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Forschungsinstitut Brenner-Archiv

Rezensionen von Barbara Hoiß

 

 
Hans Haid: Lesebuch II (Band 27 Schriftenreihe Ötztal-Archiv
)
Studienverlag Innsbruck, Wien, Bozen 2013

 
„Und wer hat uns die POESIE versteckt? die POESIE?“

Nicht nur die Frage, wer hat uns die Poesie versteckt, nein, vielmehr die Frage, wo fängt sie denn an, die Poesie, stellt man sich unweigerlich, schlägt man Hans Haids Lesebuch auf. Das Zitat stammt aus dem Hörspiel „mit tränen füllt man keine betten“, welches dem Buch gleichsam als Einführung vorangestellt ist. Wie im Lesebuch mischen sich im Hörspiel die Stimmen von Radiosprechern und Tourismus Managern mit denen der Saligen und vor allem mit der Poesie des Autors. Im Dezember 2008 unter der Regie von Nikolaus Scholz war das erste Mal zu hören, was Hans Haid auf dem Papier entworfen hat. Besonders genau nimmt es Haid mit der Musikauswahl zum Stück und das ist gut so. So verhilft zum Beispiel Ernst Kreneks 1936 in Sölden entstandenem 6. Streichquartett zu einem bedrohlichen Szenario, das sich dem glatten Tirol-Gesicht der Werbung diametral entgegensetzt. Er tritt als Mahner auf, als Unbequemer, der der Tourismusbranche und den Politikern drein redet, wenn sie zu gierig werden.
Die Poesie spielt im Lesebuch, was den Raum angeht, auf den ersten Blick eine Nebenrolle. Allerdings lassen sich poetische Texte schwer von Sachtexten unterscheiden, sie fließen ineinander. Zwischen Projekten, Berichten, Ausschnitten aus Zeitungen, Leserbriefen und Kommentaren, die sich vornehmlich mit dem Massentourismus, dem Kraftwerksbau oder ähnlichen zerstörerischen Elementen beschäftigen, findet unter dem Titel Lyrik ein explizit poetisches Kapitel Platz. Auch hier tritt meist ein mahnender Autor auf, was den Texten manchmal schadet (Zu viel Zeigefinger hat niemand gerne!). Andere umspinnen mit gut eingesetzten sprachlichen Mitteln die gefangene Fliege im Netz und lassen sie und den Leser nicht mehr los.

es kommen härtere zeiten

immer mehr
schnee in den bergen
heimlich & leise
meter um meter

die stille am morgen
das schneien am abend
immer das schneien
heimlich & leise

meter um meter
tage und nächte
das grauen der schrecken
immer die ängste

das warten
das donnern
das brechen
das krachen

über felsen durch wälder
schneller und krachend
näher dem dorfe
den menschen der kirche

endlich und jählings
donnern und bersten
dann stille nur stille
alles voll frieden

alles gestorben
häuser wie schatten
gestern ein dörfchen
leben und lachen

alles erstorben
aasgeier kreisen
stinken und sterben
amen: vergeltsgött? (S. 126-127)

Das Gedicht greift ein Vokabular auf, welches man sich von einem Text über Schnee durchaus erwarten kann, wie „leise“ oder „stille“, durchbricht aber schon bald das friedliche Bild. Die Stille holt den Leser erst wieder zu Ende ein, nun ist sie aber die Stille des Todes. Interessant ist in dem Zusammenhang das Verb „erstorben“. Das Präfix er- kann am ehesten mit „aus“ gleichgesetzt werden und mündet hier ins Aussterben. Sterben und Tod spielt in den lyrischen Texten immer wieder eine entscheidende Rolle. Vor allem die Mundartgedichte greifen sowohl den alltäglichen Tod – das Abstechen eines Schweines (S. 135) – als auch den prophezeiten, den vernichtenden Lebensweisen zu Grunde liegenden.

dieses haus ist abgebrannt

von den gletschern rinnt das blut. gletscherflöhe.
niemand mit der totensense.
lei dr töet
niemant ummha
zen ooschtechn
maul asnondrgschniitn
sorgnäägle groode piegn
olle sein weck vrschwuntn
is raadle ummgedraat
außngschwemmet
schtrick ummen hols...

Haid bietet dazu noch eine Übersetzung an und wechselt in der zweiten Strophe ins Hochdeutsche. Mit der Übersetzung macht er die Texte einem breiten Publikum verständlich, entzaubert sie aber auch. (Gertraud Patterer aus Dölsach in Osttirol zum Beispiel hat sich dafür entschieden, nichts zu übersetzen, im oft nicht gerade leicht verständlichen Dialekt zu bleiben und auf ihn zu vertrauen.) Den Wechsel zwischen Standardsprache und Dialekt verwendet Haid oft als Stilmittel, das ihm eine zusätzliche Brechung ermöglicht. Als solches wird es gut eingesetzt, gerade wenn es um die Diskrepanz zwischen der lebensnotwendigen Natur und der vereinnahmenden Profitgier der Wirtschaft geht. Dem Faktum, dass der Mensch seine Lebenswelt mehr und mehr vernichtet, soll gerade die Poesie entgegen gehalten werden.
Um eine Versöhnung von Mensch und Natur, um eine Symbiose von Kultur, Wirtschaft, Bildung und vielem mehr, darum geht es in diesem Lesebuch. Und diese liegt im Bereich des Hoffbaren, wie das Kapitel „Projekte“ zeigt. Dokumentiert wird die Entwicklung der Wege, die in den Alpen beschritten werden, um eine solche Versöhnung zu erreichen, unter anderem in dem Verein Pro Vita Alpina. In den Statuten steht die Förderung der kulturellen, gesellschaftlichen, ökologischen und wirtschaftlichen Entwicklung im Alpenraum im Vordergrund. Erreichen will Haid dies aktiv durch seine Aufbereitung des Alten, das eine Basis für das Heute und die Zukunft werden soll. Lieder, Sagen, Dialekte oder Kulturgegenstände aus vergangenen Tagen werden wegweisend eingesetzt. Sie betreffen das Leben der Menschen in unserer Zeit. Ein Beispiel dafür ist das Wirken der Saligen, die fleißige, ehrliche Menschen unterstützen. Gierige, rücksichtslose Rüpel werden von ihnen ins Unglück gestürzt, sollten sie auf die Mahnworte der Bergfrauen, der Berggötter nicht hören. Haid schreibt davon: „Volks- und Basiskultur kann und soll in hohem Maße „radikal“ sein – aus den Wurzeln kommend und dort aufbauend.“ (S. 219)

In den Leserbriefen, Kommentaren, Reden und anderen „Gebrauchstexten“ greift Haid wieder auf Poesie, auf Lyrik, auf die Arbeit mit Dialekt und Standardsprache zurück. Ersteren gebraucht er um auf die Volkskultur zurückzugreifen, in der seiner Meinung nach die Lösung einiger Sozial- und Wirtschaftsproblematiken liegen könnte: eine Kultur, die der Ötztaler aufs Genauste unter die Lupe genommen hat, seien es schriftliche oder bildliche Dokumente, seien es Hörproben oder Alltagsgegenstände. Aber auch der „Hochkultur“, die sich mit den Bergen, dem Ötztal beschäftigt, geht er nach: Alfredo Catalanis Oper La Wally oder Maurice Chappaz. Die volkskundliche Sammlung ist weit über die Grenzen Tirols hinaus ein Begriff. Und das hält Haid denen entgegen, die mit dem Land ihr schnelles Geld machen wollen, der TIWAG, dem Landeshauptmann, den Liftkaisern und Hoteliers. Glücklich scheint Haid zu sein, wenn er auf den alten Schafwegen hoch oben überm Ötztal und dem Vintschgau unterwegs ist. Dort wo sich die sagenumwobene Langtüttin am wohlsten fühlt.

Hans Haid fragt auf dem Klappentext sich selbst:
„Mein Lesebuch II – ein Abschiednehmen, ein Wutausbruch, ein Verzweiflungsschrei, eine letzte Bergpredigt? Ich weiß es nicht.“ Die letzte Charakteristik kommt nahe an die Textform heran, die man im Buch vorfindet. Peter Turrini spricht von Haid als vom „Alpen-Abraham a Santa Clara“(Vorwort zu Hans Haid: Sie nehmen auch den Schnee. 2003), einem Prediger, der die Menschen mitreißt. Mitreißen soll sich auch der Leser lassen, mitreißen wieder einmal mit offenen Augen und Ohren in den Bergen unterwegs zu sein, am besten abseits von Seilbahnen und Bergrestaurants auf Schusters Rappen und einem Rucksack mitsamt Marende. – Und wer weiß, vielleicht ist dort auch die Poesie versteckt.

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Bernhard Aichner, Für immer tot. Ein Max-Broll-Krimi
Innsbruck-Wien: Haymon Verlag, 2011, 238 S.

