die
Ausweisung von Marx, Ruge und drei weiteren Aufrührern, woraufhin Marx, Engels
und Moses Heß nach Brüssel zogen.
"In Brüssel machte Marx seine revolutionären Lehrjahre durch, hier eignete er
sich das organisatorische, geistige und politische Rüstzeug (...) an." Eine erste
Reise mit Engels nach London zur Stoffsammlung seiner geplanten Kritik der
Ökonomie fand zu dieser Zeit statt. Anfang 1846 begründeten sie ein ganz Europa
überspannendes "Kommunistisches Korrespondenzkomitee". Kommunismus und
Demokratie bedeuteten in diesen Tagen für Marx und Engels dasselbe, denn "der
Kommunismus sei die zeitgemäße Verwirklichung der Demokratie".
1847 veränderte sich die Lage, denn "[e]ine Wirtschafts- und Finanzkrise - eine
schwere Rezession, würden wir heute sagen -, die sich an die Missernten der
beiden vorangegangenen Jahre anschloss, erschütterte das Vertrauen der
Öffentlichkeit zu den bestehenden Herrschaftsformen." Paris wurde zum Schauplatz
politischer Massenkundgebungen, die, um nicht verboten zu werden, als große
Bankette angekündigt wurden. Die Revolten zogen sich quer durch Europa. "Für
Marx war diese anschwellende Woge politischer Aktivitäten eine willkommene
Befreiung aus der Sackgasse, in der sich seine Projekte Ende 1846 festgefahren
hatten." Aufstände fanden 1847 in der Schweiz statt, in Süditalien 1848, es
folgte die Ausrufung der Republik in Frankreich Ende Februar 1848 in Paris. Kurz
zuvor war in London das geniale "Kommunistische Manifest" erschienen. Im März
wurde Marx nebst Familie aus Belgien ausgewiesen, und er reiste nach Paris, von
wo er eine Einladung erhalten hatte. Doch er zog weiter nach Köln, wo er die
"Neue Rheinische Zeitung" gründete. "Spätestens im Herbst 1848 war Marx ein
einflussreicher Revolutionär und der Herausgeber einer Zeitung mit einer rapide
wachsenden Auflage [...]". Im Mai 1849 hatte es die preußische Regierung endlich
geschafft, und Marx wurde ausgewiesen, er verließ Deutschland endgültig.
Nach der komfortablen Zeit in Köln lief es in London nicht so gut: Keine
Anerkennung, kein Geld. Marx verkrachte sich wieder mit einer Menge Leute und
lebte beständig am Rande des wirtschaftlichen Existierens. Erst als Engels sich
mit seiner wohlhabenden Familie partiell versöhnte und in Manchester zu arbeiten
begann, besserte sich die Lage etwas. Da Marx evolutionäre politische Prozesse
ablehnte und nur revolutionären Modellen eine Zukunft zuschrieb, war das
letztliche Scheitern der 1948-49er-Prozesse und die nachfolgende Normalität kein
Klima, in dem seinen Vorstellungen reifen konnten. Der preußische Staat - und
dahinter natürlich Friedrich Wilhelm IV. - arbeitete hingegen verdeckt gegen die
sozialistische und kommunistische Szene. 1851 konnten der konspirativ arbeitende
Kölner Bund der Kommunisten ausgehoben und die Mitglieder ins Gefängnis gesteckt
werden. Die meisten von ihnen wurden bei dem Prozess 1852 verurteilt. Der Bund
der Kommunisten wurde kurze Zeit später in London aufgelöst. 1851 ließ sich
Louis-Napoléon Bonaparte als Napoleon III. zum Kaiser krönen. Vor diesem
Hintergrund verfasste Marx eine seiner einflussreichsten Schriften: "Der
achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte", stilistisch wohl das Beste, was Marx
je verfasst hatte, nach Sperber ein literarisches Meisterwerk.
Die 1850er-Jahre boten wenig Raum für Revolutionen. Marx verdingte sich in
dieser Zeit als Journalist und schrieb für insgesamt sechs Tageszeitungen. Er
hatte "großzügige Spielräume", "als politischer Agitator betätigte er sich
jedoch nicht mehr". Quantitativ übertrafen seine Zeitungsbeiträge den Rest
seiner lebenslangen Publikationen. Nach Jahren prekärer Finanzen und mangelnden
Einflusses bot die Gründung der Internationalen Arbeiterassoziation 1864 in
London die Gelegenheit für Marx, wieder an Einfluss zu gewinnen. Durch den Tod
Lassalles war auch die deutsche Arbeiterbewegung führungslos, doch hier
gestaltete sich die Einflussnahme etwas schwieriger. Eine Erbschaft Friedrich
Engels' entledigte diesen seiner und Marxens finanzieller Probleme auf
Lebenszeit.
