Rezensionen von Petra Paumkirchner
- Hans Augustin,
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Der Herr Karl lebt. Elias Schneitter hat ihn in seinem neuen Erzählband auferstehen lassen. Da heißt er zwar nicht Karl (nur der Freund des Protagonisten der ersten Erzählung „Tausend Jahre Österreich“ heißt so), sondern Richter Schorschi, aber sonst hat er eine frappierende Ähnlichkeit mit dem Qualtinger Vorbild. Auf gut Wienerisch ein Raunzer sondergleichen, ein notorischer Nörgler, einer, der sich kein Blatt vor den Mund nimmt und sagt, was Sache ist. Einer, der als erstes bei anderen die Schuld sucht, und dann vielleicht erst bei sich selber, wenn überhaupt, einer, der sich als Entwicklungshelfer tituliert, wenn er für ein schnelles Sexabenteuer nach Thailand fliegt, sich als Sparefroh sieht, wenn er Übernachtungsgelder durch diverse Affairen gespart hat, und der mit seinen Vorurteilen nicht lange hinter dem Berg hält, sei es über die „Neger“ oder die „Bloßfüßigen vom Balkan“ . Einer, der schnell den „Adi“, also Adolf Hitler, mit Bruno Kreisky vergleicht, der meint, dass die Wiener zwar drei Türkenbelagerungen abwehren konnten, aber leider von der vierten überrollt wurden, und der gegen die Sozialschmarotzer wettert. |
Was haben Autoren, die Texte in einer Anthologie veröffentlichen, eigentlich gemeinsam –abgesehen von der Lust am Schreiben? Sie schreiben entweder Texte der gleichen literarischen Gattung, leben in der gleichen Epoche, in der gleichen Region oder schreiben Texte zu den gleichen Themen und Erlebnissen. So weit so gut. Der Verlag innsbruck university press beschritt einen neuen Weg und fasste mit seiner Anthologie „Wechselnde Anschriften“, herausgegeben von Johann Holzner und Alois Hotschnig, den Begriff etwas weiter. Darin werden nämlich Texte von 21 Autorinnen und Autoren zusammengefasst, die entweder an der Universität Innsbruck studiert oder gelehrt haben. Dabei spannt sich der Bogen von Bettina Galvagni, von der man schon längere Zeit nichts mehr gehört hat, bis Friederike Mayröcker, die jedes Jahr aufs Neue als potentielle Literaturnobelpreiskandidatin gehandelt wird. Manche wie Kerstin Mayr, Carolina Schutti, Roger Vorderegger und Erika Wimmer arbeiten weiterhin an der Universität Innsbruck, im Brenner-Archiv. Etwas unkonventionell, aber spannend, was einem da an unterschiedlichsten Texten entgegenblättert, versammelt das Bändchen doch Erzählungen, Gedichte und einen Sachtext von Autorinnen und Autoren, jedoch ohne zu werten, in welchem Sinn auch immer. Die Texte sind alphabetisch nach den AutorInnen-Namen gereiht. |
Man nehme - etwas spitz formuliert - einen großspurigen, gerade von der Ausbildung kommenden, hoch motivierten, von unbändigem Reformwillen getriebenen jungen Spund, vier bis fünf alteingesessene Dorfoberste und ein Dorfpolitikum, wie zum Beispiel die Besetzung der örtlichen Blasmusikkapelle. Ein spannendes Match ist garantiert, der Ausgang vorprogrammiert. 5 : 0 für die Dorfobersten, damals wie heute. |
„Der Traum vom Bergwerk fällt ihr ein. Wie sie nackt, mit einer Lampe auf der Stirn, nach einem ganz bestimmten fleischfarbenen Stein sucht, dessen Name ihr entfallen ist.“ Ein Traum, der Paula, die Protagonistin der längsten Geschichte in Anne Marie Pirchers neuestem Erzählband, in den langen, einsamen Nächten verfolgt. Der Titel der ersten Geschichte, die gleichzeitig für das Bändchen namensgebend war, verrät die Lösung. Rosenquarz ist das gesuchte Mineral, um das sich herum die Geschichte der jungen, dynamischen Friseurin, rankt. Die Ereignisse weniger Tage im Leben Paulas, in denen diese von der Vergangenheit, die sie schon in ihrem Inneren gut verschlossen zu haben glaubt, wieder heimgesucht wird, bilden die Grundlage der ersten Erzählung. Amir, eine Zufallsbekanntschaft vom Gemüsemarkt, bringt das beschauliche, ruhige Leben der 33-jährigen Paula für ein paar Tage durcheinander. Nicht nur, dass er ihr ohne ersichtlichen Grund mit zehn Euro am Gemüsestand aus der Patsche hilft, erinnert er sie auch noch an jemanden, der schon vor Jahren ihr Leben aus der Bahn geworfen hat. Ihr Campus-Kollege in Kalifornien, der „Schah“, wie sie ihn alle nannten, hatte sie damals unter dem Vorwand ihr einen Job verschaffen zu wollen, zu sich nach Hause eingeladen, bekocht und dann brutal vergewaltigt und sadistisch gequält. „Zum Abschied“ hat er ihr ein Armband aus Rosenquarz über das Handgelenk geschoben. Der charmante iranische Geschäftsmann Amir weckt in ihr die Erinnerung wach. Er fasziniert sie und stößt sie ab zugleich, bis sie sich dennoch dem Abenteuer hingibt und eine Nacht mit ihm verbringt. |