In siebenundzwanzig Kapiteln gliedert Bernhard Aichner seinen zweiten Max-Broll-Krimi. Der Totengräber Max, der nach dem Tod seines Vaters dessen Geschäft übernommen hat,  und sein Freund, der ehemalige Fußballstar Baroni kämpfen sich nach der Entführung von Max’ Stiefmutter Tilda näher und näher an den Täter heran. Tilda, die selbst bei der Polizei arbeitet, wird von ihrem Peiniger nur mit einem Handy ausgestattet in einer Kiste an unbekanntem Ort vergraben. Als Täter identifiziert sie übers Telefon einen Arzt. Leopold Wagner soll bei künstlichen Befruchtungen sein eigenes Sperma verwendet und seine Frau getötet haben, als diese ihn verraten wollte. Diesen Mann hat Tilda Broll vor Jahren ins Gefängnis gebracht. Obwohl der Autor den Leser von Anfang an darüber im Klaren lässt, wer der Täter ist, gilt es das Rätsel zu lösen, wie er es angestellt hat – er sitzt seit achtzehn Jahren im Gefängnis – und wo sein Opfer zu finden ist.
Max, der schon seine Mutter und seinen Vater verloren hat, will nicht auch noch seine Stiefmutter verlieren. Verzweifelt schlägt er um sich. Er führt einen Kampf, einen Kampf mit Fäusten und Foltermethoden, mit Schweiß und Blut. Aichner schreibt keinen Krimi für Zartbesaitete. Die Ruhe, die man gerne mit Friedhöfen in Verbindung bringt, bleibt aus. Die Suche nach der Vergrabenen zieht sich hin, Max scheut unter der Mithilfe von Baroni nicht vor illegalen Methoden zurück, um dem im Gefängnis sitzenden Wagner dazu zu bringen, ihm den Ort zu verraten, wo Tilda vergraben liegt. Wagner rächt sich dafür und Max steht vor der Leiche seiner Freundin Hanni. Ab diesem Zeitpunkt schlägt Max‘ Aggressivität in Wahnsinn um. Er schlägt um sich, mit Fäusten und Worten.

Max spricht den Namen aus. Wagner. Er sagt der Welt, wer für diese Verbrechen verantwortlich ist. Leopold Wagner.
Mörder, sagt er. Geisteskranker Häftling. Impotenter Scheißkerl.
Max schlägt um sich. Es fallen Worte, von denen Max weiß, dass sie ihn treffen, dass sie ihn aufscheuchen, ihn zu ihm treiben. Unmännlich. Unfähig, Kinder zu zeugen. Größenwahn, Feigling, Schwächling. Max provoziert ihn, beleidigt ihn, kränkt ihn, verletzt seinen Stolz. Er spricht von den unzähligen Kindern, die das Glück haben, ihren Vater nicht zu kennen, er schaut in die Kameras und pinkelt in Wagners Gesicht. Mit Anlauf wirft er sich gegen ihn, reißt ihn um, egal wo er sich versteckt, wo er sich verkrochen hat. Egal was kommt. (S. 161-162)

Aichners zweiten Broll-Krimi könnte man zum ‚roman noir’ zählen, die Trennung zwischen Gut und Böse ist nicht so deutlich wie in klassisch geschnittenen Krimis. Max, der Held, scheut nicht davor zurück, Gewalt anzuwenden. Über rechtliche und humane Grenzen setzt er sich hinweg.

Ein Gegenpol zu dieser hartgesottenen Männerwelt, in der Alkohol in Strömen fließt und Fäuste fliegen, ist die Liebe zur Stiefmutter und vor allem die Liebe zu seiner Freundin Hanni. Kapitel ‚Zweiundzwanzig‘, das einzige, das aus der fortschreitenden Handlung fällt und eine Rückblende auf eine gemeinsame Italienreise mit Hanni beschreibt, ist der Liebe gewidmet. In den Momenten, wo der Held Max den Frauen in seinem Leben nahe ist, ändert sich auch die Sprache. Sie wird rhythmischer und erinnert mehr an die Romane Nur Blau oder Schnee kommt.

Nebeneinander saßen sie an der Theke. Sie küssten sich. Er nahm ihre Wangen und hielt sie, ihr Mund kam auf seinem an. Es war besser als alles sonst. Die Sekunden mit ihr, die Minuten, Stunden, die Tage, er wollte Jahre mit ihr. Mit ihr zusammen sein. Aufwachen, einschlafen, sie halten. (S. 188)

An manchen Stellen häuft Aichner eine seiner sprachlichen Lieblingsfiguren so, dass man als Leser ungeduldig wird. – Wie, wie, immer nur wie.

Immer wenn er die Augen aufmacht. Egal wo er hinschaut. Aus dem Fenster, die Menschen am Friedhof, am Kirchplatz. Wie alles unendlich weh tut. Was er sieht, was er nicht mehr sieht. Ihre Zahnbürste im Bad, ihr Bademantel, alles von ihr. Wie die Tage beginnen. Wie sie aufhören. Wie Baroni ihn zurückholen will und es nicht kann. (S. 233)

Für immer tot entwickelt einen Sog, den ein guter Krimi haben muss. Die Frage ist nur, wie viel von dem schnell gelesenen, vielleicht auch schnell geschriebenen ‚Hau-drauf-Text‘ haften bleibt?

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Mathias Klammer, Der Minimalismus der Dinge. Roman
Gosau, Salzburg, Wien: Arovell 2011, 153 S. 

Mathias Klammer, geboren 1988 in Osttirol, legt seinen ersten Roman vor.
Der Titel „Der Minimalismus der Dinge“ ist eigentlich irreführend, denn es geht im Text um die großen Themen der Literatur, um Liebe und Tod. Die Leser erfahren vom Ich-Erzähler vorerst kaum das Nötigste. Nur langsam kristallisieren sich die fünf Figuren und ihre Geschichten heraus. Den besonders zu Beginn nur spärlich vorhandenen Leitfaden kontrastiert ein Überangebot an Belehrung in den eingefügten Motti wie beispielsweise: „Eine Mücke im Auge kann auch einen Elefanten zum Weinen bringen“ (S. 141) oder auch an Zwischenüberschriften wie „Eine Erinnerung“. Auf ihrer Suche nach Liebe stolpern Paul, Marian, Jonas, Otto und Anna über den Lebensfaden des jeweils anderen. Die Unfähigkeit miteinander zu reden oder gar miteinander zu leben, endet im Roman für die meisten tödlich. In den Passagen, wo sich der Autor mit den Erinnerungen an die Großmutter und mit den Erlebnissen um eine alte Frau beschäftigt, die von Jonas gepflegt wird,, ist der Text poetisch, er ist stimmig: „Großmutter sitzt auf dem Stuhl, wippt vor und zurück. Die beiden Stricknadeln stoßen aneinander, rhythmisch, im Takt. Ich kauere auf dem Boden neben ihr, der Fernseher läuft. Mutter und Vater, nicht anwesend.“ (S. 51) Die Ellipse unterstützt den Eindruck beim Leser, es handle sich hier um eine Bestandsaufnahme. Zur Verknappung greift Mathias Klammer häufig, nicht immer ist diese Wahl eine glückliche: „Ich setze mich hin, wasche den Schmutz ab. Das prasselnde Wasser, mich von ihm befreit.“ (S. 46)
Um es mit den Worten Ludwig von Fickers zu sagen: „ein weidlich ungekämmtes und sozusagen stichelhaariges Talent“ (Ficker 1910 über Franz Alfons Helmer, einen anderen Osttiroler Schriftsteller).

Barbara Hoiß, Anton Unterkircher  

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Christine Hackl-Neuner, Rückgrat. Historischer Tiroler Roman
Reith im Alpbachtal: Verlag Edition Tirol 2010

Vom Kraxentrager zur Schlacht in Spinges

Zwischen dem Pfitscher Joch und dem Brennerpass liegt der Kraxentrager, 2999m hoch. Es ist eine lange, aber keine schwierige Tour.  Wenn Sie allerdings ein Kind von 12 bis 13 kg in der Kraxe am Rücken mittragen, zieht sich der Weg. Mit der Zeit meldet sich das Rückgrat und man schwitzt gehörig. Jetzt stellen Sie sich vor, Sie hätten kein Kind sondern einen ausgewachsenen jungen Mann zu tragen und es wäre nicht trocken und warm, sondern Schnee läge auf dem Steig, die Steine wären rutschig und ein eisiger Wind pfiffe über den Alpenhauptkamm. Der Schweiß tritt aus allen Poren und das Rückgrat schmerzt förmlich bei der alleinigen Vorstellung. So geht es Valentino, kurz Vale genannt, der Tobi, den Bruder seiner geliebten Franziska zu Winterende 1797 nach der Schlacht von Spinges schwerverwundet übers Pfitscher Joch nach Hause schleppt. Das Pfitscher Joch ist ein Alpenpass, der das Südtiroler Pfitschtal mit dem Zillertal verbindet und zum Prüfstein im Roman Rückgrat wird. Damit sind wir schon fast am Ende von Christine Hackl-Neuners Buch, das sie selbst als „Historischen Tiroler Roman“ bezeichnet. Auf die Historizität wird schon in der „Historie“ hingewiesen, einem dem Roman vorgestellten geschichtlichen Abriss nach Franz Kolbs Das Tiroler Volk in seinem Freiheitskampf 1796 – 1797. Als Leser taucht man in die Zeit des ersten Koalitionskrieg (1792-1797) ein, den das habsburgische Österreich gegen den Feldherrn Napoleon Bonaparte führt. Die Entscheidung, Tirol anzugreifen, fällt vor allem wegen der Alpenpässe, die Nachschub und Rückzug für die Österreicher sicher stellen.  Die Außerfernerin Hackl-Neuner weicht im Roman dem Tiroler Freiheitskampf 1809 aus, ein geschickter Schachzug. Der Verzicht auf so große Figuren wie Hofer, Haspinger und Speckbacher eröffnen ihr mehr Raum für die gesellschaftlichen Voraussetzungen, den Alltag der Menschen zu Ende des 18. Jahrhunderts.   Mit der genauen Kategorisierung – sie spricht von einem Tiroler Roman – verweist sie auf die Regionalität des Textes. Heimatbewußtsein und Stolz auf die eigene Kultur sind wichtige Aspekte für die Autorin. Allerdings verlässt sie leider die realen Orte und erfindet die Flurnamen im Zillertal oder eines benachbarten Seitentals des Wipptals, denn in der Nähe des Pfitscher-Jochs müssten die Höfe und Dörfer liegen. Dabei sieht man am Beispiel des Kraxentragers, dass die Realität oft die schönsten Geschichten und vor allem Namen hergibt. Manche Flurnamen erinnern eher an das Außerfern wie z.B. Trostlos, das an Namlos im Außerfern erinnert. (Alle Außerferner mögen mir diesen Schluss verzeihen.)

