(...)
Da habe es sich Sokrates auf seinem Speisesofa bequem gemacht und gegessen wie
die anderen auch, und sie hätten Trinkopfer dargebracht, einen Lobgesang
auf den Gott angestimmt und die sonstigen Bräuche vollzogen; dann habe
das Trinkgelage begonnen.
Zuerst ergriff Pausanias, erzählte Aristodem, etwa folgendermaßen
das Wort: Was meint ihr, Freunde, auf welche Weise werden wir am behaglichsten
zechen? Ich muss euch nämlich gestehen, mir macht der gestrige Umtrunk
wirklich noch schwer zu schaffen, und ich habe einige Erholung nötig -
so geht`s vermutlich auch den meisten von euch; ihr wart ja gestern dabei. Drum
seht zu, wie wir uns das Trinken möglichst erleichtern.
Aristofanes habe dazu geäußert: Ein guter Vorschlag, Pausanias, das
Gelage nach Möglichkeit ohne Trinkzwang zu gestalten! Ich bin ja auch einer
von denen, die gestern versumpft sind.
Den beiden habe Eryximachos, der Sohn des Akumenos, zugestimmt: Wohl gesprochen!
Doch von einem unter euch muß ich noch hören, wie`s mit seinem Trinkvermögen
steht: magst du noch, Agathon?
Ganz und gar nicht, habe der gesagt, ich bin auch am Ende meiner Kräfte.
Das ist ja, meine ich, ein rechter Glücksfall für uns, fuhr Eryximachos
fort, für mich und Aristodemos und Faidros und die anderen hier, wenn ihr,
die tüchtigsten Zecher, jetzt die Waffen streckt. Den Sokrates nehme ich
allerdings dabei aus. Der ist zu beidem fähig, so daß er zufrieden
sein wird, ob wir es nun so oder so halten. Da ich den Eindruck habe, daß
keiner der Gäste Lust hat, viel Wein zu trinken, falle ich euch vielleicht
nicht so lästig mit ein paar Worten darüber, was es mit der Trunkenheit
in Wahrheit auf sich hat. Mir ist nämlich klargeworden, daß der Rausch
den Menschen unzuträglich ist. Und ich möchte daher selbst nicht gern
drauflos trinken und auch keinem anderen dazu raten, erst recht nicht, wenn
man noch vom Vorabend her einen schweren Kopf hat.
Aber gewiß - sei ihm da Faidros der Myrrhinusier ins Wort gefallen: ich
bin gewohnt, dir zu folgen, vor allem, wenn du als Mediziner
sprichst; heute werden das aber auch die anderen tun, sofern sie vernünftig
sind.
So seien alle übereingekommen, an diesem Abend ohne Rausch zu bleiben,
vielmehr nur nach Lust und Laune zu trinken.
(...)
(aus dem "Symposion"
von Plato
übersetzt von Ute Schmidt-Berger)