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Fantasy (diverse)



Wieland Freund

Die unwahrscheinliche Reise des Jonas Nichts

rezensiert von Thomas Harbach

Mit „Die unwahrscheinliche Reise des Jonas Nichts“ veröffentlicht der 1969 in Paderborn geborene Wieland Freund seinen ersten phantastischen Roman im Beltz- Verlag. Für seine bisherigen Werke ist der in Berlin lebende Autor unter anderem mit dem Bayerischen Kunstförderpreis ausgezeichnet worden.

Jonas Nichts ist auf dem Lande bei Pflegeeltern aufgewachsen. Ein stummer Diener hat den Jungen dem Bauern in die Arme gelegt. Auf einen Zettel hat er den Vornamen Jonas geschrieben, als Nachnamen Nichts eingesetzt. So entstand der ungewöhnliche Name. Inzwischen ist Jonas 13 Jahre alt. Eines Tages kommt ein exzentrischer Rechtsanwalt auf den Hof und eröffnet ihm, dass er der Alleinerbe des Herrenhauses Wunderlich ist. Aber an das Erbe sind einige wenige Verhaltensregeln geknüpft. So darf er unter keinen Umständen das Spielzimmer betreten, in dem die beiden Cousinen oft tagelang verschwunden sind. Ein Zettel eröffnet ihm, dass er jedem Menschen sein wahres Alter verschweigen muss. Kurze Zeit später werden zwei Anschläge auf sein Leben verübt. Aus Angst um sein Leben flüchtet er zusammen mit dem stummen Diener Ruben, der ihn vor vielen Jahren an den Bauern übergeben hat, in das verbotene Spielzimmer und landet plötzlich in einer fremden, faszinierenden und gefährlichen Welt. Die Welt heißt Kanaria und ist Jonas zumindest aus den Aufzeichnungen der einen Cousine latent bekannt. Hier leben Fabelwesen und seltsame Menschen. Ruben und Jonas werden von Soldaten getrennt. Der einzige Zwölfjährige des Kaiserreichs Ole Mond bietet Jonas seine Hilfe an. Zusammen wollen sie Ruben suchen und ihn retten. Dabei erfährt Jonas von der Legende, das ein Zwölfjähriger die herzlose Kaiserin stürzen und Kanaria wieder einer bessere Zukunft zuführen wird.

Wieland Freunds Geschichte ist für Jugendliche ab 12 Jahren geschrieben. Zu Beginn glaubt sich der Leser in einem typischen Oliver Twist Szenario. Der in armseligen, aber liebevollen Verhältnissen aufgewachsene Jonas Nichts wird entwurzelt und in einer Umgebung verbannt, in der Misstrauen und Neid ihm als Erben gegenüber vorherrschen. Der Kontrast könnte nicht größer sein. Die einzigen potentiellen Verbündeten sind die mütterliche Köchin, der stumme Diener und der exzentrische Rechtsanwalt, der allerdings nach der Testamentsverkündigung schnell wieder in seine Praxis zurückkehrt. Das Herrenhaus Wunderlich ist zumindest für Jonas Nichts und damit den Leser ein zeitloser, geheimnisvoller, aber nicht magischer Ort. Freund bemüht sich, ein farbenprächtiges, dreidimensionales Bild dieses Gebäudes zu zeichnen. Handlungstechnisch sorgen die geheimnisvollen Zettel für Spannung, die Jonas Nichts immer wieder in seiner Nähe findet. Sind es die Nachrichten eines unbekannten Freundes? Oder steckt eine perfide Verschwörung hinter den hastig und in einer krakeligen Schrift niedergeschrieben worden. Fast meisterlich gelingt es dem Autoren, das Geheimnis des Spielzimmers und der insgesamt sieben Spielfiguren vor dem Leser zu verstecken. Rückblickend finden sich ausreichend Hinweise, die Idee hinter dem Zimmer schon früher zu entdecken, aber im direkten Handlungsverlauf stürzen so viele Ereignisse auf den Leser ein, dass es fast unmöglich ist, alles richtig einzuordnen. Der Leser verfolgt die Ereignisse auch nur auf der Augenhöhe des Protagonisten. Zum Glück für den Roman verzichtet Wieland Freund auf den allwissenden Erzähler.