Doch Valentino, der noch immer Tobi auf dem Rücken übers Pfitscher Joch schleppt,  soll sich zu einer kurzen Rast seiner Last entledigen und uns inzwischen seine Geschichte erzählen. Der Sohn eines italienischen Weinbauern und einer Tirolerin wird aus Rache – seine Mutter hatte ihn und seinen Vater aus Sehnsucht nach den Tiroler Bergen verlassen – zum Spitzel der Franzosen. Mit dem Auftrag, die Gegend und die Gegebenheiten Tirols auszukundschaften, findet er auf dem Gutshof Ferdinand von Auersperg Arbeit. Beim Schachspiel mit dem Gutsherrn erzählt Valentino nach und nach von seinen Lehrjahren bei seinem Onkel in Rom und auf einem Gestüt in Spanien. Als der Knecht des Schwiegersohnes verstirbt, schickt von Auersperg den italienischen Knecht als Hilfe auf den Schönberghof. Dort trifft Valentino auf den 18-jährigen Tobias und dessen ältere Schwester Franziska. Die Tochter des Hauses hat von ihrer verstorbenen Mutter viel über Pflanzen und Krankheiten gelernt, deshalb ist sie als einzige Frau am Schönberghof nicht nur für Küche und Keller zuständig, sie gilt im Dorf als Pflanzenkundige und Heilerin. Immer wieder ruft man sie zu Hilfe. So muss sie ihre Freundin Katharina zusammenflicken, die vom Vater verprügelt worden ist.
Es fällt auf, dass die Autorin der Kraft ihrer Sprache nicht immer vertraut.

„Wenn Kathi ein Krüppel bleibt, dann bringe ich den Schneider Emmerich um“, gab er aufgebracht von sich.
„Rede nicht so einen Blödsinn, sie wird wieder gesund. Franzi kann ihr schon helfen.“ Den Blödsinn bezog Tobias auf die Gesundheit, nicht auf das Umbringen des Schneiderbauers. (S. 185)

Tobias Nachsatz „sie wird wieder gesund“ verweist bereits auf diesen Teil von Romans Rede. Den Nachsatz des auktorialen Erzählers braucht der Leser nicht mehr, der Text würde stärker.
Der Italiener kommt Franziska ob der Bedrohung durch die französischen Truppen als Störenfried vor, da hilft Valentino auch sein Fleiß und dem Interesse an den Anforderungen an einen Bergbauern wenig. Hackl-Neuner lässt in Form von Beschreibungen der Tagesabläufe am Schönberghof und mittels Erzählungen von Tobias und dessen Vater immer wieder Wissenswertes über den Alltag einfließen. Erklärungen zum Flachsanbau, zu christlichen Feiertagen, Heiligenlegenden und Sagen wechseln einander ab. Gut sind diese Schilderungen, wo sie sich nahtlos in die Geschichte einfügen.

Für Franziska, die mit einer schweren Kraxe am Rücken aufstieg, schien es eine gewohnte Anstrengung zu sein. Eisenbeschlagene, grobe Bergstiefel gaben im abschüssigen, steinigen Gelände Halt. (S. 58)

Andere wirken wie belehrende Episoden, die hätte man besser in den Text einfließen lassen sollen.  Ein Beispiel dafür ist der Holztransport auf Schlitten im Winter: Zum Erreichen der Holzlagerstätte wird mit Schneereifen, heute sagt man meist Schneeschuhe, eine Spur getreten. Ein Satz wie „Aus spannfähigen Weiden wird ein ovaler Holzrahmen gebogen, mit Schnüren, fallweise auch mit Tiersehnen, ein festes Gitterwerk gespannt.“ (S. 305) könnte auch in einem Buch über ein Heimathaus zu lesen sein. Neben den Arbeitstechniken greift die Autorin auch die fehlende Bildung und die zum Teil große Armut auf. Franziska wird von einem Jungen aus Trostlos gebeten, seiner kranken Mutter zu helfen. Trostlos macht seinem Namen alle Ehre. Mit kargem Feld müssen viele hungrige Mäuler gestopft werden. Der Vater der Familie arbeitet den Sommer über bei seinem Vetter, um den erstandenen Hof abzustottern. Die Mutter erkrankt hochschwanger an Lungenentzündung. Die sieben Kinder müssen ohne Brot im Haus sehen, wo sie bleiben. Valentino und Franziska kommen der Familie im Nachbartal zu Hilfe und einander näher. Sie lernen einander schätzen.
Wieder zurück am Schönberghof wird die Liebesgeschichte durch ein Zwischenspiel unterbrochen. Eine fragliche Episode ist die vom Dorfpfarrer durchgeführte Teufelsaustreibung an einer an Schizophrenie Erkrankten. Die Autorin beruft sich im Quellenanhang zu Ende des Romans auf eine historische Quelle, die eine derartige Teufelsaustreibung für 1782/83 in Seefeld in Tirol belegt. In sich schlüssig bleibt die Verbindung zum Haupthandlungsstrang fragwürdig. Der Pfarrer unternimmt nichts gegen die Heilerin, die nach seiner Teufelsaustreibung an der Erkrankten herumdoktert. Das vom Pfarrer aufgehetzte Dorf lässt sowohl die Erkrankte als auch Franziska unbehelligt und schädigt das Dorfwirtshaus, indem nach den Predigten des Pfarrers die Gäste fern bleiben. Dabei wäre Franziskas Ausstoß aus der Dorfgemeinschaft kein unwillkommenes Motiv für den Schluss des Romans gewesen.
Nur ca. 50 Seiten widmen sich den Kämpfen der Tiroler Schützen mit den französischen Truppen. Im Mittelpunkt steht die Schlacht in Spinges im Pustertal im April 1797. Valentino und Tobi kämpfen Seite an Seite mit anderen Männern und Jünglingen aus dem Dorf. Nach einem brennenden Abschiedskuss zieht Valentino, sich der Liebe Franziskas sicher, nach Südtirol. Bewaffnet sind die Tiroler Truppen mit Gewehren, mit Sensen, Messern und Dreschflegeln. Valentino, der im Laufe des Romans Tirol und vor allem Franziska zunehmend lieben gelernt hat, schickt die Ergebnisse seiner Spionage, seiner Rache, wegen der er nach Tirol gekommen ist, nie in den Süden zu den Franzosen. Die Briefe unter dem Decknamen „Zia Antonella Antonelli“, in denen er über die Anzahl der „Rosenkränze“, der Schusswaffen, der Tiroler Bevölkerung berichtet, schickt Valentino nie ab. Der Italiener kämpft mit Tobi auf Seiten der Tiroler – nicht zuletzt, weil ihn Franziska gebeten hat, auf den Bruder aufzupassen. Die Tapferkeit und der Wagemut der Tiroler Truppen und seltener auch der Widersinn des Krieges werden anhand von ausgewählten Einzelschicksalen beleuchtet. Als blutiges Beispiel soll Anton Reinisch, der Senseler, aus Volders genannt werden:

Er (Valentino) suchte Tobias. Nach dem Gemetzel der Sensenmänner hatte er ihn aus den Augen verloren. Gliedmaßen von französischen Soldaten lagen abgeschlagen, wie von Strohpuppen, neben ihren Körpern.
Anton, der „Senseler“, ein einfacher Schmiedemeister. War er nun ein Held?
Ein Märtyrer?
Ein Verrückter? (S. 369)

Tobias wird im Kampf schwer verwundet. Bis zuletzt hält er an den hären Idealen der Vaterlandstreue fest.

„Weißt du, Vale, eines ist für mich sehr wichtig, und das war all das Leid wert.“ Noch nie hatte Valentino den Schönbergsohn so ernsthaft erlebt.
Wie es im Aufruf stand, die Dankbarkeit der Zeitgenossen und der Nachkommen Tirols. Die sollen uns nie vergessen. Sie sollen den Gefallenen und der Heimat die Hochachtung erweisen.“ (S. 393)

Valentino nimmt sich vor, den Bruder seiner geliebten Franziska, so, wie er es versprochen hat, wieder nach Hause zu bringen. Von Sterzing geht es am Karren eines Bauern ins Pfitschtal. Vom Talschluss schleppt Valentino den Schwerverletzten über das Pfitscher Joch heim auf den Schönberghof. Dort sind wir ihm begegnet. Valentino bringt ihr zwar wie versprochen den Bruder wieder. Dieser verstirbt, am Schönberghof angekommen, an Blutvergiftung. Es kommt zum Bruch zwischen Valentino und Franziska. Diesem fehlt ein wenig die Motivation. Franziska findet die Aufzeichnungen des Italieners, die für den Feind bestimmt sind. Auf Grund dieses Verrats wendet sie sich von ihmab, ihrer großen Liebe. Der Tod des Bruders spielt dabei nur eine untergeordnete Rolle.

