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KÖNIG
Dank, lieber Herr!
Polonius ab.
O
meine Tat ist faul, sie stinkt zum Himmel;
Sie trägt den ersten, ältesten
der Flüche,
Mord eines Bruders!
- Beten kann ich nicht,
Ist gleich die Neigung dringend wie der Wille:
Die
stärkre Schuld besiegt den starken Vorsatz,
Und wie ein Mann, dem zwei Geschäft
obliegen,
Steh ich in Zweifel, was ich erst soll tun,
Und lasse beides.
Wie, wär diese Hand
Auch um und um in Bruderblut getaucht,
Gibt es nicht
Regen gnug im milden Himmel,
Sie weiß wie Schnee zu waschen? Wozu dient
Die
Gnad, als vor der Sünde Stirn zu treten?
Und hat Gebet nicht die zwiefache
Kraft,
Dem Falle vorzubeugen und Verzeihung
Gefallnen auszuwirken? Gut,
ich will
Emporschaun; mein Verbrechen ist geschehn.
Doch oh, welch eine
Wendung des Gebets
Ziemt mir? Vergib mir meinen schnöden Mord?
Dies
kann nicht sein; mir bleibt ja stets noch alles,
Was mich zum Mord getrieben:
meine Krone,
Mein eigner Ehrgeiz, meine Königin!
Wird da verziehn, wo
Missetat besteht?
In den verderbten Strömen dieser Welt
Kann die vergoldete
Hand der Missetat
Das Recht wegstoßen, und ein schnöder Preis
Erkauft
oft das Gesetz. Nicht so dort oben!
Da gilt kein Kunstgriff, da erscheint
die Handlung
In ihrer wahren Art, und wir sind selbst
Genötigt, unsern
Fehlern in die Zähne,
Ein Zeugnis abzulegen. Nun? Was bleibt?
Sehn, was
die Reue kann. Was kann sie nicht?
Doch wenn man nicht bereuen kann, was kann
sie?
O Jammerstand! O Busen, schwarz wie Tod!
O Seele, die, sich frei
zu machen ringend,
Noch mehr verstrickt wird! - Engel,
helft! Versucht!
Beugt euch, ihr starren Knie! Gestähltes Herz,
Sei weich wie Sehnen neugeborner
Kinder!
Vielleicht wird alles gut.
Entfernt sich und kniet nieder. Hamlet kommt.
HAMLET
Jetzt
könnt ichs tun, bequem; er ist im Beten.
Jetzt will ichs tun - und so geht
er gen Himmel,
Und so bin ich gerächt? Das hieß': ein Bube
Ermordet meinen
Vater, und dafür
Send ich,
sein einzger Sohn, denselben Buben
Gen Himmel.
Ei, das wäre Sold und Löhnung,
Rache nicht.
Er überfiel in Wüstheit meinen Vater,
Voll Speis', in seiner
Sünden Maienblüte.
Wie seine Rechnung steht, weiß nur der Himmel,
Allein
nach unsrer Denkart und Vermutung
Ergehts ihm schlimm; und bin ich dann gerächt,
Wenn ich in seiner Heiligung ihn fasse,
Bereitet und geschickt zum Übergang?
- Nein.
Hinein, du Schwert! Sei schrecklicher gezückt!
Wenn er berauscht
ist, schläft, oder in Wut,
In seines Betts blutschänderischen Freuden,
Beim
Spielen, Fluchen oder anderm Tun,
Das keine Spur des Heiles an sich hat:
Dann triff ihn, daß die Fersen ihm gen Himmel
Ausschlagen, daß die Seele so
verflucht
Und schwarz sei wie die
Höll, wohin sie fährt! -
Die Mutter wartet mein. - Dies Mittel
schlage
Nur an zur Dehnung deiner siechen Tage!
Ab. Der König steht auf und tritt vor.
KÖNIG
Das Wort fliegt auf, der Sinn hat keine Schwingen,
Wort
ohne Sinn kann nicht zum Himmel dringen.
Ab.
(aus "Hamlet"
von William Shakespeare)
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