Rezensionen 2007

Thomas Schafferer, suedesland. 129 griechische Impressionen
Neckenmarkt: edition nove, 2007
 

Thomas Schafferer, der kreativ die verschiedenen Medien wie Photografie, Malerei Graphik, Video und Literatur ausprobiert und mitunter auch miteinander verbindet, hat mit „suedesland“ einen Band mit Reisegedichten vorgelegt. 129 Impressionen von griechischen Inseln sind in vier Kapiteln versammelt und wer sich je von den Farben, den Gerüchen und Gegenden der unterschiedlichen Landstriche, vom Klima und vom (mitgebrachten) Lebensgefühl der Inseln faszinieren ließ, wird seine Freude an diesen Gedichten haben.

Mit dem Süden ist es so eine Sache, nur ganz individuell lässt sich sagen, was für jemand damit in Verbindung steht. Für Grönländer, die in den Sommerhäusern Jütlands die Ferien verbringen, ist schon Dänemark der ‚Süden’, für Sizilianer hingegen sind schon wir hier in Innsbruck im ziemlich hohen Norden angesiedelt, mit Geografie also ist der Süden kaum wirklich zu verorten. Die Magie des Wortes ‚Süden’ rührt vielmehr von woanders her, löst so manches Sehnsuchtsbild aus, belebt so manche Stimmungslage und ist Projektionsfläche für Imagination. Iso Camartin schreibt in Jeder braucht seinen Süden: „Als Befindlichkeitskategorie bedeutet Süden – jedenfalls in unserem europäischen Realitätsverständnis – etwas beinahe Absolutes. Dieser Süden hat wenig mit Längen- und Breitengraden zu tun. Er ist nur mit Licht- und Wärmegraden der Seele zu ermessen. Seine Dimensionen haben einen Maßstab: den der Begierde nach dem Hellen und nach dem Weiten.“ (Jeder braucht seinen Süden. Suhrkamp 2003)

Die Gedichte in „suedesland“ folgen diesem inneren Kompass, schreiben nach den Wärmegraden der Seele. Sie sind keine Postkarten-Impressionen, dazu fehlt ihnen das oberflächlich Geglättete, die bewusste ästhetische Stilisierung. Vielmehr blättern die Gedichte in Gedanken- und Augenblicksprotokollen, die sich als Erinnerungen an die Inselaufenthalte aneinander gereiht haben, sie ähneln manchmal einfachen Notizen, wie sie am Wegesrand en passant aufgeschrieben werden, um Beobachtungen am Strand, in Cafes, Bars, in Gärten und an Straßen festzuhalten.

Aber immer verfangen sich in diesen Texten die ganz persönlich erlebten Stimmungen zwischen den Beschreibungen der Kargheit, der Hitze, der Meeresfarben und Windströmungen. Das macht aus diesen „Impressionen“ wirkliche Gedichte, dass diese Sätze über Licht und Wetter, diese Wortkaskaden über das äußerlich Wahrgenommene in Beschreibungen des Glücks, der Liebe, der melancholischen Ernüchterung und der Traurigkeiten münden. So kann sich wer will von diesen Gedichten forttragen lassen in den eigenen Süden.

Dem Gedichtband sind ein chronologisches Verzeichnis der genauen topografischen Entstehungsorte sowie ein sehr lesenswertes Vorwort von Kerstin I. Mayr beigegeben.

Christine Riccabona