"1857, in Folge der weltweiten Rezension und Krise, begann er mit der
Niederschrift seiner lang geplanten Abhandlung zur politischen Ökonomie. Die
Idee dazu ging auf die Mitte der Vierzigerjahre in Paris zurück, auf eine Zeit
also, in der er sich erstmals mit den wichtigen Strömungen der Nationalökonomie
beschäftigt hatte. [...] Als das Werk [postum in einer Engels-Edition] endlich
erschienen war, lebten die meisten Ökonomen nicht mehr im gleichen theoretischen
Universum wie einst Smith und Ricardo [...]." Ein Thema dieser Abhandlung war das
"Gesetz des tendenziellen Falles der Profitrate". Für Ricardo und Mill war das
Ende dieses Falles das Ende des Kapitalismus. Bei Marx ging dieses Ende einher
mit der Erhebung der Arbeiterklasse. Schaut man sich an, in welchem Maße
marxistische Ökonomen das Gesetz abwechselnd bewiesen und widerlegten, so sieht
man sich an die heutigen Diskussionen
zur Schuldenkrise im Euroraum erinnert.
Geradezu visionär wirkt dieser landwirtschaftliche Satz, der hinsichtlich der
Eigentumsverhältnisse sofort an
Rousseau denken lässt:
"Selbst eine ganze
Gesellschaft, eine Nation, ja alle gleichzeitigem Gesellschaften zusammen sind
nicht Eigentümer der Erde. Sie sind nur ihre Besitzer, ihre Nutznießer, und
haben sie als boni patres familias den nachfolgenden Generationen verbessert zu
hinterlassen."
Fazit:
Im Widerstreit hegelianischer Dialektik und positivistischer Empirie hat Marx
seine Wurzeln im Hegelschen Denken nie verleugnet. Ein wissenschaftlicher
Fortschritt unter dem Primat dialektischer Wertung dürfte ihm am Ehesten
entsprochen haben. In Marxens Positionen findet man die Gedanken Hegels, der
Junghegelianer und auch der Positivisten oder Empiristen, humanistischen
Internationalismus und die geistige Enge von Nationalismus, Rassismus und
Antisemitismus, etwa gegenüber Lassalle. Dennoch: Marx war ein Schwergewicht,
ohne Zweifel, und Sperbers Biografie nimmt es mit dem Schwergewicht auf. Der
Autor kritisiert, wo es objektiv angebracht ist, und überlässt, wie sich das
gehört, das Urteil dem Leser.
Marx hatte sicherlich in vielem Recht und das "Kommunistische Manifest" würde -
vor dem Hintergrund der damaligen Verhältnisse - heute wohl nahezu jeder
unterzeichnen können. Aber man kann, man muss Marx auch kritisieren. Er war sich
für keine intellektuelle Rauferei zu schade und verschenkte viele Chancen, durch
Zugeständnisse und Kompromisse ein breites Bündnis mit den anderen Reformkräften
seiner Zeit einzugehen. Liberale verschiedenster Couleur rangen selbst
Bismarck
Zugeständnisse ab, die das Los der Menschen deutlich verbesserten. Doch
Evolution war für ihn überwiegend kein Thema, erst die Revolution würde den heilsbringenden,
den teleologischen Weg eröffnen. Er war auch der Überzeugung,
dass die Exzesse des Kapitalismus am Ende nötig seien, um den großen Knall der
Revolution herbeizuführen. Das Mehr an menschlichem Elend, das er für diesen Weg
in Kauf nahm, wirft einen immensen Schatten auf seine vielleicht noch so hehren
Absichten. Man fühlt sich fast an die Gegensätze von Hamas und Fatah erinnert.
Eine detaillierte Ausarbeitung einer kommunistischen Gesellschaft, die
allenthalben oft mit Marx in Verbindung gebracht wird, sucht man in seinen
Schriften übrigens vergebens, doch ein paar Eckpunkte kann man doch entdecken.
Vor dem Hintergrund einer durchaus bürgerlichen Gesellschaft mit Kunst und
Wissenschaft war die Arbeitswelt frei von entfremdenden, arbeitsteiligen
Tätigkeiten. Arbeit musste sein, sie diente der Gesellschaft, aber auch der
Selbstverwirklichung. Marxens alptraumhafte Arbeitsvorstellungen hat wohl keiner
besser umgesetzt als
Charlie Chaplin in
"Modern Times".
