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Science Fiction (diverse)



Neal Asher

Der Messingmann

rezensiert von Thomas Harbach

Zusammen mit Jack McDevitt bildet Neal Asher inzwischen den Eckpfeiler neuer englischsprachiger Science Fiction Autoren im Bastei- Verlagsprogramm. Beide Autoren greifen oft auf die gleichen Protagonisten – einmal die Pilotin Hutchins und der Agent/ Android/ Killer Ian Cormac – zurück und lassen ihre abenteuerlichen, farbenprächtigen Geschichten vor einem übergreifenden, in vielen Details entwickelten Hintergrund spielen. Während Jack McDevitt in seinem neuen Buch „Polaris“ sich wieder mehr auf die eigentliche Geschichte und nicht das actionorientierte Beiwerk konzentrierte, ist Neal Ashers „Brass Man“ eine überbordende Odyssee durch Zeit und Raum. Immer wieder am Rand des Unverständnis für den Leser und wahrscheinlich Autoren. Man sucht den roten Faden, der Ashers chaotisches Universum zusammenhält. Monster, phallussymbolträchtige Waffen- und Raumschifftechnologie, Mutanten und Verschwörungen bilden einen bunten Reigen. Wie kaum ein anderer gegenwärtiger Autor übernimmt Neal Asher für seine futuristische, fremdartige Welt klassische Motive – der Drachen aus seinem Auftaktroman, ergänzt um eine ritterähnliche Gestalt – und verfremdet sie auf eindrucksvolle Weise. Damit unterscheidet er sich ein wenig von seinen anderen britischen Kollegen. Mit diesem im Grunde einfachen literarischen Trick wirken seine barocken Space Operas noch bizarrer.

Außerhalb des bekannten Polity- Raums findet ein Raumschiff auf einem mit Titan und Platinum reich beschenkten Asteroiden das Wrack eines Schlachtschiffs. Das Schiff geht auf das Konto Ian Cormacs. Dieser wird von einem mysteriösen Wesen namens Horace besucht, das angeblich ein Überlebender Hiroshimas ist und auf die Fährte des Schiffes gesetzt. Auf einer Welt namens Cull nimmt sich ein alter Mann namens Anderson eines jungen Schülers an, ein Dieb und Flüchtling. Anderson dagegen sucht die Inkarnation des Drachen aus dem ersten Band zu töten. Wie Neal Asher diese scheinbar zusammenhanglosen Handlungsfäden zu einer wenn auch vielschichtigen Handlung kombiniert, ist der eigentliche Höhepunkt dieses Buches. Da der Autor auch eine Handvoll von Charakteren aus den ersten beiden in diesem Universum spielenden Romanen zurückbringt, empfiehlt es sich bei der Lektüre, die drei Romane in der Erscheinungsreihenfolge zu goutieren. Ein typisches Markenzeichen seiner Bücher ist ein fulminanter Start, die Aufsplitterung der Handlung in eine Reihe von separaten Ideenverläufen. Schnell fühlt man sich als Leser in diesem feindlichen Universum verloren. Geschickt nutzt Asher diese Fremdheit aus und droht in seiner fulminanten Erzählung mehrmals die Grenze der Glaubenwürdigkeit gänzlich hinter sich zu lassen. Damit stellt er die Leser auf die gleiche Stufe wie seine Charaktere. Während der Leser nach dem roten Fanden im Plot sucht, müssen die einzelnen Protagonisten jeden Augenblick um ihre Existenz, ihren Platz im Universum kämpfen. Nach der anfänglichen Entwurzelung beginnt Asher aber sehr schnell mit einer gewissen Art der Rekultivierung. Aufgeteilt in kleinere Abschnitte kann man Andersons und Targals Suche nach dem Drachen folgen. Ian Cormac dagegen jagt einen Verbrecher, der von der fremdartigen außerirdischen Technik wieder ins Leben gerufen worden ist. Von der Technik, die auch für seine kriminellen Taten verantwortlicht gewesen ist.

Eine weitere, oft unbeachtete Handlungsebene sind die Zitate eingangs jeden Kapitels. In der Tradition Frank Herberts folgend bilden diese eine wichtige Ergänzung des eigentlichen Geschehens. Dieses Mal konzentriert sich der Autor auf die künstlichen Intelligenzen, die insbesondere ihre Schöpfer, die Menschen mehr als einmal manipulieren. Es ist interessant, mit wie viel Selbstironie er die Charakterentwicklung angeht. Die künstlichen Intelligenzen treten in vielfältiger Form auf. Als direktes Bewusstsein, sie wirken im Unterbewusstsein, als Golems oder komplette Raumschiffe und schließlich als planetarer Kontroller. Vorläufiger Höhepunkt dieser Entwicklung ist sicherlich the Jack Ketch – eine Anspielung auf den hervorragenden amerikanischen Horrorautoren Jack Ketchum ? – mit einem morbiden Interesse an antiken Hinrichtungsmethoden.

