Rezensionen 2005
Maria Elisabeth Brunner, Berge Meere Menschen.
Wien, Bozen: Folio, 2004.
Maria Elisabeth Brunners neues, im Folio-Verlag erschienenes Buch „Berge, Meere, Menschen“ beschreibt das Schicksal einer Pflegetochter auf der Flucht und deren schonungslose Auseinandersetzung mit ihrer Herkunft und der Enge einer bäuerlichen Welt, die geprägt ist von einem gnadenlosen Patriarchat, das allem Fremden feindlich gegenüber steht.
Um Maria Elisabeth Brunner war es in den letzten Jahren still geworden. Wenn es um Autorinnen und Autoren still wird, ist es bei den meisten dann tatsächlich still. Bei manchen aber mischt sich in die Stille ein Raunen und Wispern, es rumort im Untergrund, und eine solche Autorin, die selbst in der Stille ein solches Rumoren umgibt, ist zweifellos Maria Elisabeth Brunner. Es ist ein Rumoren, das vor allem aus der Erwartungshaltung jener entsteht, die bereits Texte, Kurzgeschichten oder eine Erzählung von ihr gelesen haben, diese Menschen sind dann bereits hellhörig für den Namen der Autorin und ihre Gedankengänge geworden und wünschen sich, die Autorin möge die Stille nützen, um zu schreiben. Und Maria Elisabeth Brunner hat geschrieben. Ich kann Ihnen versichern, das Rumoren war nicht nur Täuschung und Projektion. Früher hätte man sagen können man hörte förmlich die Feder kratzen, heute hört man vielleicht eher die Anschläge auf der Computertastatur, aber beides würde der Wucht von Maria Elisabeth Brunners Schreiben nicht gerecht werden, fast muss man sagen, man hörte die Hammerschläge widerhallen, mit denen die Autorin ihre Sätze festmacht, wie aus Holz gezimmerte Sätze sind das, jedoch nie hölzern, sondern geschmeidig gedrechselt; Sätze, bei denen trotz aller Geschmeidigkeit jedoch die Gefahr, sich einen Schiefer ins Herz zu ziehen, groß ist. Es muss also davor gewarnt werden, dieses Buch zu lesen, Sie könnten sich weit verletzlicher fühlen als vorher, es muss aber auch ganz dringend davon abgeraten werden, dieses Buch nicht zu lesen, Sie würden sich ganz einfach ein überaus kraftvolles Stück Literatur entgehen lassen, dass trotz aller geschilderten Bitternisse sehr viele wunderbare Seiten hat..
Irene Prugger