Etwas merkwürdig mutet es an, wenn der Autor Leibniz mit Locke und Newton
zusammen zu einer "veritablen Trinität der Aufklärung" befördert. Da würden
einem aber Andere einfallen als Leibniz, denn Aufklärer versuchen sich zumeist
nicht in der Lösung des Theodizee-Problems, wie Leibniz das betrieb. Bei
ökonomischen Themen versäumten es gelegentlich spätestens die Übersetzer, die
Termini Marxscher Theorien in heutige Begriff zu kleiden. Denkt man sich bei dem
Thema Profitrate den Begriff Rentabilität mit, so leuchtet mancher Satz sofort
ein.
Jonathan Sperber hat eine bedeutende Biografie vorgelegt, die das Potenzial zu
einem Referenzwerk Marxschen Lebens und Wirkens besitzt. Man wünscht diesem Buch
viele Leser, denn Marx ist in aller Munde, doch allzu oft steckt dahinter nur
eine Metapher, die nicht unbedingt zu Marx hinführt. Diese eher aufspüren zu
können, ist eine der Renditen dieses spannenden Buches.
Überlassen wir dem Autor den letzten Satz: "Marx' leidenschaftlicher,
unbeugsamer und kompromissloser Charakter bestimmte sein Leben und wurde zu dem
Merkmal, das wie kein anderes tief beeindruckte und auf große Resonanz stieß,
doch zugleich auch unversöhnliche Ablehnung und entschiedenen Widerspruch
hervorrief."
(Klaus Prinz; 04/2013)
Jonathan Sperber: "Karl Marx. Sein Leben und
sein Jahrhundert"
Übersetzt von Thomas Atzert, Friedrich Griese und Karl Heinz Siber.
C.H. Beck, 2013. 634 Seiten mit 33 Abbildungen.
Buch
bei amazon.de bestellen
Digitalbuch bei amazon.de bestellen
Jonathan Sperber ist Professor für Geschichte an
der Universität von Missouri. Seine Bücher über das 19. Jahrhundert haben
mehrere Preise erhalten, darunter "Rhineland Radicals" über die
Revolution von 1848 im Rheinland den "Preis des DAAD" für das beste Buch zur
deutschen Geschichte.
Weitere Buchtipps:
Rahel Jaeggi, Daniel Loick (Hrsg.): "Nach Marx.
Philosophie, Kritik, Praxis"
Indem die kapitalistische Produktionsweise in den letzten Jahren ihre
Selbstverständlichkeit eingebüßt hat, sind auch der rein individualistische
Freiheitsbegriff und mit ihm das gesamte normative Gerüst des Liberalismus in
die Krise geraten. Die Gesellschaftskritik von Karl Marx stellt nach wie vor
attraktive Alternativen bereit. Die Beiträge dieses Bandes erörtern systematisch
Aktualität, Relevanz und Grenzen der Marx'schen Philosophie. Sie untersuchen
Marx' Bedeutung für den philosophischen Zusammenhang von Freiheit und
Gemeinschaft und diskutieren politische Konsequenzen hinsichtlich der
rechtlichen, ideologischen und ökonomischen Analyse und Kritik der Gegenwart. (Suhrkamp)
Buch
bei amazon.de bestellen
Ansgar Lorenz, Reiner Ruffing: "Karl Marx. Philosophie für
Einsteiger"
Marx ist wohl niemals aus der Mode gekommen, heute ist er wieder allgegenwärtig.
Politiker, Philosophen, Wissenschaftler, Revolutionäre - alle beziehen sie sich
auf den großen Denker des 19. Jahrhunderts. Das erstaunliche dabei: Marx scheint
trotz der historischen Distanz aktueller denn je. In Zeiten von
Wirtschaftskrise, Globalisierung und ausgeprägtem Kapitalismus lohnt es sich,
seine Theorien einer immer neuen Lektüre zu unterziehen.
Wer nun nicht gleich "Das Kapital" wälzen mag, erhält hier, unterhaltsam und
klar verständlich geschrieben, Antworten auf die wichtigsten Fragen. Die
liebevoll angefertigten Illustrationen unterstützen das Textverständnis. Was ist
und wie funktioniert der historische Materialismus? Wie vereinigen sich
eigentlich Proletarier? Religion als Opium - wie war das gleich? Neben
grundlegenden Erläuterungen lernen wir, in welchem Verhältnis Marx zur
Philosophie Hegels steht, wie er die nationalökonomischen Theorien von Adam
Smith beurteilt und worin eigentlich der Unterschied zwischen Marxismus,
Sozialismus, Kommunismus, Leninismus, Stalinismus, Maoismus etc. besteht. (Wilhelm
Fink)
Buch
bei amazon.de bestellen