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Horror (diverse)



David Wellington

Stadt der Untoten

rezensiert von Thomas Harbach

David Wellington ist der Beweis, das eine Karriere auch aus dem Internet auf die Bestsellerliste führen kann. Er hat auf seiner Homepage den hier vorliegenden Zombieroman “Monster Island” in einzelnen Teilen veröffentlicht. Die Resonanz ist so positiv gewesen, das sich schließlich ein Verlag gefunden hat, das Werk des gebürtigen Pittsburghers zu veröffentlichen. Auf ähnliche Weise ist auch der schon im Piper- Verlag publizierte “Der letzte Vampir” entstanden. Die Struktur mit einzelnen Kapiteln – die jeweils das originäre Ende seines Blogs bildeten – ist erhalten geblieben. Wenn der Klappentext davon spricht, wie sehr der Roman insbesondere die Fans von “Zombie” und “28 Weeks later” anspricht, dann hat der Klappentextschreiber nicht nur recht, sondern trifft vor allem die Stärke David Wellingtons. Auch in der deutschen Übersetzung Andreas Deckers ist sein Stil extrem cineastisch und der Autor macht sich an einigen Stelen auch eine Freude daraus, Filme zu zitieren. So ist das Ausgangsszenario im Grunde eine einzige Hommage an John Carpenters “Escape from New York” Nur statt den Präsidenten der Vereinigten Staaten aus einem Gefängnis zu holen, muss der ehemalige UN - Waffeninspektor Dekalb nach New York reisen, um mit einer Handvoll weiblicher Kindersoldaten Medikamente gegen AIDS zu bergen. Diese Medikamente sind für die Anführerin einer mächtigen Rebellentruppe in Somalia, eine der wenigen Bastionen der nicht mehr zivilisierten Welt. Die Tyrannin hält Dekalb siebenjährige Tochter gefangen. Der Rest der Welt ist wie auch New York von Zombies überrannt, die durch eine Epidemie entstanden sind. Zu Beginn des Romans kommt Dekalb mit seiner Truppe in neu York an. Die Stadt ist voller lebender Tote, die Flüsse sind mit echten Leichen verstopft. Ein Durchkommen zum UNO Hauptquartier, in dem sich die benötigen Medikamente befinden sollen, ist nicht möglich. Ein erster Versuch, in ein am Ufer gelegenes Krankenhaus einzudringen, endet in einem Fiasko. Die Truppe fliegt in einen VIRGIN Megastore, der von unzähligen Untoten belagert wird. Auf einer Parallelhandlung berichtet Wellington sehr geschickt von Gary, einem Untoten allerdings mit Verstand. Als Medizinstudent hat er sich schließlich entschlossen, sich mittels Eis und Gas selbst zu töten und so zu einem intelligenten Zombie zu werden, der unter den Millionen von anderen Untoten nicht nur überleben kann, sondern eine Chance sucht, Big Apple zu entkommen. Dekalb beginnt Gary zu vertrauen, nur als der Drang nach warmen Fleisch in dem Untoten übermächtig wird, zerbricht die Schicksalsgemeinschaft mit fatalen Konsequenzen.

Wie es sich für einen guten Zombieroman insbesondere im Vergleich zu einer Reihe exzellenter Filme gehört, lässt Wellington sein Szenario auf zwei Handlungsebenen mit einer unglaublichen Geschwindigkeit ablaufen. Sie vereinigen sich immer wieder kurzzeitig zu einem nur auf den ersten Blick stringenten Strang. Mit einem typischen Cliffhanger trennt Wellington dann wieder die Handlung auf. Diese Wechsel der Ebenen erhöht natürlich die Dynamik des Buches. Zumal der Autor - sehr unüblich - die Erzählperspektiven ändert. Dekalb berichtet von seiner verzweifelten Mission in der Ich- Perspektive, Gary dagegen in der distanzieren, aber im vorliegenden Band effektiveren dritten Person.

Ganz bewusst verzichtet Wellington auf jegliche Vorgeschichte. Diese erläutert er im zweiten Band der inzwischen abgeschlossenen Zombie- Trilogie. Der dritte Band der Serie spielt zwanzig Jahre später und hat Dekalbs Tochter als Hauptprotagonistin. Der Leser wird zusammen mit Wellingtons Protagonisten in diese erst vor wenigen Monaten aus den Angeln gehobene Welt gestoßen. Oberflächlich gesprochen ist „Stadt der Untoten“ ein geradliniger Zombieroman, in welchem gegen Ende Millionen von Untoten – keine Übertreibung – gegen eine Handvoll überlebender Menschen antreten. Dazwischen bildet die Kulisse der Geisterstadt New York eine Art Irrgarten, in welchem die Zombies die wenigen Überlebenden wie Vieh jagen. Der Autor nutzt diese Kulisse in vollen Zügen. Was Romero sein Kaufhaus gewesen ist, wird hier in der ersten Hälfte des Buches zu einem Virgin Megastore. Später ein Bunker unter der Stadt und schließlich ein Museum. Die Goreszenen sind hart, hier fliegen die Eingeweide, werden Köpfe entweder abgeschlagen und/ oder von Kugeln zersiebt. Da die Untoten über keinerlei Intelligenz mehr verfügen, stürmen sie immer wieder stoisch gegen die Barrieren. Hier setzt aber auch Wellingtons Gespür als Splatterautor ein. Spätestens mit der Einführung des intelligenten Zombies Gary beginnt er dem inzwischen nicht mehr überschaubaren Zombiegenre neue Impulse zu geben. Zu Beginn ein verschlagener, opportunistischer Helfer, der seinen Drang nach frischem Menschenfleisch zu Gunsten der möglichen eigenen Rettung noch unter Kontrolle halten kann, wird er schließlich zusammen mit einer keltischen Mumie (!) zum Anführer der Zombies und steuert sie mittel seiner Gedankenkraft. Dabei geht es ihm nicht nur um das Fleisch der wenigen Überlebenden, er will den Menschen ihre Lebenskraft aussaugen. Der Zombievirus hat aber nicht nur die Menschen befallen, auch die Tiere werden die Untieren? In einer Hommage an Hitchcocks „Die Vögel“ nutzt Gary einen Schwarm, um die Position von Dekalbs Truppe auszuspähen. Dabei saugt er den Vögeln ihre Energie aus und lässt sie danach seelenlos abstürzen. In einer weiteren originellen Sequenz vermuten Dekalb und seine Mädchentruppe, das die Zombies auf den Geruch der Menschen reagieren. In abgeschlossenen Vakuumanzügen versucht Dekalb, den Untoten so ein Schnäppchen zu schlagen und negiert seinen eigenen Plan mit einer amateurhaften Dummheit. Gary macht sich nicht nur auf die Suche nach den wenigen überlebenden Menschen, um das Geschlecht endgültig auszulöschen, am Ende nimmt er Geißeln, um sie für seine Lebensenergieexperimente zu missbrauchen. Mit diesen wirklich originellen Ideen hält David Wellington den geradlinigen Plot nicht nur am Leben, sondern überrascht an einigen Stellen seine Leser.

