Buchecke


:: Home
:: Suche


:: 24 (4)
:: Abenteuer (55)
:: Alias (1)
:: Babylon 5 (7)
:: Buffy & Angel (25)
:: Comics (diverse) (17)
:: Die Bibliothek von Babel (30)
:: Fantasy (diverse) (181)
:: Farscape (1)
:: Heftromane (314)
:: Horror (diverse) (168)
:: Komödien (diverse) (2)
:: Krimi (diverse) (59)
:: Literatur (diverse) (26)
:: Mystery (diverse) (102)
:: Perry Rhodan (122)
:: Roswell (4)
:: Sachbücher (103)
:: Science Fiction (diverse) (715)
:: Star Trek (43)
:: Stargate (1)
:: Thriller (61)
:: TV (diverse) (10)
:: Vampire (37)
:: Zeitschriften / Magazine (15)


:: Artikel (6)
:: Interviews (7)
:: Nachrufe (2)


:: Weitere Sendungen


:: SciFi-Forum: Buchecke


Science Fiction (diverse)



Jules Verne

Die Jagd auf den Meteor

rezensiert von Thomas Harbach

Jules Verne ist der Vater der Science Fiction. Er selbst hat seine Romane als utopische Abenteuerstoffe gesehen. Wie Andreas Eschbach in seinem kurzen, prägnanten, aber informativen Vorwort beschreibt, zeugten seine ersten Romane von einem grenzenlosen Optimismus in Technik und Mensch. Erst mit dem Klassiker „Zwanzigtausend Meilen unter dem Meer“ differenzierte der Autor zwischen den beiden treibenden Elementen seiner Werke. Technik stellte sich für ihn – stellvertretend in der Gestalt Nemos – als positive Komponente des Evolutionsprozesses dar, der Mensch als niederes machtgieriges Wesen, das eher als Bremsklotz diente. In seinen letzten Romanen bis zu der Novelle „Der ewige Adam“ wurde er immer kritischer und setzte oft die neuen Erfindungen als vergebliche Mittel ein, um Macht,. Reichtum und Ansehen zu gewinnen. Stellvertretend für diese Entwicklung sind „Die 500 Millionen der Begum und „ Robur, der Eroberer“. Der hier vorliegende Roman wurde im Nachlass von Jules Verne gefunden, von seinem Herausgeber an dessen Sohn gegeben, mit der Maßgabe, das Werk positiv umzuarbeiten. Jahrzehntelang wurde diese überarbeitete Fassung immer wieder nachgedruckt, obwohl Kritiker und Leser die Frage stellten, ob Jules Verne mit diesem schwachen Alterswerk ein Gefallen getan wird.

Ein Sammler ersteigerte schließlich das Originalmanuskript, das hier zum ersten Mal auf Deutsch vorliegt. Im Vorwege ist anzumerken, dass Verne diesen Roman nicht mehr überarbeiten konnte und auch in der ursprünglichen Fassung einige Passagen unvollständig sind.

Das Buch beginnt ungewöhnlich, ein Frau und ein Mann reiten von verschiedenen Seiten in eine Kleinstadt und lassen sich trauen. Danach trennen sich scheinbar ihre Wege wieder. Mit kurzen, präzisen Beschreibungen zeichnet Verne hier für den überwiegend europäischen Leser das Bild des Landes der unbegrenzten Möglichkeiten. Danach schildert er den beginnenden Wettstreit zweier Hobbyastronomen, die den Titel gebenden Meteor entdecken. Sie melden – in der Hoffnung, der jeweilige Konkurrent hat es übersehen – ihre Entdeckung den Behörden, dann entschwindet zwar der Meteor aus den Blickwinkeln ihrer Fernrohre, aber nicht mehr aus ihren Gedanken. Wie in den kitschigen Familienromanen üblich, droht zwischen den Kindern der beiden „Feinde“ eine Vermählung.
Warmherzig mit einem Hauch kindlicher Bewunderung beschreibt Verne seine beiden schrulligen Inkarnationen verkannter Wissenschaftler. Wie auch im realen Leben, besitzt der eine zumindest ausreichend Geld – gut und solide investiert -, um sich ganz seinem Hobby zu widmen, während der andere zumindest etwas arbeiten muss. In Vernes Romanen ist es oft die Oberschicht – oder ehemalige Angehörige, die aus diesen Kreisen verbannt worden sind, die für den technologischen Fortschritt zuständig ist. Hier ist es nur die relative bescheidene Entdeckung eines Meteors, die eine Kette von Ereignissen in Bewegung setzt.

Nachdem der Flugkörper einige Zeit aus den Fernrohren der Menschen verschwunden ist, taucht er plötzlich größer und bedrohlicher wieder auf. Eine Spektralanalyse ergibt, dass er aus reinem Gold besteht. Dieser plötzliche Reichtum – fast 4000 Milliarden France wert – droht erst den beiden Entdeckern und dann alle Nationen den Kopf zu verdrehen, auf die der jetzt endgültig abstürzende Meteor zu fallen droht. Insbesondere die wirtschaftlichen Folgen versucht Verne anzudeuten, bleibt hier aber oft an der Oberfläche und kann sich eine Loslösung der Währungen von ihrer wichtigsten Sicherheit nicht vorstellen. Außerdem beschränkt er sich darauf, das Chaos im kleinen Kreis zu beschreiben.

