Jan Assmann: "Exodus"
Die Revolution der Alten Welt
Ein
Auszug und sein weltbewegendes Nachspiel
Die Erzählung vom Auszug der Hebräer aus der
Sklaverei in Ägypten hat den Rezensenten schon als Kind als
eine monumentale Befreiungsgeschichte fasziniert. Neben der
Nächsten- und Feindesliebe sowie der Erzählung von
Gottes Gerechtigkeit, für die Jesus
im Neuen Testament steht, war sie nicht nur für seinen Glauben
entscheidend, sondern auch für seine Berufswahl.
Diese Geschichte vom Auszug aus Ägypten ist eine der
wirkmächtigsten Erzählungen der Menschheit, und der
Rezensent hat sie deshalb auch keiner einzigen Grundschulklasse
vorenthalten, die er in zwei Jahrzehnten unterrichtet hat. Der Exodus
steht, wie Jan Assmann in seinem an sein umstrittenes Buch "Die
Mosaische Unterscheidung oder Der Preis des Monotheismus" und seine
Kritik des Monotheismus anknüpfenden Buch zeigt, nicht nur
für die Befreiung aus der Sklaverei, sondern ist auch immer
wieder Quelle von Befreiungsbewegungen und Revolutionen quer durch die
Geschichte und steht für die Geburt bzw. Erfindung des
Monotheismus, des Glaubens an den einen Gott.
Die Schlüsselszenen im Buch Exodus sind
bedeutsam für die Heilsgeschichte des Judentums, des
Christentums und des Islam. Doch weit über die Ausbildung und
die Entwicklung dieser drei monotheistischen, abrahamitischen
Religionen hinaus haben die Erzählung und die Tradition vom
Exodus, vom
gottgewirkten Weg aus der Unfreiheit in die Freiheit in der
Kunst und in der Literatur der Jahrhunderte, seitdem bis auf den
heutigen Tag eine ungeheure Wirkung entfaltet. |
"Die Nacht des Auszugs, in der die Israeliten zum Aufbruch gerüstet in ihren Häusern sitzen und das Opferlamm verzehren, mit dessen Blut sie ihre Türpfosten gestrichen haben, um verschont zu werden, während draußen JHWH durch Ägypten geht und alle Erstgeburt erschlägt, diese Nacht bildet die Urszene des Pessachfestes, die bis heute im Judentum in der Seder-Nacht nachgespielt wird und auch dem christlichen Osterfest als Subtext zugrunde liegt. Die eigentliche Plage, die Tötung der Erstgeburt, wird dann nach 28 Versen, die der Einrichtung des Pessach- und Mazzen-Fests gewidmet sind, in zwei Versen erzählt; zwei weitere widmen sich der Reaktion Pharaos, der endlich die Israeliten mit all ihrer Habe freilässt. Zu dieser Habe gehört auch Gold- und Silbergeschmeide, das sie sich vor ihrem Aufbruch noch von den Ägyptern schenken lassen (Ex 11,2 f.; 12,35 f.): ein wichtiges Motiv, das bereits Abraham (Gen 15,14) und Mose (Ex 3,21 f.) angekündigt wird. Aus diesem Gold wird später das Goldene Kalb gegossen werden, aber auch beim Bau des Tabernakels wird es eine Rolle spielen. (...)" (Aus dem Buch) |
Weiters
wird Assmanns nach "Die Mosaische Unterscheidung oder Der Preis des
Monotheismus" anno 2010 kontrovers diskutierte Monotheismustheorie und
Monotheismuskritik erneut aufgenommen und fortgeführt.
Hauptfokus dieses Buches sind jedoch die enormen weltgeschichtlichen
Folgen des Auszugs der Israeliten aus Ägypten bis in die
heutige Zeit.
Insbesondere christlichen und liberalen islamischen Theologen kann man
dieses Werk ans Herz legen. Auch kann es die jüdische
theologische Debatte enorm bereichern.
Für Assmann ist der Auszug aus Ägypten die
Gründungserzählung der modernen Welt, wie wir sie
heute kennen.
(Winfried Stanzick; 02/2015)
Jan
Assmann: "Exodus. Die Revolution der Alten Welt"
C.H. Beck, 2015. 493 Seiten mit 40 Abbildungen.
Buch
bei amazon.de bestellen
Noch
ein Buchtipp:
Jan-Heiner Tück (Hrsg.): "Monotheismus unter Gewaltverdacht.
Zum Gespräch mit Jan Assmann"
Unter den Stimmen, die das Unbehagen am Gewaltpotenzial des
Monotheismus artikuliert haben, verdient Jan Assmann besondere
Aufmerksamkeit. Er hat die Auffassung vertreten, dass der biblische
Monotheismus eine neue Form von Hass in die Welt gebracht habe - einen
Hass, der durch religiöse Wahrheitsansprüche
motiviert werde. Kein Geringerer als Papst Franziskus hat die
akademische Theologie aufgefordert, sich mit Jan Assmanns These
näher auseinanderzusetzen. (Herder)
Buch
bei amazon.de bestellen