Im Gegensatz zu seinen ersten sehr actionorientierten Romanen konzentriert er sich deutlich mehr auf die Entwicklung der einzelnen Protagonisten. So reflektiert Ian Cormac angesichts einer bislang auch noch nicht bekannten Gefahr über seine gewalttätige Vergangenheit genauso wie Möglichkeiten der Veränderung. Neben den bekannten Figuren entwickelt Asher eine Reihe von interessanten, facettenreichen, aber wiederum sehr skurrilen Figuren. Insbesondere der dem Originalroman Titelgebende „Brass Man“ ist überraschend komplex angelegt. Sehr geschickt arbeitet Asher inzwischen routiniert als Autor exorbitanter Space Operas die Nuancen der einzelnen Figuren überzeugend heraus. Anderson und Tergal funktionieren dagegen am besten als Team. So absurd der Gedanke auch sein mag, in ferner Zukunft auf Drachenjagd zu gehen und so fremdartig der Autor diese Kreatur auch darstellt, so sympathisch werden diese beiden ungleichen, kaum noch als Menschen zu erkennenden Ritter und Knappe. Unabhängig vom eigentlichen Plot funktionieren die beiden Handlungsebenen sehr gut und schnell stellt sich beim Leser die Frage, ob es nicht sinnvoller gewesen wäre, den Roman auf zwei Novellen aufzuteilen und den einzelnen bestimmenden Figuren mehr individuellen Raum zu geben. Immer wieder erwischt man sich bei der Versuchung, in Gedanken von dem stringenten, unglaublich schnell sich ändernden Szenario abzuschweifen und den einzelnen, im Grunde auf verlorenen Posten in einer fremdartigen Zukunft verweilenden Anachronismen beizuwohnen.

Nachhaltig im Gedächtnis bleibt bei jedem Neal Asher Roman der starke Kontrast zwischen einer wilden, verrückten, kaum überschaubaren Handlung, mit komplexen Charakteren, oft brutal- blutigen Auseinandersetzungen und nihilistischem Ausgang und seinem geradlinigen, zielstrebigen und angenehmen Stil, in dem er alles niedergeschrieben hat. Immer am Rande – „Blade Runner“ hat in seinen Büchern wirklich die übertragene Bedeutung zwischen Genie und Wahnsinn – des Zusammenbruchs agierend mutet er seinen Lesern sehr viel zu. Irgendwann wird einer seiner Romane unter dem intellektuellen Ballast bei einer vielleicht nicht mehr zufrieden stellenden Handlung zusammenbrechen und den Leser langweilen. Es gibt wahrscheinlich in der Science Fiction momentan keinen zweiten Autoren, der rücksichtslos auf die eigene Position drauf los schreibt. Sein Werk trägt die klassischen Züge eines Alfred Elton van Vogt in seinem Herzen. Äußerlich moderne, barocke britische Space Opera, die einen Leser begeistern kann. Oder zur Verzweifelung bringt. Wie die Cyberpunks droht diese Spielart des Genres sich gerade zu überholen und Neal Asher gibt in diesem Augenblick noch actiontechnisch Gas. Mit „Der Messing Mann“ beweist er, dass er trotz einer kurvenreichen Handlung, trotz überbordender Phantasie den Wagen noch unter Kontrolle hat. Vielleicht liegt auch ein Teil der Faszination seiner Romane in der Neugierde, ihn einmal scheitern zu sehen, den Zuschauer zu ermüden und schließlich nicht alle roten Fäden in diesem grundsätzlich feindlichen und gewalttätigen Universum einsammeln zu können. Wer weiß, was der Drache wirklich zu sagen hat.

Neal Asher: "Der Messingmann"
Roman, Softcover, 606 Seiten
Lübbe 2006

ISBN 3-4042-3295-X

Weitere Bücher von Neal Asher:
 - Cormacs Krieg
 - Das Tor der Zeit
 - Der eiserne Skorpion
 - Die große Fahrt der Sable Keech
 - Die Zeitbestie
 - Kinder der Drohne
 - Prador Mond
 - Skinner, Der blaue Tod
Weitere Links zu diesem Thema:
 - Neal Asher: Biographie

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