Sowohl die Konferenz der Nationen als auch die Reise der beiden Wissenschaftler an den Ort des Absturzes wirken überhastet und es fehlt die ironische Schärfe, mit der Verne öfter politische Entwicklungen kommentiert hat. Das – wie so oft in seinen Büchern – alle als Verlierer schließlich materiell aber innerlich geläutert von dannen ziehen, ist eine konsequente Fortsetzung seiner kritischen Haltung der Menschheit gegenüber. Hier verpufft seine Kritik allerdings, da die beiden Forscher eher liebenswert weltfremd als gefährlich dargestellt werden und der Leser sich den großen Nationen in der hier präsentierten Form überhaupt nicht nähern kann. Eine dramatische Entzerrung hätte dem Text gut getan.
Insbesondere der Einschlag in Grönland wirkt abschließend effektiv aber unlogisch inszeniert, um mit der Gier der Menschen und Regierungen noch einen Augenblick länger spielen zu können. Das ein solcher Meteor einen tieferen Einschlagkrater und weitere klimatische Veränderungen in unmittelbarer Nähe der Absturzstelle hinterlassen hätte, erwähnt Verne mit keinem Wort. Das Gold bei extremer Hitze flüssig wird, und deswegen sich einen anderen Weg hätte suchen müssen, macht die Oberflächlichkeit dieses Buches komplett. Es erweckt den Eindruck, als wenn Jules Verne in erster Linie den Text beenden wollte und ihn seine Schaffenskraft schnell verlassen hat. Das ist bedauerlicher, als das Teile des Buches lebhaft, interessant und ungemein geradlinig erzählt worden sind. Im Gesamtkontext beschränkt er sich allerdings auf zu wenige und zu unterinteressante Charaktere –selbst das Ehepaar aus den Auftaktkapiteln kommt zu der zweifelhaften Ehre, einen zweiten belanglosen Auftritt und einen beschämende Szene gegen Ende des Buches zu haben, ohne das sich der Leser diesen Figuren wirklich nähern kann – eine im ersten Teil des Romans zu lange und zu ereignislose Handlung und im zweiten Abschnitt zu viele kleinere Episoden, die zu hektisch und nicht interessant genug in Szene gesetzt worden sind. Es kommt im gesamten Werk kein fließender Spannungsbogen auf, zu viele Elemente wirken störend oder augenscheinlich aufgesetzt. Verne hat – außerhalb der innovativen Idee, dem Menschen seine Gier in Form eines Meteors vors Gesicht zu halten – als Schriftsteller zu wenig zu bieten.

Die Schwächen dieses Romans liegen in der mangelnden und oberflächlichen Charakterisierung aller agierenden Personen und in der Wiederholung des kindischen Streits rennt sich Verne fest. Einige seiner schwächeren Werke tragen ähnliche Merkmale: Die Notwendigkeit, jedes Jahr zwei Bücher vorzulegen, hat ihn bewogen, einzelne Themen – wie das Zwillingsmotiv aus „Nord gegen Süden“ oder die amateurwissenschaftliche Hobbyforschung – immer wieder in kaum unterscheidbaren Variationen breit und ausführlich als Füllmaterial für schwache zugrunde liegende Handlungen einzusetzen. So gelang es ihm, aus einer Novelle einen Roman zu “bauen“. Die Routine, dieses Füllmaterial zumindest oberflächlich einzusetzen, ist ihm auch in diesem Buch nicht abzusprechen, doch im Vergleich zu dem kraftvollen, spannenden und wirklich dunklen „Der ewige Adam“ hält Verne hier nur satirische Seitenhiebe parat. Natürlich nimmt er den materiellen Drang aller Nationen nach dem gelben Gold auf die Schippe, er überzeichnet die Blindheit, in der alle Beteiligten nur auf den eigenen Vorteil hoffen, aber im Grunde gelingt es ihm nicht, den Leser auf seine Seite zu bringen und den Wert, den der Autor für den Meteor zeichnet, ist viel zu hoch. Außerdem offeriert er keine Lösungen, sondern überlässt den Leser seinen eigenen Gedanken.

Auch das Ende ist unbefriedigend, denn in einer Welt, in der die NAUTILUS die Weltmeere erobert hat, wäre auch eine Bergung möglich. Zu viele Fragen werden in diesem unterhaltsamen Romanfragment – obwohl das bei knappen 250 Textseiten zu hart ausgedrückt ist- nicht beantwortet, zu viele Flanken bleiben offen.

Wer Jules Verne gerne kennen lernen möchte, dem sei geraten, die echten Klassiker aus seiner Feder zu goutieren, wer ein bislang unbekanntes Werk entdecken möchte, der kommt um diese wohlfeine Hardcoverausgabe nicht herum.

Jules Verne: "Die Jagd auf den Meteor"
Roman, Softcover
Piper 2005

ISBN 3-4927-0105-1

Weitere Bücher von Jules Verne:
 - 20.000 Meilen unter den Meeren
 - Abenteuer von drei Russen und drei Engländern in Süd- Afrika
 - Das Geheimnis des Wilhelm Storitz
 - Ein Kapitän von fünfzehn Jahren
 - Magellania
 - Matthias Sandorf
 - Reise um den Mond

Leserrezensionen

:: Im Moment sind noch keine Leserrezensionen zu diesem Buch vorhanden ::
:: Vielleicht möchtest Du ja der Erste sein, der hierzu eine Leserezension verfasst? ::