Mit dem Übertritt nach Kanaria ändert sich aber die Prämisse. In diesem Sagenland wird Jonas Nichts ein doppelte Quest auf die schmalen Schultern gelegt. Zum einen muss er den Spinnenpalast finden, zum anderen seinen Freund Ruben aus der Hand der Soldaten befreien. An seiner Seite steht der ebenfalls Zwölfjährige Ole Mond. Der Plot schreitet immer noch sehr stringent voran, um die Spannung zu erhöhen, zieht Wieland Freund eine zweite Handlungsebene in, in welcher der Leser die Suche nach Jonas Nichts verfolgen kann. Erst am Ende des Buches laufen diese beiden Stränge zusammen und Freund schließt seinen Roman befriedigend und auf einer anrührenden Note ab. Kanaria ist mit interessanten Schöpfungen bevölkert, die das Interesse des Lesers hochhalten. Und trotzdem wirkt die Sequenz unbefriedigend. Das große Problem des Plots liegt in seiner Vorhersehbarkeit. Wieland Freund greift auf die Klischees des Fantasy- Genres zurück. Ein erfahrener Leser weiß schon lange vor Jonas Nichts, dass er der Schlüssel für die Niederlage der herzlosen Kaiserin ist. Das er in der anderen Welt vor ihr versteckt worden ist. Und das er natürlich zum richtigen Zeitpunkt auftaucht, um seine Welt zu befreien. Alles Ideen, die eher mechanisch niedergeschrieben worden sind und vor allem nach der sehr guten Exposition enttäuschen. Nachdem Wieland Freund vor allem mit den im Hause Wunderlich spielenden Szenen so überzeugend angefangen hat, stellt sich die Frage, warum er im Verlauf des Buches nicht weiter mit der Erwartungshaltung der Leser spielte. Wie schöne wäre es gewesen, wenn Jonas Nichts nur der Katalysator und nicht der Schlüssel der kommenden Ereignisse gewesen wäre? Warum nicht eine weitere Figur erfinden, die Jonas Nichts sowohl in der Realität des Hauses Wunderlich als auch der Irrealität Kanarias hätte finden müssen? Oder zumindest die Figur des Ole Monds an den entscheidenden Stellen deutlicher herauszuarbeiten. Der Schlüssel für den Niedergang der herzlosen Kaiserin hätte die ganze Zeit wie in einem komplexen Spiel vor ihren Augen versteckt sein können und dank Jonas Nichts Auftauchen wären die einzelnen Puzzleteile zusammengekommen. Es gibt sicherlich unendlich viele Varianten, diese eine Geschichte immer wieder neu zu erzählen. Es ist allerdings enttäuschend, wenn die Autoren immer wieder und vor allem im Jugendbuch auf diese zu simple Lösung zurückgreifen.

Die Enttäuschung über den Handlungsverlauf wird durch die interessanten Nebencharaktere ein wenig gemildert. Auf der einen Seite die bodenständigen Aron Blau und Ruben, die mit ihrer sympathischen, aber rustikalen Art Jonas Nichts und dem Leser eine gewisse Geborgenheit vermitteln, auf der anderen Seite der ein wenig überzeichnete Peregrin Aber. Entspricht er zu Beginn des Buches dem Klischee des Winkeladvokaten ist es sein Charakter, der in Kanaria über sich hinauswächst und seinen Worten Taten folgen lässt. Die Haushälterin Tabbi hat nur wenige Szenen, in denen sie sich auszeichnen kann. Aber sie verkörpert die weibliche, in der Minderheit befindliche Fraktion. Weiterhin positiv ist die Tatsache, dass die Erwachsenen trotz aller Exzentrik als autarke Figuren präsentiert werden und nicht wie in manchem Jugendbuch als stilisiertes Klischee, um die kindlichen Vorurteile gegenüber den Erziehungsberechtigen noch zu verstärken. Wenn Wieland Freund in seinem kleinen Nachwort auf die Holzspielzeugfiguren der Familie Bronte und das Märchenschloss Ludwig, des Zweiten hinweist, dann kann der Leser erahnen, in welche Richtung er seinen Roman ausgerichtet hat. Diese märchenhaften Elemente spielen aber keine übergeordnete Rolle, es ist ein phantasievoller Roman, der teilweise mit seinen guten Einfällen überrascht und an anderen Stellen aufgrund seiner Durchschnittlichkeit enttäuscht. Es ist ein ambitioniertes Projekt, das Wieland Freund hier angegangen ist und für diesen schriftstellerischen Mut und den Versuch, etwas Originelles zu erschaffen, kann man ihm nur gratulieren. „Die unwahrscheinliche Reise des Jonas Nichts“ ist ein klassischer Entwicklungsroman, in dem ein Junge mit seiner Vergangenheit und seiner Zukunft, mit der Notwendigkeit, Entscheidungen zu treffen konfrontiert wird. Er wächst mit den Herausforderungen, lernt neue Menschen kennen, sie zu lieben oder zu hassen. Aber Jonas Nichts stellt sich den Aufgaben und diese positive Botschaft stellt der Autor in den Mittelpunkt seines Buches. Trotz der unverkennbaren handlungstechnischen Schwäche beim in Kanaria spielenden Plot überzeugt Freund durch eine Unzahl guter Randideen und interessanter Charaktere. Ein schöner Phantasieroman und eine Hymne an die eigene Vorstellungskraft, die Berge versetzen kann, den Beltz in einer handlichen, optisch gut aufgemachten Ausgabe präsentiert.

Wieland Freund: "Die unwahrscheinliche Reise des Jonas Nichts"
Roman, Hardcover, 520 Seiten
Beltz Verlag 2007

ISBN 3-4077-9925-X

Weitere Bücher von Wieland Freund:
 - Das schwarze Karfunkel 2- Der Geist von Zweiseelen
 - Der schwarze Karfunkel- Tulpenfieber
 - Gespensterlied

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