Radikale Muslime Iranischer Rapper aus Köln fühlt sich bedroht
Der in Köln lebende iranische Rapper Shahin Najafi will sich vorerst aus der Öffentlichkeit zurückziehen, weil er sich von radikalen Muslimen bedroht fühlt. Der Musiker bekomme derzeit "eingeschränkten Schutz von der Polizei", wie es Najafi und sein Manager Schahryar Ahadi am Freitag im Deutschlandfunk etwas unklar formulierten. Beide waren für eine Stellungnahme gegenüber SPIEGEL ONLINE bisher nicht zu erreichen.
Hintergrund der Drohungen scheint die Auslegung einer im April ausgesprochenen Fatwa eines Groß-Ayatollah zu sein. Das islamische Rechtsgutachten wandte sich zunächst nicht gegen eine konkrete Person. Brisanz erhielt die Fatwa aber offenbar spätestens dadurch, als sie die iranische Nachrichtenagentur "Fars" am Mittwoch in Zusammenhang zu Shahin Najafi setzte.
Auf der "Fars"-Seite heißt es unter der Überschrift "Shahin Najafi - ein Bastard aus dem Westen": "Der Rapper Shahin Najafi hat in einem Musikstück einige unserer Imame und die Heiligsten unserer Religion beleidigt." (...) "Gemäß vieler Koran-Verse und islamischen Überlieferungen gilt jemand, der Imame beleidigt, als Bastard. Und somit ist seine Geburt Unheil."
In der Fatwa des Groß-Ayatollahs Safi-Golpaygani hatte der auf die Frage seiner Anhänger wiederum geantwortet, wie sie mit Beleidigungen gegen Imam Naghi im Internet umgehen sollen: "Seit einiger Zeit gibt es eine antirevolutionäre Haltung im Ausland, die im Internet durch Zeichnungen und Lügen unseren Imam beleidigt. Auf Beleidigungen des Imam steht die Todesstrafe". Naghi, der im neunten Jahrhundert lebte, gilt im schiitischen Islam als einer von zwölf Imamen, die als rechtmäßige Nachfolger des Propheten Mohammed gesehen werden.
"Das macht mir ernsthaft Angst"
Najafi hatte am Montag den Song "Naghi" veröffentlicht. Darin führt der Rapper, der schon seit 2005 im Exil in Deutschland lebt, einen fiktiven Dialog mit dem Imam und beklagt sich über soziale, politische und ökonomische Probleme in Iran. Abgesehen vom Text des Songs provoziert Najafi mit dem Cover seiner CD-Single: Darauf wird eine Moscheekuppel in der Form einer weiblichen Brust gezeigt. Obenauf ragt dazu noch die Regenbogenfahne der Homosexuellen. Sowohl Unterstützer als auch Extremisten melden sich jetzt im Netz zu Wort. Mittlerweile gibt es zwei Facebook-Seiten, die fordern: "Kill Shahin Najafi" und "Killing Shahin Najafi".
Der iranische Autor Omid Pouryousefi, der sich als enger Freund von Shahin Najafi bezeichnet, zeigt sich besorgt. Er sagte SPIEGEL ONLINE: "Die Fatwa an sich ist nicht so schlimm. Die Gefahr ist nur, dass irgendwelche Extremisten auf diese Geschichte aufmerksam werden und zur ernsthaften Bedrohung von Shahin werden. Das macht mir ernsthaft Angst." Ob es aber ratsam ist, sich von selbst an die Öffentlichkeit zu wenden, obwohl man Aufmerksamkeit als Gefahr sieht? Omid Pouryousefis Verlag hatte eigens eine Pressemitteilung in der Sache verschickt.
Najafi und sein Manager sagten dem Deutschlandfunk jedenfalls, dass der Musiker einige Konzerte abgesagt habe: "Er kann jetzt nicht arbeiten, er muss jetzt untertauchen", so Manager Schahryar. Trotz der öffentlichen Drohungen machte Najafi deutlich, dass er Angst habe, sich aber nicht dauerhaft verstecken wolle: "Ich bin jung, und ich bin ein Künstler, und ich muss auftreten", sagte der 31-Jährige. "Ich kann nicht untertauchen und zu Hause bleiben." In einem Interview mit der Deutschen Welle sagte Najafi zudem: "Einige der 'lieben' Regimeanhänger im Iran wollten eine Atmosphäre der Angst und Einschüchterung schaffen. Aber alles geht seinen normalen Weg und wir werden auch unsere Arbeit fortsetzen".