„Vale“, dabei sah sie ihn bedrückt und vorwurfsvoll aus ihren verquollenen Augen an. „Ich habe die Landkarten und den Brief an deine Zia Antonella Antonelli gefunden.“ Kurz hielt sie inne, dann sagte sie tonlos: „Du wolltest uns verraten.“
„Du verstehst die italienische Sprache?“ Valentino sah Franziska völlig verdutzt an.
„Ja, unsere Mutter hat es uns gelehrt. Warum, Vale, warum bist du ein Spitzel?“
Lange schwieg er, dann sagte er leise:
„Es war mein Hass! Ich war blind vor Hass.“
„Wir haben dir nichts getan!“
„Es war der Zorn auf meine Mutter, Franzi, ich fühlte mich von ihr verraten...“
„Vater ist gestern aufgebrochen.“, unterbrach Franziska ihn. Sie wollte keine Erklärung hören, für Verrat gab es keine Erklärung. (S. 396)

Valentino irrt verzweifelt weg vom Schönberghof ins Gebirge Richtung Pfitscher Joch. Es ist eine Krux mit den Lasten, die man sich so aufbürdet. Die Schultern sind oft nicht breit genug, das Rückgrat nicht stark genug, um alles zu ertragen. Der Kraxentrager zerbricht an der Last.  

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Otto Licha, Geiger

Hohenems: Limbus Verlag 2008

Vergangenheit ist nicht wegzudenken, auf diesen Satz ließe sich den Roman Geiger von Otto Licha zuspitzen. Im ersten Teil „Vergangenheit“ bildet die Reichskristallnacht in Innsbruck den Ausgangspunkt, der das Leben einer ganzen Familie zerstört. David springt aus dem Fenster und flüchtet nach Sizilien, von dort weiter nach Tanger. Seine erste große Liebe, die Geige, lässt er in Innsbruck zurück, spielen kann er nach seiner Flucht über die österreichische Grenze nach Südtirol in einem Schneesturm mit seinen erfrorenen Händen nicht mehr. Im Exil trifft er sein großes Vorbild, den Geiger Fritz Keller. Die Liebe zur Musik und insbesondere die Liebe zur Geige lässt ihn nicht mehr los, und als er nach 1945 wieder nach Innsbruck zurückkehrt, muss er feststellen, dass diese Liebe das Einzige ist, was ihm bleibt. Seine zweite große Liebe, Ilse, ist nach dem Krieg unauffindbar, das Spirituosengeschäft, das David gerne übernommen hätte, bleibt ihm verwehrt. Seine Heirat und seine Beschäftigung als Buchhalter sind für ihn Nebensache. Erst als sein Sohn Simon mit dem Geigenunterricht beginnt, blüht David auf. Er drängt Simon zum Üben und sucht für ihn die – seiner Meinung nach – besten Lehrer aus. Gemeinsam besuchen sie Geigenkonzerte und Simons Talent wird von den Lehrern bestätigt. Der Sohn lebt zwischen Schule und Geige. Obwohl David seine Vergangenheit vor seiner Frau und seinem Sohn nie anspricht, wird die Familie von ihr eingeholt. Simons Geigenlehrer ist eben jener Fritz Keller, den David in Tanger kennengelernt hat. Angst flammt wieder auf, als David einen Drohbrief gemeinsam mit der Unvollendeten von Schubert erhält. Eine Anzeige verläuft im Sand. David, gefangen in seiner Vergangenheit, erleidet einen Zusammenbruch, als er bei einem Konzertbesuch ehemalige SS-Leute wiedererkennt, die in der Reichskristallnacht die Wohnungen der jüdischen Einwohner Innsbrucks zerstört und sie verprügelt und verschleppt hatten. Musikalisch schwingen Erinnerungssätze im Text. Musik und Erinnerung verweben sich zu einem dicken alles erstickenden Tuch.
Der Vater wird nach dem Zusammenbruch in die psychiatrische Anstalt eingewiesen. Nach dem Tod der Mutter, sie stirbt an Leukämie, bleibt Simon allein. Der Vater kehrt aus der Vergangenheit nicht zurück und begeht Selbstmord.

David blickte in den Hof hinunter.
„Hau ab!“, hörte er Leopold Dubsky, als die SS-ler die Wohnung stürmten. David sah ihre Gesichter.
„Soll ich wirklich? Ich bin doch auch ein Schein.“
David dachte an Luise Dubsky.
„Fritz, verzeih! Die Zeit heilt alle Wunden. Simon hat mir von deinem Abschied erzählt. Ich denke, je länger man lebt, desto schrecklicher wird alles. Nichts heilt die Zeit. Sie macht alles schlimmer.“ (S. 175)

Im zweiten Teil des Romans, „Zukunft“ betitelt, begibt sich Simon auf die Suche nach den Spuren der Vergangenheit seines Vaters, er begibt sich auf die Suche nach dem Ursprung des eigenen Talentes. Simon gibt seine Solokarriere auf und bestreitet seinen Lebensunterhalt als Geigenlehrer. Er sucht nach den wenigen Spuren, die ihm sein Vater hinterlassen hat. Die Frage nach der Freiheit der eigenen Person stellt sich im Hinblick auf die Verstrickung des Sohnes mit der Vergangenheit des Vaters. Trotz der eigenen psychisch labilen Verfassung gelingt es Simon auf Umwegen wieder zu seinen Eltern zurückzugelangen. Er lernt Italienisch und begibt sich auf die Spuren von Davids Flucht nach Sizilien. Er forscht bei den ehemaligen Musikerkollegen seines Vaters nach, jeglichen Kontakt hat der Vater nach der Rückkehr nach Innsbruck mit ihnen vermieden, und findet schließlich nach langjähriger Suche mit seinem Freund Heinz eine Erklärung für die Vorgänge des Jahres 1938. Er entdeckt Vaters große Liebe Ilse im Stadtbild von Innsbruck, für sie ist eine Gedenktafel an ihrer ehemaligen Schule angebracht worden. Simon findet aber auch zu einer ganz neuen Art der Erinnerung, zusammen mit Bert Breit nimmt er eine „Radiophonie“ auf mit dem Titel Memento vitae et mortis.

Berts Gesichtsausdruck veränderte sich. Die Geigenpassage begann. Er erwartete einen phänomenalen, urgewaltigen Klang, der die Not der Armen anprangern sollte. Doch die zehn Geigen klangen zusammen wie eine einzige, sauber gespielte Violine.
„Der Tod ist einfach“, sagte Simon. (S. 188)

Simons Suche endet mit philosophisch anmutenden Überlegungen des Protagonisten, hinter denen leider oft der Erzähler zu nahe spürbar wird. Der Wunsch, der Autor hätte sich mehr auf die Musikalität seiner Prosa verlassen, keimt auf. Auch wenn philosophische Fragen nur gestellt und nicht beantwortet werden, empfindet man ihren belehrenden Charakter oft als überflüssigen Zeigefinger.

„Jede Vergangenheit hat ihr Pendant in der Zukunft.“ (S. 308)

Simons Suche endet mit einer Hoffnung, die sich vom Selbstmord ab- und dem Leben zukehrt. Es endet der Roman Geiger, ein schönes Stück Gedächtnis.  

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Norbert Florineth (Hg.), Bild Schrift Laas

