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Special: Rezensionsprojekt Winnweiler (2004) > Rezensionen > Picoult, Jodi: Bis ans Ende aller Tage |
Jodi Picoult:
Bis ans Ende aller Tage. Roman. Dieser Roman ist herzzerreißend und packend zugleich. Warum? Weil es der Autorin gelingt, Kriminalgeschichte und Liebesroman wunderbar zu vereinen. Aber nicht nur deshalb. Die realistische Darstellungsweise und genaue Beschreibung der Emotionen machen es dem Leser leicht, sich in das Geschehen hineinzuversetzen. Wie auch in ihren anderen Romanen sind Familienverhältnisse und zwischenmenschliche Beziehungen ebenso ihre Themen wie bedingungslose Liebe. Worum geht es? Achtzehn Jahre lang haben die Hartes und die Golds Tür an Tür gelebt, eine enge Freundschaft gehegt und ein idyllisches Leben geführt. Doch eines Nachts erhalten sie eine schreckliche Nachricht, die ihr Leben schlagartig verändert und ihre Freundschaft auf eine harte Probe stellt: Emily, die Tochter der Golds, ist tot. Gestorben an einer Schusswunde am Kopf. Chris, Emilys Freund und Sohn der Hartes, wird schwer verletzt am Tatort gefunden, Emily in seinen Armen haltend. Die Schusswaffe stammt aus dem Waffenschrank seines Vaters. Somit ist für Polizei und Staatsanwaltschaft klar: Chris ist Emilys Mörder und muss bis zur Urteilsverkündung in Haft. Dieser behauptet jedoch, dass es sich um einen misslungenen Selbstmordpakt handelt. Nun stehen Polizei und Eltern vor einem Rätsel: Warum wollten sich die beiden das Leben nehmen? Sie sind in einer idyllischen Umgebung in Bainbridge, New Hampshire, einem verschlafenen Nest aufgewachsen. Sie haben eine frohe Kindheit durchlebt und es hat ihnen an nichts gefehlt. Chris' Vater, James Harte, ist ein angesehener Arzt und auch Emilys Vater, Michael Gold, hat einen guten Ruf als Tierarzt. Die beiden Mütter haben gemeinsam viel Zeit mit ihren Kindern verbracht. So haben sich beide zu guten Schülern entwickelt und auch in außerschulischen Bereichen große Talente bewiesen. Als außergewöhnlich begabte Künstlerin hatte Emily große Zukunftspläne. Chris ist ein großes Sporttalent und vor allem im Schwimmen sehr erfolgreich. Oder war es vielleicht doch Chris, der Emily erschossen hat? Nachforschungen der Staatsanwaltschaft ergeben, dass Emily schwanger gewesen ist. Chris wird dafür beschuldigt, sie aus dem Weg geräumt zu haben, um sich seine Zukunft nicht zu verbauen. Auch der Kugelverlauf und die Waffenhaltung, die sich daraus ergibt, sind für die Staatsanwaltschaft sichere Beweise dafür, dass Emily keinen Selbstmord begangen hat. Im Prozess stützt sich Jordan McAfee, Chris' Anwalt, auf Chris' Aussage, dass sie einen Doppelselbstmord geplant hatten. McAfee sieht ein Indiz für einen Selbstmord in einem Selbstportrait Emilys. Dieses letzte noch nicht vollendete Gemälde der Künstlerin weicht völlig von ihrem Stil ab. Während sich bisher Lebensfreude in ihren Bildern widerspiegelte, zeigt dieses Selbstportrait einen Totenschädel mit herabbaumelnder Zunge. Auch die enge Freundschaft zwischen den beiden führt er als Beweis für Chris' Unschuld an: Von Geburt an waren sie unzertrennlich und ihre enge Freundschaft aus Kindertagen entwickelte sich schon bald zu einer großen Liebe. Außerdem bestätigt Emilys Pro Familia Beraterin, dass diese Chris nichts von ihrer Schwangerschaft gesagt hatte. Was sollte Chris nun also für ein Motiv gehabt haben? Der Prozess nimmt eine unvorhergesehene Wendung, als Chris überraschenderweise selbst in den Zeugenstand tritt und die Wahrheit ans Licht kommt. Jodi Picoult wechselt geschickt die Zeitebenen. Sie erzählt abwechselnd aus der Gegenwart und der Vergangenheit. Während der Mordfall in der Gegenwart behandelt wird, werden in der Vergangenheit vor allem die Entwicklung der Liebesbeziehung, aber auch familiäre Verstrickungen aufgearbeitet. Diese Verknüpfung von Mordfall und Liebesgeschichte macht ihr Werk zu etwas ganz Besonderem. Die Autorin versteht es auch, durch genaue Beschreibung dem Leser Emotionen der Figuren hautnah zu vermitteln. Sicher: Das Buch ist stellenweise etwas langatmig. Dennoch kann man es nicht aus der Hand legen, da die Spannung bis zum Schluss aufrecht erhalten wird und das Rätsel sich erst allmählich auflöst. Zum Schluss bleiben trotzdem viele Fragen ungeklärt, die den Leser noch lange zum Nachdenken über diese packende Geschichte anregen. Und wen spricht diese Geschichte an? Jeden, der erfahren will, was es bedeutet, jemanden vollkommen und bedingungslos zu lieben. Selina Eid, Annabelle Schmidt © TourLiteratur
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