Rezensionen 2008
Martin Kolozs, Ich glaube nicht an die große Liebe. Neue Liebesgedichte und andere
Edition BAES 2008, 42 Seiten
In trockenem, knappem Ton entromantisiert Martin Kolozs in seinem Gedichtband die Liebe. Manchmal nur mit drei knappen Zeilen: „Ich habe es bemerkt / als ich mit dem Hund unten war: // Ich liebe dich nicht mehr“, oder „Ohne dich will ich nicht mehr sein // Aber an die Zeit ohne dich / kann ich mich gut erinnern“. Manchmal in pathetischem Ton, der Erinnerungen an andere Liebesgedichte weckt: „Wenn ich wüsste / was die Liebe ist / bräuchte ich keine Erklärung zu finden / sondern bliebe einfach stumm / und fühlte und hörte / wie mein Herz für dich schlägt“. Manchmal geradezu komisch: „Ich hänge an dir / und mein Hals wird länger und länger // Ich stehe auf dich / und denke an falsche Grammatik“.
Auch wenn das lyrische Ich nicht an die große Liebe glauben mag, die kleine scheint umso beständiger. Obwohl dieses Ich streckenweise kühl und frech daherkommt, kann es sich auch öffnen, immer wieder ist den Lesern ein kurzer Blick auf den sprichwörtlichen weichen Kern gestattet. Um drei Versionen des Gedichtes „Du“ sind die Miniaturen angeordnet, die der internen Ordnung zugrunde liegenden Gedanken sind am ehesten zu umschreiben mit den Begriffen ,Richtung’, ,Ist-Zustand’ und ‚Rückbesinnung auf das Wesentliche’.
Laut Verlagsankündigung ist Kolozs höchstens noch ein Bändchen solcher Liebeslyrik gestattet, dann nämlich sei „die Jugend vorbei und auch sämtliche Flausen aus jenen Tagen“. Schade eigentlich, denn diese Flausen lesen sich hervorragend.
Martin Kolozs, Bar. Mördergeschichten. Sakarabaeus 2008, 124 Seiten
Sehr direkt ist Martin Kolozs in der Fortsetzung seiner Geschichte vom Serienmörder Jakob Schwind, die in seinem ersten Buch Mon amie ihren Anfang gefunden hat, in der man sich als Leser im psychopatischen Jakob wiederfindet, mit seinen Augen sieht, seine Gedanken mitdenkt. Explizit und detailliert wird Grausames und Ekliges beschrieben, man fragt sich schon, ob man das alles wirklich so genau wissen möchte und mehr als das stellt sich die Frage nach der Funktion dieser Passagen, zumal eine Explizitheit dieser Art nicht mehr provozieren kann und auch sehr wenig zur Figurenzeichnung beiträgt. Freilich lässt sich, wenn man möchte, die erste Erzählung auch mit einem ironischen Blick lesen – das sei dem Leser auch empfohlen. Jakob Schwind unterliegt der Wahnvorstellung, dass ihn nur das Blut anderer Menschen vor dem Tod retten kann, und so tötet er, trinkt das Blut der Getöteten, flieht vor vermeintlichen Verfolgern, hört Stimmen: „Jakob fühlte sich, als wäre er in zwei Welten gleichzeitig geworfen. Eine, die er mit allen Männern und Frauen, Kindern, Tieren und Pflanzen teilte, in der die Worte zeigten, was sie hießen, es keine Rätsel gab, die nicht zu entschlüsseln gewesen wären. Und eine andere, fremde, wo niemand außer ihm hinkam, er die Dinge wie hinter Glas sehen, aber nicht begreifen konnte“ (28).
Die zweite Erzählung in diesem Buch, „Verschwinden. Einer Mördergeschichte letzter Teil“, spielt mit Verdächtigungen, in jedem Kapitel gibt es einen anderen Täter: Eine Ehefrau wird tot aufgefunden, der Ehemann gibt zu, mit ihr gestritten zu haben, bestreitet aber den Mord. Einer der potenziellen Täter ist Jakob Schwind, über den die Erzählung, die durchaus für sich alleine stehen kann, an „Bar“ angeknüpft werden kann. Diese Erzählung ist sehr konventionell gestrickt, es gibt eine Kommissarin, es gibt Verhöre, einen allwissenden Erzähler. Doch Kolozs nützt die etwas hölzern wirkenden Dialoge und platt gestrickten Krimifiguren als Sprungbrett, um diese quasi mit eigenen Mitteln zu schlagen. Kleine Augenzwinkereien sind eingebaut – es lohnt sich, unter anderem einen genauen Blick auf die Namen der Kommissare zu werfen...
Carolina Schutti