Lana: Tappeiner, 2007 

Alles Erzählen ist Übertreibung 

Im Vorwort schreibt der Herausgeber Norbert Florineth von den Grenzen, die überall im Buch Bild Schrift Laas sichtbar werden, Grenzen, die auch den Großteil der Texte und Bilder beschäftigen. Bei genauerem Hinsehen entpuppen sich diese Grenzen aber auch als Verbindungslinien, die wie Adern durch den Stein, einmal schwächer, einmal stärker, sich kreuzend oder verschwindend in Bild und Schrift verlaufen. Florineth wirft in seinem Vorwort Fragen auf, die zum Nachdenken anregen, Fragen, die sich nicht zuletzt in der Auseinandersetzung mit der Literatur Franz Tumlers herauskristallisiert haben. Da geht es um das Wort und die Wahrheit und das Bild bzw. die Gestalt. Das Wort gehört im Buch den Dichtern, den Chronisten, den Zeitzeugen, den Archivaren und den Biographen. In der Zusammenstellung erinnert die Bild-Schrift an das Lesebuch Hugo von Hofmannsthal, herausgegeben 1922/23, dieser führt belletristische und nicht belletristische Literatur näher zusammen, fügt Reiseberichte an Gedichte, Biographien an Romanauszüge. Bildnerische Arbeiten stellt Florineth den Texten gegenüber, klare Fotos Jakob Tappeiners von Laas, den Bergen und den Steinen, Bilder und Skulpturen von Joseph Brunner, Therese Eisenmann, Jörg Hofer, Michael Höllrigl, Luis Stefan Stecher, Hans Strimmer, Martin Strimmer, und Reinhold Tappeiner. Dem ausgesprochen schönen und sinnlich-sinnenden Buch wäre nur hinzuzufügen, dass die ein oder andere heutige Stimme das Buch besser abgerundet hätte. Hinter der Auswahl der Texte und Bilder steht ein Mensch, der an die Kraft des Wortes und an die Kraft des Bildes glaubt.
Den Ausgangspunkt der Betrachtungen Florineths bildet eine Urkunde von 1323, in der Laas und die vier Kirchen St. Johann, St. Markus, St. Martin und St. Sisinius erstmals erwähnt werden. Woher kommt man? Wohin kann man gehen? Welche Namen geben wir den Dingen und vor allem den Menschen, die uns umgeben? Johannes Ulrich von Federspiel schreibt in seinem Legendenspiel von Hirlanda, einer edlen Frau, die von ihrem Mann unschuldig verstoßen im Wald als Hirtin lebt. Toni Bernhart hat sich intensiv mit dem aus Frankreich kommenden und 1791 in Laas aufgeführten Spiel auseinandergesetzt. Von ihm stammt auch die Edition des Textes, die 1999 im Folio-Verlag erschien. Bernhart ist im Buch mit lasamarmo vertreten, ein Volksstück, das die Figuren unbarmherzig immer an die Grenzen ihrer Sprache, die Grenzen des Erzählens stoßen lässt. Die Helden sind bei Bernhart ebenso traurig wie andere Helden des Buches, wie der alte, graue Bär auf den ganz Laas Jagd macht und der schließlich von einem tapferen Laaser Jäger mit bloßen Händen bezwungen wird, oder wie Franz Tappeiner, der zwar aufgeschlossener als Beda Weber ist, aber trotzdem nicht in die Frankfurter Paulskirche entsandt wird, oder die Laaser, die sich gegen die Herrn des Deutschen Ordens in Schlanders auflehnen und schließlich exkommuniziert werden. Dass auch Bilder traurige Helden sein können, beweist der dreiteilige Altar, den Jörg Hofer 1977 gemalt hat und der ein ebenso verhülltes Dasein fristet, wie es die Fresken seines Lehrers Max Weiler in der Theresienkirche der Hungerburg in Innsbruck taten.
Der Blick, den der Herausgeber auf Laas lenkt, zeichnet sich durch Liebe zum Detail aus, es ist ein Gefühl für Struktur. Die Bilder stellen zum Beispiel einen Steinknoten neben einen Strohknoten. Die Gletscherspalten und -brüche im Sommer gleichen den Marmorschnittflächen im Marmorbruch. Schneeweiß, grau durchzogen mit Linien leuchten sie aus der Wand herunter. Helmuth Moser geht steinkundig in Dreiundzwanzig Stunden Laasertal auf die Beschaffenheit der Vinschgauer Bergwelt ein. Das Alte – der Berg – verbindet sich mit den Menschen im Tal – zumindest bis zu einem gewissen Grad. Er bietet Baumaterial, das beständig ist, er bietet Arbeit. Andererseits gibt es auch hier eine Grenze, eine alte und eine neue Welt. Franz Tumler erzählt darüber in Besuch in der alten Heimat. Er zeichnet Linien nach in Geschichte aus Südtirol oder Aufschreibung aus Trient. Zur Sprache kommt auch die Verbindung und Grenze zwischen Italienisch und Deutsch. Was ist davon Heimat, welches Wort gebiert das Gefühl? Dem Gesichteten in Worte Gepackten widmen sich Thomas Kling in den Gedichten Mahlbezirk und zur krone, alla corona, laas, Luis Stefan Stecher in seinen Korrnrliadr oder N.C. Kaser in den Gedichten Laas für Marijke oder maridl, damit bleibt der Gasthof Krone in Laas in der Literatur festgeschrieben. Wenn Kaser von Hermann von Gilm und seinem Gedicht Allerseelen zu Norbert Florineth sagt „Lass den Kitsch“, so spricht er von einer Welt, die es nicht gibt, vielleicht nie gab. Es ist Sage, ein Gesagtes, das mit dem Aussprechen Gültigkeit erlangt, das Kaser ebenso wie Tumler und die anderen Autoren beschäftigt. Es ist Übertreibung wie jedes Erzählen – so Franz Tumler.
  

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Anna Stecher, Aus der Flügelstadt
. Erzählung
Bozen: Raetia 2008, 283 S.
 
Ein Flügel- und Lebensschlag 

Schwerelosigkeit und Krankheit, diese zwei Begriffe assoziiert man selten miteinander. Anna Stecher verbindet in Aus der Flügelstadt eine Todkranke mit dem Motiv des Fliegens. Mora, eine vom Hals abwärts gelähmte Südtirolerin, fährt mit ihrer Freundin und treuen Begleiterin Elisa nach China. Dort im Krankenhaus ist eine Zelltherapie ihre einzig noch verbleibende Chance auf Linderung oder gar Heilung. Die Figuren in diesem Krankenhaus sind zuerst ähnlich geheimnisvoll wie das Land, das vor dem Fenster des Krankenzimmers liegt. Elisa, die Lupa, passt auf Mora auf wie ein Wolf, der sein Junges verteidigt. Sie sieht skeptisch auf die Krankenschwester, die ihrer Meinung nach keine Ahnung hat, was Mora gut tut. Sie muss sich sehr zurückhalten als Dr. Pain versucht Moras Nerven aufzuwecken. Doch als sich auch noch Doktor John in Mora verliebt und Mora in ihn, ist das Fass für Elisa am Überlaufen. Weg gedrängt zu werden von der Seite der geliebten Freundin und ein eigenes Leben mit eigenen Zielen führen zu müssen, das kann sich Elisa erst nicht vorstellen. Sie ist es gewohnt, immer für Mora zu sorgen, ihr ganzer Lebensrhythmus richtet sich danach. Die Loslösung gestaltet sich schwierig und bedarf einiger Zeit. Nach und nach erst akzeptiert sie die liebenswürdige Signora Rosa, die mit ihren Kochkünsten gute Laune herbeihext. Oneko, die kleine, rosa gekleidete Krankenschwester, stößt bei Elisa lange auf eine ablehnende Wand, die nicht kleiner wird, als sich Elisa in Yamu verliebt. Yamu ist Masseur im Krankenhaus und strotzt vor Lebensfreude. Er hat als Akrobat gearbeitet und bringt Mora mit seiner Beweglichkeit und seinem Körpergefühl zum Lachen und Weinen. Elisa muss sich eingestehen, dass das nicht ihre Welt ist, dass sie sich verabschieden muss und ihr eigenes Leben suchen. Bodenständig ist die Lupa das erdverbundene Element der Freundschaft. Mora hingegen flüchtet sich weg von ihrer Krankheit in Tagträume, die es ihr erlauben zu fliegen. Sie ist der Schmetterling, auf den Dr. John schon so lange gewartet hat. Eine Schmetterlingsfrau, der nichts Schweres anhaftet. Das Vermögen, ernsten Themen Flügel zu verleihen und sie damit umso deutlicher anzusprechen, findet man in der Literatur nicht oft. Meist hat man das Gefühl, es handle sich beim Sterben um ein Ermordetwerden von der Hand einer lieblosen Umgebung. Im Mittelpunk steht bei Stecher im Gegensatz dazu die Suche nach Flügeln, die Suche nach der Liebe. Sie sind das Gegenteil von Schmerz und Angst, über die Mora die Herrschaft erlangen soll. So leicht und federnd die Themen Krankheit und Tod umgesetzt werden, ist auch die Sprache der Erzählung.

„Er erinnerte sich daran, dass er nach ihr gesucht hatte, vor Jahren, vor vielen Jahren, und dann glaubte er, sie auch gefunden zu haben, doch sie flog davon, der Schmetterling war weg. Danach hatte er die Suche wohl aufgegeben, ja, so musste es sein. Und jetzt war er hier – in diesem Krankenhaus, wo er seine Energie dafür verwenden wollte, Menschen Flügel zu verleihen, deren Körper zerbrachen. Das war seine Aufgabe, er hatte sie eher zufällig gefunden, doch sie schien ihm die sinnvollste Beschäftigung. Die Schmetterlingsfrau ... Jetzt war sie da.“ (S. 94)

Innere Monologe, Träume, Dialoge und Einschübe, die sich ums Fliegen und um die Liebe drehen, wechseln mit den Begebenheiten im Krankenhaus. Die durchbrochene Erzählstruktur lässt den Eindruck von Leichtigkeit entstehen. Das kommt nicht zuletzt daher, dass einfache Wörter in ihrer Bedeutung wie ein Schmetterlingsflügel je nach Sonneneinstrahlung zum Leuchten gebracht werden.

Sie hörte Schritte auf dem Gang. Größere federnde Schritte und kleinere spitze Schritte. Die großen Schritte waren selbstsicher und ein bisschen trotzig, während die kleineren sanft dahintrippelten. Plötzlich hielten die großen Schritte inne und lachten, während die kleinen noch ein Stückchen weitertrippelten. „Komm her!“, riefen die großen Schritte und die kleinen gehorchten. „Küss mich!“, riefen die großen Schritte und die kleinen Schritte küssten die großen so, dass sie ein einziger langer Schritt wurden, ein großer Trippelschritt oder ein trippelnder Großschritt. Dann begannen sie zu tanzen: (S. 215)

Stecher spielt mit Extremen, sie lässt unterschiedliche Kulturen aufeinanderprallen. Da treffen die ernste mitteleuropäische Sicht auf Krankheit und Tod, die ein trauriges Gesicht als Pflicht ansieht, und die italienische Fröhlichkeit, die den Tod akzeptiert und mit ihm lebt aufeinander. Am deutlichsten ist der Unterschied zur chinesischen Kultur, die von ganz anderen Prämissen ausgeht. Der Patient ist nicht mit der Krankheit geschlagen, er lernt durch sie vielmehr neue Seiten an sich selbst kennen.
Dem Fliegen in Aus der Flügelstadt wohnt die Suche nach einer festen, sicheren Andockstelle inne, auf die man zurückgreifen kann, ist man des Fliegens müde. Die Sicherheit liegt in der Erzählung im Miteinander, im Geliebtwerden. Nach der Lektüre freut man sich schon auf den nächsten Ritt auf den Schmetterlingsflügeln von Anna Stechers Sprachkunst. 

