Dickes Ende der Ode an Schnuffi
![]()
Der Tiroler Autor Markus Köhle schreibt in „Hanno brennt“ von einem durchgeknallten Typen, der des Terrorismus verdächtigt wird.Foto: Parigger
Foto: Robert Parigger
|
||
Innsbruck – Eine besoffene Gschicht‘ steht am Anfang des neuen Romans von Markus Köhle. Hanno, der die Nacht und den Alkohol liebt, seriöse Arbeit aber scheut, entflammt auf einer Party für eine Frau. Mit großer Verve lässt Köhle die beiden einen herrlich komischen, zweideutigen Dialog führen, der der Beischlafanbahnung dient. Hanno gibt sich als Haustiergeschichtenschreiber aus, die Angebratene fordert von ihm eine Kostprobe seines Schaffens und stellt ihm dafür eine heiße Nacht in Aussicht. Hanno setzt sich also in seiner Wohnung hin und verfasst ein alkoholgeschwängertes Gedicht auf ein Tier, das einem die Lachtränen in die Augen treibt.
Als er zurückkehrt, ist die Frau verschwunden, hat ihm aber einen Zettel mit der Adresse einer Homepage hinterlassen. Wieder nüchtern, wenn auch verkatert, kommt Hanno die glorreiche Idee, seine Münchhausengeschichte in die Tat umzusetzen. Schließlich, so Hannos Überlegung, wimmelt es in Wien von Menschen, denen ihr geliebtes Haustier über alles geht und die sicher bereit sind, tief in die Tasche zu greifen, wenn er ihnen eine Ode auf ihren kleinen Liebling in Aussicht stellt. Die dazugehörigen Kunden werden in Aida-Konditoreien gekeilt. Der Weg in die Selbstständigkeit ist schwierig, hilfreich zur Seite stehen Mitbewohner Karl (Langzeitstudent, DJ, Internetfreak), die forsche Frau Kommerzialrat Pochsteiner (Josefstädterin, Hundehalterin und Villabesitzerin) und die ominöse Partyschönheit Annabell (Hüterin der Online-Kreativtauschbörse Artpool und Kämpferin für das Gute).
Kaum kommen die verschiedenen Beziehungen in Fahrt und die Geschäfte ins Rollen, schnappt eine fiese Falle zu: Aufgrund von undurchsichtigen Verstrickungen geraten Annabell, Hanno & Co. in die Fänge der Staatsmacht und werden zu Opfern der Terrorismusbekämpfung.
Der Tiroler Autor ist einer, der aus dem Bauch heraus schreibt, das ist nach wenigen Seiten offensichtlich. Das funktioniert auch über weite Strecken des Romans, der durch seinen Humor, die treffliche Charakterisierung der Protagonisten und die punktgenaue Beschreibung des Studentenlebens besticht. Aber offenbar geht es Köhle nicht nur darum, eine Geschichte von mehreren durchgeknallten Typen zu erzählen, sondern auch um handfeste Kritik an der österreichischen Überwachungspolitik.
Das Schlamassel, in das seine Hauptfiguren geraten, erinnert an den Prozess gegen Tierschützer (März 2010 bis Mai 2011), die angeklagt wurden, sie hätten eine kriminelle Organisation nach Paragraph 278a des Österreichischen Strafgesetzbuches gebildet. Hintergrund des Verfahrens ist eine Anti-Pelz-Kampagne des Vereins gegen Tierfabriken (VGT), deren Ziel die Bekleidungskette Kleider Bauer war. Hanno wiederum gerät wegen seiner Tiergeschichten ins Visier der Ermittler und wird als Kopf einer kriminellen Organisation verhaftet. Diese Dramatisierung der Geschichte gelingt Köhle mangelhaft. Arbeit am Spannungsbogen hätte dem Roman gutgetan. (pla)