Neben den originellen Ideen überrascht die dreidimensionale Charakterisierung bis zum natürlich zynischen Ende hin. Der intelligente Zombie Gary ist bis auf den obligatorischen Größenwahn am Ende überrascht nuanciert und teilweise dreidimensional für den Schurken bzw. späteren Handlanger gezeichnet. Auch Dekalb als verzweifelter Waffeninspektor für die UNO – auch Wellington arbeitet für die Vereinten Nationen -, der jetzt nur noch seine Tochter retten möchte, wird nicht nur als Überheld gezeichnet, sondern als intelligenter Mensch, der in diesen extremen Situationen auch zum Teil Fehler macht. Es stellt sich allerdings die Frage, ob eine weibliche Hauptprotagonistin nicht auch dem Buch gut getan hätte. Zwischen Dekalb und der Kindsoldatin Ayaan entwickelt sich eine Art Ersatzvaterbeziehung. Wellington zeichnet die junge Frau nicht nur als extreme Fundamentalistin, sondern teilweise auch als Kind, dem die schönsten Jahre ihres Lebens genommen worden sind. So gehört die Begegnung mit einer Statistin aus einem Julia Roberts Film und das Betrachten in einer der wenigen funktionierenden Webcams zu den eindringlich und vor allem emotionalen gut gezeichneten Szenen. Mit dem Ex- Soldaten Jack führt Wellington sehr spät einen klassischen Machotypen ein, der während des Showdowns dann allerdings gegen die Erwartungen der Leser und der Protagonisten agiert. Immer wieder bewegt sich Wellington haarscharf auf dem Grad zwischen Hommage und Parodie, um sich dann in letzter Sekunde für eine dritte Möglichkeit – ein überzeugendes Drama – zu entscheiden.

Mit dynamischer Entschlossenheit treibt der Autor den im Grunde klassischen Selbstmord-Missionsplot voran. Stilistisch auch in der deutschen Übersetzung ansprechend, sehr cineastisch geschrieben mit einem gut zu ertragenden Maß an Zynismus. In Nebensätzen prangert er den fundamentalistischen Glauben genauso an wie die Waffengeschäfte mit der Dritten Welt oder die Schiebereien und Korruption in den Vor- Zombie USA. Dieses breite Spektrum an Themen rückt den vorliegenden Roman sehr dicht an Romeros „Dawn of the Dead“ und „Day of the Dead“ heran, dessen Bunkerszenario teilweise übernommen worden ist. Während Romeros Überlebende versucht haben, einen gefangenen Zombie wieder „menschlicher“ zu machen, geht Wellington mit dem intelligenten, aber gefühlskalten und rachesüchtigen Gary einen gänzlich anderen Weg. Das Ergebnis sind in beiden Fällen interessante Variationen des Zombiemythos. Weiterhin spielt Wellington sehr oft die Karte, das die Hoffnung zu letzt stirbt. Der Showdown gerät – kühl und außerhalb des Buches nacherzählt – zu einer Übertreibung, aber nach den ganzen blutigen Schlachten brauchen Leser wie Protagonisten zumindest einen kleinen Triumph. „Stadt der Untoten“ ist im Gegensatz zu Stephen Kings „Puls“, der im gleichen Jahr wie die Taschenbuchveröffentlichung 2006 erschienen ist, ein sehr gelungener Zombieroman, der endlich wieder einmal harten brutalen und splattrigen Horror ohne auf die sadistischen Folterexzesse eines „Hostel“ oder „Saw“ zurückzugreifen mit einem überzeugenden, vielschichtigen Plot und gut gezeichneten Charakteren seinen Lesern bietet.

David Wellington: "Stadt der Untoten"
Roman, Softcover, 351 Seiten
Piper- Verlag 2008

ISBN 9-7834-9226-6444

Weitere Bücher von David Wellington:
 - Der letzte Vampir
 - Frostbite
 - Krieg der Vampire
 - Nation der Untoten
 - Vampirfeuer
 - Vergeltung der Vampire
 - Welt der Untoten

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