Vom Fliegen 

Nichts ist schöner heißt es
als in zehntausend Metern Höhe
höher als alle Elstern
und alle Wolken
dahinzugleiten
in seiner eigenen Zeit
sechs Stunden früher
oder später
wen kümmert’s
dass die Zeit mitfliegt
eine leise Begleiterin
und doch schleicht sie dahin
dass drei Jahre vorbei sind
im Flug. (S. 213)

 

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Hans Salcher, Vater
. Erzählung
Innsbruck: Skarabaeus, 2007

Der Nachmittag ließ die Sonne hinter die Berge fallen und meine dünnen kleinen Füße sprangen in zu weiten Schuhen zum Vater. (S. 5)

Allein wegen dieses ersten Satzes muss man die Erzählung Vater lieben. Nach Und Worte haben ein Bild gemalt (2006) legt Hans Salcher dieses Jahr seinen ersten längeren Prosatext vor. Salcher reiht sich damit nicht in die Abrechnungen mit dem eigenen Vater bzw. der Vatergeneration ein, wie es noch bei Franz Kafka und bis herauf in die 1970er Jahre häufig der Fall war. Einen liebevolleren Blick werfen Jürg Amann oder Martin Pichler und nun eben Hans Salcher in ihren Texten auf den Vater. Aus der Perspektive eines noch kindlichen Ich-Erzählers gewährt der Osttiroler Einblicke in eine Heimat, die erst zu einer werden muss. Das Oberhaupt der Bauernfamilie in Salchers Erzählung mag Pferde, kämpft immer noch mit den Kriegserlebnissen im Zweiten Weltkrieg in Norwegen und flüchtet vor einer grausamen Welt in eine friedfertige. In seinem dicken Wintermantel gehüllt kämpft der Vater gegen eine Kälte, die einerseits aus den Erinnerungen herauf kriecht. Vor dieser Kälte muss er nicht nur sich, sondern auch seine Familie schützen. In der Erzählung spricht die Mutter die Qual des Vaters aus, sie leiht ihm ihre Stimme, was nicht einfach ist für sie:

„[...] Er hat auch dich marschieren gesehen im knietiefen Schnee, er hat die Schüsse gehört, die Toten fallen gesehen und dich, wie du frierend und zitternd an die Heimat gedacht hast. Spürst du die Wärme von dem verbrannten Mantel? Wärm dich am Ofen, du brauchst die Wärme jetzt noch viel mehr, damit wir mit dir leben können!“(S. 15)

Andererseits manifestiert sich die Kälte aber auch in der Herzlosigkeit des Dorfes. Alles was anders, fremd ist, wird schlecht gemacht oder zerstört. Dabei wählt Salcher alltägliche Bilder, wie ein Begräbnis im Dorf.

Das Schlüsselelement, ein Spiegel, erinnert an Märchen und wie ein Märchen kommt das Buch Vater auch daher. In der Schneekönigin ist es ein Splitter des zerbrochenen Spiegels, der das Herz von Kay verhärtet und nur Gerda kann ihn durch einen Kuss retten. In Salchers Erzählung bringt der Vater die Spiegel überall offen an, deckt auf und spiegelt darin die Welt. Die Spiegel werden zu einer Auszeichnung, die Licht ins Dorf bringt. Neben den Spiegeln kommt ein weißes Pferd, die Fee, vor. Der Ich-Erzähler darf es sich bei einem Gang mit dem Vater in die Stadt selbst aussuchen. In dieser Ausnahmesituation einer fremden Welt, die voll neuer Eindrücke nur den Vater als Sicherheit hat, trifft der Ich-Erzähler auf einen ganz anderen, offeneren Vater. Die Freude und der Stolz halten nicht lange an, die Dorfbewohner töten das weiße Pferd.

Der Vater war wieder traurig, wir verstanden, was uns die Nachbarn, die Leute im Dorf sagen wollten, sie mochten uns nicht. Es war nicht das Pferd, das sie uns weggenommen hatten, wir waren es, die sie töten wollten.(S. 62)

Der Vater hat keine Sprache, er hat aber seine Spiegel und er hat Bilder. Letztere trägt er statt der Arbeit aufs Feld hinaus. Am Ende der Erzählung löst sich die Kälte des Dorfes wie im Märchen – vor allem durch die gegenseitige Hilfe und das gegenseitige Interesse der Menschen aneinander, die mit den sichtbar angebrachten Spiegel ans Licht kommen – in Gemeinschaft auf. Die Bilder, die der Vater malt, bewundern die Dorfbewohner. In diesen Bildern in Schnee gemalt verschwindet er zuletzt.

„Auf Wiedersehen.“ Dann fiel der Vater in das weiße Feld. (S. 69)

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Wolfgang Raffeiner, Aus dem späten Leben.
Innsbruck: Skarabaeus, 2006.


Nach „Jugendjahre und Sommerzeit“ legt Wolfgang Raffeiner mit „Aus dem späten Leben“ den letzten Teil seiner Lebenserinnerungen vor. Dabei handelt es sich um Ereignisse und Bekanntschaften, die in den Kapiteln „Kultur, Freundschaften, Leid und Unglück, Sprache und ihre Probleme“   zusammengefasst sind. Das erste Kapitel „Kultur“ widmet sich der Architektur und bezieht sich auf die Entstehung und den Inhalt des Buches „Bauen im Überetsch“, 1994 erschienen. Entlang von Dachformen, der Freundschaft mit Maria Delago und der Sommerfeste auf Schloss Prösels tastet sich Wolfgang Raffeiner an die deutsche Sprache und Kultur in Südtirol heran. Dabei sind die kurzen Geschichten etwa über Josef Raffeiners Bilder, über eine Pietà, die auf Schloss Prösels Unterschlupf findet und eine Klarinette, die zwar ungeliebt ist, aber dem Musikzierenden doch ein beruhigendes Gefühl vermittelt, nur lose miteinander verbunden.
Etwas geschlossener, aber doch auch befremdend erscheint das nächste Kapitel „Freundschaften“, in dem Raffeiner sich Dr. Miroslav Zatka, Alexander Langer und Ivan Illich annimmt. Man könnte über das Kapitel auch ‚Südtirol und die weite Welt’ schreiben. Es ist eine Diskussion von Themen, die in erster Linie von außen kommen. Das kommunistische Regime in der damaligen ČSSR kommt ebenso zur Sprache wie inquisitorische Fragestellungen Illichs, die Rom erregten. „Leid und Unglück“ gestaltet Raffeiner als das persönlichste und – wenn man so will – unliterarischste Kapitel, das noch tiefer in die Lebenswelt des Autors eindringt. Eigene Schicksalsschläge und solche im Freundeskreis thematisiert er sachlich, ohne sie zu dramatisieren. Er selbst schreibt dazu: „Und ist es nicht auch so, dass wir Freude und Frohsinn erst im Gegenlicht des Leids voll erkennen können?“ (S. 51)
Wagt sich das Kapitel „Sprache und ihre Probleme“ auch über die Grenze nach Osttirol, um eine Bekanntschaft mit Gertraud Patterer zu schildern und einigen Texten der Mundartautorin Platz in den Lebenserinnerungen einzuräumen, so bleibt die südtirolische Kulturgeschichte doch im Vordergrund. Raffeiner bindet stark seine familiären Beziehungen in die Freundschaft zu der Autorin ein. Man muss dazu sagen, dass das Kapitel über Gertraud Patterer – der „Traudl“ – zu den schönsten im Buch zählt, weil Raffeiner Lob und eine fundierte sprachliche Kritik nebeneinander stehen lässt. Warum er den Gedichten eine Übersetzung zur Seite stellt ist unklar. Die deutsche Sprache und Kultur ist laut Raffeiner „ein zartes Band“, „wenn die Freiwilligkeit nicht verloren geht“ (S.16). Allgemeingültige Aussagen, die Raffeiner vor seine Geschichten stellt, sind viel schwächer, als die Geschichten selbst. Solche Plattitüden hätte er und das sonst persönlich gehaltene Büchl nicht nötig: „Die Sprache, dieses wunderbare Mittel, unsere Gedanken zu übertragen, wird von uns täglich gebraucht, aber oft auch missbraucht.“ (S. 78)
Den letzten Abschnitt „Der Abendstern“ widmet Raffeiner Helene Flöss. Er schreibt über ihr literarisches Einfühlungsvermögen in „Löwen im Holz“ und „Dürre Jahre“. Dass er Helene Flöss als Salige Frau bei einem Pfarrer als Wirtschafterin arbeiten lässt, bis sie, stëila da sëira, verschwindet, fordert ein Lächeln heraus. Dieses Lächeln verschwindet nicht ob der milden Betrachtungsweise der Südtiroler Kultur und Geschichte, die sich mit einigen gesponnenen Fäden ins Ausland durch das Buch zieht. Raffeiner hat sich selbst einen versöhnlichen Ausklang seiner Erinnerungen vergönnt, und was könnte unsereins dagegen haben.

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Toni Bernhart, Martinisommer.
Innsbruck: Skaraabeus, 2005.

Vier Stücke über tote Kinder, depressive Reiseführer und arbeitslose Germanistinnen

Martinisommer – in Österreich auch als Altweibersommer bezeichnet – ist ein Sommer, der eigentlich nichts mehr mit Sommer zu tun hat. Dementsprechend warm und innig gestalten sich auch die Beziehungen der Figuren in Toni Bernharts Stücken Martinisommer, von da nach dort und zu mir zurück, Monolog eines Reiseführers zulasten des Busfahrers und Liebeskontor.
Ein kalter Schauer läuft dem Hörer nicht nur bei Martin Sailers Hörspielproduktion des Stückes von da nach dort und zu mir zurück beim Geräusch des Packeises, das nur im Zeitraffer hörbar wird. Vielmehr machen die Beziehungen, die sich durch eine Eiseskälte auszeichnen, frösteln. Nur mehr über technische Hilfsmittel wird in dem Stück kommuniziert, man telefoniert oder funkt, als man sich aber endlich treffen sollte, kommt keine Antwort mehr.
Die Verbindung zwischen den Figuren ist auch im ersten Stück Martinisommer, das dem Buch den Namen gibt, nicht mehr möglich. Wie Dominosteine reihen sich Gespräche zwischen Mann und Frau, Frau und Junge, Junge und Mann usw. aneinander. In diesem getrennten Nebeneinander der Stimmen wird das Abgestor-bensein noch deutlicher als im Tod des Jungen oder in den augenlosen Puppen. Traum und Wirklichkeit verschwimmen in der Handlung, was aber immer deut-licher wird, ist eben die Gefühlskälte und Isolation der Figuren. Der Junge ist alleine, die Mutter und der Mann, der vermeintliche Mörder des Jungen ebenso. Sein Ver-hältnis zum Opfer erinnert an Falkos Song Jeanny, in dem das Opfer auch seiner Hoffnungen und Träume beraubt wird.
Mann               Ihre Mutter?
Der Junge        Ist auch alt.
Mann               Ich kannte Ihre Mutter sehr gut.
Der Junge        Eigentlich ist sie tot.
Mann               Das tut mir Leid. Sie wohnte früher in meinem Haus.
Der Junge        Ja. (S. 27)
Was die Dialoge so messerscharf macht, ist ihre Kürze. Die sprachlichen Schnitte werden präzise an der offenen Wunde des Gegenübers angesetzt. Ellipsen unter-stützen den abgehackten Stil, der kein Miteinander zulässt. Beim Drucken des im Skarabaeus-Verlag erscheinenden Buches hat sich ein Fehler eingeschlichen, der gerade diese tödliche Stimmung, was Beziehungen betrifft, gut wiedergibt. Da spuckte die Maschine einen schwarzen Umschlag mit den verwackelten Buchstaben aus, der nicht so weit abfehlt.
Aber auch für den eigentlich vorgesehenen orangen, jetzt produzierten Einband gibt es gute Gründe. Einer absoluten Schwarzmalerei setzt Toni Bernhart Stoffe entgegen, die sich auf komische Art und Weise mit der Gesellschaft auseinandersetzen und mit Themen kommunizieren, die im Rahmen der Gespräche zitiert werden. Da ist zum einen Monolog eines Reiseführers zulasten des Busfahrers und zum anderen Liebeskontor. Der Busfahrer, der im Titel erwähnt wird, kommt im Monolog nur ein einziges Mal vor. Zwischen dem Zehn-Kapellen-Weg, einer Schwazer Sehenswürdigkeit, und einer psychologisch aufschlussreichen Toilettenpapierstudie, die dem Reiseführer in Form einer Werbeaktion auf der Straße und als für die Stadt und sein Leben wichtige Passage erscheint, spricht der Reiseführer den Busfahrer an:
Herr Josef, fahren Sie bitte langsamer, weil wir jetzt in einer sehr interessanten Gegend sind. (S. 50)
Ansonsten prasseln auf den Zuhörer Informationen zu Schwazer Sehenswürdigkei-ten, Belanglosigkeiten und Persönliches in wildem Durcheinander ein. Fast möchte man flüchten und spürt die letzte Frage des Reiseführers wie eine Drohung im Nacken:
Wenn Sie etwas fragen möchten, fragen Sie mich. (S. 60)
Im letzten Stück Liebeskontor wird ein Überlebensversuch zweier Geisteswissen-schaftlerinnen dokumentiert, die versuchen, durch ein joint venture zwischen dem ältesten Gewer
be der Welt und Vorträgen zu unterschiedlichsten Themen der universitären Orchideenfächer wie „Barockmystik am Beispiel Urich von Federspiels Hirlanda1, „relationale Semiotik in der Propaganda der Stalin-Ära“ oder „Interkulturelle Kommunikation im Internet als neuronalem Netz unter besonderer Berücksichtigung von Benjamin und Améry“. Geehrt für ihr Engagement sind die Betreiberinnen des Liebeskontors nicht einmal in diesem Gewerbe konkurrenzlos.

- Fortsetzung folgt hoffentlich -



1) Hirlanda spielt immer wieder eine Rolle in Bernharts Stücken, er edierte die Handschrift auch selbst: Hirlanda. Durch falschheit zu feir verdamte unschuld. Edition des Legendenspiels nach der Laaser Handschrift von 1791. Wien: Folio Verlag 1999.

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Selma Mahlknecht, rosa leben.
Bozen: Edition Raetia, 2004.

… und sie lebten glücklich bis an ihr Lebensende.

Selma Mahlknecht setzt ans Ende ihrer Erzählungen ein Happy End. Eigentlich ordnet man diesen Ausgang eines Prosatextes in der deutschsprachigen Literatur des 20. und 21. Jahrhunderts eher der Trivialliteratur zu. Es gibt keine Tradition des Happy Ends im Deutschen – ganz im Gegensatz zu Texten aus dem Slawischen zum Beispiel. Aber im Erzählband rosa leben, der vier Erzählungen vereint, können sich die Protagonisten auf einen Silberstreifen am Horizont freuen. Egal ob es sich um eine drogenabhängige Prostituierte, einen schlaflosen Handelsvertreter, einen seine Sprache vergewaltigenden Radiosprecher oder eine kinderlose – weil unfruchtbare – Pensionistin handelt, sie alle finden einen Ausweg.

Obwohl die Texte schon auf dem Umschlag als Prosa ausgewiesen sind, stellt sich bei näherer Betrachtung die Frage, ob es sich nicht doch eher um Filmsequenzen oder Szenen eines Theaterstückes drehe, in denen die jeweilige Hauptfigur im Zuge eines Selbstgesprächs oder einer Erinnerung das eigene Leben, die eigene Situation reflektiert. Ein Vergleich mit Felix Mitterers Stücken wie Weizen auf der Autobahn oder Sibirien drängt sich unweigerlich auf. Es handelt sich um sehr traditionell erzählte Sequenzen, weder in der Form noch in der Sprache wird Innovation angestrebt, es sind einfach vier unterhaltende Geschichten. Allerdings hat es sich die Autorin auch nicht ganz einfach gemacht, immerhin handelt der erste Text von einem Mädchen, das von zu Hause ausreißt und bei Drogen und Prostitution landet. Diese Thematik ist stark vorbelastet. Man findet sich immer im gleichen Vokabular wieder und müsste eine gänzlich andere Sprache finden, um noch darüber schreiben zu können. Es sind zwar Ansätze einer Entfremdung des Milieus durch die Farbe Rosa, die sich leitmotivisch durch die Erzählung zieht, zu erkennen, aber es reicht nicht, um dem Leser das Geschehen neu darzustellen.
Mahlknecht wählt für drei Texte die Ich-Perspektive und erzählt die Geschichten als Erinnerung oder als Inneren Monolog. Der letzte Text heißt sogar Monolog im Frauenabteil. Solange sie beim Ich bleibt, wirken die Texte noch glaubhaft, im ersten verfällt die Autorin allerdings in ein gefährliches Wir. Dort bricht der Text.

Und daß Nicht-Ich und Ich nie mehr, nie mehr dasselbe sein können, und daß Meins nicht Deins ist, nicht sein darf und wehe, du faßt Meins an, dann mach ich Deins kaputt, das vergiftet uns die Seele, und wir beginnen, an Gut und Böse zu glauben. (S. 10-11)

Am besten finde ich die Erzählung, die nicht aus der Ich-Perspektive geschrieben wurde. „Bodemanns Tag“ ist in einer sehr sauberen Sprache verfasst und passt so gut zu dem Handelsvertreter für Reinigungsmittel, dessen Berufsleben sauber und genau am Beispiel eines ganz bestimmten Tages vor dem Leser ausgebreitet wird. Bodemann ist so reinlich, dass er sogar etwas gegen unfertige Sätze und schlampig verwendete Wörter hat. Er spricht in ganzen, vorgefertigten Sätzen, deren einziges Ziel es ist, Glasoglanz – ein Geschirrspülmittel – und Ähnliches an den Mann bzw. meist an die Frau zu bringen. Ihn interessieren die Menschen nicht, solange sie seinem geschäftlichen Erfolg nicht im Wege stehen. Als er jedoch einer Frau begegnet, die ihm nahe geht, kommt er selbst ins Stottern und verheddert sich in seinen Putzmittelfloskeln. Was bleibt, ist ein Saubermann mit Happy End.

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Der Turmbund (Hg.), Stadtlandschaften von Innsbruck bis Irkutsk.
Innsbruck: Der Turmbund, 2003.

Die Texttürme des Turmbundes erscheinen zum fünften Mal. Die 5. Anthologie für Lyrik und Prosa beschäftigt sich mit Stadtlandschaften. Innsbruck macht sich zwar im überwiegenden Teil der Texte breit, doch auch Berlin, Moskau, Paris, München, Hong Kong, Wien, Jicin und eben Irkutsk finden ihren Platz.
Liest man den Titel, so könnte man sich fragen, wollten die Verfasser alle Städte, die im Alphabet zwischen IN und IR liegen, erfassen. Oder sollten die Städte, die geographisch dazwischen liegen, betrachtet werden. Durch die Texte wurde hauptsächlich Innsbruck, wurden fast ausschließlich europäische Städte und hier zumeist West- und Mitteleuropa berücksichtigt.
Fragt man, warum im Titel von Stadtlandschaften die Rede ist, so beantwortet sich dies bei näherer Betrachtung der Texte. Und man muss sagen, dass das Auffinden von landschaftlichen Strukturen in Städten seinen Reiz hat. Einige Beiträge lösen diese Aufgabe hervorragend. Doch nun zu den Texten:
Will man mit Innsbruck beginnen, kommt man nicht an Barbara Hundegger vorbei. Sprachgewandt führt ihre Lyrik durch die Alpenstadt, die eine Anziehungskraft auf alle Täler rundherum aufbringt. Die Bäuerinnen aus dem Oberland, die Wipptalerinnen, die O-Dorf Schwestern, alle strömen in die Mitte hin zum Stadtturm und der Annasäule und können nicht mehr warten auf ihre Politik. Trotz des eher historisch anmutenden Anfangs, der an Andreas Hofer und Tirol anno 1809 erinnert, arbeitet Barbara Hundegger mit Themen wie Transit, Kinderlosigkeit und Gastarbeiterinnen. Sie erfreut durch ihre Sprachgewandtheit und ihren Sprachwitz. Beide Gedichte stammen aus und in den schwestern schlafen vergessene dinge (1998).
Einer, der sich auch aufmacht, um sich mit der Nordkette und der Hofburg zu beschäftigen, ist Peter Teyml. Sein Text trägt den Titel Karwoche in Innsbruck und den Untertitel „nicht unlyrische Prosaskizze“. Mit knappen Worten entwickelt er die Geschichte einer Frau, die dem Erzähler zu Ostern im Café gegenüber sitzt. Die Skizze spielt mit Beobachtungen und Mutmaßungen. Kurz denkt man auch noch über das Schreiben nach, wenn der Erzähler wegen des Inhalts auf einen Reim verzichten muss.
Klaus Schebesta hat sich den Frühling in Innsbruck vorgenommen. Der Titel Frühlingserstarren lässt sofort Assoziationen zu Franz Wedekinds Frühlingserwachen aufkommen. Wird dort jedes Aufbrechen von Knospen sofort erstickt, so scheint es in Schebestas Text noch viel schlimmer zu sein. Der Frühling ist schon vorüber ohne richtig begonnen zu haben. Die Farbe grün kommt nicht vor, alles bleibt grau und weiß.
„Ich hätte es wissen müssen: In Innsbruck ist auf den Frühling kein Verlass.“ Schreibt er und entführt den Leser auf die Hungerburg und durch den Wald zum Alpenzoo. Seine Prosa hinterlässt Spuren in der Anthologie.
Auf eine ganz andere Art beschäftigt sich Christoph W. Bauers Lyrik, die aus dem Buch die mobilität des wassers müsste man mieten können stammt, mit Innsbruck. In seinen Texten wird neben dem Ort Innsbruck auch über Sprache nachgedacht, doch bei ihm passiert dies viel intensiver. Das versteinerte Dasein der Stadt, die mit dem Rücken zur Wand steht, wandelt sich in ein Liebeslied. Das „tandaradei“ der Minnesänger findet man auch im Sprachrhythmus wieder. Durch die Gegebenheiten der Stadt wird der Eindruck eines Minneliedes verstärkt. Nicht umsonst findet der Walterplatz in der letzten Zeile Platz. 
Eine der geographisch nächsten Städte ist Graz, und Elisabeth Ebenberger hat ihre Erzählung dort angesiedelt. Stadtbild Graz. Fuchsien am Fenster lässt zwei Erzählstränge um eine Person aufblühen. Zum einen handelt es sich um das Preisausschreiben, an dem das Ich unberechtigterweise Teil nimmt, und zum anderen um den Gesprächsstoff mit der Mutter und beide beruhen auf den Fuchsien. Die Blumen demonstrieren nicht nur die Grundlage, sondern auch den Seelenspiegel des Ichs. Ist das Ich verzweifelt, vertrocknen und verschrumpeln die Fuchsien. Sieht es einen Ausweg, bilden sich Knospen auf den Pflanzen.
Rom findet sich in Karl Lubomirskis Gedicht ein. Die alte Stadt wird durch Blüten, Bäume, Touristen und Müll zugedeckt. Der Kern bleibt im Verborgenen. Man fühlt den heißen Sommertag, der nur durch die Zypressen mit ihren tief hängenden Ästen gemildert werden kann. Vor dem Betrachter „kräuselt“ sich das rege Treiben durch die Straßen. Es ist schmutzig und doch dunkel schön.
Zuletzt steht noch Irkutsk aus. Der Text beschließt, wie schon im Titel versprochen, die Anthologie. Marion Jerschowa spannt einen straffen Bogen zwischen dem Europa, das Irkutsk wohl meist nur auf der Landkarte oder aus Museen kennt, und dem Stadtzentrum mit der Leninstatue. Die Zerrissenheit der Stadt kommt sowohl durch die Flüsse, die sie durchschneiden – nicht durchziehen, die europäische und asiatische Seite, den Zwiebeltürmen und den Plattenbauten und schließlich der Religion und Lenin zum Ausdruck.
Texte von Bosko Tomasevic, Heidi Dejaco, Dorothea Macheiner und andere tragen zu dem sehr bunten Bild der Anthologie bei, die zum Weiterlesen einiger Autorinnen und Autoren anregen kann und soll.

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Gertraud Patterer, Rabenrufe.
Klagenfurt: Johannes Heyn, 2002, 229 Seiten.

Man erwartet von einer Osttiroler Mundartdichterin eine sehr heimatbezogene Lyrik. Man erwartet Reime und gesetzte Strophen. Man erwartet eine sehr konservative Betrachtung der Welt aus einer Nischenperspektive. Liest man die ersten Zeilen, findet man altbekannte Motive und glaubt schon alle Vorurteile bestätigt. Doch das wäre zu früh aufgegeben. Blättert man weiter, fällt der Telegrammstil der Texte auf. Fast möchte man sie als Aphorismen bezeichnen. Oder sind es Kochrezepte? Plakativ stehen die Sätze, die Phrasen vor dem Auge des Lesers. Und doch weichen Sprache und Themen von diesem ersten Eindruck ab. Mundart ist es ja, einerseits. Andererseits fällt ein Wort Hochdeutsch durch die Reihen Dölsacher Mundart. Und auf eine Ortschaft alleine müssen manche Wörter beschränkt bleiben, denn schon im Nachbarort wird bei manchen Ausdrücken überlegt. Das Hochdeutsche wird zum Außergewöhnlichen - oder besser erinnert ständig daran, wo es eigentlich herkommt. Allerdings wirken ihre Rabenrufe im Hochdeutschen fremd und hölzern.

Thematisch bewegt Gertraud Patterer sich durchwegs in der Osttiroler Umgebung und Natur. Die Berge werden aber nicht verherrlicht. Eher feindselig grinsen sie auf das Dorf herab. (S. 19 In die gönz weißn Berge) Was zum Freund wird,  sind die Pflanzen, die Natur und vor allem das Wasser.

Es beschleicht den Leser unweigerlich das Gefühl des Klischees. Das wird dann wieder irritierend verraten. Zu genau sind die Beobachtungen der täglichen Umgebung und des traditionellen Lebens, das es in Osttirol, isoliert wie es ist, noch zu geben scheint.

A Kirche volle Leit reißt dir den Bodn unter die Fieße weg... (S. 45)

Und als man glaubt, wirklich erschöpft zu sein von der Themenwahl, tauchen plötzlich zeitgeschichtliche Bezüge auf. Gertraud Patterer schreibt über den 11. September, über Amerika und über Politik. Wer hätte das gedacht, von der sonst so berückenden Osttiroler Bergwelt mit der Nase genau auf Weltgeschehen gestoßen zu werden. Und es gelingt ihr auch, weltbewegende Ereignisse in der heimatverwurzelten Sprache zu beschreiben:

Amerika 11. September 2001
Es wird nie mehr sein, daß – der andere – nicht ist! - (S. 154)

Depressionen thematisiert Gertraud Patterer, indem sie Vergleiche anstellt.

Depression
Ist in die Zündholzschachtel
Gesperrtes Glück... (S. 153)

Und trotz des aktuellen Themas greift die Autorin wieder zurück auf alte Dinge, wie eine Zündholzschachtel. Maschinen und neue Techniken werden großteils ausgelassen. Sie braucht die Autorin nicht um soziale und politische Umstände zu beschreiben. Gebraucht werden Bilder von Sonne, Bächen, Blumen und Raben.

Und endlich beweist der Titel auch durch die Kürze der Texte seine Berechtigung. Wie heißere Schreie der Raben im Winter krächzen Verse wie „ Die Welt zerschellt an der Welt.-„ (S. 162) über weiße Buchseiten. Denn „Rabenrufe sind wahrer – und ewiger – als Kirchenglocken.“ (S. 187)

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